Jügesheim

Jügesheim
Stadt Rodgau
Wappen von Jügesheim
Koordinaten:50° 2′ N, 8° 53′ O
Höhe: 126 m ü. NHN
Fläche:13,64 km²[1]
Einwohner:11.845 (31. Dez. 2020)[2]
Bevölkerungsdichte:868 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Januar 1977
Postleitzahl:63110
Vorwahl:06106
Jügesheimer Ortsansicht mit Wasserturm
Jügesheimer Ortsansicht mit Wasserturm

Jügesheim ist mit knapp 12.000 Einwohnern der zweitgrößte Stadtteil von Rodgau im südhessischen Landkreis Offenbach und Sitz der Stadtverwaltung.

Geographische Lage

Luftbild
Jügesheim von oben, 2021

Jügesheim wurde als Haufendorf gegründet und liegt in der Rhein-Main-Ebene an der Rodau auf 127 m über NN, ca. 6,5 km westlich von Seligenstadt.

Geschichte

Jügesheim ist eine fränkische Gründung aus merowingischer Zeit im Waldgebiet des Maingaues. In der Nähe von Römerstraßen, die sich hier kreuzten, errichteten die Franken Militärkolonien, um das Land zu kontrollieren.

Mittelalter

Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes befindet sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1261, mit der sich Nachkommen des verstorbenen Ritters Merbode von Ovheim mit dem Kloster Himmelkron über dessen Erbe einigten.

Im Mittelalter gehörten die umliegenden Wälder zum Wildbann Dreieich. In Jügesheim befand sich eine von dessen 30 Wildhuben. Um 1350 gehörte die Zehnt im Ort den Herren von Hanau, die sie als Lehen weiter vergaben. Jügesheim gehörte weiter zur Rödermark und zum Amt Steinheim, das zunächst den Herren von Eppstein gehörte und ab 1371 als Pfand je zur Hälfte den Grafen von Katzenelnbogen und den Herren von Hanau. 1393 gelangte das Pfand insgesamt an die Herren von Cronberg. 1425 verkaufte es Gottfried von Eppstein an das Kurfürstentum Mainz.

Ursprünglich lag das Patronat für die Kirche St. Nikolai bei den Herren von Hagen-Münzenberg. 1477 inkorporierte Erzbischof Diether von Mainz die Jügesheimer Kirche der Kirche St. Peter in Weiskirchen. Seitdem war sie eine Filiale dieser Kirche.

Neuzeit

Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort erheblich zerstört und benötigte sehr lange für die Erholung von dieser Katastrophe. In den Jahren 1631–1634, während des Dreißigjährigen Kriegs, beschlagnahmte König Gustav II. Adolf das Amt Steinheim als Kriegsbeute und stattete die nachgeborenen Hanauer Grafen Heinrich Ludwig von Hanau-Münzenberg (1609–1632) und Jakob Johann von Hanau-Münzenberg (1612–1636), die mit ihm verbündet waren, damit aus.[3] Da beide Grafen schon bald starben und der Westfälische Friede auf das Normaljahr 1624 abstellte, kam Jügesheim wieder an Kurmainz, wo es bis 1803 verblieb, als es im Zuge der Säkularisation an das Großherzogtum Hessen fiel.

Territoriale Zugehörigkeit

Bis 1821 nahm das Amt Seligenstadt Verwaltung und Rechtsprechung in Jügesheim wahr. Mit der Verwaltungsreform im Großherzogtum Hessen in diesem Jahr wurden auch hier auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung getrennt.[4]

Für die Verwaltung wurden Landratsbezirke geschaffen, die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichten übertragen. Der Landratsbezirk Seligenstadt erhielt die Zuständigkeit für die Verwaltung unter anderem für das gleichzeitig aufgelöste Amt Seligenstadt. Durch verschiedene Verwaltungsreformen gehörte Jügesheim dann ab

Am 1. Januar 1977 ging Jügesheim im Zuge der Gebietsreform in Hessen mit den Nachbargemeinden Dudenhofen, Hainhausen, Nieder-Roden und Weiskirchen in der neu geschaffenen Großgemeinde Rodgau auf,[6] die 1979 Stadt wurde.[7] Für jeden der fünf Stadtteile wurde ein Ortsbezirk eingerichtet mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher.

Gerichtliche Zuständigkeit

Bei der Reform 1821 übernahm das Landgericht Steinheim die erstinstanzliche Rechtsprechung in Jügesheim, die zuvor das Amt wahrgenommenen hatte.[4] Der Sitz des Gerichts wurde zum 1. Juli 1835 nach Seligenstadt verlegt und die Bezeichnung in „Landgericht Seligenstadt“ geändert.[8] Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[9] So ersetzte das Amtsgericht Seligenstadt das Landgericht Seligenstadt.

