Jerusalem aus Gold

Jerusalem aus Gold (hebräisch יְרוּשָׁלַיִם שֶׁל זָהָבJərūschalajim schel Sahav) ist ein populäres israelisches Lied von Naomi Schemer aus dem Jahr 1967.

Geschichte und Bedeutung

Jerusalem
Tempelberg in Jerusalem

Nach Schalom Ben-Chorin ist das Goldene Jerusalem „ein talmudischer Ausdruck. Rabbi Akiba schenkte seiner Frau ein ‚Goldenes Jerusalem‘; offenbar handelte es sich um ein Schmuckstück, eine Kamee oder Gemme, vielleicht auch ein Amulett“.[1] Der Ausdruck findet sich im Raschi-Kommentar zum Traktat Nedarim 50a im Babylonischen Talmud.

Die Sehnsucht nach Jerusalem, dessen Altstadt damals noch für Juden unzugänglich war, ist Gegenstand des kurz vor dem Sechstagekrieg verfassten Liedes über die mehrtausendjährige Geschichte der Juden. In dem Lied heißt es:

Die Brunnen sind leer von Wasser,
Der Marktplatz wie ausgestorben,
Der Tempelberg dunkel und verlassen
Dort in der Altstadt …[2]

Am 15. Mai 1967 – drei Wochen vor Kriegsbeginn – wurde das von der Sängerin Shuly Nathan am Vortag anlässlich eines Festivals vorgetragene Jerusalem aus Gold preisgekrönt[3] als „Lied des Jahres“. Das sehr schnell populär gewordene Lied wurde zu einem Schlachtruf der israelischen Truppen. Fallschirmjäger stimmten es am 7. Juni 1967 vor der an diesem Datum eroberten Klagemauer mit einem spontan erdichteten neuen Text an, der den Text des Refrains – „Jerusalem aus Gold, aus Bronze[4] und aus Licht, siehe, ich bin eine Laute für all Deine Lieder“[2] – auf den Kopf stellte:

Jerusalem von Stahl, Eisen und Finsternis,
Durch Deine Mauern haben wir Dich befreit,
Die Soldaten rannten hinein in Blut und Rauch,
Und nach dem Tod kam die Trauer …[3]

Klagemauer mit Felsendom

„Über Nacht wurde das Lied Jeruschalajim schel Sahav (Jerusalem aus Gold) zum höchsten Ausdruck der Nationalgesinnung, zum Symbol des Sieges, der als Erlösung angesehen wurde.“ (Uri Avnery)[5] Daraufhin wandelte Naomi Schemer ihrerseits eine der Strophen ab, um die Wiedervereinigung Jerusalems zu feiern:

Die Brunnen sind wieder mit Wasser gefüllt,
Der Platz mit einer freudigen Menge,
Vom Tempelberg ertönt über die Stadt
Laut der Schofar[2]

Nach Schalom Ben-Chorin[1] erlangte das Lied „in zahllosen Übersetzungen: englisch, französisch, deutsch, ja sogar finnisch eine ungeheure Popularität. Amerikanisch-jüdische Reformgemeinden nahmen das Lied in ihre Liturgie auf, und die populäre Zeitschrift Reader’s Digest widmete ihm einen ganzen Artikel.“

Der israelische Friedensaktivist Uri Avnery, damals Abgeordneter der Knesset, schlug Jerusalem aus Gold als Nationalhymne für den Staat Israel vor, auch wenn er sich an den „angehängten nationalistischen Phrasen“ störte. Über diese Eingabe wurde jedoch nie abgestimmt, so blieb es bei HaTikwa. Avnery spricht dem Lied jedoch den „inoffiziellen Status einer zweiten Nationalhymne“ zu.[5]

Naomi Schemer hinterließ nach ihrem Tod 2004 ein Schreiben, wonach die Melodie nicht von ihr selbst verfasst, sondern – unbewusst – von einem baskischen Wiegenlied namens Pello Joxepe übernommen worden sein soll. Allerdings soll sie zu Lebzeiten Ähnlichkeiten mit diesem Lied immer wieder abgestritten haben.[5][6]

Rezeption im deutschsprachigen Raum

Im deutschsprachigen Raum wurde Jerusalem aus Gold vor allem durch die Schlussszene des Filmes Schindlers Liste bekannt. Da das Lied in Israel aber mit dem Sechstagekrieg verbunden wird, wird diese Stelle in der israelischen Filmversion musikalisch mit Eli, Eli (A Walk to Caesarea) untermalt.

Zur selben Melodie wird das deutschsprachige Neue Geistliche Lied Ihr Mächtigen, ich will nicht singen gesungen. Der Text von Christine Heuser ist, gerade in Hinblick auf das Sehnsuchts- und Heimkehrmotiv, an Jerusalem aus Gold angelehnt, bezieht sich jedoch auf das „Himmlische Jerusalem“. Der Text stellt keine – auch keine freie – Übersetzung des Originals dar.[7]

Literatur

  • Ernst Trost: David und Goliath. Die Schlacht um Israel 1967. Fritz Molden, Wien 1967.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Schalom Ben-Chorin: Ich lebe in Jerusalem. dtv, München 1988, S. 152.
  2. a b c Übersetzung nach Yael Levine: Jerusalem of Gold – Translations. In: jerusalemofgold.co.il. 2003, archiviert vom Original am 16. November 2016; abgerufen am 17. Dezember 2021 (englisch).
  3. a b Trost: David und Goliath. S. 196 f.
  4. nach anderen Übersetzungen: Kupfer
  5. a b c Uri Avnery: Ein Mythos stirbt: Jeruschalajim schel Sahaw. In: haGalil. 17. Mai 2005, abgerufen am 17. Dezember 2021.
  6. Idit Avrahami u. a.: Naomi Shemer had no reason to feel bad, says Basque singer. In: Haaretz. 6. Mai 2005, abgerufen am 17. Dezember 2021 (englisch).
    Luistxo Fernandez: Hear the Basque original lullaby for Naomi Shemer’s Jerusalem of Gold. In: Eibar.org. 6. Mai 2005, abgerufen am 6. Mai 2017 (englisch).
  7. Ihr Mächtigen, ich will nicht singen. (pdf, 44 kB) In: Keller.fateback.com. 2006, archiviert vom Original am 2. Februar 2014; abgerufen am 6. Mai 2017.

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Walls of the old city of Jerusalem as the sun sets.
Temple mount.JPG
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Jerusalem Dome of the rock BW 13.JPG
Jerusalem, Der Felsen dom und die Westmauer. Rechts der Zugang zum Tempelberg für Nicht-Muslime