Johannes Beermann (Bischof)

Johannes Beermann (* 4. Apriljul. / 16. April 1878greg.[1] in Oberpahlen, damals Gouvernement Livland, heute Estland; † 23. Januar 1958 in Göttingen) war ein estnisch-deutscher evangelischer Theologe. Als Deutscher Christ war er in der nationalsozialistischen Ideologie verwurzelt und wurde deshalb von 1934 bis 1945 evangelischer Bischof in der Freien Stadt Danzig bzw. ab 1939 im Reichsgau Danzig-Westpreußen.

Leben

Beermann, Sohn eines estnischen Lehrers und einer deutschen Mutter, studierte 1898 bis 1905 evangelische Theologie an den Universitäten Dorpat und Berlin. 1906 wurde er Lehrer in St. Petersburg. Nach russischem Kriegsdienst wurde er 1918 Schulinspektor und 1919 Lehrer in Reval. 1920 war er einer der Gründer und erster Vorsitzender der Deutschen Vereine in Estland.

1932 berief der Landessynodalverband der Freien Stadt Danzig, ein Gliedverband der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Beermann zum Pfarrer der Gemeinde Osterwick im Kreis Großes Werder der Freien Stadt. Zum 1. Februar 1932 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 926.777).[2][3] Als erster Parteigenosse unter den evangelischen Pfarrern Danzigs und als Anhänger der Deutschen Christen wurde er im Oktober 1933 zum Bischof von Danzig ernannt, nachdem die altpreußische Braune Generalsynode im September 1933 die bisherigen regionalen Leitungspositionen von Generalsuperintendent in Bischof umbenannt und den bisherigen Generalsuperintendenten Paul Kalweit abgesetzt hatte.[4] Beermanns Amtseinführung durch den altpreußischen Landesbischof und Hitlers Reichsbischof Ludwig Müller fand am 21. März 1934 in der Danziger Johanniskirche statt, die mit großen Hakenkreuzfahnen drapiert war.[5] Bei der Reichstagung der Deutschen Christen in Berlin am 21. September 1934 hielt Beermann zur bevorstehenden offiziellen Einführung Müllers als Reichsbischof eine Grußrede, die er mit einem Treuegelöbnis auf Müller, den Führer, das deutsche Volk und mit dem Ruf „Danzig bleibt deutsch!“ schloss.[6]

Von Anhängern der Bekennenden Kirche wurde Beermann zwar als „persönlich freundlich, gutherzig, gegenüber seinen Pfarrern wohlmeinend, charakterlich gewiß unantastbar“[7] beschrieben. Gleichwohl hat er die nationalsozialistische Gleichschaltung der evangelischen Kirche in Danzig aktiv unterstützt und zu verantworten. Sein Ansehen in der Danziger Bevölkerung entsprach nicht seinem hohen Amt, da er sich in seiner Amtsführung immer mehr als ein ausgesprochener Parteigänger der Nationalsozialisten zeigte. Beispielsweise sorgte er am 17. Januar 1935 für die Überführung des Evangelischen Jugendwerks Danzig in die Hitlerjugend. Und so kommt denn auch der Danziger Bekenntnis-Pfarrer Kurt Walter rückblickend zu dem vernichtenden Urteil: „Beermann hat sein Amt in geistlicher Vollmacht nicht zu führen vermocht, sondern zur Zerstörung der Kirche beigetragen“.[8]

Nach der Annexion Danzigs 1939 erstreckte sich ab 1940 seine Zuständigkeit auf das Kirchengebiet Danzig-Westpreußen, das territorial mit dem neugeschaffenen Reichsgau Danzig-Westpreußen deckungsgleich war. Es schloss daher auch pommerellische Kirchengemeinden ein, die bis dahin zur überwiegend deutschsprachigen Unierten Evangelischen Kirche in Polen unter Generalsuperintendent Paul Blau gehört hatten. Mit Oberkonsistorialrat Gerhard M. Gülzow erhielt Beermann einen Mann der Mitte als Stellvertreter. Beim Einmarsch der sowjetischen Truppen 1945 legte er sein Amt nieder und floh nach Westen, wo er in Göttingen unterkam.

Literatur

  • Hannelore Braun, Gertraud Grünzinger: Personenlexikon zum deutschen Protestantismus 1919–1949. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006 ISBN 3525557612, S. 31 f.
  • Kurt Walter: Danzig. In: Günther Harder, Wilhelm Niemöller: Die Stunde der Versuchung. Gemeinden im Kirchenkampf 1933–1945. Selbstzeugnisse. Chr. Kaiser, München 1963, S. 37–56.

Einzelnachweise

  1. Eintrag im Taufregister von Oberpahlen (estnisch: Põltsamaa)
  2. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/1570849
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 36.
  4. Barbara Krüger, Peter Noss: Die Strukturen in der Evangelischen Kirche 1933-1945. In: Olaf Kühl-Freudenstein, Peter Noss, Claus Wagener (Hrsg.): Kirchenkampf in Berlin 1932-1945: 42 Stadtgeschichten (= Studien zu Kirche und Judentum; Bd. 18) Institut Kirche und Judentum, Berlin 1999, S. 149–171, hier S. 158. ISBN 3-923095-61-9.
  5. Ernst Sodeikat: Die Verfolgung und der Widerstand der Evangelischen Kirche in Danzig von 1933 bis 1945 (= Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Band 15). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1965, S. 150.
  6. Danziger Allgemeine Zeitung, Nr. 223 vom 22. September 1934.
  7. Walter (Lit), S. 59.
  8. Ernst Sodeikat: Die Verfolgung und der Widerstand der Evangelischen Kirche in Danzig von 1933 bis 1945 (= Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Band 15). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1965, S. 150ff.
VorgängerAmtNachfolger
Generalsuperintendent
Paul Kalweit
Bischof des Landessynodalverbandes
der Freien Stadt Danzig

19331940
er selbst (für den vergrößerten Sprengel)
(1) er selbst (für den kleineren Sprengel) und
(2) Generalsuperintendent Paul Blau
(Unierte Ev. Kirche in Polen)
Bischof des altpreuß.
Kirchengebiets Danzig-Westpreußen

19401945
keiner
(Kirchengebiet untergegangen)