Jean Blaton

Catherine Blaton, die Nichte von Jean Blaton und spätere Ehefrau von Jacky Ickx
Der Ferrari 250 GTO mit dem Jean Blaton gemeinsam mit Léon Dernier den dritten Gesamtrang beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1962 erreichte

Jean Blaton (* 19. November 1929 in Schaerbeek; † 17. Dezember 2020) war ein belgischer Automobilrennfahrer, Unternehmer und Jazzmusiker, der seine Autorennen unter dem Pseudonym Beurlys bestritt.

Familie

Jean Blaton entstammt einer vermögenden belgischen Unternehmerfamilie. Seine Nichte Catherine heiratete Anfang der 1970er-Jahre den Rennfahrer Jacky Ickx. Deren Tochter Vanina ist seine Großnichte[1].

Karriere im Motorsport

Jean Blaton begann seine Karriere Ende der 1950er-Jahre und bestritt ausschließlich Sportwagenrennen. Der finanziell unabhängige Belgier hatte nie ein Werksengagement – sieht man von seinen Einsätzen für die Ecurie Francorchamps und die Equipe Nationale Belge ab. Diese beiden belgischen Rennmannschaften waren aber keine Werksteams im klassischen Sinn und wurden von Blaton in den 1950er- und 1960er-Jahren auch großzügig finanziell unterstützt. Sein Vermögen machte ihn von vielen Zwängen des professionellen Motorsports unabhängig. Er fuhr nur die Rennen, die im Spaß machten, ohne sich um Verträge und Meisterschaftspunkte kümmern zu müssen.

Seinen ersten internationalen Erfolg feierte er 1957 mit dem Sieg bei einem Sportwagenrennen im dänischen Roskilde. 1958 war er zum ersten Mal beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans am Start – eine Rennveranstaltung, die in der Karriere des Belgiers eine besondere Bedeutung hatte – und belegte mit Partner Alain de Changy den sechsten Rang in der Gesamtwertung. Zum ersten Mal aufs Podium der ersten Drei kam er drei Wochen später beim 12-Stunden-Rennen von Reims 1958. Mit dem damals noch sehr jungen Willy Mairesse als Teamkollegen – dem Blaton bis zu dessen Tod 1968 freundschaftlich eng verbunden war – erreichte er den zweiten Rang in der Gesamtwertung. Geschlagen nur vom Werks-Ferrari 250 Testa Rossa von Olivier Gendebien und Paul Frère[2]. Ferrari waren auch die bevorzugen Rennfahrzeuge des Belgiers, der in Reims am Steuer eines Ferrari 250 GT saß.

1959 gab es auch in Le Mans die erste Podiumsplatzierung zu feiern. Nach 24 Stunden Fahrzeit endete der Renneinsatz von Blaton und Léon Dernier mit dem dritten Gesamtrang. Im Ziel fehlten 26 Runden auf den siegreichen Aston Martin DBR1/300 von Carroll Shelby und Roy Salvadori[3]. 1960 gewann der den Coupe de Paris in Montlhéry und wurde zwei Jahre später erneut Gesamtdritter in Le Mans. Wie 1959 war der zweite Pilot im Team sein Landsmann Leon Dernier. 1963 kam er einem Gesamtsieg beim französischen Langstreckenrennen am nächsten. Im Ziel lagen er und Gérard Langlois van Ophem als Gesamtzweite vor dem Werks-Ferrari 250P von Mike Parkes und Umberto Maglioli, die Dritte wurden. Nur der zweite Werkswagen der Scuderia, gefahren von Lorenzo Bandini und Ludovico Scarfiotti blieb unerreicht[4].

Nach einem fünften Gesamtrang 1964 fuhr er 1965 als Dritter erneut aufs Podium in Le Mans. Dritter wurde er auch beim 12-Stunden-Rennen von Reims dieses Jahres. Zu diesem Zeitpunkt begann auch die Unterstützung von Willy Mairesse, seinem langjährigen Freund, mit dem er die beiden dritten Plätze eingefahren hatte. Mairesse hatte nach vielen schweren Unfällen seinen Vertrag bei Ferrari verloren und wurde von Blaton auch finanziell unterstützt. Auch andere Rennfahrer hatten das Glück von Blaton unterstützt zu werden. Bertrand Gachot ermöglichte er mit 5.000.000 belgischen Franc 1989 den Einstieg in die Formel-1-Weltmeisterschaft.

Mairesse wurde ein regelmäßiger Teampartner, mit dem er 1967 mit einem Ferrari 330P4 zum fünften Mal in seiner Karriere auf das Siegerpodest von Le Mans fuhr. Er ist damit nach Bob Wollek – der bei ebenfalls fünf Podiumsplatzierungen mehr zweite Plätze aufzuweisen hat – der erfolgreichste Le-Mans-Starter ohne einen Gesamtsieg. 1967 erreichte er außerdem mit Lucien Bianchi auf einem Ferrari 412P einen zweiten Gesamtrang beim 1000-km-Rennen von Paris[5].

