Jitzchak Avidov

Jitzchak Avidov

Jitzchak Avidov (bis 1945 Pascha Reichman(n); * 1917 in Polen; † 2005 in Israel) war ein jüdischer Partisan im Zweiten Weltkrieg. Nach Kriegsende betätigte er sich als stellvertretender Leiter der geheimen Organisation Nakam (he: Rache; eigentlich Dam Yehudi Nakam, auf deutsch etwa Das jüdische Blut wird gerächt werden). Später war er Mitglied der Hagana, der Israelischen Streitkräfte und zuletzt in führender Position im Mossad tätig. Sein gemeinsam mit Abba Kovner erdachter Plan, durch die Ermordung von Millionen Deutschen den Holocaust zu rächen, stockte in der Ausführung. Bis an sein Lebensende bedauerte er die 1945 verpasste Gelegenheit.

Leben

Avidov, Vilnius, 1944

Reichman bekämpfte als Partisan in der Ukraine während mehrerer Jahre die deutschen Besatzer. Später beteiligte er sich gemeinsam mit seiner Frau Dora Avidov (geb. Dora Goldreich, * 1915 in Polen; † 2007 in Israel) an der Fluchthilfe für Juden aus Osteuropa in das britische Mandatsgebiet Palästina. In der Nachkriegszeit wurde er in der Nakam als Stellvertreter von Abba Kovner aktiv, den er im Dezember 1944 im befreiten Lublin kennenlernte. Ihr gemeinsam erdachter Plan, Rache für die Millionen während des Holocaust ermordeten Juden zu nehmen, und dafür Millionen Deutsche zu ermorden, stockte in der Ausführung, da Kovner 1945 bei seiner versuchten Rückkehr nach Europa vom britischen Geheimdienst verhaftet und in Ägypten inhaftiert wurde.

Reichman als Kovners Stellvertreter initiierte nun Plan B, die Vergiftung von ehemaligen SS-Angehörigen. Im SS-Kriegsgefangenenlager Langwasser bei Nürnberg hatten die Alliierten rund 12.000 SS-Männer interniert. Den Nakam-Leuten gelang es in der Nacht vom 13. auf den 14. April 1946, in eine Nürnberger Großbäckerei einzudringen und 3000 Brotlaibe mit Arsenik zu bestreichen. Das Brot wurde am 15. April 1946 ausgeliefert. Das Verfahren wiederholte sich in der Nacht vom 18. auf den 19. April 1946 mit vergiftetem Brot für das SS-Kriegsgefangenenlager Auerbach-Bernreuth mit rund 10.500 Insassen.[1] Tausende Lagerinsassen erkrankten schwer. Die Zahl der Toten wird unterschiedlich angegeben, teilweise mit Null[2], dann zwischen 200 und 1000[3], auch 700–800.[4] Es kam nie zu einer gerichtlichen Aufarbeitung des Falles. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg stellte das Ermittlungsverfahren im Jahr 2000 wegen außergewöhnlicher Umstände ein.

Wieder in Palästina änderte Pascha Reichman seinen Namen in Jitzchak Avidov und wurde Mitglied der Hagana und später der Israelischen Streitkräfte. Zuletzt war er in führender Position im Mossad tätig.

Literatur

  • John Kantara: Der Krieg war aus, Dov Shenkal und seine Freunde hatten nur ein Ziel: Vergeltung für den Massenmord an den Juden. Auf eigene Faust suchten sie Schuldige – und töteten sie. Ein Besuch bei drei Männern, die nichts bereuen. In: Die Zeit, 5. Dezember 1997.
  • Eike Geisel: Das Ende der Schonzeit. In: konkret, Heft 5/1995.
    • neu erschienen in: Eike Geisel: Triumph des guten Willens: Gute Nazis und selbsternannte Opfer ; die Nationalisierung der Erinnerung (= Critica diabolis; 75). Hrsg. von Klaus Bittermann. Ed. Tiamat, Berlin 1998, ISBN 3-89320-013-4.
  • Hans-Jürgen Kugler: Nitzlbuch, Bernreuth: Geschichte einer bäuerlichen Region in der nördlichen Oberpfalz. Selbstverlag, Auerbach 2000, DNB 961858060.
  • Mona Sue Weissmark: Justice Matters: Legacies of the Holocaust and World War II. Oxford University Press, 2004, ISBN 0-19-534803-6 (Leseprobe bei Google Books).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans-Jürgen Kugler: Nitzlbuch / Bernreuth. Geschichte einer bäuerlichen Region in der nördlichen Oberpfalz. Auerbach 2000, S. 624f.
  2. Jim G. Tobias, Peter Zinke: Nakam. Jüdische Rache an NS-Tätern. Konkret Literaturverlag, Hamburg 2000, ISBN 3-89458-194-8, S. 47.
  3. Avi Avidov: Attempts at Revenge. In Jewish Resitance in the Holocaust (Online, Link siehe bei Weblinks)
  4. Gianantonio Valli: L’assassinio dei nazionalsocialisti da parte dei «Vendicatori» (Online, Link siehe bei Weblinks)

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Abba Kovner (back row, center) with members of the Fareynikte Partizaner Organizatsye (The FPO – Eng: United Partisan Organization) in Vilna.
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