Johann Raue
Johann Raue (auch: Ravius; * 1610 in Berlin; † November 1679) war der erste Bibliothekar der „churfürstlichen Bibliothek zu Cölln an der Spree“, der späteren Staatsbibliothek zu Berlin; Professor am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin und Schulinspektor der Mark Brandenburg.
Leben
Wie sein jüngerer Bruder Christian Raue besuchte Johann Raue das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster, ab 1629 war er Student der Philosophie und Theologie in Wittenberg (Magister 1631).[1] Danach ging er nach Erfurt, wo er 1634 Professor für Geschichte und Eloquenz wurde,[2] und bald darauf nach Rostock, wo er den lateinischen und theologischen Unterricht zu reformieren versuchte. Vor den darauf folgenden Anfeindungen floh er 1639 an die dänische Ritterakademie in Sorø, wo er als Professor der Geographie und Chronologie, später auch der Eloquenz und Logik tätig war.[3] 1645 besuchte er Jan Amos Comenius in Elbing. Ein Jahr darauf wurde er Professor in Danzig.[4] Am 5. Juni 1652 legte er seine Schulverbesserungsvorschläge unter dem Titel Modus informandi dem Kurfürsten von Sachsen vor. Seine Reformbestrebungen stießen jedoch auf Ablehnung der traditionalistisch gesinnten Gutachter in Leipzig und Wittenberg, und so folgte er 1654 der Berufung des Großen Kurfürsten nach Berlin, der ihn 1658/69 zum kurfürstlichen Bibliothekar bestellte.[5] 1661 wurde die von Raue geleitete Bibliothek der öffentlichen Benutzung zugänglich. Nach verschiedenen Katalogen der gedruckten Bücher seit 1660,[6] verfasste er 1668 auch den ersten Katalog der Handschriften, die hier ihrer Aufstellung in Repositorien folgend beschrieben wurden.[7]
Werke
- Invitatio ad sacrae eloquentiae studium, Ecclesiae Dei praecipue & nunc quidem maxime necessarium. Rostock 1636 (Digitalisat).
- Prior fundamentalis controversia pro logica novissima. Addita sunt & labyrinthus logicorum circa hanc praecipue materiam, & filum Ariadnaeum. Aristarchus seorsim editur. Rostock 1638 (Digitalisat).
- Kurtzer Bericht/ Welcher massen die von M. Johanne Bunone angelegte Grammatica, Damit Er in Fabeln und Mährlein die Regulas und Exempla der Jugend innerhalb 2 Monathen mit grosser Lust/ vollkömmlich/ und auch zugleich fest einbilden kan/ Recht und wol gegründet sey. Danzig 1649 (Digitalisat).
- Catalogus Manuscriptorum Bibliothecae Electoralis Brandenburgensis Coloniensis anno M.DC.LXVIII., 1668 (jedoch mit Ergänzungen aus den nachfolgenden Jahrzehnten), Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Cat. A 465 (Digitalisat); Edition in Winter 2018, s. u.
- Für einige kleinere Werke, zumeist Gelegenheitsschriften, siehe das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts (VD17).
Literatur
- Walther Faber: Johann Raue. Quellenstudien über den Comeniuskreis und das Danziger Geistesleben im Zeitalter des Barock. In: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins. Band 68, 1928, S. 185 ff.
- Kurt Tautz: Johann Raue. In: Die Bibliothekare der Churfürstlichen Bibliothek zu Cölln an der Spree. Ein Beitrag zur Geschichte der Preussischen Staatsbibliothek im siebzehnten Jahrhundert. Otto Harrassowitz, Leipzig 1925, S. 18–43 (Digitalisat).
- Ignacio Angelelli: On Johannes Raue’s Logic. In: I. Marchlewitz, A. Heinekamp (Hrsg.): Leibniz' Auseinandersetzung mit Vorgängern und Zeitgenossen. Franz Steiner, Stuttgart 1990, S. 184–190.
- August Ziel: Johann Raues 'Schulenverbesserung'. Ein Beitrag zur Geschichte der Pädagogik des 17. Jahrhunderts. In: Programm des Königl. Gymnasiums zu Dresden-Neustadt. B. G. Teubner, Dresden 1886 (Digitalisat).
- Walter Schöler: Johann Raue, General-Schulinspektor des Großen Kurfürsten, und die Stenografie. In: Der Stenografielehrer, 15. Jg., 1961, H. 6, S. 145–149.
- Johannes Bolte: Raue, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 397 f.
- Ursula Winter (Hg. und Bearb.): Die Handschriften der Churfürstlichen Bibliothek zu Cölln an der Spree – Johann Raues Katalog von 1668. Ms. Cat. A 465 der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, mit Signaturennachweisen und Kommentar. In: Eef Overgaauw (Hg.): Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz: Kataloge der Handschriftenabteilung, Erste Reihe: Handschriften, Bd. 10. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2018, ISSN 0172-1119.
- Peter Bahl: Der Hof des Großen Kurfürsten. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens. Böhlau, Köln 2001, ISBN 3-412-08300-3, S. 560.
Weblinks
- Werke von und über Johann Raue in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Eintrag zu Johann Raue im Catalogus Professorum Rostochiensium
- Johann Raue im Rostocker Matrikelportal, SS 1635, Nr. 30
Einzelnachweise
- ↑ Tautz 1925, S. 18–19.
- ↑ Tautz 1925, S. 20.
- ↑ Tautz 1925, S. 21.
- ↑ Tautz 1925, S. 21.
- ↑ Tautz 1925, S. 23.
- ↑ Tautz 1925, S. 25 ff.
- ↑ Tautz 1925, S. 32–34.
Personendaten | |
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NAME | Raue, Johann |
ALTERNATIVNAMEN | Ravius |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bibliothekar |
GEBURTSDATUM | 1610 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | November 1679 |