Jakob Pinhas

Jakob Pinhas (* August 1788; † 8. Dezember 1861 in Kassel) war ein deutscher Publizist.

Leben

Jakob Pinhas war ein Sohn des Miniaturmalers Salomon Pinhas und sollte zunächst ebenfalls Maler werden, doch führten die Umbrüche der napoleonischen Zeit zu einer Änderung seines Lebenswegs. Er wurde leitender Redakteur des Westphälischen Moniteurs und ab November 1813 der Allgemeinen Kasselschen Zeitung, war im Landrabbinat und ab 1821 im Vorsteheramt für Niederhessen tätig und setzte sich in zahlreichen Veröffentlichungen für die Gleichberechtigung der Juden in Kurhessen ein.[1] Ein Konkurrent um Pinhas’ Redakteursstelle in Kassel war 1813 Wilhelm Grimm. Er argumentierte, nach dem Abzug der Franzosen müsse der Inhaber der Stelle unbedingt wechseln, und reagierte auf die Ablehnung mit franzosenfeindlichen und schließlich auch leicht antisemitischen Kommentaren, ebenso sein Unterstützer Ludwig Hassenpflug und sein Bruder Jacob Grimm. Hassenpflug unterstellte Pinhas Bestechlichkeit, indem er schrieb: „[…] vorher Anhänger dieses Gouvernements, ist er nach dessen Umsturz alsbald auf die andere Seite getreten und hat mit eben der Wärme für die Angelegenheit der verbündeten Mächte gesprochen, als vorhin seine Feder der Despotie Frankreichs feil war.“[2] 1817 wurde Jakob Pinhas wegen seiner literarischen Verdienste von der Universität Marburg zum Dr. phil. promoviert. Da er innerhalb des gegebenen politischen Systems tätig gewesen war, ging die Revolution von 1848 nicht spurlos an ihm vorbei, doch mussten auch seine Widersacher sein weitblickendes Wesen anerkennen.[3]

Geschichtliche Hintergründe

Den Anfang der Emanzipation des Judentums bildete ein Dekret des Königs Jérôme vom 27. Januar 1808, in dem den Juden dieselben Rechte zugebilligt wurden wie allen anderen Bewohnern des Landes. Wenig später herrschte auch Gewerbefreiheit. Als Kurfürst Wilhelm I. von Kassel, der Arbeitgeber von Jakob Pinhas’ Vater, 1813 nach Kassel zurückkehrte, trat wieder ein Rückschritt ein. Man glaubte, die Juden erst „erziehen“ zu müssen, ehe man ihnen gleiche Rechte wie anderen Landesbewohnern zubilligen könne. Erst das norddeutsche Bundesgesetz von 3. Juli 1869 machte der Ungleichbehandlung formell ein Ende. Dennoch nahm die Zahl der Juden in Kassel im frühen 19. Jahrhundert stark zu. Es wurden Schulen, soziale Einrichtungen und ein Krankenhaus gegründet, und 1839 war der Bau der Großen Synagoge abgeschlossen. Neben Israel Jacobson und Lucius Liffmann gehörte Jakob Pinhas zu den wichtigsten Vertretern der jungen Gemeinde.[4] Er war zeitweise Direktor der 1802 gegründeten „Gesellschaft der Humanität“, die Notleidende unterstützte und Kindern zu einer Ausbildung verhalf.[5]

Familie

Dr. Jakob Pinhas gehörte einer Malerfamilie an. Sein Großvater Levi Pinhas, 1727 in Lehrberg bei Ansbach geboren, zeigte früh künstlerisches Talent und konnte auf Reisen gehen, nachdem ihm der Markgraf von Ansbach eine Auftragsarbeit, eine Haggada, mit 150 Gulden gut honoriert hatte. Nach einer Lehrzeit bei den Hofmalern in Schwerin wurde er Ansbacher Hofmaler, ging aber später, ebenfalls als Hofmaler, nach Bayreuth, weil er eine Misshandlung an zweien seiner Glaubensgenossen beobachtet hatte. Levi Pinhas erhielt Aufträge von hochstehenden Persönlichkeiten und nutzte deren Gunst, um für die Israeliten in Deutschland einzutreten. Er starb 1793. Ob Bilder von ihm erhalten geblieben sind, scheint nicht bekannt zu sein. Sein ältester Sohn Salomon Pinhas ließ sich im Alter von 24 Jahren in Kassel nieder und wurde ebenfalls Hofmaler, ohne jedoch von der Akademie aufgenommen zu werden. Er schuf mehrere Bilderserien, so Abbildungen der Rosensammlung auf der Wilhelmshöhe, der westphälischen Uniformen und des westphälischen Adels. Über 30 Bilder aus der Uniformenreihe sind in der Kasseler Landesbibliothek dokumentiert, gelten aber als Kriegsverlust. Von den Rosenbildern blieben, obwohl der Landesherr 1806 vor den Franzosen floh und Jérôme Bonaparte sich für mehrere Jahre in Kassel einquartierte, 133 erhalten und wurden 1815 in einem gebundenen Band zusammengefasst. Publiziert wurden diese Werke allerdings erst im 21. Jahrhundert. Mit seiner Frau Bella Hirsch hatte er die Söhne Hermann und Jakob. Hermann wurde Kupferstecher, diente aber auch als Soldat.[6]

Werke

  • Reden am Stiftungstage der von Israelitischen Mitgliedern errichteten Gesellschaft der Humanität zu Kassel, Kassel 1815
  • Fragmente aus einer ältern Denkschrift über die Organisation der israelitischen Gemeinden in den deutschen Bundesstaaten, namentlich in Kurhessen, Kassel 1832
  • Beiträge zur Sache der bürgerlichen Verhältnisse der Israeliten in Kurhessen, Kassel 1832

Literatur

  • Ludwig Horwitz: Dr. Jakob Pinhas, in: Jüdische Wochenzeitung für Cassel, Hessen und Waldeck 1, 1924, Nr. 11 vom 18. Juli 1924

Einzelnachweise

  1. Dietfrid Krause-Vilmar: Streiflichter zur neueren Geschichte der Jüdischen Gemeinde Kassel. In: Jens Flemming, Dietfrid Krause-Vilmar, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik (Hrsg.): Juden in Deutschland – Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart. kassel university press, Kassel 2007, ISBN 978-3-89958-265-9, S. 14 (PDF; 199 kB; Neuveröffentlichung 2000 [abgerufen am 19. September 2014]).
  2. Ulrike Haß-Zumkehr: Daniel Sanders – Aufgeklärte Germanistik Im 19. Jahrhundert (= Studia Linguistica Germanica. Band 35). de Gruyter, Berlin, New York 1995, ISBN 978-3-11-014331-7, S. 541 und 452 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Das Zitat stammt von Seite 453).
  3. Pinhas, Jacob. In: Jewish Encyclopedia. Abgerufen am 19. September 2014 (englisch).
  4. Dietfrid Krause-Vilmar: Streiflichter zur neueren Geschichte der Jüdischen Gemeinde Kassel. In: Jens Flemming, Dietfrid Krause-Vilmar, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik (Hrsg.): Juden in Deutschland – Streiflichter aus Geschichte und Gegenwart. kassel university press, Kassel 2007, ISBN 978-3-89958-265-9, S. 12–15 (PDF; 551 kB; Neuveröffentlichung 2000 [abgerufen am 19. September 2014]).
  5. Michael Brocke u. a., Visionen der gerechten Gesellschaft: Der Diskurs der deutsch-jüdischen Publizistik im 19. Jahrhunderts, Böhlau 2009, ISBN 978-3-412-20315-3, S. 112
  6. Lehrberg (Marktgemeinde, Kreis Ansbach): Jüdische Geschichte / Synagoge. Abgerufen am 19. September 2014.