Jüdischer Friedhof (Celle)

Grabsteine des Friedhofs auf dem Hügel einer Sanddüne

Der Jüdische Friedhof in Celle, der Kreisstadt des niedersächsischen Landkreises Celle, ist ein geschütztes Kulturdenkmal.

Lage

Eingangstor

Der Jüdische Friedhof befindet sich im Ortsteil Hehlentor Am Berge/Hügelstraße auf einem etwa drei Meter hohen Hügel einer Sanddüne.[1] Er ist knapp 2000 m² groß und weist 288[2] Grabsteine auf.

Geschichte und Beschreibung

1692 erfolgte eine Anweisung der fürstlichen Regierung an die Celler Juden zum Anlegen eines Friedhofs. Vollständiger Eigentümer wurde die jüdische Gemeinde erst 1704 und 1714 nach dem Erwerb von Grund und Boden.[3] Damit ist der Friedhof älter als die erst um 1740 errichtete Synagoge. 1758 und 1879 wurde der Friedhof erweitert.[4][5] Die südliche Einfriedungsmauer aus Ziegelmauerwerk stammt wohl von 1885[4] (teilweise modern erneuert). Der älteste datiert erhaltene Grabstein stammt von 1705.[6] Mit den Beisetzungen wurde an der höchsten Stelle begonnen. Die Gräber dort sind typischerweise nach Südosten (Jerusalem) ausgerichtet und bestehen aus großen Sandsteinstelen.[7] Die nördliche Hälfte des Friedhofs stammt von 1879 und enthält Grabsteine seit dieser Zeit. Die jüngeren Grabsteine zeugen von der Integration der jüdischen Bevölkerung, als man christliche Grabmale nachahmte und die hebräischen Inschriften durch deutsche ersetzt wurden.[8] Der letzte während der Zeit des Nationalsozialismus aufgestellte Grabstein stammt von 1943. Im September 1944 ging das Friedhofsgelände gleichzeitig mit der Synagoge in den Besitz der Stadt über[9]; es wurde aber nicht eingeebnet.

Zum Friedhof gehörte ehemals auf der Südwestecke des Grundstücks eine 1910 von Otto Haesler entworfene Friedhofshalle mit Kuppeldach, die 1938 verwüstet und 1974 nach langem Leerstand abgebrochen wurde.[9] An dieser Stelle steht heute eine große Verteilerstation für Erdgas.

Der Friedhof wurde nach dem Zweiten Weltkrieg noch bis 1953 belegt, vor allem durch Mitglieder der von Displaced Persons aus dem nahen Konzentrationslager Bergen-Belsen neu gegründeten Jüdischen Gemeinde Celle.[9] Im Jahr 1951 wurde der Friedhof mit Landesmitteln wieder hergerichtet. Eigentümer ab 1952 war die Jewish Trust Corporation (JTC); seit 1959 befindet sich der Friedhof im Besitz des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Seit 1953 ist die Stadt Celle für die Friedhofspflege zuständig. In der Zeit von 1962 bis 1985 wurde der Friedhof vier Mal geschändet.[10]

Der nur selten zu Führungen geöffnete Friedhof kann durch seine Hügellage von der Straße aus gut eingesehen werden.

Literatur

  • Sabine Glattauer, Andrea Jensen, Katrin Keßler, Ulrich Knufinke: Die Bauwerke und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde Celle. Synagoge, Mikwe, Friedhof (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte. Band 2), Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld / Celle 1997, ISBN 3-89534-219-X, S. 81–97.
  • Sibylle Obenaus: Celle. In: Herbert Obenaus (Hrsg. in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Band 1 und 2. Göttingen 2005, ISBN 3-89244-753-5, S. 394–421 (Jüdischer Friedhof: S. 397 f., S. 409, S. 415, S. 417, S. 418 f.)
  • Peter Bierschwale: Wenn diese Steine erzählen könnten. Stadtarchivarin Sabine Maehnert führt Interessierte über den jüdischen Friedhof im Hehlentorgebiet. In: Cellesche Zeitung. 24. August 2019, S. 12–13.
  • John Busch, Ralf Busch: Jüdische Gemeindeeinrichtungen in Celle. Synagoge, Schule und Friedhof. In: John Busch, Jürgen Ricklefs (Bearbeiter): Zur Geschichte der Juden in Celle. Festschrift zur Wiederherstellung der Synagoge. Hrsg. Stadt Celle, Celle 1974, S. 47–54.
  • Gernot Fischer: Celler Baudenkmale (= Celler Beiträge zur Landes- und Kulturgeschichte, Schriftenreihe des Stadtarchivs und des Bomann-Museums. Band 28), Celle 2000, ISBN 3-925902-40-6, S. 63–64.

Weblinks

Commons: Jüdischer Friedhof (Celle) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Busch, Busch: Jüdische Gemeindeeinrichtungen in Celle. Synagoge, Schule und Friedhof. 1974, S. 47.
  2. Busch, Busch: Jüdische Gemeindeeinrichtungen in Celle. Synagoge, Schule und Friedhof. 1974, S. 51, mit Lageplan und (schlecht lesbaren) Grabnummern.
  3. Busch, Busch: Jüdische Gemeindeeinrichtungen in Celle. Synagoge, Schule und Friedhof. 1974, S. 48.
  4. a b Busch, Busch: Jüdische Gemeindeeinrichtungen in Celle. Synagoge, Schule und Friedhof. 1974, S. 51.
  5. Fischer: Celler Baudenkmale. 2000, S. 63.
  6. Glatter, Jensen, Keßler, Knufinke: Die Bauwerke und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde Celle. Synagoge, Mikwe, Friedhof. 1997, S. 82.
  7. Glatter, Jensen, Keßler, Knufinke: Die Bauwerke und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde Celle. Synagoge, Mikwe, Friedhof. 1997, S. 84.
  8. Fischer: Celler Baudenkmale. 2000, S. 64.
  9. a b c Glatter, Jensen, Keßler, Knufinke: Die Bauwerke und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde Celle. Synagoge, Mikwe, Friedhof. 1997, S. 83.
  10. Herbert Obenaus (Hrsg.): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Band 1 und 2 (1668 S.), Göttingen 2005, ISBN 3-89244-753-5, S. 418 f.

Koordinaten: 52° 37′ 57,6″ N, 10° 4′ 16,9″ O

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