John Schehr

John Schehr (ohne Datum)

John Schehr (* 9. Februar 1896 in Altona an der Elbe; † 1. Februar 1934 in Berlin) war ein deutscher Politiker in der Weimarer Republik. Schehr war Stadtverordneter in Altona und wenige Wochen Mitglied des Preußischen Landtags bis zu seiner Wahl in den Reichstag im Juli 1932. Er war an der innerparteilichen Wittorf-Affäre beteiligt, die für Ernst Thälmann zum kurzzeitigen Ruhelassen seines Parteivorsitzenden-Amtes führte. Nach der Verhaftung Ernst Thälmanns durch die Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde er durch die Komintern zum neuen Vorsitzenden der der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) erklärt. Schehr wurde im November 1933 ebenso verhaftet und wenige Wochen später ermordet.

Leben

John Schehr, der aus einer Arbeiterfamilie stammte und eine Schlosserlehre absolvierte, trat 1912 in die SPD und ein Jahr später in die Transportarbeitergewerkschaft ein. Sein Arbeitsplatz befand sich am Hamburger Hafen. Dort lernte er Ernst Thälmann kennen. Im Jahre 1917 trat er der USPD und 1920 der VKPD bei. Zu dieser Zeit trat fast die ganze Hamburger USPD zur KPD über, was auch auf das Agitationsvermögen Thälmanns zurückzuführen war.

Nach einer wechselvollen Parteikarriere, die ihn 1928 im Zusammenhang mit der Wittorf-Affäre bis an den Rand des Parteiausschlusses brachte, wurde Schehr 1929 Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der KPD – seit 1925 war er bereits Kandidat für das ZK – und 1932 Mitglied des Preußischen Landtags und von Juli des gleichen Jahres bis 1933 Mitglied des Reichstages. Ab 1930 war er Politischer Leiter des KPD-Bezirks Niedersachsen.[1] Mitte 1932 wurde er zum Vollmitglied des ZK kooptiert und wurde Sekretär des ZK sowie Mitglied des Politbüros. Schehr nahm am 7. Februar 1933 an der geheimen Tagung des ZKs der KPD im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin teil.[2]

Im März 1933 wurde Ernst Thälmann, bis dahin Parteivorsitzender der KPD, im Rahmen der Repressionsmaßnahmen und Fahndungen nach dem Reichstagsbrand verhaftet. Daraufhin übertrug die Kommunistische Internationale den Parteivorsitz und somit die Leitung der im Untergrund arbeitenden KPD auf Thälmanns Stellvertreter John Schehr.

Verhaftung und Ermordung

Schehr wurde am 13. November 1933 verhaftet und in das KZ Columbiahaus gebracht, nachdem Alfred Kattner, der in der KPD-Parteizentrale, dem Karl-Liebknecht-Haus, tätig war und somit Verbindungen zum ZK und dessen führenden Köpfen hatte, übergelaufen war.[3] Da er sich in Vernehmungen konsequent weigerte, Angaben über Personen und Ereignisse des konspirativen Kampfes zu machen, und der Gestapospitzel Kattner am 1. Februar im Auftrag der KPD-Führung in Nowawes erschossen worden war,[4] wurden John Schehr und drei weitere Kommunisten – Eugen Schönhaar, Rudolf Schwarz und Erich Steinfurth – in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 1934 am Berliner Kilometerberg „auf der Flucht erschossen“.[5] Für die Ausführung des Mordes war der Polizeikommissar Bruno Sattler verantwortlich.[6]

Ehrungen

Gedenkstein Königstraße, Berlin-Wannsee
(c) Foto: Lotse, CC BY-SA 3.0
Grabstein in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Lichtenberg

Noch im gleichen Jahr gedachte der Schriftsteller Erich Weinert mit seinem Gedicht John Schehr und Genossen des Meuchelmordes der Gestapo:

Sie schleppen sie in den dunklen Wald.
Und zwölfmal knallt es und widerhallt.
Da liegen sie mit erloschenem Blick,
jeder drei Nahschüsse im Genick,
John Schehr und Genossen.[7]

Nach 1945 erfolgten zahlreiche Ehrungen in der DDR durch Benennungen von Straßen, Einrichtungen und Gebäuden nach John Schehr, die mittlerweile teilweise wieder rückgängig gemacht wurden. 1966 erhielt ein Frachtschiff der Deutschen Seereederei der DDR den Namen John Schehr. Außerdem führte die zweitgrößte Yacht – eine 130-Quadratmeter-Spreizgaffelketsch – der „GST-Hochsee-Yachten-Station“ in Greifswald-Wieck, der späteren GST-Marineschule „August Lütgens“, die dort von 1954 bis 1960 für den GST-Seesport im Einsatz war, den Namen Jonny Schehr.

