Josef Hermann Dufhues



Josef Hermann Dufhues (* 11. April 1908 in Castrop; † 26. März 1971 in Rheinhausen) war ein deutscher Jurist und Politiker (CDU).
Leben
Josef Hermann Dufhues war ein Sohn des Spediteurs Josef Hermann Dufhues (1871–1943) und seiner Ehefrau Theresia geb. Ravenstädt. Er besuchte das Gymnasium Petrinum in Dorsten und das humanistische Gymnasium in Herne.[1] Nach dem Abitur in Herne[2] im Jahr 1927 studierte Dufhues Jura und Volkswirtschaft in Tübingen und Berlin. Während seines Studiums wurde er 1927 Mitglied der katholischen Studentenverbindung AV Guestfalia Tübingen im CV[3], im Jahr 1956 Ehrenmitglied des K.St.V. Markomannia im KV zu Münster.
Berufliche Laufbahn
Von 1935 bis 1945 war Dufhues Rechtsanwalt in Berlin und assoziierte sich mit dem Rechtsanwalt Fritz Ludwig und half diesem 1933 bei der Vertretung des Kommunistenführers Ernst Thälmann. Er war beim NS-Volksgerichtshof zugelassen und vertrat auch später Sozialisten, Journalisten und andere vor den NS-Richtern. Nach der Flucht Fritz Ludwigs 1937 nach Paris leitete er die Kanzlei allein weiter.[2] In den Jahren bis zum Kriegsausbruch machte sich Dufhues einen Namen als erfolgreicher Industrie-Anwalt.[4]
Von 1941 bis 1945 leistete Dufhues Kriegsdienst in der 196. Infanterie-Division, in dem zu der Division gehörenden Gebirgs-Artillerie-Regiment diente er in Norwegen, Russland und an der Westfront, zuletzt als Oberstleutnant und mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.[2]
Nach dem Krieg zog Dufhues mit seiner Familie in das Ruhrgebiet und war bis 1946 Richter am Landgericht Bochum. Ab 1947 war Dufhues wieder als Rechtsanwalt tätig, zunächst als Sozius von Leo Diekamp, dann in einer eigenen Kanzlei in Bochum.[5] In seinem ersten Prozess verteidigte er auf Drängen von Franzjosef Müser sieben Arbeiter, die sich der Demontage bei dem Stahlwerk Bochumer Verein widersetzt hatten. Er erreichte in zweiter Instanz beim Höheren britischen Militärgericht einen Freispruch.[2] Ab 1950 war er auch als Notar in Bochum tätig.[5] Er genoss einen so guten Ruf als Anwalt, dass die Firma Adam Opel AG ihn beauftragen wollte, die millionenschweren Grundstückskäufe für die Ansiedlung in Bochum abzuwickeln. Allerdings lehnte er ab, da die Ansiedlung auch von der Landesregierung gefördert wurde, und er als Innenminister nicht den Anschein einer persönlichen Bereicherung erwecken wolle. Er empfahl stattdessen, den Auftrag an einen kinderreichen Bochumer Notar zu geben.[2]
Politische Laufbahn
Partei
Bereits 1945 trat Dufhues der CDU bei. Als Mitbegründer der Jungen Union Westfalen war er von 1946 bis 1950 deren Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen.[2] In den Jahren 1949 und 1950 war er zudem Bundesvorsitzender der Jungen Union. Er hielt damals Reden gegen die „Überalterung der Union“, speziell gegen das Monopol von Politikern der Weimarer Republik beim Neubau des Staates und gegen die politische Abstinenz der Kriegsgeneration.[2]
1959 übernahm Dufhues den Landesvorsitz der CDU Westfalen, den er bis 1970 innehatte. Nach dem Ende seiner Ministertätigkeit 1962 bekleidete Dufhues bis 1966 das Amt des Geschäftsführenden Vorsitzenden der CDU Deutschlands. Dieses Amt wurde anlassbezogen geschaffen, um den betagten Parteivorsitzenden Konrad Adenauer zu entlasten und den reibungsarmen Machtübergang an dessen Nachfolger als Kanzler Ludwig Erhard sicherzustellen.[6][7] Von 1966 bis 1969 war er Mitglied des Präsidiums der CDU.
