Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg
Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg (* 7. Februar 1733[1] in der Josefstadt (heute 8. Bezirk von Wien); † 14. Dezember 1816 in Wien) war ein frühklassizistischer Architekt aus Österreich.
Biografie
Johann Ferdinand Hetzendorf war der Sohn des aus Sulzbach in der Oberpfalz stammenden Malers Johann Samuel Hetzendorf und dessen Gattin Theresia Ursula Nefzer. Er wurde in der Wiener Vorstadt Josefstadt geboren. Nach einem Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien unternahm er Reisen nach Deutschland und Italien, bei denen er sich vorerst als Theater- und Dekorationsmaler betätigte. 1758 wurde er Ehrenmitglied der neu gegründeten Augsburger Akademie. Über die Theaterdekoration kam er zur Architektur. Er wurde vom Staatskanzler Maria Theresias, Wenzel Anton Graf Kaunitz protegiert, so dass er 1765 die baukünstlerische Leitung von Schloss Schönbrunn übertragen bekam, das von Maria Theresia nach dem Tod ihres Ehemannes Kaiser Franz Stephan von Lothringen neu gestaltet wurde. 1766 wurde er geadelt und trug seither den Namen Hetzendorf von Hohenberg. Von 1769 bis 1772 war er Professor an der Architekturschule der Wiener Akademie, von 1773 bis zu seinem Tode deren Direktor. 1773 wurde er außerdem Mitglied der Académie de France in Rom. 1775 erfolgte die Ernennung zum Hofarchitekten, 1776 zum wirklichen Hofarchitekten. 1804 wurde er Ehrenbürger der Stadt Wien.
1894 wurde die Hohenbergstraße in Wien-Meidling nach dem Architekten benannt.
Bedeutung
Seine erste Arbeit war die Innenausstattung des Schönbrunner Schlosstheaters, das von ihm in einem noch rokokoartigen Stil eingerichtet wurde. Seine späteren klassizistischen Umbauvorschläge wurden allerdings nicht realisiert. Wichtig wurde Hetzendorf vor allem aber als Gestalter des Schlossgartens, den er nach strengen französischen Prinzipien anlegte. Manche Skulpturen wurden nach seinen Plänen entworfen, so etwa der Neptunbrunnen.
Das markanteste Bauwerk des Schlossgartens, die Gloriette, stammt ebenfalls aus seiner Planung. Sie wurde 1772–1775 errichtet und gilt als erstes klassizistisches Bauwerk in Österreich. Sie ist ein Triumphbogen auf dem höchsten Schlosshügel, der sowohl als Aussichtspunkt als auch als optischer Abschluss des Schlossgartens fungiert. Sie ist als Kriegerdenkmal gedacht, daher ist sie mit Kriegs-Trophäen drapiert, die von Johann Baptist Hagenauer und Benedikt Hainrizi (der Name „Henrici“ ist irrig) stammen.
Ein bereits sehr deutliches klassizistisches Zitat sind der Obelisk im Schlossgarten sowie die Römische Ruine(unter Verwendung von Dekorationsteilen des Schlosses Neugebäude), die ihm als erstes Werk dieser Art internationale Anerkennung brachte. Diese künstliche Inszenierung von Verfallenem weist auch schon auf die Romantik hin.
1783 baute er das Palais Pallavicini' (damals Palais Fries) am Josephsplatz, gegenüber der Hofburg um. Die Front dieses Gebäudes ist geradezu „anti-barock“: sie ist nicht auf den Eingang hin akzentuiert und bleibt rein additiv, was noch dadurch verstärkt wird, dass als einzige Skulpturen nicht die obligatorischen Karyatiden neben dem Eingangsportal, sondern die ganze Front entlang Vasen in regelmäßigen Abständen vorgesehen waren. Dies wurde schärfstens abgelehnt, und der Besitzer Moritz Reichsgraf von Fries gab dem Druck der öffentlichen Meinung nach und beauftragte Franz Anton von Zauner (von dem auch das gegenüberstehende Denkmal Josephs II. stammt), das Eingangsportal mit Karyatiden auszustatten.
In den folgenden Jahren beschäftigte sich Hetzendorf von Hohenberg vor allem mit der Umgestaltung von Kirchen, namentlich der Wiener Minoritenkirche und der Augustinerkirche, beides ursprünglich gotische Kirchen, die barockisiert worden waren. Die barocke Inneneinrichtung wurde größtenteils entfernt, was ihm den Ruf eintrug, ein „Regotisierer“ zu sein. Dies ist aber durchaus zweischneidig, da er einige Umbauten machen ließ, die der Gotik zuwiderlaufen: etwa ließ er in der Augustinerkirche im Chor Oratorien einbauen, was das für die Gotik wichtige Gefühl der Höhe empfindlich stört. In der Minoritenkirche ließ er den Ludwigschor, einen authentischen gotischen Chor, abmauern (er wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgerissen). Waren diese Änderungen also auch noch klassizistisch inspiriert, ging es ihm doch vor allem um einen harmonischen Gesamteindruck, der durchaus auch die Gotik zur Geltung brachte.
Diese Tendenz zur Neugotik schlug aber in seinen letzten Projekten immer mehr durch, so in seinen (in dieser Form nicht gebauten) Plänen für Schloss Laxenburg, wo er fast so etwas wie eine künstliche mittelalterliche Burg entwarf.
Hetzendorf von Hohenberg verkörperte wie kein anderer die vielfältigen Möglichkeiten seiner Zeit. Durchaus noch mit der Barockarchitektur vertraut, verhalf er dem Klassizismus in Österreich zum Durchbruch, um am Ende bereits so etwas wie den Historismus vorwegzunehmen, dessen Pragmatismus – verschiedene ästhetische Lösungen für verschiedenartige Bauwerke zuzulassen – von ihm bereits vorweggenommen wurde.
