Japanisches Zahlensystem

Das japanische Zahlensystem ist ein Dezimalsystem und in seiner Ausgestaltung, wie das koreanische, weitgehend eine Entlehnung der chinesischen Zahlwörter. Neben diesen sino-japanischen Zahlwörtern werden auch alte japanische Zahlwörter benutzt. Im Alltag werden für horizontal geschriebene und bis etwa fünfstellige Zahlen, sowie in der Mathematik, arabische Ziffern verwendet.

Eine Besonderheit ist im Japanischen die Verwendung von Zähleinheitswörtern und eine unterschiedliche Benennung der Zahlen je nach Darstellungsform und abhängig von den gezählten Gegenständen. Darüber hinaus ist das Stellenwertsystem nicht in Tausendern, sondern in Myriaden gruppiert, es gibt also eigene Zahlwörter für die Zahlen 10.000 und 100.000.000 (das Quadrat von 10.000), jedoch keine für Million oder Milliarde.

Basisnummerierung

Im Japanischen gibt es zwei Arten, Zahlen zu schreiben: in arabischen Ziffern (1, 2, 3) oder in chinesischen Zahlzeichen (, , ). Die arabischen Ziffern werden häufig bei horizontaler Schreibung, die chinesischen Zahlzeichen oft bei vertikaler Schreibung und auf offiziellen Dokumenten verwendet.

ZahlenwertZeichenbevorzugte LesungOn-LesungKun-Lesung
0零/〇*zero (ゼロ)れいrei
1ichiいちichiひと(つ)hito(tsu)
2nini, jiふた(つ)futa(tsu)
3sanさんsanみ(っつ)mi(ttsu)
4yon (よん)shiよ(っつ)yo(ttsu)
5gogoいつ(つ)itsu(tsu)
6rokuろくrokuむ(っつ)mu(ttsu)
7nana (なな)しちshichiなな(つ)nana(tsu)
8hachiはちhachiや(っつ)ya(ttsu)
9kyūきゅうkyū, kuここの(つ)kokono(tsu)
10じゅうとお
20二十nijūにじゅうni-jūはた(ち)hata(chi)
100hyakuひゃくhyaku(ももmomo)
1.000senせんsen(chi)
10.000**manまんman(よろずyorozu)
siehe Abschnitt Zehnerpotenzen
* 
wird als Ziffer auch maru gesprochen, was „Kreis“ bedeutet. Ein bekanntes Beispiel ist das Kaufhaus Shibuya 109, mit der Aussprache ichi maru kyū.
** 
Ab 10.000 werden die Zahlennamen nicht mehr allein, sondern nur noch zusammengesetzt verwendet, d. h. während 1, 10 und 100 als ichi (), () und hyaku () gesprochen und geschrieben werden, ist es ab 10.000 ichiman (一万) statt nur man, ichioku (一億) statt nur oku für 100.000.000 usw. 1000 bildet einen Grenzfall, wo sowohl sen () als auch issen (一千) möglich sind. Dies ähnelt dem Deutschen, wo kleinere Zahlennamen auch nur „Eins“ und „Zehn“ sind, bei 100 und 1000 sowohl „Hundert“ als auch „Einhundert“ bzw. „Tausend“ als auch „Eintausend“ möglich sind, aber für größere üblicherweise nur Zusammensetzungen wie „eine Million“ für 1.000.000 verwendet werden.

Bei Ziffernaufzählungen wie z. B. dem Durchgeben von Telefonnummern, werden die einmoraigen Ziffern oft lang ausgesprochen, d. h. ni wie nii, shi wie shii und go wie .

Zusammengesetzte Zahlen

Modernes Japanisch

Die Bildung zusammengesetzter Zahlendarstellungen erfolgt, wie im Chinesischen, multiplikativ für die einzelnen Stellen und additiv für die Kombination verschiedener Stellen. Im Gegensatz zum Chinesischen werden leere Stellen (also die Ziffer Null) ausgelassen. Taucht als Multiplikator eine 1 auf, wird diese in der Regel ebenfalls ausgelassen.