Nach der Sportwagensaison 1968 zog sich der Belgier vom aktiven Motorsport zurück und widmete sich seinen geschäftlichen Aktivitäten. 1975 kehrte er als Teamchef und Fahrer nach Le Mans zurück, wo er bis 1979 eine zweite Karriere hatte. 1979 – zwanzig Jahre nach seinem ersten Antreten – wurde er vom ACO geehrt und trat endgültig zurück.

Karriere als Musiker

Neben seinem Interesse für den Motorsport hatte Blaton eine zweite Leidenschaft – den Jazz. Er spielte Gitarre, trat bei Konzerten auf und wirkte zwischen 1943 und 1980 bei sechs Aufnahmesessions mit,[6] u. a. 1972 mit der Belgian Big Band des Schlagzeugers und Vibraphonisten Johnny Peret[7].

Fahrzeugsammlung

Blaton hatte eine große Fahrzeugsammlung, die mehr als 30 Wagen umfasste, darunter seine Le-Mans-Rennwagen sowie einige Formel-1-, Champ-Car- und NASCAR-Boliden. Die Sammlung wurde 2005 aufgelöst und sukzessive verkauft.

Statistik

Le-Mans-Ergebnisse

JahrTeamFahrzeugTeamkollegeTeamkollegeTeamkollegePlatzierungAusfallgrund
1958Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250TRBelgien Alain de ChangyRang 6
1959Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GT LWB CoupeBelgien Léon DernierRang 3
1960Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GT SWBBelgien Lucien BianchiAusfallUnfall
1962Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTOBelgien Léon DernierRang 3
1963Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTOBelgien Gérard Langlois van OphemRang 2 und Klassensieg
1964Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTOBelgien Lucien BianchiRang 5 und Klassensieg
1965Belgien Ecurie FrancorchampsFerrari 275 GTBBelgien Willy MairesseRang 3 und Klassensieg
1966Belgien Ecurie FrancorchampsFerrari 365P2FrankreichFrankreich Pierre DumayAusfallMotorschaden
1967Belgien Equipe Nationale BelgeFerrari 330P4Belgien Willy MairesseRang 3
1968Belgien Claude DuboisFord GT40 Mk.IBelgien Willy MairesseAusfallUnfall
1975Belgien Jean BlatonPorsche 911 Carrera RSRVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Nick FaureVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich John CooperRang 6
1976Belgien Jean BlatonPorsche 934Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Nick FaureAustralienAustralien John Gossnicht klassiert
1978Belgien Ecurie FrancorchampsFerrari 512 BBBelgien Teddy PiletteFrankreichFrankreich Raymond TouroulAusfallGetriebeschaden
1979Belgien Jean BlatonFerrari 512 BB LMVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Nick FaureVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Steve O’RourkeBelgien Bernard de DryverRang 12

