Johann Georg Bürgy

Johann Georg Bürgy (* 25. Juli 1771 in Homburg vor der Höhe; † 27. Oktober 1841 in Gießen) war ein deutscher Orgelbauer im Raum Mittelhessen.

Leben

Bürgy wurde 1771 als siebter Sohn des Orgelbauers Johann Conrad Bürgy geboren. Er lernte sein Handwerk bei Jacob Courtain in Osnabrück und ließ sich nach Aufenthalten in Österreich und Ungarn in Gießen nieder.[1] Dort heiratete er im Jahr 1809 die Tochter von Johann Peter Rühl, dem Schwiegersohn und Nachfolger von Johann Andreas Heinemann.[2] Gemeinsam mit seinem Bruder Philipp Heinrich und später alleine unterhielt er einen Orgelbaubetrieb. Er starb 1841 in Gießen. Sein Schüler war Johann Georg Förster, der Bürgys letzten Orgelneubau in Gettenau vollendete.[3]

Werkliste

Charakteristisch für die Orgeln der Gebrüder Bürgy ist der einheitliche Biedermeierstil des Prospektes. Der siebenachsige Prospekt wird durch breite Lisenen gegliedert. Ein breites, niedriges, vorkragendes Pfeifenflachfeld in der Mitte wird von einer Henkelvase bekrönt. Außen stehen zwei hohe Rundtürmen mit je fünf Pfeifen, an die sich jeweils zwei schmale niedrige Harfenfelder mit je drei Pfeifen anschmiegen. Auf den Harfenfeldern, die zum Rundturm ansteigen, stehen kleine Urnen. Seitliches Schleierwerk fehlt.

JahrOrtGebäudeBildManualeRegisterBemerkungen
1802BüdingenEv.-luth. KircheI/P131830 nach Hitzkirchen verkauft und dort bis 1978, heute im Orgel Art Museum; weitgehend erhalten[4]
1803BleichenbachEvangelische KircheI/P15zusammen mit Philipp Heinrich; 1876 durch Ratzmann Spieltisch verlegt und neue Traktur, zwei Register ersetzt; später gingen zwei weitere Register verloren
1804–1806WindeckenStiftskirche WindeckenI/PNeubau zusammen mit seinem Bruder für 1500 Gulden; 1865 um zweites Manual erweitert und auf die Westempore umgesetzt; 1895 durch Ratzmann ersetzt
1805–1806Groß-KarbenEvangelische KircheI/P11Das Werk wurde gemeinsam mit dem Bruder Philipp Heinrich erarbeitet. Nach umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten im Jahr 2000 besitzt die Orgel heute 12 Register, davon 2 im Pedal. Einige alte Register sind teilweise erhalten, wurden aber auf aufgearbeitet; Dekor im Zopfstil.[5]
1808LeunEvangelische Kirche
I/P13Orgel der evangelischen Kirche Leun. Die Orgel wurde 1806 in Leun in Auftrag gegeben. Über die Vorgängerorgel ist nur wenig bekannt. Gestiftet wurde sie von einem Leuner Bürger, der in London zu unverhofftem Reichtum gekommen war. Die Orgel besitzt 13 Register auf einem Manual und Pedal. Die beiden ursprünglichen Zungenregister (Trompete 8′ und Posaune 16′) waren zerstört, wurden jedoch mittels einer großen Spendenaktion der Leuner Bevölkerung im Jahr 2008 rekonstruiert.[6]
1811GünterodEvangelische KircheI/P9zusammen mit Philipp Heinrich; 1912 durch Eichhorn umgebaut, 1954 durch Eppstein restauriert, 1973/1974 durch Gerald Woehl abgebrochen und ersetzt
1816Beselich-SchupbachEvangelische KircheI/P131923 ersetzt; Prospekt erhalten[7]
1820Lich-BirklarEvangelische KircheI/P13klassizistischer, siebenachsiger Prospekt; Orgel zum großen Teil erhalten[8]
1818–1822RuppertsburgEvangelische KircheI/P1937 ersetzt; Prospekt erhalten
1816–1823MelbachEv.-luth. KircheI/P13mehrfach umgebaut[9]
1822Leun-BiskirchenEvangelische KircheI/P12Die Orgel wurde nach Daubhausen verkauft, wo sie noch heute in der Evangelischen Kirche steht (Foto). Zum großen Teil erhalten.[10]
1828–1831WißmarEvangelische KircheII/P(15)Nach drei Jahren waren nur das Gehäuses und ein Drittel der Orgel gebaut, sodass es zu einem Vergleich kam und die Orgel 1834/1835 von Johann Hartmann Bernhard fertiggestellt wurde.
1830–1834Langgöns-OberkleenSt. MichaelisI/P10unter Einbeziehung älterer Teile der Vorgängerorgel; später um zwei Register auf I/P/12 erweitert, weitgehend erhalten[11]
1835BissesEvangelische KircheI/P10mehrfach umgebaut; einige Register erhalten[12]
1839–1843LanggönsJakobuskircheI/P11erst nach Bürgys Tod vollendet; 1920 ersetzt[13]
um 1840–1844GettenauEvangelische KircheII/P11von Johann Georg Förster vollendet[14]

Literatur

  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Krystian Skoczowski: Die Orgelbauerfamilie Zinck. Ein Beitrag zur Erforschung des Orgelbaus in der Wetterau und im Kinzigtal des 18. Jahrhunderts. Haag + Herchen, Hanau 2018, ISBN 978-3-89846-824-4.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5.
  • Hans Martin Balz: Bürgy, Familie. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart 2. Personenteil Band 3. Bärenreiter/Metzler, Kassel/Stuttgart 2000, S. Sp. 1296–1298.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,2). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2: M–Z. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1. 1967, S. 34.
  2. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 15.
  3. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 360.
  4. Fortepiano im Orgel Art Museum. Abgerufen am 4. März 2022.
  5. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 421–423.
  6. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. 1975, S. 548–550.
  7. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. 1975, S. 746.
  8. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 128.
  9. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2: M–Z. 1988, S. 641–643.
  10. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. 1975, S. 110 f.
  11. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. 1975, S. 683.
  12. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 129 f.
  13. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 548 f.
  14. Bösken, Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1: A–L. 1988, S. 359 f.

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