ZahlZeichenLesung
multiplikative Zusammensetzung
30三十san-jū
400四百yon-hyaku
50.000五万go-man
additive Zusammensetzung
31三十一san-jū-ichi
452四百五十二yon-hyaku-go-jū-ni
Auslassen von Nullen und Einsen
111百十一hyaku-jū-ichi
2006二千六ni-sen-roku
50.020五万二十go-man-ni-jū

Aufgrund von phonologischen Phänomenen der japanischen Sprache wie dem rendaku, bei dem stimmlose Konsonanten stimmhaft werden, und der Gemination ergeben sich folgende sprachliche Besonderheiten:

×123456789101001000
100 hyakunihyakusanbyakuyonhyakugohyakuroppyakunanahyakuhappyakukyūhyaku
1000 (is)sennisensanzenyonsengosenrokusennanasenhassenkyūsen
1.000.000.000.000 (10^12) itchōnichōsanchōyonchōgochōrokuchōnanachōhatchōkyūchōjutchōhyakuchōissenchō
10.000.000.000.000.000 (10^16) ikkeinikeisankeiyonkeigokeirokkeinanakeihakkeikyūkeijukkeihyakkeiissenkei

Altjapanisch

Vor Einführung des chinesisch geprägten Systems wurde durchgängig die Kun-Lesung verwendet. Die Einerstelle erhielt das Suffix -tsu (historisch: tu), die Zehnerstelle -so, die Hunderterstelle -o (historisch: po), die Tausenderstelle -chi (historisch: ti) und die Zehntausenderstelle -yorozu (historisch: yorodu). Ausnahmen bilden die Zahlen von 10 bis 19, wo für 10 statt das Wort (historisch: towo) verwendet wurde, sowie 20-29 wo hatachi (historisch: patati) verwendet wurde. Die einzelnen Stellen wurden teilweise durch das Wort amari markiert.

Im Nihonshoki findet sich die Zahl „1.792.470 Jahre“ (一百七十九萬二千四百七十餘歲) die wie folgt glossiert ist:[1]

一百七十九萬二千四百七十
モヽヨロヅトセアマリナヽヨロヅトセアマリコヽノヨロヅ トセアマリフタチトセアマリヨホトセアマリナヽソトセアマリトシ
momoyorodu tose amarinanasoyorodu tose amarikokonoyorodu tose amariputatitose amariyopotose amarinanasotoseamaritoshi
10010.000 Jahre und7010.000 Jahre und910.000 Jahre und2000Jahre und400Jahre und70JahreundJahre

Die zusammengesetzten und höheren Zahlen wurden demnach wie folgt gesprochen:[1]

Zahlhistorische Aussprachemoderne AusspracheBedeutungZahlhistorische AusspracheZahlhist. AusspracheZahlhist. Aussprache
10towo1020patati100momo1000ti
11towo amari pitotō amari hito10+121patati amari pito
12towo amari putatō amari futa10+2200*putapo2000putati
13towo amari mitō amari mi10+330miso300mipo3000*miti
14towo amari yotō amari yo10+440yoso400yopo4000*yoti
15towo amari itutō amari itsu10+550iso500ipo5000*iti
16towo amari mutō amari mu10+660muso600*mupo6000*muti
17towo amari nanatō amari nana10+770nanaso700*nanapo7000*nanati
18towo amari yatō amari ya10+880yaso800yapo8000yati
19towo amari kokonotō amari kokono10+990kokonoso900*kokonopo9000*kokonoti

Anmerkung: In späteren Sprachstufen evtl. auch gegen Ende des Altjapanischen wurde das heutige​/⁠h⁠/​ als *​[⁠ɸ⁠]​ gesprochen.

Erhalten hat sich diese Aussprache noch in einigen Wörtern. So kann „20 Jahre alt“ (二十歳) nijussai gelesen werden, aber auch hatachi. Der „letzte Tag eines Monats“ (晦日) kann zwar regulär kaijitsu, aber auch misoka gelesen werden, wobei Letzteres von Altjapanisch für „30. Tag“ stammt.

Zehnerpotenzen

Wie auch im konventionellen dezimalen Zahlensystem existieren im Japanischen eigene Zahlennamen zur Benennung großer und kleiner Zehnerpotenzen. Für große Zahlen (大数, taisū) ändert sich der Zahlenname dabei in Myriadenschritten, also in vier Zehnerpotenzen, für kleine Zahlen (少数, shōsū) in Zehnerschritten, also bei jedem Stellenwechsel. Die Namen entstammen zu großen Teilen der buddhistischen Zahlenlehre und wurden bereits im frühen Mittelalter verwendet. Vor allem die sehr großen Potenzen hatten im Laufe der Zeit unterschiedliche Stellenwerte; so werden dem Zahlennamen goku () in verschiedenen Quellen Werte entsprechend 1014, 1044 oder 1080 zugeordnet. Auch heute noch werden den sehr großen Zahlennamen ab 1052 Werte zugeordnet, die um den Faktor 10000 größer als die offiziellen Zuordnungen sein können.

