Johann Crüger
Johann Crüger (sorbisch Jan Krygaŕ, * 9. Apriljul. / 19. April 1598greg. in Groß Breesen; † 23. Februarjul. / 5. März 1662greg.[1] in Berlin) war ein Komponist bekannter protestantischer Kirchenlieder.
Leben
Johann Crüger wurde in der Nähe von Guben in der Niederlausitz geboren, einem Mischgebiet sorbischer und deutscher Sprache und Kultur. Es wird daher vermutet, dass Crüger sorbische Wurzeln hatte, gesichert ist dies bislang nicht. Sein Vater Georg Crüger war Gastwirt, seine Mutter Ulrike geb. Kohlheim Pfarrerstochter. Bis 1613 besuchte er die Lateinschule in Guben.
Auf seiner anschließenden Wanderschaft über Sorau und Breslau gelangte er nach Regensburg, wo er eine erste musikalische Ausbildung bei Paulus Homberger (1560–1634) erhielt. Auf der weiteren Wanderung kam er 1615 nach Berlin, wo Crüger sich am Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster auf das Theologiestudium vorbereitete. Ab 1620 studierte er Theologie an der Universität Wittenberg und bildete sich im Selbstunterricht musikalisch weiter. Von 1622 bis zu seinem Tode war er 40 Jahre lang Lehrer am Gymnasium Zum Grauen Kloster und gleichzeitig Kantor der St.-Nicolai-Kirche in Berlin.
Eine seiner Stieftöchter, Anna Maria Helena Aschenbrenner[2] (* 1625), heiratete den Hofmaler Michael Conrad Hirt, der ihn auch porträtierte.
Werk
Johann Crüger ist der Schöpfer zahlreicher Konzertwerke und musikpädagogischer Schriften. 1643 lernte er den berühmten Kirchenliederdichter Paul Gerhardt kennen, für den er verschiedene geistliche Lieder vertonte. 1640 gab er die Liedersammlung Newes vollkömliches Gesangbuch heraus.[3] Ab der zweiten Ausgabe von 1647 erschien sie unter dem Titel Praxis Pietatis Melica (Übung der Frömmigkeit in Gesängen), die zum bedeutendsten evangelischen Kirchenliederbuch des 17. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum wurde.[4] Allein zu Crügers Lebzeiten erschien dieses Werk – vielfach verändert und erweitert – in zehn Auflagen, von denen jedoch nicht alle Fassungen überliefert sind.
In den 1649 publizierten Geistlichen Kirchen-Melodien, konzipiert als Begleitbuch zu der ein Jahr zuvor erschienenen, heute verlorenen dritten Auflage der Praxis Pietatis Melica, finden sich 161 Choräle im meist vierstimmigen Kantionalsatz; bei 108 Nummern fügte Crüger zwei konzertierende Oberstimmen (Violinen oder Zinken) ad libitum hinzu. Allein in dieser Sammlung sind mehr als 20 Choralmelodien Kompositionen Crügers, darunter auch acht vertonte Gedichte seines Landsmanns Johann Franck, enthalten. Die kirchenmusikalische Bedeutung der Geistlichen Kirchen-Melodien liegt vor allem darin, dass Crüger hier einen neuen, instrumental unterstützten Typus des mehrstimmigen Gemeindechorals erschuf, den er 1657/58 in dem für den reformierten Brandenburgischen Hof konzipierten Doppelgesangbuch Psalmodia Sacra / Geistliche Lieder und Psalmen erneut und teilweise in erweiterter Form (4–5 Posaunen statt 2 Violinen) aufgriff und der bei den Kirchenliedkomponisten nachfolgender Generationen ein breites Echo fand.
Im aktuellen Evangelischen Gesangbuch finden sich, je nach Regionalausgabe, mindestens 18 seiner Melodien oder Chorsätze, darunter Wie soll ich dich empfangen, Lobet den Herren alle, die ihn ehren, Fröhlich soll mein Herze springen und Schmücke dich, o liebe Seele.
Johann Crüger verfasste mehrere musiktheoretische Lehrwerke, darunter die Synopsis Musica (1654) und die Musicae Practicae Praecepta brevia, & exercitia pro Tyronibus varia (1660).[5]
Werkausgaben
- Emanuel Christian Gottlob Langbecker (Hrsg.): Johann Crüger’s Choral-Melodien: aus den besten Quellen streng nach dem Original mitgetheilt, und mit einem kurzen Abrisse des Lebens und Wirkens dieses geistlichen Lieder-Componisten begleitet. Eichler, Berlin 1835 (Digitalisat in der Deutschen Digitalen Bibliothek).
