Johann Friedrich Ludwig Wöhlert

Friedrich Wöhlert (* 16. September 1797 in Kiel; † 31. März 1877 in Berlin[1]) war ein preußischer Gießereifabrikant und Konstrukteur in den Bereichen Dampfmaschinen und Lokomotiven.

Leben und Wirken

Zeichnung der ersten Dampflokomotive von Borsig (1840), an deren Konstruktion Wöhlert beteiligt war

Friedrich Wöhlert war der Sohn eines Brauers und Maklers. Er besuchte die Volksschule in Kiel und erhielt danach eine Ausbildung als Tischler, der sich ab 1818 eine Zeit als Wandergeselle anschloss. In Berlin arbeitete er bis 1836 für die Neue Berliner Eisengießerei von Franz Anton Egells (1788–1854). Wöhlert war befreundet mit August Borsig (1804–1854), den er hier kennen gelernt hatte.[2] Als dieser sich 1836 selbständig machte, holte er Wöhlert 1837[3] als Werkmeister[2] in die A. Borsig’sche Eisengießerei- und Maschinenbau-Anstalt[1] am Oranienburger Tor. Wöhlert blieb bis 1841[4] und war am Bau der ersten Lokomotive von Borsig maßgeblich beteiligt. Später nahm er sogar für sich in Anspruch, deren geistiger Vater gewesen zu sein, was Borsig allerdings stets bestritt.[2]

Möglicherweise auf Initiative seines Förderers Christian Peter Wilhelm Beuth (1781–1853), einem preußischen Ministerialbeamten und Leiter des königlichen Gewerbeinstituts, verließ Wöhlert 1841 Borsig und übernahm bei der Königlich Preußischen Eisengießerei die Position des Leiters der Berliner Niederlassung an der Invalidenstraße. Das Unternehmen gehörte der Preußischen Seehandlungs-Societät in Berlin-Moabit, woraus sich ein gelegentlich genanntes Anstellungsverhältnis bei dieser Vorläuferin der Preußischen Staatsbank[4] erklärt.[5][4] Wöhlert hätte demnach auch eine Laufbahn im preußischen Staat offengestanden.[2]

Stattdessen gründete er 1842 in der Chausseestraße 29 mit der Wöhlert’schen Maschinenbau-Anstalt sein eigenes Unternehmen, in dem ab 1848 auch Lokomotiven hergestellt wurden. Nach wenigen Jahren kaufte Wöhlert auch das Grundstück Chausseestraße 30. Das Gesamtgelände trug nach Umnummerierung der Straße 1852 die Adresse Chausseestraße 36/37. Von 1851 bis 1853 war Hermann Gruson (1821–1895) Oberingenieur der Lokomotivabteilung, in der auch Rudolf Ernst Wolf (1831–1910) arbeitete.

Ein schweres Augenleiden, das fast zur Erblindung führte,[2] und eine ungeregelte Nachfolge[4] veranlassten Wöhlert 1872 zum Verkauf des Unternehmens; er selber war danach für kurze Zeit dessen Aufsichtsratsvorsitzender. Die Käufer wandelten es, wie damals üblich, in eine Aktiengesellschaft um und erhielten auf diesem Weg zusätzliches Kapital für Investitionen.

Wöhlert blieb unverheiratet, hatte aber zwei Söhne eines Tischlermeisters adoptiert. Nach seinem Tod 1877 wurde er auf dem Invalidenfriedhof in Berlin-Mitte beigesetzt.[2]

Nähe zur Fabrik

Blick von der Chaussee- in die Wöhlertstraße (Mai 2004)

Während seiner Berliner Unternehmerzeit wohnte Wöhlert immer in der Nähe seiner Fabrik:

  • ab 1836, während seiner Tätigkeit bei August Borsig, wohnte Wöhlert in der Chausseestraße 73c,[6]
  • 1842, im Gründungsjahr der Maschinenbauanstalt und Eisengießerei, wohnte Wöhlert in Alt-Moabit 14,[7]
  • ab 1844 wohnte er dann in der Chausseestraße 29.[8]
  • 1873 wurde seine Villa an der Königgrätzer Straße 2 (heute Ebertstraße) fertiggestellt. Architekten waren Orth & Knoblauch.[9]

Nebenbei unterhielt er einen Sommersitz in Hangelsberg bei Fürstenwalde/Spree (Brandenburg). Dort ist an mehreren Gebäuden Eisenkunstguss aus seiner Fabrik zu sehen.