Historische Namensformen

Ein Vogt Karls des Großen namens Gugin oder Guginhart soll der Namenspatron des Dorfes gewesen sein. Mundartlich wird Jügesheim auch heute noch als Giesem bezeichnet. In erhaltenen Urkunden wurde Jügesheim unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]

  • Guginsheim (1261)
  • Guginsheim (1293)
  • Gugensheim (1302)
  • Guginsheim (1357)
  • Gugesheym (1403)
  • Goginsheym (1407)
  • Jugißheym (1464)
  • Jogeßheim (1479)
  • Gogeßheym (1495)
  • Gugeßheim (1527)
  • Gugeßheim (1613)

Einwohnerentwicklung

Belegte Einwohnerzahlen sind:[1]

  • 1576: 36 Familien
  • 1681: 26 Haushalte mit 121 Personen
  • 1961: 971 evangelische (= 17,37 %), 4559 katholische (= 81,56 %) Einwohner
Jügesheim: Einwohnerzahlen von 1829 bis 1970
Jahr  Einwohner
1829
  
954
1834
  
1.071
1840
  
1.154
1846
  
1.273
1852
  
1.244
1858
  
1.151
1864
  
1.215
1871
  
1.308
1875
  
1.408
1885
  
1.464
1895
  
1.704
1905
  
2.084
1910
  
2.293
1925
  
2.609
1939
  
3.174
1946
  
3.942
1950
  
4.200
1956
  
4.640
1961
  
5.590
1967
  
6.995
1970
  
7.673
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Wappen und Flagge

Wappen

Blasonierung: „In silbernem Schild ein aufrechter, grüner Eichenzweig, gleichmäßig beseitet von je einer roten Hirschstange.“[10]

Das Wappen wurde der Gemeinde Jügesheim am 19. August 1955 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Heraldiker Georg Massoth.

Dies verweist auf die einstige Zugehörigkeit von Jügesheim zum Reichsforst Dreieich und dessen Wildbann. Silber und Rot weisen auf die Farben des Mainzer Radwappens und des Wappens der Herren von Eppstein hin.[11]

Flagge

Am 10. Juli 1958 wurde der Gemeinde durch den Hessischen Innenminister eine Flagge genehmigt, die wie folgt beschrieben wird:

„Auf einem durch einen roten und grünen Längsstreifen geteilten Flaggentuch das Gemeindewappen.“[12]

Sehenswürdigkeiten

Wirtschaft und Infrastruktur

Der Wasserturm als Wahrzeichen
  • Nördlich von Jügesheim, in Richtung Hainhausen, befindet sich der in den Jahren 1936 bis 1938 erbaute 43,5 Meter hohe Wasserturm, ein 1979 stillgelegter Wasserspeicher, inzwischen ein Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz und ein Wahrzeichen für Jügesheim und den ganzen Rodgau.
  • 1896 erhielt Jügesheim mit der Rodgaubahn Anschluss an die Eisenbahn und seinen Bahnhof.
  • Das neue Rathaus der Stadt Rodgau machte Jügesheim zu einem Zentrum der Stadt neben der katholischen Nikolauskirche.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Georg Schäfer u. a.: Kreis Offenbach = Teilband von: Rudolf Adamy: Die Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen. 1885, S. 91 ff.
  • Barbara Demandt: Die mittelalterliche Kirchenorganisation in Hessen südlich des Mains = Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 29, S. 138 f, 158.
  • Dagmar Söder: Kulturdenkmäler in Hessen, Kreis Offenbach. Braunschweig/Wiesbaden 1987, S. 157–262.
  • Hermann Bonifer: Alte Flurnamen erzählen aus Jügesheims Geschichte. Rodgau 1995.
  • Hermann Bonifer: Jügesheim und St. Nikolaus – Dorf und Pfarrei in der Geschichte. Rodgau 2004.
  • Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch. Band 1: Starkenburg. 1937, S. 362ff.
  • Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften 2. 1976, S. 123.
  • Literatur über Jügesheim nach Register In: Hessische Bibliographie

Weblinks

Commons: Jügesheim – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c d Jügesheim, Landkreis Offenbach. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Einwohnerzahl Jügesheim-auf der Website der Stadt Rodgau. In: Rodgau.de. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  3. Richard Wille: Hanau im Dreißigjährigen Krieg. Hanau 1886, S. 91, 593f.
  4. a b Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  5. § 1 Abs. 3 Dritte Verordnung über den Neubau des Reichs. In: RGBl. I S. 1675.
  6. Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Offenbach (GVBl. II 330-33) vom 26. Juni 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 316–318, § 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. Mai 1970 bis 31. Dezember 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 375.
  8. Bekanntmachung, die Verlegung des Landgerichtssitzes von Steinheim nach Seligenstadt betreffend vom 12. Mai 1835. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 29 vom 21. Mai 1835, S. 277.
  9. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  10. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Jügesheim, Kreis Offenbach vom 19. August 1955. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1955 Nr. 36, S. 902, Punkt 962 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,3 MB]).
  11. Klemens Stadler: Deutsche Wappen, Band 3; Angelsachsen-Verlag, Bremen 1967, S. 55.
  12. Genehmigung einer Flagge der Gemeinde Jügesheim im Landkreis Offenbach, Regierungsbezirk Darmstadt vom 10. Juli 1958. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1958 Nr. 30, S. 858, Punkt 752 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,6 MB]).

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