ZahlDeutschZeichenLesung
101Zehn
102Hunderthyaku
103Tausendsen
104Zehntausendman
108100 Millionenoku
10121 Billionchō
101610 Billiardenkei, kyō
1020100 Trillionengai
10241 Quadrillionshi, jo
102810 Quadrilliarden
1032100 Quintillionen
10361 Sextillionkan
104010 Sextilliardensei
1044100 Septillionensai
10481 Oktilliongoku
105210 Oktilliarden恒河沙gōgasha
1056100 Nonillionen阿僧祇asōgi
10601 Dezillion那由他nayuta
106410 Dezilliarden不可思議fukashigi
1068100 Undezillionen無量大数muryōtaisū
ZahlZeichenLesung
10−1bu
10−2, rin, ri
10−3, ,
10−4, shi
10−5kotsu
10−6bi
10−7sen
10−8sha
10−9jin
10−10ai
10−11byō
10−12baku
10−13模糊moko
10−14逡巡shunju
10−15須臾shuyu
10−16瞬息shunsoku
10−17弾指danshi
10−18刹那setsuna
10−19六徳rittoku
10−20虚空gokū
10−21清浄seijō
10−22阿頼耶araya
10−23菴摩羅ammara
10−24涅槃寂静nehanjakujō

Der buddhistische Ursprung wird besonders bei den letzten, außergewöhnlich langen Zahlennamen deutlich. So leitet sich die Bezeichnung für den Wert 1052 kōgasha (恒河沙) von dem buddhistischen Begriff für die Anzahl der Sandkörner im Fluss Ganges ab, die als Inbegriff für die Unendlichkeit der Welt angesehen wurde. Das Wort fukashigi (不可思議) bezeichnet auch heute noch in verkürzter Form fushigi (不思議) etwas Wundersames, Merkwürdiges oder Rätselhaftes. Das letzte Zahlwort muryōtaisū (無量大数) schließlich ist der Begriff für eine „unermesslich große Zahl“.

Die Zahlennamen für die kleinen Zahlen sind ebenfalls wenig gebräuchlich, werden aber in bestimmten Bereichen auch heute noch verwendet. So werden im sportlichen Bereich die Trefferraten eines Schlagmanns beim Baseball oder in der Werbung der Rabatt bei einer Aktion mit diesen Zahlzeichen dargestellt. Je nach Kontext kann es allerdings zu einer Verschiebung um den Faktor 10 kommen, so kann die Bezeichnung 2分3厘 (ni-bu san-rin) entweder die Zahl 0,23 oder 0,023 meinen. Das geschieht durch eine Verschiebung der Zahlennamen bei Einführung der Bezeichnung wari () für die erste Nachkommastelle. Zur Verdeutlichung sind in der folgenden Tabelle die ersten 4 Zahlennamen bei Verwendung dieser Bezeichnung aufgeführt:

Zahl10−110−210−310−4
Zeichen
Lesungwariburin

Brüche

Bei gemeinen Brüchen wird zuerst der Nenner und anschließend der Zähler genannt:

Dreiviertel (3/4) : 四分の三 (yon bun no san, wörtlich: „vier Teile, davon 3“)

Dezimalbrüche werden üblicherweise mit arabischen Ziffern und einem Punkt (gesprochen ten oder auch comma) als Dezimaltrennzeichen dargestellt. Bei vertikaler Schreibweise oder der Verwendung der ebenfalls möglichen chinesischen Zahlzeichen wird der Mittelpunkt verwendet:

3.14 oder
三・一四
(san ten ichi yon)

Daiji (Bankenzahlen)

Im japanischen Finanzwesen werden anstelle der Kanji , , , , sogenannte Daiji (大字) verwendet, um die Fälschungssicherheit in handschriftlichen Dokumenten zu erhöhen. Ohne diese könnte mittels Hinzufügens eines einzelnen Striches aus 一億円 (100.000.000 Yen) 十億円 (1.000.000.000 Yen) geformt werden. Es existieren ebenfalls nicht mehr gängig verwendete Daiji.[2]

Diese kommen auch auf japanischen Banknoten zum Einsatz.