Das Ende der F. Wöhlert’schen Maschinenbau-Anstalt und Eisengiesserei AG

Die MÁV IIIk 3043 ist die einzige erhaltene Lokomotive der Wöhlert’schen Maschinenbau-Anstalt und Eisengiesserei.

Den Untergang seines Betriebs erlebte Friedrich Wöhlert nicht mehr. Bereits 1879, zwei Jahre nach seinem Tod, kam es zu einem Insolvenzverfahren. Das Unternehmen konnte noch einmal gerettet werden. 1879–1880 entstand eine kleine Serie von Dampfdroschken nach einem Patent von Amédée Bollée père (1844–1917). Die Auffanggesellschaft wurde am 25. Juni 1883 aufgelöst.[1]

Ehrungen

Sockel des Denkmals für Christian Peter Wilhelm Beuth von Friedrich Drake (1861)
  • Wöhlert wurde für seine Verdienste zum Kommerzienrat ernannt.[2]
  • Die 1888 angelegte, von der Chausseestraße zur Pflugstraße verlaufende Wöhlertstraße wurde am 12. März 1889 nach ihm benannt.[10]
  • 1861, also noch zu seinen Lebzeiten, wurde vor der Schinkel’schen Bauakademie ein Denkmal für Christian Peter Beuth aufgestellt. Unter den im Relief am Sockel angebrachten Figuren finden sich Friedrich Wöhlert, Franz Anton Egells, Julius Freund und Leopold Koenig.

Trivia

Friedrich Wöhlert wird nachgesagt, dass er jede Anfrage mit: „Mach ick“ beantwortet haben soll.[2] Tatsächlich lehnte er bei Notwendigkeit Anfragen auch ab, z. B. als die Firma 1871 zur Mitarbeit am Gotthardtunnel aufgefordert wurde.[11]

Literatur

Weblinks

Commons: Johann Friedrich Ludwig Wöhlert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Wolfgang Messerschmidt: Taschenbuch Deutsche Lokomotivfabriken. Ihre Geschichte, ihre Lokomotiven, ihre Konstrukteure. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1977, ISBN 3-440-04462-9, S. 218
  2. a b c d e f g h Hans-Heinrich Müller: Wöhlert – ein Pionier des Maschinenbaus. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 3, 1996, ISSN 0944-5560, S. 16–19 (luise-berlin.de).
  3. August Borsig. albert-gieseler.de; abgerufen am 27. Januar 2015
  4. a b c d Katalog-30/F. Wöhlert’sche Maschinenbau-Anstalt und Eisengiesserei AG. gutowski.de; abgerufen am 27. Januar 2015
  5. Königliche Eisengießerei Berlin. werkbahn.de
  6. Johann Friedrich Ludwig Wöhlert. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1837, S. 404. „Wöhlert, F., Maschinenbauer, Chausseestraße 73c“.
  7. Johann Friedrich Ludwig Wöhlert. In: Berliner Adreßbuch, 1843, S. 506. „Wöhlert, F., Maschinenbauer, Alt-Moabit 14“.
  8. Johann Friedrich Ludwig Wöhlert. In: Berliner Adreßbuch, 1845, S. 516. „Wöhlert, F., Maschinenbaumeister und Eisengießereibes.,Chausseestraße 29“.
  9. Orth & Knoblauch; Villa Wöhlert, Berlin (1873). Architekturmuseum TU Berlin; abgerufen am 19. November 2015
  10. Wöhlertstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  11. Fa. F. Wöhlert an Alfred Escher, 1. September 1871; online-Edition unter briefedition.alfred-escher.ch abgerufen 17. August 2015

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Schinkelplatz Beuth Sockel.jpg
Autor/Urheber: Manfred Brückels, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Schinkelplatz in Berlin-Mitte. Sockel des Denkmals für Peter Christian Wilhelm Beuth. Die Reliefs sind von Friedrich Drake. Sie symbolisieren technische Errungenschaften des frühen 19. Jahrhunderts und berufliche Tätigkeiten von Beuth.
GWT 25, Wöhlertstr, Mai 2004.JPG
(c) Gtelloke in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0
Ein Blick von der Chaussee- in die Wöhlertstraße im Jahre 2004.