Johann Erich Biester

Johann Erich Biester (* 17. November 1749 in Lübeck; † 20. Februar 1816 in Berlin) war ein Popularphilosoph, der zusammen mit Friedrich Nicolai und Friedrich Gedike das sogenannte Triumvirat der Berliner Spätaufklärung bildete.

Johann Erich Biester, Gemälde von Ferdinand Collmann, 1795, Gleimhaus Halberstadt

Leben

1767 bis 1771 studierte Erich Biester die Rechte und die englische Literatur in Göttingen und war danach als Jurist in Lübeck tätig. Ab 1783 war der Aufklärer Mitherausgeber der Berlinischen Monatsschrift (mit dem Pädagogen Gedike, der 1791 von der Redaktion zurücktrat) sowie Herausgeber der Berlinischen Blätter und der Neuen Berlinischen Monatsschrift bis 1811. Biester trat im Sinne der Aufklärung gegen den sich ausbreitenden Okkultismus sowie gegen irrationale Gefühlsduselei (Schwärmerei) ein. Dem verstärkt um sich greifenden Einfluss des katholischen und jesuitischen Proselytentum widersetzte er sich vehement.

Johann Erich Biester

Er war Freimaurer und Mitglied der Berliner Mittwochsgesellschaft (Deckname: Axiomachus, d. h. der Kämpferische) sowie der Gesetzlosen Gesellschaft zu Berlin und war ein Studienfreund von Gottfried August Bürger an der Universität Göttingen. 1773 erhielt er eine Lehrerstelle am Pädagogium der Universität in Bützow (Mecklenburg), die er nach kurzer Zeit aufgab und promovierte 1773 an der Universität Bützow zum Dr. jur.[1]

Ab 1777 war er Staatssekretär des Preußischen Kultusministers Karl Abraham Freiherr von Zedlitz. Ab 1784 war er als Bibliothekar der Königlichen Bibliothek Berlin tätig (Amtsübergabe erfolgte durch König Friedrich II. von Preußen persönlich) und später Leiter derselben. Er war Beamter und bis zu seinem Tode 'Großredner' der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland in Berlin (Zinnendorfisches System). (Seit 1777 Mitglied, 1789–1816 Meister vom Stuhl der dortigen Loge 'Zum goldenen Pflug'.)[2] Er war ein Freund des Philosophen Immanuel Kant (1724–1804), den er 1791 in Königsberg aufsuchte.

Johann Erich Biester starb 1816 im Alter von 66 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden an der Chausseestraße. Das Grab ist nicht erhalten.[3]

Johann Erich Biester im philosophischen Diskurs seiner Zeit

Kants Artikel Was ist Aufklärung? erschien 1784 in der Berlinischen Monatsschrift und eröffnete die Aufklärungsdebatte, nachdem Biesters Aufsatz „Vorschlag, die Geistlichen nicht mehr bei Vollziehung der Ehen zu bemühen“ für Furore gesorgt hat. Biester verteidigte Kant später in Berlin durch eine direkte Eingabe (Immediatgesuch) bei König Friedrich Wilhelm II., um das Recht zu erwirken – und gegen die zwischenzeitlich verschärfte Zensur zu opponieren, denn es wurde ihm verboten, Kants Aufsätze drucken zu dürfen. Das Gesuch wurde jedoch durch Zedlitz' Nachfolger Johann Christoph von Wöllner (1732–1800) abschlägig beschieden. Dieser war bestrebt, die „Apostel des Unglaubens“ Gedike und Biester auf die Zitadelle Spandau zu verbannen. – Biester war ein Freund der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt. Mit letzterem arbeitete er in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, deren Mitglied der philologischen Klasse er aufgrund der Preußischen Zensur erst 1798 wurde, gegen Ende seines Lebens eng zusammen.

Im Disput zwischen dem Aufklärer Thomas Paine (1737–1809) und dem Konservativen Edmund Burke (1729–1797) – in Deutschland vertreten durch Friedrich von Gentz (1764–1832) – stellte sich Biester auf die Seite Paines. Als Bibliothekar galt sein Interesse besonders den jungen Philologen wie Friedrich August Wolf (1759–1824) und Philipp Buttmann (1764–1829), sowie den Literaten Friedrich de la Motte Fouqué (1777–1843), Karl August Varnhagen von Ense (1785–1858) und Karl Friedrich Klöden (1786–1856).

Sein Streit mit Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) fand viel Beachtung. Biester lehnte Fichtes Philosophie rigoros ab – in diesem Punkt dachte er ähnlich wie die späteren Arthur Schopenhauer (1788–1860) und Heinrich Heine (1797–1856), der schrieb: „Der Fichtesche Idealismus gehört zu den kolossalsten Irrtümern, die je ein menschlicher Geist ausgeheckt“. Die Ablehnung Biesters richtete sich nicht nur gegen Fichtes unverhohlenen Antisemitismus – Biester sympathisierte mit der protestantischen Richtung der Sozinianer und dem Deismus der Unitarier –, sondern vornehmlich gegen Fichtes Streitsucht und arrogante Rechthaberei. Gegen die Berufung Fichtes zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in die philosophische Klasse sprachen sich Nicolai und Biester gemeinsam aus und verhinderten damit Fichtes Aufnahme.

Einzelnachweise

  1. Siehe dazu den Eintrag der Promotion von Johann Erich Biester im Rostocker Matrikelportal
  2. H. Schüttler, „Die Mitglieder des Illuminatenordens“
  3. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 94.

Literatur

  • Karl H. Salzmann: Biester, Johann Erich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 234 (Digitalisat).
  • Bernd Horlemann, Hans-Jürgen Mende (Hrsg.): Berlin 1994. Taschenkalender, Edition Luisenstadt Berlin, Nr. 01280; Seiten zwischen 16. und 17. Januar: Nicolais genauester Freund.
  • Alken Bruns: Johann Erich Biester. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck, Bd. 12. Wachholtz, Neumünster 2006, ISBN 3-529-02560-7, S. 34ff.
  • Ernst KelchnerBiester, Johann Erich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 632 f.
  • Alfred Hass: Johann Erich Biester. Sein Leben und sein Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärungszeit in Preussen. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt a. M., 1925.
  • Alfred Hass: Johann Erich Biesters Bedeutung für das Geistes- und Bildungsleben Preußens während der Aufklärungszeit. In: Die Deutsche Schule, Jg. 30 (1926), S. 602–611, S. 667–676, S. 730–740.

Weblinks

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