Johann-Markus Oestreich

Johann-Markus Oestreich (* 25. April 1738 in Oberbimbach[1]; † 21. August 1833 ebenda) war ein deutscher Orgelbauer der Barockzeit und des Klassizismus, der vorwiegend im Fuldaer Land, in Franken, Thüringen und Westfalen ein- und zweimanualige Orgeln baute. Er selbst unterzeichnete mit „Johannes Oestreich“. Er war der bedeutendste Vertreter der Orgelbauerfamilie Oestreich, die über fünf Generationen wirkte.[2]

Leben

Seine Vorfahren waren der um 1650 in Kämmerzell geborene und 1717 in Oberbimbach verstorbene Michael Oestreich, sein Großvater Conrad Oestreich, der 1681 in Kämmerzell geboren wurde und gleichfalls in Oberbimbach 1737 verstarb, und sein Vater Jost (Jodocus) Oestreich (1715–1790), der spätestens ab 1745 als erster Orgelbauer der Sippe in Erscheinung trat.[3]

Im Jahr 1762 heiratete Johann-Markus Margarete Hosenfeld († 1769). Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor: Eva Elisabeth (* 1763), Johann Georg (* 1764; früh gestorben), Anna Maria (* 1766) und Elisabeth (* 1766). In zweiter Ehe war Oestreich mit Agnes Schmitt (* 1746 in Oberbimbach) verheiratet, mit der er folgende Kinder hatte: Johann Georg (* 1770, † 1858), Valtin (* 1772), Johann Adam (* 1776, † 1865), Maria Barbara (* 1778), Elisabeth (* 1780), Kaspar (* 1782), Anna Regina (* 1784), Anna Katharina (* 1787) und Johann Adam (* 1792).[4]

Oestreich lebte und wirkte vorwiegend in Oberbimbach. In den 1800er Jahren hielt er sich einige Jahre in Westfalen auf, als infolge der Säkularisation des Fürstbistums Fulda die Aufträge zurückgingen. Danach kehrte er ins Fuldaer Land zurück.[5]

Werk

Die Orgeln Oestreichs zeichnen sich durch eine solide Bauweise aus. Charakteristisch sind die breitflächigen Prospekte, die bis zu 15 Pfeifenfelder aufweisen. Das fünfteilige Mittelfeld präsentiert das Positiv, dem sich zu beiden Seiten das geteilte Hauptwerk mit Harfenfeldern anschließt. Das Pedalwerk ist hinterständig aufgestellt. Vermutet wird ein Einfluss von Philipp Ernst Wegmann.[6] Die Prinzipale klingen weniger mild, sondern eher etwas herbe und „rustikal“. Typisch für Oestreich ist die Verbindung von Gedackt, Gambe und Traversflöte in der Acht-Fuß-Lage.[7]

Von Johann-Markus Oestreich (weitgehend) erhaltene Orgeln befinden sich in der Floher Kirche in Floh-Seligenthal (1789), in den evangelischen Kirchen in Nieder-Moos (1791) und Stadtlengsfeld (1793), in der Erlöserkirche Detmold (1796), in der Evangelischen Kirche Fraurombach (1799), in St. Jakobus d. Ä. in Bremen (Geisa) (um 1800) sowie in St. Cosmas und Damian in Wenigenlupnitz (1809).

