Josef Dobretsberger

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Josef Dobretsberger (links), Vorsitzender der Demokratischen Union Österreichs, als Gast beim 7. Parteitag der Ost-CDU in Weimar, 1954

Josef Dobretsberger (* 28. Februar 1903 in Linz, Österreich-Ungarn; † 23. Mai 1970) war ein österreichischer Jurist, Nationalökonom und Politiker.

Leben

Dobretsberger war Schüler Hans Kelsens, Mitglied des CV (K.Ö.H.V. Carolina Graz (seit 1922)) und Linkskatholik. 1929 und 1930 war er Generalsekretär des Reichsbauernbundes.[1] Er wurde schon im Alter von 30 Jahren, gefördert vom Unterrichtsminister Emmerich Czermak, Universitätsprofessor in Graz. Als Sozialminister (ab 17. Oktober 1935) im autoritären Ständestaat trat der als liebenswürdige und heitere Persönlichkeit beschriebene Dobretsberger vergeblich für eine Verständigungspolitik mit den im Februaraufstand 1934 geschlagenen Sozialdemokraten ein, geriet allerdings auch durch den Phönix-Skandal wegen einer vom Versicherungschef Wilhelm Berliner finanzierten luxuriösen Wohnung ins Gerede und musste seinen Ministerposten räumen. 1937/38 war Dobretsberger Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz. Im März trat 1938 er von diesem Amt zurück, erklärte aber in einem Brief an den akademischen Senat, dass er „diesen Entschluß als Beamter in vollster Loyalität gegenüber der neuen Regierung gefaßt habe.[2]

1938 emigrierte Dobretsberger und war während des Zweiten Weltkriegs unter anderem als Professor in Istanbul und in Kairo tätig. In Istanbul gehörte er zu einem Kreis von Österreichern um die Special Operations Executive, die den Nationalsozialismus subversiv bekämpften.[3]

Nach 1945 wirkte Dobretsberger wieder als Professor an der Universität Graz (Rektor 1946–47) und engagierte sich auch wieder politisch. Zunächst Angehöriger der ÖVP, verließ er nach Bekanntwerden der Oberweiser Konferenz aus Protest die Partei und setzte seine Karriere nunmehr in engem Naheverhältnis zur KPÖ fort. (Laut Margarete Schütte-Lihotzky nannten ihn deshalb politische Gegner „Sowjetsberger“).[4] Er war Obmann und bei den Nationalratswahlen im Jahr 1949 auch Spitzenkandidat der Demokratischen Union, die sich bei der Nationalratswahl 1953 mit der KPÖ und den Linkssozialisten zum Wahlbündnis „Österreichische Volksopposition“ zusammenschloss. Die „Volksopposition“ erreichte vier Mandate, die jedoch alle an KPÖ-Kandidaten gingen.

In der Demokratischen Union kritisierte Dobretsberger die starke West-Orientierung Österreichs und forderte eine Verstärkung des Handels mit den sogenannten Ostblockstaaten und China. Er versuchte das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zur Teilnahme an der Weltwirtschaftskonferenz in Moskau im April 1952 zu bewegen. Das Ministerium lehnte jedoch ab, und so organisierte Dobretsberger selbständig einen Besuch der Konferenz gemeinsam mit interessierten Wirtschaftsvertretern. Unmittelbar nach der Konferenz im Mai 1952 gründete er den Verein Österreichisches Büro für den Ost-West-Handel, dessen Vorsitzender er auch wurde. Mitglieder waren Vertreter von Firmen, die ein Interesse am Osthandel hatten und es wurden mehrere periodisch erscheinende Publikationen dazu herausgegeben.

Das Büro war bis zu seinem Lebensende Hauptbetätigungsfeld für Dobretsberger. Er starb im Mai 1970[Anm 1] und wurde am 29. Mai 1970 auf dem Neustifter Friedhof begraben.

Schriften

  • Die Gesetzmäßigkeit in der Wirtschaft., Wien 1927
  • Vom Sinn und Werden des Neuen Staates. Wien 1934
  • Das Geld im Wandel der Wirtschaft. Bern 1946
  • Katholische Sozialpolitik am Scheideweg. Graz 1947

Literatur

  • Peter Autengruber: Univ.-Prof. Dr Josef Dobretsberger. Vom Bundesminister für soziale Verwaltung zum Obmann der Demokratischen Union. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Jahrbuch 1996, Wien 1996, S. 172–203
  • Harry Slapnicka: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht 1918 bis 1938. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1976, ISBN 3-85214-163-X, S. 66–68
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 133
  • Peter Rosner: Dobretsberger, Josef. In: Harald Hagemann, Claus-Dieter Krohn (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933. Band 1: Adler–Lehmann. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11284-X, S. 125–128.
  • Gertrude Enderle-Burcel: Josef Dobretsberger - ein politischer Grenzgänger im Ost-West-Handel. In: Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): „Zarte Bande“ – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs. Sonderband 9. Studienverlag, Innsbruck 2006, ISBN 978-3-7065-4336-1, S. 131–151.
  • Viktor Matejka: Anregung ist alles – Das Buch Nr. 2, Wien 1991, ISBN 3-85409-075-7.
  • Michael Egger: Der schwere Weg ins Land Atatürks. J. D.s Exil in Istanbul. In: "Zwischenwelt. Literatur, Widerstand, Exil". Zs. der Theodor Kramer Gesellschaft, 29. Jg., H. 3, Oktober 2012 ISSN 1606-4321 S. 49–53

Weblinks

Anmerkungen

  1. Das Todesdatum ist nicht unumstritten: Neben dem 23. Mai 1970 kursiert auch die Angabe 13. Mai 1970.

Einzelnachweise

  1. Die neuen Männer. In: Reichspost, 18. Oktober 1935, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/rpt
  2. Walter Höflechner: Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Von den Anfängen bis in das Jahr 2005. Leykam, Graz 2006, ISBN 3-7011-0058-6, S. 184.
  3. Peter Pirker: Militantes Exil. Antideutscher Widerstand in Jugoslawien 1939/40. In: Zwischenwelt. Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft, Jg. 27, #4, Februar 2011, S. 43. In der Anm. dazu die Belege.
  4. zitiert nach: Hans Joachim Dahms in: Friedrich Stadler et al. (Hg), Vertriebene Vernunft, Bd. 2. S. 1018.

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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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Zentralbild-TBD-Wlocka 2462 Zi-Ho. 10 Motive 23.9.1954 7. Parteitag der CDU in Weimar - 21. bis 25.9.1954 Am Mittwoch, den 22.9.1954, wurde in der Weimarhalle in Weimar, der 7. Parteitag der CDU unter Teilnahme zahlreicher Delegationen aus dem volksdemokratischen Ländern und dem kapitalistischen Ausland eröffnet. UBz: Prof. Josef Debretsberger, Vorsitzender der Demokratischen Union Österreichs (links) und Dr. Josef Plojhar, Minister für Gesundheitswesen und Vorsitzender der tschechoslowakischen Volkspartei.