- Holger Eichhorn, Martin Lubenow (Hrsg.): Johann Crüger - Kritische Edition ausgewählter Werke. Musiche Varie, Germersheim 2014.[6]
- Band I: Geistliche Kirchenmelodien 1649. ISBN 978-3-9816780-1-7.
- Band II: Geistliche Lieder und Psalmen 1657. ISBN 978-3-9816780-2-4.
- Band III: Psalmodia Sacra 1658. ISBN 978-3-9816780-3-1.
- Burkard Rosenberger (Hrsg.): Johann Crügers 'Geistliche Kirchen-Melodien' (1649): Textkritische Edition (= Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster: Reihe XVIII; Bd. 3). Monsenstein und Vannerdat, Münster 2014, ISBN 978-3-8405-0111-1 (Digitaler Volltext über den Hochschulschriftenserver der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster).
Literatur
- Friedrich Wilhelm Bautz: Crüger, Johann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1172–1174 .
- Christian Bunners: Johann Crüger (1598–1662) – Berliner Musiker und Kantor, lutherischer Lied- und Gesangbuchschöpfer. Frank & Timme, Berlin 2012, ISBN 978-3-86596-371-0.
- Arrey von Dommer: Crüger, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 623 f.
- Hans Heinrich Eggebrecht: Crüger (Krüger), Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 428 f. (Digitalisat).
- Wolfgang Herbst: Wer ist wer im Gesangbuch? Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-50323-7, S. 66 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Trudla Malinkowa: Sorbische Denkmale. Handbuch sorbischer Gedenk- und Erinnerungsstätten. Domowina Verlag, Bautzen 2022, ISBN 978-3-7420-2647-7, S. 224 f., S. 266–269.
- Lothar Noack, Jürgen Splett: Bio-bibliographien: Brandenburgische Gelehrte der Fruhen Neuzeit. Akademie Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-05-002840-8, S. 103–117 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Dietrich Nummert: Mit 24 schon Musikdirektor – Kantor und Lehrer Johann Crüger. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 4, 1998, ISSN 0944-5560, S. 64–68 (luise-berlin.de).
Weblinks
- Druckschriften von und über Johann Crüger im VD 17.
- Werke von und über Johann Crüger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Werke von und über Johann Crüger in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Johann Crüger im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
- Crüger, Johann. Eintrag in der Datenbank des Oberpfälzer Kulturbundes (derzeit nicht erreichbar)
- Noten und Audiodateien von Johann Crüger im International Music Score Library Project
- Gemeinfreie Noten von Johann Crüger in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
- Consortium of European Research Libraries: Johann Crüger Werkeverzeichnis
- www.johann-crueger.de: Detaillierte Informationen zu den Quellen der Crügerschen Gesangbücher (Bibliographische Angaben, Inhaltsverzeichnisse, Register, Besetzungsverzeichnisse) sowie textkritische oder praktische, frei verfügbare Ausgaben der darin enthaltenen Kirchenlieder.
Einzelnachweise
- ↑ Christian Bunners: Johann Crüger (1598–1662) – Berliner Musiker und Kantor, lutherischer Lied- und Gesangbuchschöpfer: Aufsätze, Bildnisse, Textdokumente (= Kunst-, Musik- und Theaterwissenschaft. ISSN 1862-6114. Band 11). Frank & Timme, Berlin 2012, ISBN 978-3-86596-371-0, S. 179 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Ekhart Berckenhagen: Hirt, Michael Conrad. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 236 (Digitalisat).
- ↑ 547:718285M im VD 17.
- ↑ Burkard Rosenberger (Hrsg.): Johann Crügers „Geistliche Kirchen-Melodien“. Textkritische Edition (Einführung), abgerufen am 30. Mai 2020.
- ↑ Bibliografische Daten eines Aufsatzes von Elisabeth Fischer-Krückeberg über Crüger als Theoretiker (Zeitschrift für Musikwissenschaft 1929). Nach: Musikbibliographie des Staatlichen Instituts für Musikforschung Berlin. Abruf am 17. September 2024.
- ↑ Musikverlag MVSICHE VARIE
Personendaten | |
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NAME | Crüger, Johann |
ALTERNATIVNAMEN | Crüger, Johannes; Crügerus, Johannes; Krüger, Johann; Krüger, Johannes; Krygaŕ, Jan |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Komponist von Kirchenliedern |
GEBURTSDATUM | 19. April 1598 |
GEBURTSORT | Groß Breesen bei Guben |
STERBEDATUM | 5. März 1662 |
STERBEORT | Berlin |
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Gedenktafel für Johann Crüger (1598-1662), Komponist von Kirchenliedern; Sankt Nikolaikirche, Berlin-Mitte