Werke
- Innenausstattung des Schönbrunner Schlosstheaters, Wien (1766/67)
- Festgerüste anlässlich von Heiligsprechungen vor der Piaristen-( Ordensgründer Hl.Joseph von Calasanz) und der Salesianerinnenkirche, Wien (1768)
- Altäre der Pfarrkirche St. Josef zu Margareten, Wien (1771)
- Gloriette, Schönbrunner Schlosspark, Wien (1775)
- Obeliskkaskade, Schönbrunner Schlosspark, Wien (1777)
- Hochaltar der Lichtentaler Kirche, Wien (1777)
- Römische Ruine, Schönbrunner Schlosspark, Wien (1778)
- Palais Fries (später Pallavicini), Wien (1783/84)
- Regotisierung der Augustinerkirche, Wien (um 1784)
- Veränderung der Innenausstattung der Wiener Minoritenkirche, (um 1785)
- Veränderung der Innenausstattung der Michaelerkirche, Wien (1792)
- Entwurf der Kirche St. Anna, Verl (1792–1801)
- Der Tempel der Nacht im Schlosspark von Schönau an der Triesting (1796)[2]
- Stuckdecken im Schwarzenbergpalais, Wien (1802)
- diverse Gartenbauten für Schloss Laxenburg
- Triumphpforten, Trauergerüste, Theaterprospekte
Der kaiserlich-königliche Steinbruch
Vor allem tragende Architekturteile wurden aus härtestem Kaiserstein gearbeitet, so ist eine intensive Zusammenarbeit mit Kaisersteinbrucher Meistern dokumentiert.[3]
Literatur
- Wilhelm Maximilian Kisch: Die alten Strassen und Plätze Wiens und ihre historisch interessanten Häuser. Band 1. 1883, Bild 186.
- Christine Touaillon: Altwiener Bilderbuch. 1909, S. 48.
- Österreichische Bau und Werkkunst. Jahrgang 1 (1924), S. 28 (anno.onb.ac.at).
- Renate Wagner-Rieger: Hetzendorff Edler von Hohenberg, nannte sich seit 1766 fast nur mehr von Hohenberg, Johann Ferdinand. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 35 f. (Digitalisat).
- Mitteilungen der Architektenvereinigung Wiener Bauhütte. Band 25, 1902, Tafel 61/62.
- Hetzendorf von Hohenberg Johann Ferdinand. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 307 f. (Direktlinks auf S. 307, S. 308).
- Karl Weiß: Hetzendorff von Hohenberg, Johann Ferdinand. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 323.
- Moritz Dreger: Baugeschichte der k. k. Hofburg in Wien bis zum XIX Jahrhundert. Band 18. 1924.
- Constantin von Wurzbach: Hetzendorf von Hohenberg, Johann Ferdinand. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 8. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1862, S. 447 f. (Digitalisat).
- Alfred Schnerich: Wiens Kirchen und Kapellen in Kunst- und Kulturgeschichtlicher Darstellung. 1921.
- Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien XI.–XXI. Bezirk. Band 14. 1914.
- Hans Tietze: Wiener Gotik im XVIII. Jahrhundert Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k.k. Zentralkommission. Band 3. 1909.
- Erwin Hainisch: Der Klassizismus des Architekten Johann Ferdinand Hetzendorff von Hohenberg. Dissertation, Wien 1925.
- Erwin Hainisch: Der Architekt Johann Ferdinand von Hetzendorff. 1949.
- Österreichische Kunsttopographie. Band 2. 1909.
- Erwin Hainisch: Der Architekt Johann Ferdinand Hetzendorff von Hohenberg, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band XII, 1949.
- Dagobert Frey: Die Denkmale des politischen Bezirks Baden. 1924.
Weblinks
- Eintrag zu Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag In: Taufbuch der Pfarre Maria Treu. Band 1, S. 653.
- ↑ Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.
- ↑ Helmuth Furch, Historisches Lexikon Kaisersteinbruch. Band 2 I–Z. (ribera-philosophie.at PDF) Index Kaiserstein: Hohenberg-Bauten, Gloriette Hetzendorf von Hohenberg, Garten-Freitreppe. Museums- und Kulturverein Kaisersteinbruch, Bruckneudorf-Kaisersteinbruch 2004.
Personendaten | |
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NAME | Hetzendorf von Hohenberg, Johann Ferdinand |
ALTERNATIVNAMEN | Hetzendorf, Johann Ferdinand |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer frühklassizistischer Architekt |
GEBURTSDATUM | 7. Februar 1733 |
GEBURTSORT | Josefstadt (Wiener Bezirksteil) |
STERBEDATUM | 14. Dezember 1816 |
STERBEORT | Wien |
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Blick auf den Turm der St. Anna Kirche in Verl.
Autor/Urheber: Gryffindor, Lizenz: CC BY 2.5
Detail of the Palais Pallavicini in Vienna, at Josefsplatz. Owned by the noble Pallavicini comital family.
Neptunbrunnen Schönbrunn
Autor/Urheber: C.Stadler/Bwag, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Westansicht der Franzensburg in der niederösterreichischen Marktgemeinde.
Namensgeber ist Kaiser Franz I., der dieses Gebäude von dem Architekten Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg als Museum („Schatzhaus Österreich“) von 1798 bis 1801 errichten ließ. Sie ist ein Hauptwerk des romantischen Klassizismus im Stile der Neogotik und wurde bis in das Jahr 1835 erweitert.