1954 wurden seine sterblichen Überreste aus Marzahn auf den Zentralfriedhof Friedrichsfelde überführt und an einem Ehrenplatz im Mittelrondell der Gedenkstätte der Sozialisten beigesetzt. Die Urnen von Rudolf Schwarz, Erich Steinfurth und Eugen Schönhaar wurden wenige Meter daneben in der Ringmauer der Gedenkstätte eingemauert.

Die Deutsche Post der DDR gab 1976 zu seinen Ehren eine Sondermarke in der Serie Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung heraus.

Seit 1992 erinnert in Berlin in der Nähe des Reichstags eine der 96 Gedenktafeln für von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete an Schehr. In Berlin-Prenzlauer Berg, Erfurt-Krämpfervorstadt, Halle (Saale)-Radewell, Neubrandenburg, Pasewalk, Teltow, Rostock, Weißenfels, Riesa, Wurzen und Lauchhammer sind Straßen nach John Schehr benannt.

Am Kilometerberg befindet sich ein Gedenkstein für John Schehr und die anderen Widerstandskämpfer, die hier 1934 „auf der Flucht erschossen“ wurden. Seit 1954 finden dort Gedenkveranstaltungen für die vier Widerstandskämpfer statt.[8]

In der ehemaligen Steigerkaserne am Drosselberg in Erfurt kann man noch heute einen John-Schehr-Gedenkstein sehen, eingefasst in einem kleinen Ehrenhain, gleich rechts hinter dem Eingangsgebäude. Allerdings wurden die Gedenkworte herausgemeißelt, so dass diese heute nur noch in Ansätzen lesbar sind. In der Kaserne trug das hier stationierte MotSchützenRegiment 24 den Ehrennamen „John Schehr“.

Literatur

  • Schehr, John. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarb. und stark erw. Auflage. Karl Dietz Verlag Berlin, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
  • Heinz Bergschicker: Deutsche Chronik 1933–1945. Ein Zeitbild der faschistischen Diktatur. Wiss. Beratung: Olaf Groehler. Verlag der Nation, Berlin 1981, 2. dgs. Aufl. 1982 (Abb. S. 34).

Weblinks

Commons: John Schehr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Peter Dürrbeck: Herta und Karl Dürrbeck - Aus dem Leben einer hannoverschen Arbeiterfamilie, Schöneworth Verlag, Hannover 2010, S. 20
  2. Liste der Teilnehmer.
  3. Antifaschismus als humanistisches Erbe in Europa – Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Rolf Richter: S. 41 ff.
  4. Ronald Sassning: Thälmann, Wehner, Kattner, Mielke. Schwierige Wahrheiten. (Memento vom 6. September 2005 im Internet Archive) In: Utopie kreativ, Heft 114, April 2000, S. 362–375 (PDF-Datei; 112 kB)
  5. Politische Uebersicht. In: Pilsner Tagblatt, 4. Februar 1934, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/pit
  6. John Schehr und Genossen. Ein Mord, ein Mythos und die Folgen (Memento vom 4. März 2013 im Internet Archive) Feature auf MDR Figaro vom 2. März 2013.
  7. John Schehr und Genossen von Erich Weinert
  8. Neues Deutschland vom 2. Februar 1954

Kategorie:Person (Altona)

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John Schehr (1896-1934).jpg
John Schehr (1896-1934), responsable national du Parti communiste d'Allemagne (KPD) et député au Reichstag.
John Schehr - Grab - Berlin-Liberg 2013 - 1323-1203-120.jpg
(c) Foto: Lotse, CC BY-SA 3.0
Grabstein für John Schehr in der Gedenkstätte der Sozialisten, Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg.