Joachim Ramdohr

Joachim Ramdohr (* 26. August 1587 in Ermsleben; † 20. Juni 1667 in Aschersleben) war Bauherr und Mitglied im Magistrat der Stadt Aschersleben im 17. Jahrhundert.

Leben

Ehemalige Lateinschule (li.) u. St. Stephani (re.)

Joachim Ramdohr besuchte die 1325 gegründete Lateinschule in Aschersleben (aus der das heutige Gymnasium Stephaneum hervorging). In seiner zielstrebigen Karriere brachte er es vom Ermslebener Bürgermeistersohn und Ackerbürger über eine Laufbahn als Handwerker, Sattler (1613) und begüterter Grundbesitzer bis zu einer Position als Würdenträger (1632 und 1634: Hofesherr in den Ratsakten von Aschersleben), Ratsverwandter, Magistratsmitglied und Bauherr. Von 1646 bis 1667 wurde er als „Weinherr, Bauherr und Unterbauherr“ achtmal in Folge in städtische Ehrenämter gewählt. Seine Präsenz in der Porträtserie einstiger Ascherslebener Magistratsmitglieder von 1660 (Galerie neben der Orgel von St. Stephani)[1] belegt, dass er zur Zeit des dreißigjährigen Kriegs an der „vorzüglichen Leitung der Stadt“ beteiligt gewesen sein muss.[2] Er überlebte die meisten seiner zwölf Kinder und selbst den berühmten ältesten Sohn, den herzoglich-braunschweigischen Syndikus und Gesandten Andreas Ramdohr, um elf Jahre. Viele Nachkommen im mitteldeutschen Raum gehen auf ihn zurück, unter anderem der durch den Ramdohrstreit bekannt gewordene Jurist und Autor Basilius von Ramdohr.

Vorfahren

Joachim Ramdohr entstammte dem traditionsreichen Ascherslebener Zweig der Familie Ramdohr (urkundlich erwähnt bereits im Jahre 1378 in einer Anklageschrift des Bischofs Albrecht von Halberstadt gegen die Bürgerschaft von Aschersleben wegen eigenmächtigen Errichtens der Stadtbefestigungen,[3] welche von Ludwig Hänselmann veröffentlicht wurde).

Seine Urgroßeltern waren Andreas Ramdohr (* ca. 1490; † 31. Mai 1547?), Bürger und Leineweber in Aschersleben, und Magdalena, geb. Kreye(n) (* ca. 1500, Tochter des Andreas Kreyen und der Magdalena Tetzener bzw. Fetzner), die mehrere Kinder[4] hatten, darunter die vermutlichen Großonkel Joachim Ramdohrs, einen Verwalter in Endorf,[5] einen Bürger namens Joachim Ramdohr (* 1540; † vor 1614 Aschersleben; wohl Vater des Maurers Andreas Ramdohr (* 1557; ⚭ 1. Januar 1591 mit Anna Moring; † 20. November 1615), dessen Kinder fast sämtlich der Pest erlagen) und einen hypothetischen Bürger in Aschersleben Hans Ramdohr (* um 1525; ⚭ um 1550) als Stammvater der bekannten Ascherslebener Linien nach dem Schmied Hans Ramdohr (* um 1556; ⚭ um 1580; † 8. Juni 1618).[6]

Der Großvater von Joachim Ramdohr war der im Dienst der Grafen von Mansfeld stehende Gerichtsschöffe des Amtes Arnstein, Andreas Ramdohr (* 1520 od. 1535 Aschersleben; † 1585? Ermsleben). Aus dessen Heirat in Ermsleben (ca. 1545?) mit Anna Fritzgen (* ca. 1525, Eltern: Andreas Fritzgen und Margarethe Kühn) entsprangen Valentin Ramdohr (1614 erwähnt als Taufzeuge), Anna Ramdohr (verheiratet am 7. April 1600 in Aschersleben; † 3. September 1611 ebenda)[7] und Burchard Ramdohr, für den manche Quellen einen Adelstitel zitieren.

Burchard Ramdohr (* ca. 1556 in Aschersleben; † ca. 1630 in Ermsleben) war zwischen 1594 und 1628 insgesamt 24 Jahre lang Bürgermeister von Ermsleben und 1614 Ratskämmerer ebendort. Er war Gutspächter und Besitzer eines Lehens der Herren von Hoym und kaufte 1609 in Sinsleben zehn Morgen Land.[8] Um 1586 heiratete er Margarethe Wilsenack (* 1565; † ca. 1617), später um 1619 Ursula Schulthesius[9] († 8. März 1650, Aschersleben) und hatte 15 Kinder aus diesen zwei Ehen. Aus der ersten Ehe entsprangen in Ermsleben am 26. August 1587 Joachim Ramdohr sowie dessen nicht namentliche bekannte Schwester, die am 18. Oktober 1635[10] in Aschersleben verstarb, und aus der zweiten Ehe[8] der Stammvater des Braunschweig-Wolfenbüttelschen Zweiges der Familie, der herzoglich braunschweigische Capitaine des Armes Andreas Ramdohr (* um 1617 in Ermsleben; † nach 1688, wohl in Braunschweig), der selbst wiederum 15 Kinder aus zwei Ehen in Braunschweig zeugte.

Nachkommen

Wappen der Familie von Ramdohr, 1843[11]

Joachim Ramdohr war insgesamt dreimal[12] verheiratet, was die damalige Sterblichkeitsrate bei Frauen und v. a. Kleinkindern durch Pestepidemien und Kriegsfolgen drastisch veranschaulicht.

  • Erste Heirat am 21. September 1612 mit Armgard Ebert (Eberdts?) (* 1598; † 23. Oktober 1627, Tochter des Ascherslebener Bürgers Martin Eberts[13] und der Agneta (Agnes) Schaden)[14]. Dieser Ehe entsprangen:
    • Andreas Ramdohr (1613–1656), Syndicus, Stammvater des kurhannoverschen Adelsgeschlechts „von Ramdohr“.
    • Margaretha (1614–1625)[15]
    • Burchardus (1617–1635)
    • Catharina (1620–1626)
  • Zweite Heirat am 5. Mai 1628 in Aschersleben, mit Margaretha, Witwe des Daniel Bauermeister (sel. Relicta)[16] geborene Derling (* 1591; † 8. Januar 1657), Tochter des Ratskämmerers Salomon Derling († 3. Oktober 1617 Aschersleben)[17] und Enkelin des Bürgermeisters Gallus Derling (1521–1595).[18] Dieser Ehe entsprangen:
    • Agatha (1629–1631)
    • Margaretha (1630–1632)
    • Christina (1632–1633)
    • Barbara (* 8. April 1634–?)
    • Dorothea (* 8. April 1634; † 22. Juni 1708 in Aschersleben), ⚭ (1) 23. Mai 1654 m. Hieronymus Bruchmann (* 13. August 1624 Aschersleben; † 2. April 1667 ebenda), ⚭ (2) 5. November 1668 mit dem Bauherrn und Stadtvogt in Aschersleben, Salomon Richtering (* 9. März 1638 in Aschersleben; † 16. November 1695 ebenda);[19] Vorfahrin einiger Adliger der Geschlechter von Plotho, von Suter, von und zu Gilsa[20] sowie des Barons Christian von Fischer-Treuenfeld[21]
      • Anna Margaretha Bruchmann (1658–1688) ⚭ Daniel Müller (1647–1730), Pastor in Rathmannsdorf
        • Dorothea Elisabeth Müller (1686–1763) ⚭ Franciscus Wilhelm Bierdemann (1673–1751), war 1704 Pfarrer in Rathmannsdorf bei Stassfurt
          • Anna-Sophie Bierdemann (1710–1775) ⚭ Andreas Martin Baron von Fischer (1694–1761)
            • Johann Friedrich Eberhard Fischer (* 24. März 1742 in Stecklenberg; † 6. Juli 1798 in Aschersleben)
  • Dritte Heirat am 6. Oktober 1657 in Aschersleben mit Maria Pflaume (* 8. Februar 1635, Tochter des Samuel Pflaume, einem Cousin des Ascanius Pflaume). Ihr entsprangen:
    • Margaretha (* 12. Juli 1658)
    • Maria (* 11. Dezember 1659)
    • Joachim (* 12. September 1662), ab 1695 Bürger in Wernigerode

Porträt des Joachim Ramdohr 1656

Wappen des Joachim Ramdohr

Auf dem erwähnten, von Wulf Ernst Lindemeyer erschaffenen Ölgemälde ist Joachim Ramdohr mit rötlichem, schulterlangem Haar und ergrautem Kinnbart, in schwarzer Robe mit liegendem weißem großen Kragen nach Art eines Beffchen dargestellt. Links neben dem Porträt schwebt ein abgewandeltes, nur in Rot und Weiß gehaltenes Personalwappen. Unter einem schwarzen Turnierhelm zeigt der Schild (statt der Sparren und des Löwen im späteren Familienwappen) drei Weizenhalme zwischen bedachten Rundtürmen, was beides auf Joachims berufliche Tätigkeiten (Acker- und Bauherr) hinweist. In Übereinstimmung mit dem allgemein üblichen Ramdohrschen Familienwappen stehen jedoch die aus Helmwulst und Helmdecke erwachsenden, übereck geteilten Büffelhörner und die rote Rose zwischen diesen, die sich sonst auf keinem der Gemälde der Porträtserie in der Stephanikirche finden lassen, jedoch sehr wohl in fast identischer Form im Wappen des Sohnes Andreas Ramdohr von 1653 vorkommen. Aus der unter dem Wappen gezeigten Altersangabe (Aetatis suae 69) lässt sich auf das Jahr 1656 als Entstehungsjahr des Porträts schließen. (In einem um 1925 in der Zeitungsbeilage "Die Heimat, Monatsblätter für das Eine- , Leine- , Wipper- und Selketal und für die Seeortschaften" veröffentlichten Versuch der Identifikation der porträtierten Ratsherren in der Aschersleber Stephanikirche wurde das Wappen dem Ratskämmerer Balthasar Büstorff zugeordnet).[22][23]

Wissenswertes aus der Aschersleber Geschichte

  • In der von dem Maler Wulf Ernst Lindemeyer (* 1601; † um 1663)[24] um 1660 gemalten Porträtserie von Aschersleber Magistratsmitgliedern (zu sehen in der Stephanikirche) fehlt der Schultheiß Valentin Drosihn, der sich seiner sehr großen Nase schämte und darum auf eine Porträtierung verzichtete.[2]
  • Joachim Ramdohrs mit Armgard Ebert am 21. September 1612 begangene Hochzeit ist in des Bräutigams Haus in der Breiten Straße abgehalten worden.
  • Laut einem Schreiben vom 5. Februar 1666 fiel Ramdohrs Haus in der Breiten Straße, neben 31 weiteren Häusern, einem vierstündigen Großfeuer am 3. November 1665 zum Opfer, weswegen er als Hilfe in Form eines Brandbriefs zwölf Taler vom Rat der Stadt Braunschweig erhielt, der sein verstorbener Sohn Andreas Ramdohr zuvor langjährige gute Dienste geleistet hatte.[25]
  • In der „Acker-Profession“ (Deklaration des Ackerbesitzes) von 1666, nach der Joachim Ramdohr einen für die damalige Zeit bedeutenden Besitz hatte, findet sich die fehlerhafte, aber eigenhändige Unterschrift: Ramdhor[26]

Quellen und Literatur

  • Emil Straßburger: Geschichte der Stadt Aschersleben. Neudruck Naumburg/Saale 2003
  • Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893
  • Wolf-Dieter Ostermann: Andreas Ramdohr. In: Wolf-Dieter Ostermann: Lebensbilder aus Harz und Börde. Band 1, Halle 1999, S. 19–26, ISBN 3-933046-35-1.
  • Neues allg. Deutsches Adelslexikon Leipzig 1930, Unveränderter Abdruck des in Leipzig 1859–1870 erschienenen Werkes von E. H. Kueschke, Seite 331
  • Lauenburgische Heimat. Band 120 (1988), S. 79 ff., Ratzeburg
  • Hermann Grote (Hrsg.): Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig, 1843
  • Stammfolge v. RAMDOHR. In: Gothaisches Genealog. Taschenbuch des Briefadels, Gotha 1910

Einzelnachweise

  1. Emil Straßburger: Geschichte der Stadt Aschersleben. Neudruck Naumburg/Saale 2003, S. 297
  2. a b 5. Die innerstädtische Entwicklung (Memento vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) In: rolf-rosch.de
  3. vgl. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893, S. V und IX
  4. vgl. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893, S. XIV
  5. vgl. Christa Lippold (2012): Liebscher-Stammliste, Eintrag 12977. Abgerufen am 7. Mai 2020.
  6. vgl. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893, S. 3
  7. vgl. Christa Lippold (2012): Liebscher-Stammliste, Eintrag 6488. Abgerufen am 7. Mai 2020.
  8. a b Eintrag in PDF auf rainer-doerry.de; Einsichtnahme 5. Juli 2020
  9. Ursula SCHULTHESIUS. In: gw5.geneanet.org. 1. Januar 1970, abgerufen am 6. Januar 2015.
  10. vgl. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893, S. 7
  11. H. Grote (Hrsg.): Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig. 1843
  12. Wolf-Dieter Ostermann: Andreas Ramdohr. In: Wolf-Dieter Ostermann: Lebensbilder aus Harz und Börde. S. 20, Band 1, Halle 1999; ISBN 3-933046-35-1
  13. Der Vater von Armgard Ebert wurde als wohlverdient in Kirchenämtern bezeichnet und sein Sohn war damals Custos an der Stephani-Kirche in Aschersleben
  14. Original-Recherchen des Werner Konstantin von Arnswaldt, Leipzig 1910. Einsichtnahme 6. Juli 2020
  15. Taufzeugen waren unter anderen: Matthias Laue, Brauherr, und V. (Valentin?) Ramdohrß Frau von Ermbßleben. Dieser V. Ramdohr war möglicherweise ein Bruder des Bürgermeisters Burchard Ramdohr in Ermsleben.
  16. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr (Gotha 1893), Seite 7
  17. Ein anderer Salomon Derling war am 23. Juli 1689 Zeuge bei der Hochzeit des Mühlknappen Christian Ramdohr († 10. Oktober 1728) mit Elisabeth Müller (* 20. Januar 1666; † 23. Juli 1719); siehe: Ludwig Gottlieb Ramdohr (Gotha 1893) Nummer #19; sowie Kirchenbuch St. Steph. Aschersleben, S. 228 Ianuarius 1666; und S. 382 Anno 1689
  18. Salomon DERLING. In: gw.geneanet.org. Abgerufen am 11. November 2021.
  19. vgl. Christa Lippold (2012): Liebscher-Stammliste, Eintrag 1612, abgerufen 6. Mai 2020
  20. Wanda Rosalia Walesfa von FISCHER TREUENFELD. In: gw5.geneanet.org. 1. Januar 1970, abgerufen am 6. Januar 2021.
  21. http://www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien/1681.htm
  22. Blogeinträge: Mehrere Wappen identifizieren auf Forum Ahnenforschung (September 2022).
  23. Harzbücherei Wernigerode, Erwerbungen 2008, als PDF, S. 10
  24. Eintrag auf regiowiki.hna (Memento vom 5. August 2020 im Internet Archive) sowie Artikel von Griep, Hans-Günther (1963): Daniel und Wulf-Ernst Lindemeyer. Maler, Holzschneider und Kupferstecher in Goslar (1601–1663), in: Harz-Zeitschrift. Jg. 15, 1963, S. 105
  25. Harz-verein für Geschichte und Altertumskunde: Zeitschrift des Harz-vereins für Geschichte und Altertumskunde. 1869, S. 171. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  26. Ludwig Gottlieb Ramdohr: Stamm-Tafeln der Familien Ramdohr. Manuskript, Gotha 1893, S. 7

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Joachim Ramdohr Wappen auf Gemälde Wulf Ernst Lindemeyer 1656
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die ehemalige Lateinschule in Aschersleben