Daiji (aktuell)Daiji (obsolet)Daiji (inoffizielle Varianten)
1
2貮、貳弍, 贰, 両, 兩, 两
3弎, 叁, 叄, 𢦘
4
5
6
7柒、漆
8
9
10
20廿弐拾, 貳拾卄, 念
30参拾
40四拾
100陌、佰
1000阡、仟
10.000

Japanische Zahlenmystik

Die Zahlen 4 und 9 gelten im Japanischen als Unglückszahlen: 4, ausgesprochen shi, ist ein Homophon für „Tod“; 9, wenn ku ausgesprochen, ist ein Homophon für „Leiden“. Die Zahl 13 ist auch manchmal als Unglückszahl verstanden, obwohl sie aus dem westlichen Kulturkreis übernommen wurde (Freitag der 13.)

Im modernen Japanisch wird die Kun-Lesung nur noch für Einzelziffer-Zahlendarstellungen und Tag-des-Monats Namen verwendet, auch wenn stattdessen in vielen Kontexten die On-Lesung verwendet wird. Brüche werden durch Kombination gemacht.

Zähleinheitswörter

Verschiedenen Arten von Gegenständen und abstrakten Begriffen ist jeweils eines der rund 100 Zähleinheitswörter zugeordnet. Es wird der Anzahlsangabe angehängt und unterstützt oft das Leseverständnis. Eine Entsprechung im Deutschen ist etwa Blatt in „50 Blatt Papier“. Die Zuordnung von Begriffen und Zähleinheitswörtern richtet sich oft nach Form und Größe eines Gegenstandes, seltener benutzte Zuordnungen stellen aber auch Muttersprachler vor Probleme. Je nach Zähleinheitswort werden bestimmte Zahlenangaben unregelmäßig ausgesprochen.

Beispiel: eine Flasche, zwei Flaschen, drei Flaschen
bin ippon, nihon, sanbon (びん 1本、2本、3本)

Beim Zählen mit Zähleinheitswörtern wird fast immer die On-Lesung, also die sinojapanische Zählart, verwendet (es gibt auch Fälle, bei denen gemischt wird, z. B. Personen 1人、2人、3人hitori, futari, sannin). Wenn man ausschließlich Dinge mit der Kun-Lesung zählt, also japanisch, braucht man keine Zähleinheitswörter. Allerdings geht das nur bis zur Zahl zehn.

Anzahlsangaben

Für Anzahlsangaben ohne Zähleinheitswort, sowie in Verbindung mit wenigen bestimmten Zähleinheitswörter, finden die alten japanischen Zähleinheitswörter von „1“ bis „10“ Anwendung. Alleinstehend erhalten sie bis „9“ das Okurigana (-tsu).

Dabei finden ebenfalls die vorher beschriebenen Ausspracheveränderungen (rendaku und Gemination) statt.

Beispiel: „4“ und „Tag“ ergibt „der 4. Tag“ [des Monats]
yotsu + ka >> yokka (四日)

Schreibweise mit arabischen Zahlen

Die Gliederung mehrziffriger Zahlendarstellungen übernehmen die sinojapanischen Zahlzeichen (kan sūji, 漢数字). Senkrecht geschrieben werden für Zahlenangaben oft durchweg Kanji verwendet, bei waagerechter Schreibweise übernehmen meistens die Zeichen sen für 1000, man für 10.000 und den Vielfachen des Letzteren die Rolle eines Trennzeichens zwischen den arabischen Zahlzeichen (arabia sūji, アラビア数字).

Beispiel: 19.800 Yen ichiman-kyūsen-happyaku En (1万9千800円)

Der Punkt wird bei Schreibung mit arabischen Ziffern gelegentlich als Trennzeichen der Myriade und nicht der Tausend eingesetzt, was bei Übersetzung leicht zu Fehlern führt.

Beispiel: Deutsch 200.000.000 Yen gleich Japanisch 2.0000.0000円

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b John R. Bentley: Old Japanese. In: Nicolas Tranter (Hrsg.): The Languages of Japan and Korea. 1. Auflage. Routledge, New York (NY); Abingdon (Ontario) 2012, ISBN 978-0-415-46287-7, 7.4.3 Numerals, S. 198–199 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 13. Oktober 2018]).
  2. Japanese Formal Numbers. In: gakuu.com. Abgerufen am 1. September 2018 (englisch).