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft

SaisonTeamRennwagen12345678910111213141516171819202122
1958Ecurie Francorchamps
Equipe Nationale Belge
Ferrari 250 GT
Ferrari 250TR
Argentinien BUAVereinigte Staaten SEBItalien TARDeutschland NÜRFrankreich LEMVereinigtes Konigreich RTT
246
1959Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTVereinigte Staaten SEBItalien TARDeutschland NÜRFrankreich LEMVereinigtes Konigreich RTT
93
1960Ecurie FrancorchampsFerrari 250 GTArgentinien BUAVereinigte Staaten SEBItalien TARDeutschland NÜRFrankreich LEM
15DNF
1961Ecurie FrancorchampsFerrari 250 GTVereinigte Staaten SEBItalien TARDeutschland NÜRFrankreich LEMItalien PES
16
1962Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTOVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBVereinigte Staaten SEBItalien MAIItalien TARDeutschland BERDeutschland NÜRFrankreich LEMFrankreich TAVItalien CCAVereinigtes Konigreich RTTDeutschland NÜRVereinigte Staaten BRIVereinigte Staaten BRIFrankreich PAR
3DNF
1963Equipe Nationale BelgeFerrari 250 GTOVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBVereinigte Staaten SEBItalien TARBelgien SPAItalien MAIDeutschland NÜRItalien CONDeutschland ROSFrankreich LEMItalien MONDeutschland WISFrankreich TAVDeutschland FREItalien CCEVereinigtes Konigreich RTTSchweiz OVIDeutschland NÜRItalien MONItalien MONFrankreich TDFVereinigte Staaten BRI
2
1964Ecurie Francorchamps
Ecurie Nationale Belge
Ferrari 250LM
Ferrari 250 GTO
Vereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien TARItalien MONBelgien SPAItalien CONDeutschland NÜRDeutschland ROSFrankreich LEMFrankreich REIDeutschland FREItalien CCEVereinigtes Konigreich RTTSchweiz SIMDeutschland NÜRItalien MONFrankreich TDFVereinigte Staaten BRIVereinigte Staaten BRIFrankreich PAR
DNF5DNFDNF
1965Ecurie FrancorchampsFerrari 250LM
Ferrari 275 GTB
Vereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien BOLItalien MONItalien MONVereinigtes Konigreich RTTItalien TARBelgien SPADeutschland NÜRItalien MUGDeutschland ROSFrankreich LEMFrankreich REIItalien BOZDeutschland FREItalien CCESchweiz OVIDeutschland NÜRVereinigte Staaten BRIVereinigte Staaten BRI
DNF33
1966Ecurie FrancorchampsFerrari 365P2Vereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien MONItalien TARBelgien SPADeutschland NÜRFrankreich LEMItalien MUGItalien CCEDeutschland HOKSchweiz SIMDeutschland NÜROsterreich ZEL
DNFDNFDNFDNF
1967Ecurie Francorchamps
Equipe Nationale Belge
Ferrari 412P
Ferrari 330P4
Vereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien MONBelgien SPAItalien TARDeutschland NÜRFrankreich LEMDeutschland HOKItalien MUGVereinigtes Konigreich BRHItalien CCEOsterreich ZELSchweiz OVIDeutschland NÜR
DNFDNF3
1968Claude DuboisFord GT40Vereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBVereinigtes Konigreich BRHItalien MONItalien TARDeutschland NÜRBelgien SPAVereinigte Staaten WATOsterreich ZELFrankreich LEM
7DNFDNF
1974Ecurie FrancorchampsPorsche Carrera RSRItalien MONBelgien SPADeutschland NÜRItalien IMOFrankreich LEMOsterreich ZELVereinigte Staaten WATFrankreich LECVereinigtes Konigreich BRHSudafrika 1961 KYA
DNF
1978Ecurie FrancorchampsFerrari 512 BBVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien MUGVereinigte Staaten TALFrankreich DIJVereinigtes Konigreich SILDeutschland NÜRFrankreich LEMItalien MISVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten WATItalien VALVereinigte Staaten ROD
DNF
1979Jean BlatonFerrari 512 BBVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten SEBItalien MUGVereinigte Staaten TALFrankreich DIJVereinigte Staaten RIVVereinigtes Konigreich SILDeutschland NÜRFrankreich LEMItalien PERVereinigte Staaten DAYVereinigte Staaten WATBelgien SPAVereinigtes Konigreich BRHVereinigte Staaten ROAItalien VALEl Salvador ELS
12

Literatur

  • Christophe A. Gaascht: Willy Mairesse. Le Chevalier Meurtri. Nostalgia, Verviers 2003, ISBN 2-930277-09-2.

Weblinks

Commons: Jean Blaton – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. siehe dazu die Literaturangabe
  2. 12-Stunden-Rennen von Reims 1958
  3. 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1959
  4. 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1963
  5. 1000-km-Rennen von Paris 1967
  6. Tom Lord Discography
  7. Jean Blaton als Gitarrist der Belgian Big Band

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Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
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Flag of Switzerland within 2to3.svg
Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
Flag of South Africa (1928-1994).svg
Flag of South Africa, used between 1928 and 1982. It is identical to the 1982 to 1994 version except that the shade of blue is darker. It is also known as the "Oranje-Blanje-Blou".
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Flag of South Africa, used between 1928 and 1982. It is identical to the 1982 to 1994 version except that the shade of blue is darker. It is also known as the "Oranje-Blanje-Blou".
V.l.n.r. Clay Regazzoni (Zwitserland), Catherine Blaton (de echtgenote van Ickx), Bestanddeelnr 924-6609.jpg
Autor/Urheber: Fotograaf Onbekend / Anefo, [onbekend], Lizenz: CC0
Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo

Reportage / Serie : Training voor de Grand Prix van 1971 op Zandvoort voor formule 1-wagens
Beschrijving : V.l.n.r. Clay Regazzoni (Zwitserland), Catherine Blaton (de echtgenote van Ickx) en Jacky Ickx (België)
Datum : 18 juni 1971
Locatie : Noord-Holland, Zandvoort
Trefwoorden : autosport, circuits, raceauto's, races, wedstrijden
Persoonsnaam : Blaton, Catherine, Ickx, Jacky, Regazzoni, Clay
Fotograaf : Fotograaf Onbekend / Anefo, [onbekend]
Auteursrechthebbende : Nationaal Archief
Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit)
Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.05

Bestanddeelnummer : 924-6609
1962Ferrari250GTO.jpg
Autor/Urheber: Brian Snelson, Lizenz: CC BY 2.0
1962 Ferrari 250 GTO