Ivar Buterfas

Ivar Buterfas-Frankenthal (* 16. Januar 1933 in Hamburg als Ivar Buterfas) ist ein deutscher Unternehmer, Autor, Holocaustüberlebender und Boxveranstalter.

Leben

Buterfas wurde als Sohn von Artisten geboren, er wuchs in Hamburg auf. Seine Mutter war christlichen und sein Vater jüdischen Glaubens.[1] Seine Großeltern väterlicherseits waren in Dresden Unternehmer in der Tabakindustrie.[2][3]

Buterfas’ Vater Felix wurde 1934 ins Konzentrationslager Esterwegen eingewiesen.[4] Kurz nach seiner Einschulung im Jahr 1938 musste Buterfas die Schule verlassen,[5] da er „Halbjude“ war. Die Familie wurde von den Nationalsozialisten in einem „Judenhaus“ untergebracht, während des Zweiten Weltkrieges wurde Ivar Buterfas verletzt, als in der Nähe des Hauses ein Sprengsatz detonierte. Dank der Hilfe eines Freundes der Familie, der bei der Gestapo tätig war, gelang Buterfas’ Mutter und ihren acht Kindern die Flucht in die Tucheler Heide. Als der Aufenthalt der Familie dort aufflog, ergriff man abermals die Flucht, ging nach Hamburg zurück und lebte dort zunächst in einem Kleingartenhäuschen, dann im Keller eines von einem Bombenangriff zerstörten Gebäudes. Von den Nationalsozialisten wurde Buterfas die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen, er war fortan staatenlos und erhielt anschließend einen Fremdenpass, weshalb er sich regelmäßig bei den Behörden melden musste.[2] Buterfas nannte das später „nach dem Judenstern die zweite Diskriminierung, die ich erfahren habe“.[1] 1964 erlangte er die deutsche Staatsbürgerschaft zurück.[2] Im August 2015 feierten er und seine Frau Dagmar Diamantene Hochzeit.[6] Im März 2016 nahm er zusätzlich zum Nachnamen Buterfas den Namen Frankenthal seiner Frau an.[7]

Buterfas arbeitete als Fliesenleger und Neuheitenverkäufer.[8] Zusammen mit seiner Frau gründete er 1971 das Unternehmen „Buterfas & Buterfas“,[6] das insbesondere Fassadensanierungen durchführte.[8]

Buterfas, der selbst Amateurboxer war[2] und Max Schmeling zu seinen Freunden zählte,[9] richtete Profiboxkämpfe aus, beispielsweise veranstaltete er im Oktober 1976 in einem Zelt auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg Kämpfe mit Leo Kakolewicz, Karsten Honhold, Jörg Eipel, Kurt Lüdecke, Hartmut Sasse und Lothar Abend.[10] Im April 1979 führte er eine Profiboxveranstaltung im Hamburger Curiohaus durch, bei der unter anderen Georg Butzbach antrat.[11] Anfang Mai 1979 verkündete Buterfas eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmer Uwe Einsath, mit dem er sich das Ziel steckte, dem seinerzeit angeschlagenen deutschen Berufsboxen wieder auf die Sprünge zu helfen.[12]

Buterfas war Bundesvorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkerhaltung und Bauwerkerneuerung sowie Initiator des 1987 gegründeten Hamburger Förderkreises „Rettet die Nikolaikirche“.[13] In letzterem Amt war er an der Einwerbung von Spenden in zweistelliger Millionenhöhe beteiligt.[8] Butterfas bewegte darüber hinaus rund 25.000 Persönlichkeiten, sich ins „Goldene Buch von St. Nikolai“ einzutragen, darunter Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Richard von Weizsäcker, Johannes Rau, Michail Gorbatschow und Papst Johannes Paul II.[14] Im November 2005 trat Buterfas als Vorsitzender des Vereins zurück, nachdem er eingeräumt hatte, bei einer Tombola zugunsten des Förderkreises einem Unternehmer Lose im Wert von 12.000 Euro verkauft zu haben, darunter 4.000 Lose einer Serie, die alle Gewinne enthielten.[15] Auf diese Weise wollte er die Finanzierung eines Fahrstuhls für das Mahnmal sichern. Später bezeichnete Buterfas sein Vorgehen als den „blödesten Idiotenkram, den ich je machen konnte“.[2]

Er setzte sich für eine Gedenkstätte des Gefangenen- und Straflagers Sandbostel ein und gewann dafür den damaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als Unterstützer.[16]