Als in der Spiegel-Affäre einige Schriftsteller der Gruppe 47 – darunter Alfred Andersch, Hans Magnus Enzensberger, Uwe Johnson und Klaus Roehler – gegen die Verhaftung der Journalisten Conrad Ahlers und Rudolf Augstein protestierten, äußerte Dufhues sich in einer Pressekonferenz am 19. Januar 1963 besorgt über den „Einfluss der ‚Gruppe 47‘ nicht nur im kulturellen, sondern auch im politischen Bereich“ besorgt, so die Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er nannte sie eine „geheime Reichsschrifttumskammer“.[8] Daraufhin verklagten sie ihn, es kam schließlich zu einem Vergleich.[9]
Ende 1968 zwang eine zu spät erkannte Krebserkrankung Dufhues zum Verzicht auf die Spitzenkandidatur der CDU für die Landtagswahl 1970.[10]
Abgeordneter
Dufhues war in den Jahren 1946 und 1947 sowie von 1950 bis 1971 Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Bei den Landtagswahlen 1950, 1954, 1958, 1962 und 1966 wurde er im Landtagswahlkreis Lippstadt (Wahlkreis 116 bzw. Wahlkreis 119) in den Landtag gewählt. Bei der Landtagswahl 1970 zog er über die Landesliste der CDU in den Landtag ein.[11] Von April bis Juli 1966 war er Präsident des nordrhein-westfälischen Landtages. Der nordrhein-westfälische Landtag wählte ihn zum Mitglied der Bundesversammlungen 1949 und 1964.[12]
Minister
Von 1958 bis 1962 war er Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Weihnachten 1959 wurde die Synagoge in Köln mit Hakenkreuzen beschmiert. Daraufhin erklärte Dufhues als zuständiger Minister, dass alle anständigen Deutschen angesichts dieser Tat Abscheu empfänden.[2] Anlässlich eines Polizistenmordes 1961 sprach er sich – in solchen Fällen – für die Wiedereinführung der 1949 abgeschafften Todesstrafe aus.[13]
Dufhues setzte sich seit 1960 energisch für den Bau der Opel-Werke I und II/III in der von der Bergbaukrise stark getroffenen Stadt ein.[14] Zudem leistete er – zusammen mit Kultusminister Werner Schütz und dessen Nachfolger Paul Mikat – die politische Vorarbeit für die Gründung der Ruhr-Universität in Bochum. Damit unterstützte er den Strukturwandel im mittleren Ruhrgebiet nachhaltig. Für diese Verdienste ließ die Stadt Bochum ihm im Stadtpark ein Denkmal errichten.
Während der Großen Koalition gehörte Dufhues mit Rainer Barzel, Bruno Heck, Richard Jaeger, Heinrich Krone, Paul Lücke, Gerhard Schröder, Franz Josef Strauß und Richard Stücklen zu den Verfechtern des Mehrheitswahlrechts. Sie fanden zwar Unterstützung bei großen Teilen der SPD, konnten sich aber insgesamt in der Koalition nicht durchsetzen.
Weitere Aufgaben
Neben seiner Arbeit als Anwalt und Politiker war Dufhues Aufsichtsratsmitglied der Emscher-Lippe Bergbau-AG, der Hamborner Bergbau AG, der Hütten- und Bergwerke Rheinhausen AG, der Gebrüder Eickhoff Maschinenfabrik und Eisengießerei in Bochum und der Bavaria Atelier Gesellschaft in München.[2]
Von 1955 bis 1971 war Dufhues Verwaltungsratsvorsitzender des WDR.[2] Er war ein entschiedener Verfechter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Deshalb widersetzte er sich Konrad Adenauer in der Debatte um die Schaffung des ZDF.
1959 wurde er von Kardinal-Großmeister Nicola Kardinal Canali zum Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt und am 6. Juni 1959 durch Lorenz Jaeger, Großprior der deutschen Statthalterei, investiert.[2] Er war zuletzt Großoffizier des Ordens.
Josef Hermann Dufhues verstarb nach der Rückkehr von einer Südafrika-Reise im Krankenhaus von Rheinhausen an einer tropischen Virus-Infektion.[15]
Familie
Josef Hermann Dufhues war mit Maria Antoinette geb. Krauß, Tochter von Hans Krauß, dem letzten Pressechef der Zentrumspartei, verheiratet.[16]
Erinnerung und Ehrungen
- Dufhues-Denkmal von Jan Bormann im Bochumer Stadtpark (1998)
- Der Josef-Hermann-Dufhues-Platz auf dem Campus der Ruhr-Universität ist nach ihm benannt.
- Eine Kontroverse löste 2014 der Antrag der CDU-Ratsfraktion im Bochumer Stadtrat aus, Dufhues ein Ehrengrab zu gewähren. Das Ratsmitglied Ralf Feldmann (Die Linke) verwies auf die Mitgliedschaft von Dufhues in der SS-Reiterstaffel.[17][18] Eine Recherche der Konrad-Adenauer-Stiftung zu einer möglichen NS-Vergangenheit von Dufhues kam 2014 zu dem Ergebnis: „Dufhues war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der NSDAP und gehörte vorübergehend einer SS-Teilorganisation an, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als eine nicht verbrecherische Organisation eingestuft worden ist. Zudem ist belegt, dass er Regimegegner vor Gericht vertrat.“[19]
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
- Walter Henkels: 99 Bonner Köpfe, durchgesehene und ergänzte Ausgabe. Fischer-Bücherei, Frankfurt am Main 1965, S. 78–79.
- Walter Fischer: Josef Hermann Dufhues. In: Walter Först (Hrsg.): Raum und Politik (= Beiträge zur Neueren Landesgeschichte des Rheinlandes und Westfalens, Band 6). Grote, Köln und Berlin 1979, ISBN 3-7745-6411-6, S. 197–208.