Werkliste

JahrOrtKircheBildManualeRegisterAnmerkungen
1760DietershausenSt. Bartholomäuszusammen mit Jost Oestreich; nicht erhalten
1767RasdorfStiftskircheII/P19zusammen mit Jost Oestreich ursprünglich für die Stadtpfarrkirche in Fulda erbaut; 1837 überführt und 1950 umgebaut
1767–1768Lauterbach (Hessen)StadtkircheII/P24Mitarbeit bei Philipp Ernst Wegmann oder Ausführung; Prospekt erhalten
1769EckweisbachSt. Michaelnicht erhalten
1772Haindorf (Schmalkalden)Dorfkirche HaindorfII/P12 ?teilweise erhalten
1780KleinsassenKath. PfarrkircheI/P12einige Register erhalten
1781HosenfeldSt. Peter und PaulI/P12nicht erhalten
1782GroßenlüderSt. GeorgII/P23Gehäuse erhalten
1784MargretenhaunSt. MargaretaI/P131974 Pfeifenwerk in Neubau von Hey übernommen
1785Rückers (Flieden)Mariä HimmelfahrtI/P10nicht erhalten
1783–1789Bigge (Olsberg)St. MartinII/P231945 stark beschädigt, Gehäuse erhalten, 1990 Orgel rekonstruiert[8]
1789Floh-SeligenthalDorfkirche FlohII/P26weitgehend erhalten
1789AltenschlirfAndreaskirche
Gehäuse erhalten
1790–1791Nieder-MoosEvangelische KircheII/P22nahezu unverändert erhalten → Orgel der Evangelischen Kirche Nieder-Moos
1793StadtlengsfeldEvangelische KircheII/P30zum großen Teil erhalten; umfasst 1.534 Pfeifen, 30 Register und zwei Manuale; gilt als Oestreichs wichtigstes Werk[9]
1796KranluckenHeiligste DreifaltigkeitI/P12Prospekt und Reste erhalten
1791–1796DetmoldErlöserkircheII/P324 Register aus Vorgängerorgel von C. Lohoff (1651) übernommen; 1940 und 1962 erweitert (heute III/P/41); 21 Register vollständig erhalten[10][11]
1798–1799FraurombachEvangelische KircheI/P10oder von Johann Adam Oestreich; 1869 Umbau durch Adam Eifert; zum großen Teil erhalten[12]
um 1800Bremen bei GeisaSt. Jakobus und BarbaraI/P12zum großen Teil erhalten; 2002 Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen[13]
um 1800BrakelKapuzinerkircheI/p8mehrfach umgebaut, 1985 auf II/P/18 erweitert; 7 Register erhalten
um 1800Eiterfeldkath. PfarrkircheI/P16nicht erhalten
um 1800MotzlarSt. Valentinuszum Teil erhalten
1802HillentrupEvangelische KircheI/P9nicht erhalten
1805DetmoldLutherkirche
II/P171897 an die Evangelische Kirche Bergkirchen (Bad Salzuflen) verkauft, dort 4 Register und Gehäuseteil erhalten (Foto)[14]
1805Gemünden (Wohra)StadtpfarrkircheII/P18zusammen mit Johann Georg Oestreich; Prospekt erhalten[15]
1805KämmerzellSt. GodehardI/P12Gehäuse erhalten
1807Cappel (Blomberg)Evangelische Kirche1827 beim Kircheneinsturz des Vorgängerbaus beschädigt, für 385 Taler repariert und in der neuen Kirche aufgestellt; 1865 ersetzt
1808OberufhausenKath. PfarrkircheI/P12nach Leimbach (Eiterfeld) überführt und dort umgebaut[16]
1809WenigenlupnitzSt.-Cosmas-und-Damian-Kirche
II/P21weitgehend erhalten, restaurierungsbedürftig
1810MittelkalbachSt. Sebastiannicht erhalten[17]
1811Helmers (Schmalkalden)nicht erhalten
1812Schwarzbach (Hofbieber)Kath. PfarrkircheI/P14Prospekt erhalten
1814SchwalenbergReformierte Kirche
II/P181949 durch Schwelbrand beschädigt und ersetzt; 1983 von Alfred Führer rekonstruiert[18]
1817SpahlSt. CyriakusI/P10Reste erhalten
1819Hainzellkath. FilialkircheI/P6nicht erhalten; Oestreich lieferte auch Beichtstühle nach Hainzell
1821Buttlarkath. PfarrkircheI/P14nicht erhalten
1825AmöneburgSt. Johannes der Täufer1833 Erweiterung durch Johann Georg Oestreich; nicht erhalten

Literatur

  • Gottfried Rehm: Die Orgelbauerfamilie Oestreich. In: Acta Organologica. Bd. 7, 1973, S. 37–66.
  • Gottfried Rehm: Beiträge zur Geschichte der Orgelbauerfamilie Oestreich. In: Acta Organologica. Bd. 21, 1990, S. 55–99.
  • Gottfried Rehm: Musikantenleben. Beiträge zur Musikgeschichte Fuldas und der Rhön im 18. und 19. Jahrhundert (= Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins). Parzeller, Fulda 1997, ISBN 3-7900-0282-8.
  • Helmut Tramnitz: Die Detmolder Orgel des Johann Markus Oestreich (erbaut 1793–1795). In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Bd. 45, 1976, S. 116–130.
Commons: Johann-Markus Oestreich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rolf Leimbach, Rolf Schlegel: Hafenstadt an der Felda: Lengsfelder Geschichten III. BoD, Norderstedt 2015, ISBN 978-3-7392-7658-8, S. 123 (Google books)
  2. Gottfried Rehm: Die Orgelbauerfamilie Oestreich, abgerufen am 22. September 2020.
  3. Tramnitz: Die Detmolder Orgel des Johann Markus Oestreich. S. 118.
  4. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 314.
  5. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 311.
  6. hey-orgelbau.de: Chronik, abgerufen am 17. April 2018.
  7. Rehm: Musikantenleben. 1997, S. 310.
  8. Orgel in Bigge, abgerufen am 29. November 2018.
  9. Susann Eberlein: Schlaflos in Stadtlengsfeld. In Glaube und Heimat Nr. 34/2021, 22. August 2021, S. 8
  10. Orgel in Detmold, abgerufen am 17. April 2018.
  11. Detmold, Erlöserkirche am Markt. In: de Orgelsite. Abgerufen am 12. Januar 2023 (niederländisch).
  12. Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7, S. 306 f.
  13. Orgel in Bremen bei Geisa, abgerufen am 17. April 2018.
  14. Orgel in Bad Salzuflen, abgerufen am 29. November 2018.
  15. Orgel in Gemünden, abgerufen am 17. April 2018.
  16. Orgel in Leimbach, abgerufen am 17. April 2018.
  17. Orgel in Mittelkalbach (PDF).
  18. Orgel in Schwalenberg, abgerufen am 17. April 2018.

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