Johann Severin Vater

Johann Severin Vater (* 27. Mai 1771 in Altenburg, Herzogtum Sachsen-Altenburg, HRR; † 16. März 1826 in Halle (Saale), Provinz Sachsen, Königreich Preußen) war ein deutscher Theologe und Sprachforscher.

Leben und Wirken

Johann Severin Vater absolvierte in seiner Geburtsstadt die Lateinschule, das heutige Friedrichsgymnasium.[1] Er studierte danach in Jena und Halle Theologie und wurde 1794 in Halle mit der Dissertation Animadversiones et lectiones ad Aristotelis libros tres Rhetoricum promoviert. Von 1796 bis 1799 setzte er seine Studien in Jena fort, wo er 1798 außerordentlicher Professor wurde. Ab 1799 war er Professor für Theologie und morgenländische Sprachen an der Theologischen Fakultät in Halle. Nachdem die Universität Halle 1806 von den französischen Besatzungstruppen geschlossen worden war, wechselte er an die Universität zu Königsberg. Seit 1808 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1810 wurde er Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt und 1812 korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Seit 1820 bis zu seinem Tod war er wieder in Halle. In der Zeit der preußischen Bildungsreform war er ab 1810 Mitglied der Wissenschaftlichen Deputation, die das Bildungswesen im Sinne des Neuhumanismus umgestalten sollte.

Vater veröffentlichte theologische Werke zur Bibelexegese und Kirchengeschichte, machte sich aber vor allem als Sprachwissenschaftler einen Namen. Er forschte zu Deutsch, Russisch, Polnisch, Hebräisch, Arabisch, Sanskrit und verschiedenen Regionalsprachen. Weiterhin war Vater zusammen mit Friedrich Justin Bertuch Herausgeber der Fachzeitschrift Allgemeines Archiv für Ethnographie und Linguistik, die Sprachwissenschaft und Ethnologie verband.[2] Vater war einflussreich in der Slawistik,[3] unter anderem durch die von ihm verfasste russische Grammatik und seine Kontakte mit Vuk Stefanović Karadžić, dem er die Promotion in Jena vermittelte.[4] Außerdem machte er sich auf dem amerikanischen Kontinent einen Namen durch seine Arbeiten zu den Indianersprachen. Sein dritter Band des „Mithridates“, der auf den Vorarbeiten des ursprünglichen Mithridates-Herausgebers Johann Christoph Adelung und eigenen Forschungen basiert, ist die erste Darstellung von Indianersprachen, die alle in Europa bekannten zeitgenössischen Informationen sammelte. Der 1812 veröffentlichte Band enthält Daten zu mehr als 500 Indianersprachen des gesamten amerikanischen Kontinents und eine Klassifizierung der Sprachfamilien, die teilweise heute noch gilt.[5] Vater verwendete für diese Arbeit auch Informationen, die Alexander von Humboldt auf seinen Reisen gesammelt hatte und Vater zur Verfügung stellte.[6]

Veröffentlichungen

  • Uebersicht des Neuesten, was für Philosophie der Sprache in Teutschland gethan worden ist, in Einleitungen, Auszügen und Kritiken. Gotha, Perthes, 1799 (Online)
  • Versuch einer allgemeinen Sprachlehre. Mit einer Einleitung über den Begriff und Ursprung der Sprache und einem Anhange über die Anwendung der allgemeinen Sprachlehre auf die Grammatik einzelner Sprachen und auf Pasigraphie. Halle, Renger, 1801 (Online)
  • die Fortsetzung von Johann Christoph Adelungs Mithridates (Berlin 1809–1817, 4 Bände, Band 2 vollendet von Vater, Band 3 und 4 von Vater allein herausgegeben)
  • Handbuch der hebräischen, syrischen, chaldäischen und arabischen Grammatik. Leipzig 1801
  • Praktische Grammatik der russischen Sprache in Tabellen und Regeln nebst Uebungsstücken zur grammatischen Analyse. Leipzig 1809
  • Litteratur der Grammatiken, Lexika und Wörtersammlungen aller Sprachen der Erde. Berlin 1815; 2. Auflage von Bernhard Jülg, 1847.
  • Untersuchungen über Amerika’s Bevölkerung aus dem alten Kontinente dem Herrn Kammerherrn Alexander von Humboldt gewidmet von Johann Severin Vater, Professor und Bibliothekar. Christian Wilhelm Vogel, Leipzig 1810.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. E. Kuhn: Vater, Christian Severin. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Band 39, S. 503 f.
  2. Jörg Meindl: Vater, Johann Severin. In: Thomas Adam (hrsg.): Germany and the Americas: culture, politics, and history. ABC-CLIO, Santa Barbara 2005, S. 1088
  3. E. Winter und Ernst Eichler (Hrsg.): Johann Severin Vater – ein Wegbereiter der deutsch-slawischen Wechselseitigkeit. Akademie-Verlag, Berlin 1984
  4. Leni Arnold: Die Promotion von Vuk Karadzic in Jena. In: Deutschland und der slawische Osten. Festschrift zum Gedenken an den 200. Geburtstag von Ján Kollár. hrsg. von Ulrich Steltner zusammen mit Sigmar Pfeil, Inst. für Slawistik, Jena 1994, S. 67
  5. Jörg Meindl: Vater, Johann Severin. In: Thomas Adam (hrsg.): Germany and the Americas: culture, politics, and history. ABC-CLIO, Santa Barbara 2005, S. 1089–1090
  6. Isolde Schmidt: „Giebt es etwas schöneres als die Geschlechter der Menschen wie die Familien der Pflanzen geordnet zu sehen!“ Johann Severin Vaters Studien über amerikanische Sprachen. In: Beiträge zur Geschichte der Sprachwissenschaft. Band 6, 1996, S. 79–94