- Guido Hitze: „Kein Ehrengrab für den SS-Mann und Nazi-Helfer“. Anmerkungen zur Kontroverse um die angebliche NS-Vergangenheit des CDU-Politikers Josef Hermann Dufhues 2015. In: Historisch-Politische Mitteilungen, Jg. 22 (2015), S. 231–251 (online).
Beteiligt:
Först, Walter, 1920-1993 info Erschienen:
Köln ; Berlin : Grote, 1979 Umfang:
223 S Schriftenreihe:
Beiträge zur Neueren Landesgeschichte des Rheinlandes und Westfalens ; 6 Anmerkung:
Beiträge verschiedener Verfasser ISBN:
3-7745-6411-6
Rundfunkfeature
- Hans Becker: Die Zeit nach Adenauer. Erinnerung an Josef Hermann Dufhues. Sendung im WDR 3: 28. März 1981, 17.30 bis 18.00 Uhr.
Weblinks
- Ausstellung zum 100. Geburtstag von Josef Hermann Dufhues
- Tabellarischer Lebenslauf beim Bundesarchiv
Einzelnachweise
- ↑ Barbara Gerstein: Art. Dufhues, Josef Hermann. In: dies.: Lebensbilder aus dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Nomos, Baden-Baden 1980, ISBN 3-7890-0527-4, S. 45–47.
- ↑ a b c d e f g h i j k Der schwarze Wehner. In: Der Spiegel. 5. Juni 1962, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 29. September 2023]).
- ↑ Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen: Gesamtverzeichnis des CV 1961 - Die Verbindungen des CV mit ihren Ehrenmitgliedern, Alten Herren und Studierenden - München 1961, S. 215.
- ↑ Spiegel-Archiv: Umweg nach Bonn 16. August 1962.
- ↑ a b Reinhard Pöllath, Ingo Saenger (Hrsg.): 200 Jahre Wirtschaftsanwälte in Deutschland. Nomos, Baden-Baden 2009, ISBN 978-3-8329-4446-9, S. 29.
- ↑ [1] Biografie im Webauftritt der Konrad-Adenauer-Stiftung, Abschnitt „Hoffnungsträger der CDU“
- ↑ Helmut Kohl: Mein Tagebuch. 1998-2000. Droemersche Verlagsanstalt, München 2000, ISBN 3-426-27241-5, S. 62.
- ↑ Reinhard Lettau (Hrsg.): Die Gruppe 47. Bericht, Kritik, Polemik. Ein Handbuch. Luchterhand Verlag, Neuwied und Berlin 1967, S. 503–514, hier S. 504.
- ↑ Helmut Böttiger: Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb. Deutsche Verlagsanstalt, München 2012, ISBN 978-3-421-04315-3, S. 309–322.
- ↑ Konrad Adenauer-Stiftung: Lebensbild Dufhues abgerufen am 19. Juli 2020.
- ↑ Detailansicht des Abgeordneten Josef Hermann Dufhues. Landtag NRW, abgerufen am 25. März 2024.
- ↑ Dufhues, Josef Hermann. In: Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.B. – Die Volksvertretung 1946–1972. – [Daecke bis Dziekan] (= KGParl Online-Publikationen). Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e. V., Berlin 2006, ISBN 3-7700-5224-2, S. 242–243, urn:nbn:de:101:1-2014070812574 (kgparl.de [PDF; 212 kB; abgerufen am 3. Februar 2025]).
- ↑ Irrtum inklusive. Der Spiegel, 1964, Nr. 44.
- ↑ CDU Bochum: Zum 50. Todestag von Josef Herrmann Dufhues, 26. März 2021, abgerufen am 7. Juni 2025.
- ↑ Spiegel-Archiv: Gestorben: Josef Hermann Dufhues, 29. März 1971.
- ↑ Spiegel-Archiv: Umweg nach Bonn 16. August 1962.
- ↑ Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, Bestand SS-Führer, Josef Hermann Dufhues (Eintrag in der SS-Stammrolle Nr. R 4/6 146 v. 28. Februar 1934).
- ↑ Kein Ehrengrab für Dufhues, bo-alternativ.de, 31. März 2014 (Schreiben von Ralf Feldmann an die Oberbürgermeisterin und alle Ratsmitglieder), abgerufen am 7. Juni 2025.
- ↑ Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.):Recherche zu einer möglichen NS-Vergangenheit von Josef Hermann Dufhues ( des vom 13. April 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. PDF-Datei vom 6. März 2014 auf den Seiten der Jungen Union Bochum.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Dufhues, Josef Hermann |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU) |
| GEBURTSDATUM | 11. April 1908 |
| GEBURTSORT | Castrop |
| STERBEDATUM | 26. März 1971 |
| STERBEORT | Rheinhausen |
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Denkmal für de:Josef Hermann Dufhues im Bochumer Stadtpark
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Portrait von de: Josef Hermann Dufhues von seinem Denkmal im Stadtpark Bochum
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Das Grab des deutschen Politikers Josef Hermann Dufhues und seiner Ehefrau Annette auf dem Friedhof Querenburg in Bochum.
