Jagdschloss Kranichstein

Jagdschloss Kranichstein

Das Jagdschloss Kranichstein ist ein ehemaliges Jagdschloss und frühere Sommerresidenz der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und späteren Großherzögen von Hessen. Das Schloss im Stadtteil Kranichstein im Norden Darmstadts wurde von 1578 bis 1580 für Landgraf Georg I. errichtet. Es ist einer der wenigen erhaltenen barocken Jägerhöfe Deutschlands und beherbergt heute ein Jagdmuseum, das Naturmuseum bioversum, das auch als Umweltbildungseinrichtung dient, sowie ein Hotel mit Restaurant.

Geschichte

Schwerpunkt der Ausstellung im Museum Jagdschloss Kranichstein ist das höfische Jagen der Barockzeit

Landgraf Georg I. (1547–1596) ließ den dreiflügeligen Renaissancebau zwischen 1578 und 1580 von seinem Baumeister Jakob Kesselhuth errichten. Seine Nachfolger als Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt nutzten die Anlage rund 350 Jahre lang für die Jagd und als Sommersitz.

Die jagdbegeisterten hessischen Landgrafen Ernst Ludwig (1667–1739) und Ludwig VIII. (1691–1768) veranstalteten hier Jagdfeste in Form von Parforcejagden und des „eingestellten Jagens“. Dazu wurde der damals noch zweckmäßige Bau den barocken Vorstellungen von Repräsentation, Eleganz und Luxus angepasst.

In den umliegenden Wald ließ man sternförmige Schneisen für die Jagd schlagen. Ludwig VIII. ließ sich das barocke Jagdschloss Dianaburg im Jahre 1765, als Teil der Gesamtanlage des Schlosses Kranichstein und etwa zweieinhalb Kilometer nördlich von diesem gelegen, erbauen.

Ab Juni 1863 wurde das Schloss vom späteren Großherzog Ludwig IV von Hessen und bei Rhein und seiner Frau Alice bis zur Fertigstellung des Neuen Palais 1866 als Residenz benutzt. Am 2. Juni 1863 schreibt Alice an ihre Mutter, Königin Victoria: „Wenn ich jetzt zurückkehre, habe ich für Kranichstein aus- und einzupacken und das dortige Haus, welches seit achtzig Jahren Niemand bewohnt hat, einzurichten.“[1] Auch in den Folgejahren, bis zum Tode von Alice 1878, wurde Schloss Kranichstein als Sommerresidenz benutzt. In einem Brief vom 27. Juni 1863 schreibt sie ihrer Mutter: „Ich bade jeden morgen und schwimme herum, es ist ein schönes kleines Badehaus da.“[2] Sie beschreibt auch, wie ihr Mann, der künftige Großherzog, 1875 beim Schlittschuhlaufen auf dem Backhausteich durchs Eis eingebrochen ist: „Louis versetzte mich vorige Woche in einen furchtbaren Schreck, indem er an einer sehr tiefen Stelle auf dem Eise einbrach....Da es in Kranichstein war, kleidete er sich aus und rieb sich vor dem Ofen in dem Zimmer des Verwalters, in dessen Kleidern er auch nach Hause kam, was sehr komisch aussah.“[3]

Museum wurde es erst, als der letzte Großherzog Ernst Ludwig im Jahre 1917 alles Jagdgerät und entsprechendes Zubehör aus allen seinen Schlössern und Jagdhäusern hier zusammentragen ließ. Hofmarschall Kuno Graf von Hardenberg richtete das Jagdmuseum ein.

Die Stiftung Hessischer Jägerhof erwarb die Anlage nach dem Zweiten Weltkrieg und eröffnete schließlich im Jahre 1952 das Museum erneut mit dem Schwerpunkt Barockzeit.

Von 1988 bis 1996 wurde das Schloss umfassend vom Land Hessen, der Stadt Darmstadt und der Stiftung Hessischer Jägerhof renoviert. Dabei wurde im Erdgeschoss die originalgetreue Renaissance-Fassung wieder hergestellt.

Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird das Kranichsteiner Jagdschloss als Heiratsort genutzt, auch von Prominenten, wie Joschka Fischers vierte Heirat 1999.[4]

Innenhof des Jagdschlosses im Winter

Jagdmuseum

Vitrine in der Waffensammlung
Gründerzeitlicher Hirschsaal
Monogramm von Landgraf Ludwig VIII.
Bronzehirsch vor dem Jagdschloss

Das Museum zeigt im Erdgeschoss einen Überblick über die Geschichte der Jagd von den Anfängen bis in die Barockzeit. Schwerpunkte sind dabei die höfische Repräsentation und die Jagdmethoden im 18. Jahrhundert. Besonders beeindruckend ist die sehr umfangreiche Waffensammlung. Hier kann die Entwicklung der Jagdwaffen im Detail nachvollzogen werden. Das betrifft Schusswaffen wie Feuerwaffen, Windbüchsen und Armbrüste, aber auch Blankwaffen wie Hirschfänger und Saufedern.

Die im Jagdmuseum des Jagdschlosses Kranichstein ausgestellten Büchsen wurden von den Hofbüchsenmachern Albrecht sowie Boßler geschaffen.[5]

Im Obergeschoss werden die höfischen Repräsentationsräume in ihrer barocken Pracht gezeigt. In den Fluren beeindrucken besonders die Trophäen, vor allem die auf hölzerne Hirschköpfe montierten Geweihe erlegter Hirsche, wobei auch manche Kuriosität dabei ist. Jagdgemälde, Tapisserien sowie jagdliche Accessoires vermitteln die Atmosphäre eines barocken Lustschlosses.

Attraktionen sind auch der Marstall und die Schlosskapelle. Der Marstall im Parterre des östlichen Schlossflügels wurde bei der letzten Renovierung von zahlreichen Einbauten befreit und dient heute als Saal für Konzerte und andere Veranstaltungen.

Die Schlosskapelle wurde bereits unter Landgraf Georg I., genannt der Fromme, eingerichtet. Er legte fest, dass mindestens „die Hälfte des Gesindes“ regelmäßig am Gottesdienst teilnehmen müsse. Den Innenraum prägen heute die dekorative Stuckdecke und zwei hölzerne Emporen, die mit Gemälden verziert sind.

Gastronomie

Kavaliersbau (Kavaliershaus) des Jagdschlosses Kranichstein, heute Restaurant mit Gartenterrasse

In einem Flügel des Schlosses ist das Hotel Jagdschloss Kranichstein, ein Vier-Sterne-Hotel, eingerichtet. Im angrenzenden Kavaliersbau befindet sich das Restaurant mit Gartenterrasse.[6]

Regelmäßige Veranstaltungen

Jeden Sommer findet das Gartenkonzert der Merck Philharmonie im Schlosspark statt. Die 27. Ausgabe fand am 19. Juli 2014 statt. Sie ist an der Last Night of the Proms angelehnt und bezieht Elemente des Broadway ein.[7][8]

Umgebung

Zur Anlage gehörten früher direkt neben dem Schloss der Kavaliersbau, südlich das Jagdzeughaus mit dem dazugehörigen Jagdzeugmeisterhaus, dazu das Forsthaus Kranichstein und das Hofgut Kranichstein im Westen. In unmittelbarer Umgebung, östlich des ehemaligen Parkbereiches des Schlosses liegt entlang der Zeughausallee der Backhausteich, der gerne von Erholungssuchenden aus Darmstadt und Umgebung zu Fuß und auf dem Fahrrad angesteuert wird. Über den Ruthsenbach war die Anlage des Jagdschlosses mit der Fasanerie und dem Steinbrücker Teich verbunden. Nach Norden und Osten in das große zusammenhängende Waldgebiet des Oberwalds waren Jagdschneisen zur Diana- und Alexanderburg angelegt, die selbst von Schneisensternen und Jagdschirmen umgeben waren. Alle diese Objekte sind heute hessische Kulturdenkmäler und leicht zu erwandern.

