Josef Grünpeck

Josef Grünpeck, auch Joseph Grünpeck Boioarius (* 24. Juli 1473 in Burghausen; † nach 1530, wahrscheinlich um 1532 in Steyr/Oberösterreich), war ein deutscher Humanist, Mediziner, Astrologe und Historiograph.[1]

Leben

Illustration aus der autographen Handschrift von Grünpecks De reformatione ecclesiae, um 1520 (Karlsruhe, BLB, Cod. Durlach 19, fol. 7r)

Geboren wurde Grünpeck in der oberbayerischen Stadt Burghausen. Sein mutmaßliches Geburtsdatum ist in einem zeitgenössischen Geburtshoroskop überliefert.[2] Er studierte ab 1487 in Ingolstadt, wo er im Jahr 1488 den Titel des Baccalaureus und 1491 den des Magister Artium (Magister der Freien Künste) erlangte, sowie 1494 in Krakau; dabei kam er auch mit den humanistischen Kreisen um Conrad Celtis in Berührung. Nach einigen Reisen insbesondere nach Italien und Tätigkeiten als Schriftsteller und Privatlehrer der Kinder von Patriziern bekleidete er 1496 eine Professur für Rhetorik in Ingolstadt, floh jedoch im selben Jahr vor der Syphilis nach Augsburg. Der spätere Kaiser Maximilian I. (HRR) nahm Grünpeck 1497, wohl für dessen Huldigungsspiel „Virtus et Fallacicaptrix“, als Amanuensis in seine Dienste auf und krönte den auch als Dichter und Theaterkünstler tätigen Grünpeck im Folgejahr als Dichter. Nachdem Grünpeck sich 1501 in Augsburg mit der Syphilis infizierte hatte, zog er sich nach Burghausen zurück und arbeitete an Behandlungsmethoden für die Infektionskrankheit, von der er 1503 geheilt war.

Danach lebte Grünpeck in mehreren Städten. 1505 eröffnete er im Auftrag des Rates der Reichstadt Regensburg eine städtische Lateinschule mit Räumen in einem Wohnhaus in der Wahlenstraße in Regensburg. Nach Ablauf eines erfolgreichen ersten Schuljahres wurde ihm eine Zulage von 5 Gulden gewährt. In den Folgejahren war Grünpeck nur unregelmäßig in Regensburg, verfasste aber eine Geschichte Regensburgs von der Römerzeit bis in die Gegenwart (1519).[Anm. 1][3]

Über den Betrieb der Lateinschule in den für Regensburg sehr unruhigen Jahren liegen bis 1524 keine Berichte vor. Ab 1524 wurde die Lateinschule ohne Grünpeck im von vielen Mönchen verlassenen Augustinerkloster von zwei Mönchen betrieben, die der Lehre Luthers zugeneigt waren. Nach Einführung der Reformation in Regensburg 1542 entwickelte sich die Lateinschule weiterhin ohne Grünpeck an einem neuen Standort in der Gesandtenstraße am Eck zur Gasse Am Ölberg zum städtischen Gymnasium poeticum,eine der beiden Vorläuferschulen des heutigen Albertus-Magnus-Gymnasiums.[4][3]

Ehrung

Wegen der langfristig großen Bedeutung der mit Hilfe von Grünpeck erfolgten Schulgründung, wurde in Regensburg im Stadtteil Innerer Westen eine Straße nach ihm benannt.[5]

Werke

Zu den wichtigsten Werken Grünpecks zählen seine Ausführungen über die Heilung der Syphilis, eine der ersten Veröffentlichungen zu dieser Krankheit, sowie seine historiographische Schrift Historia Friderici III et Maximiliani I. Daneben veröffentlichte er eine größere Anzahl prophetisch-astrologischer Schriften, die wohl hauptsächlich dem Gelderwerb dienten. Von Joseph Grünpeck sind außerdem mehrere Flugblätter erhalten geblieben. In mehrfacher Auflage bekannt sind seine astrologischen Flugschriften:

  • Eine neue Auslegung der seltsamen Wunderzeichen und Wunderpürden ... von 1507 zum Reichstag zu Konstanz,[6] sowie die Neuauflage von 1515.
  • Ein Spiegel der natürlichen, himmlischen und prophetischen Sehungen (Speculum naturalis, coelestis et propheticae visionis), sein prognostisch-astrologisches, auf den Index gesetztes, Hauptwerk von 1508,[7] sowie die Neuauflage von 1522.

Von einigen seiner Werke sind noch autographe Handschriften erhalten, so von der Historia Friderici et Maximiliani (Wien, ÖNB, Cod. 2402) oder De reformatione ecclesiae (Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Durlach 19).

Literatur

  • Gundolf Keil: Grünpeck (Beiname Boioarius), Joseph. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 514.
  • Johannes Klaus Kipf, Sarah Slattery: Grünpeck (-beckius, -peckh,; Grien-, Grun-), Joseph. In: Deutscher Humanismus 1480-1520. Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 1. De Gruyter, Sp. 971–992.
  • Edmund von Oefele: Grünpeck, Joseph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 56–59.
  • Dieter Wuttke: Grünpeck, Josef. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 202 f. (Digitalisat).
  • Sarah Slattery: Astrologie, Wunderzeichen und Propaganda. Die Flugschriften des Humanisten Joseph Grünpeck. In: Klaus Bergdolt, Walther Ludwig: Zukunftsvoraussagen in der Renaissance. Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05289-9 (= Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 23), S. 329–347.
  • Heike Talkenberger: Sintflut. Prophetie und Zeitgeschehen in Texten und Holzschnitten astrologischer Flugschriften 1488-1528. Niemeyer, Tübingen 1990 (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 26).

Weblinks

Anmerkungen

  1. Dieses Werk wurde ebenso wie wie andere von ihm dieser Zeit geschaffenen historische Werke vom Historiker Benno Hubensteiner als die Werke eines humanistischen Herumtreibers und Windbeutels bezeichnet.

Einzelnachweise

  1. Gundolf Keil: Grünpeck [...]. 2005, S. 514.
  2. Errichtet auf die 20. Stunde nach dem Mittag des 23. Juli 1473 (online).
  3. a b Karl Bauer: Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. 6. Auflage. MZ-Buchverlag in H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf 2014, ISBN 978-3-86646-300-4, S. 354 f.
  4. Dieter Wuttke: Art. Josef Grünpeck, in: Neue Deutsche Biographie, hrsg. von der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 7, Berlin 1966, S. 202f.
  5. Matthias Freitag: Regensburger Straßennamen. Mittelbayerische Verlagsgesellschaft mbH, Regensburg 1997, ISBN 3-931904-05-9, S. 62.
  6. Eine neue Auslegung... im VD-16 der BSB
  7. Ein Spiegel der natürlichen... im VD-16 der BSB

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Illustration aus der einzigen bekannten Handschrift von Joseph Grünpecks "De reformatione ecclesiae"