Literatur

  • Wilhelm Andres: Wildpark Kranichstein. Zur Geschichte des Darmstädter Waldes, Darmstadt 1981.
  • Peter Engels: 600 Jahre Kranichstein, in: Sechste Sommerspiele Jagdschloß Kranichstein, Darmstadt 1999.
  • Kuno Graf von Hardenberg: Das Jagdschloß Kranichstein und die Jagdmaler des Landgräflichen Hofes zu Darmstadt, Darmstadt 1918.
  • Ernst Hofmann: Führer durch das Darmstädter Jagdmuseum Schloß Kranichstein, Darmstadt 1981.
  • Eberhard Lohmann: Landgraf Georg I. und die Anfänge von Schloß Kranichstein, Darmstadt 2002.
  • Iris Reepen: Museum Jagdschloss Kranichstein, Deutscher Kunstverlag München/Berlin 2002, ISBN 3-422-06351-X.
  • H. Retzlaff: Kranichstein. Renaissanceschloß und Jagdmuseum bei Darmstadt, Darmstadt 1961.
  • Gisela Siebert: Kranichstein – Jagdschloß der Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Amorbach 1969.
  • Gisela Siebert: Jagdhäuser der Landgrafen von Hessen-Darmstadt auf Bildern des 18. und 19. Jahrhunderts, Darmstadt 2001.
  • Wolfgang Weitz: Jagdwaffen aus dem Jagdmuseum Schloß Kranichstein, in: Museumsblätter Niddaer Heimatmuseum, Nidda 1990.
  • Bettina Clausmeyer-Ewers: Wildpark und Schlossgarten Kranichstein, Deutscher Kunstverlag (DKV), 2006.
Commons: Jagdschloss Kranichstein – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Karl Sell (Hrsg.): Alice, Grossherzogin von Hessen und bei Rhein, Prinzessin von Grossbritannien und Irland, Mittheilungen aus ihrem Leben und aus ihren Briefen. 4. Auflage. Arnold Bergsträsser, Darmstadt 1884, S. 48.
  2. Karl Sell (Hrsg.): Alice, Grossherzogin von Hessen und bei Rhein, Prinzessin von Grossbritannien und Irland, Mittheilungen aus ihrem Leben und aus ihren Briefen. 4. Auflage. Arnold Bergsträsser, Darmstadt 1884, S. 50.
  3. Karl Sell (Hrsg.): Alice, Grossherzogin von Hessen und bei Rhein, Prinzessin von Grossbritannien und Irland, Mittheilungen aus ihrem Leben und aus ihren Briefen. 4. Auflage. Arnold Bergsträsser, Darmstadt 1884, S. 365–366.
  4. finis: Das Letzte. In: zeit.de. 22. April 1999, abgerufen am 28. Oktober 2016.
  5. Karl Dielmann: Museen in Hessen – ein Handbuch der öffentlich zugänglichen Museen und Sammlungen im Lande Hessen. Hrsg.: Hessischer Museumsverband. 1. Auflage. Kassel 1970, OCLC 3950419, S. 75.
  6. Überblick Hotel Jagdschloss Kranichstein auf www.hotel-jagdschloss-kranichstein.de; abgerufen am 26. August 2017
  7. Musikalisches Picknick. Gartenkonzert – Philharmonie Merck holt London und den Broadway nach Darmstadt. Darmstädter Echo, archiviert vom Original am 8. August 2014; abgerufen am 22. Juli 2014.
  8. Last Night meets Broadway. philharmonie-merck.com, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 22. Juli 2014.@1@2Vorlage:Toter Link/www.philharmonie-merck.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)

Koordinaten: 49° 54′ 1″ N, 8° 41′ 51″ O

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Jagdzeughaus in Darmstadt-Kranichstein in der Kranichsteiner Straße 253
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Das Hofgut Kranichstein westlich des Jagdschlosses über die Kranichsteiner Straße gelegen ist eine größere Hofanlage des 16. Jahrhunderts und wurde im 20. Jahrhundert Heimat eines Reiterhofes und hessisches Leistungszentrum Reiten. Das Gutshaus
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Der Kavaliersbau (-haus) am Jagdschloss Kranichstein aus dem frühen 18. Jahrhundert. Eingeschossig, 5-achsig, Mansarddach. Heute Restaurant.
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Der Kavaliersbau (-haus) am Jagdschloss Kranichstein aus dem frühen 18. Jahrhundert. Eingeschossig, 5-achsig, Mansarddach. Heute Restaurant.
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Backhausteich vom Knick der Zeughausallee mit Blick zum Schloss Kranichstein