1995 veröffentlichte er das Buch „Sunny Goj“, in dem er seine Lebensgeschichte erzählte, im Juli 2007 erschien mit „Mut ist nicht Leichtsinn – Ich musste eine Lücke schließen“ die Fortsetzung.[16] In mehr als 1500 Vorträgen[17] in Schulen und Hochschulen in Deutschland, Luxemburg, Österreich sowie der Schweiz gab Buterfas das während seines Lebens Erlebte an die Jugend weiter.[16] Er wurde 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse,[18][19] 1995 mit dem Weltfriedenspreis, 2002 mit dem Goldenen Rathausmann der Stadt Wien[20] und 2003 mit der Europäischen Menschenrechtsmedaille[21] sowie von der Stadt Hamburg mit der „Medaille für die treue Arbeit im Dienst des Volkes in Silber“ ausgezeichnet.[22] Ihm wurde außerdem die Medaille für Menschenrechte der Stadt Graz verliehen,[14] 2014 erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Bendestorf. Dessen Bürgermeister Hans-Peter Brink bezeichnete ihn als „einen großen Mahner gegen den Nationalsozialismus“.[6]

2006 wurde bei Buterfas Darmkrebs festgestellt.[16] Aufsehen erregte er 2010 mit einer Strafanzeige gegen den Vorstand der Dresdner Bank. Auf Vermittlung des Unternehmens hatte er Geld in die Bank Lehman Brothers investiert, bei deren Pleite verlor Buterfas-Frankenthal rund 80.000 Euro.[23]

Angesichts des Mordes am CDU-Politiker Walter Lübcke, des versuchten Anschlags auf eine Synagoge in Halle (Saale) sowie von Morddrohungen gegen Politiker warnte Buterfas 2019, die Verhältnisse erinnerten ihn an 1933.[2] Im Jahr 2022 veröffentlichte Ivar Buterfas zusammen mit seiner Frau Dagmar Buterfas-Frankenthal ein neues Buch.[24]

Fußnoten

  1. a b Frank Keil: Einer gegen die Bank. In: juedische-allgemeine.de. 3. Februar 2010, abgerufen am 3. Januar 2020.
  2. a b c d e f Katja Iken: Holocaust-Überlebender Ivar Buterfas: "Die Schweine haben mir die Kindheit geraubt". In: Spiegel Online. 11. Dezember 2019 (spiegel.de [abgerufen am 3. Januar 2020]).
  3. Markus Lanz vom 16. November 2023. Markus Lanz/ZDF, 16. November 2023, abgerufen am 17. November 2023.
  4. Holocaust-Überlebender: „Ich bin durch die Hölle gegangen“. In: NDR. 27. Januar 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  5. Interview mit Zeitzeuge Ivar Buterfas-Frankenthal. In: Freundeskreis Yad Vashem e.V. 9. Februar 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  6. a b c „Uns gibt es nur im Doppelpack!“ – Bendestorfs Ehrenbürger Ivar Buterfas feierten jetzt mit seiner Dagmar Diamantene Hochzeit. In: kreiszeitung-wochenblatt.de. Abgerufen am 3. Januar 2020.
  7. Leute: Namensänderung aus Liebe zu seiner Frau. In: Die Welt. 4. März 2016 (welt.de [abgerufen am 3. Januar 2020]).
  8. a b c Ivar Buterfas: Sunny Goj – ein Überlebender des Holocaust berichtet. In: Unijournal. Zeitschrift der Universität Trier, Jahrgang 26 / 2000, Heft Nr. 1. Abgerufen am 2. Juni 2022.
  9. Allein gegen die Bank. In: Hinz&Kunzt. 17. Januar 2011, abgerufen am 3. Januar 2020 (deutsch).
  10. In der 9. Runde war die Karriere beendet. In: Hamburger Abendblatt. 4. Oktober 1976, abgerufen am 2. Juni 2022.
  11. Boxer Butzbach brachte sich um seine Chance. In: Hamburger Abendblatt. 23. April 1979, abgerufen am 17. März 2021.
  12. Votum für das Profiboxen. In: Hamburger Abendblatt. 4. Mai 1979, abgerufen am 18. März 2021.
  13. Förderkreis „Rettet die Nikolaikirche“. In: Hamburger Abendblatt. 6. August 2011, abgerufen am 2. Juni 2022.
  14. a b Buterfas − er kriegt sie alle. In: Hamburger Abendblatt. 21. Dezember 2002, abgerufen am 2. Juni 2022.
  15. Kristina Allgöwer: Liebe war es nicht. In: Die Tageszeitung: taz. 19. November 2005, ISSN 0931-9085, S. 32 (taz.de [abgerufen am 3. Januar 2020]).
  16. a b c d Herzlich willkommen auf meiner Homepage. In: ivar-buterfas.de. Abgerufen am 3. Januar 2020.
  17. Vergeben ja, vergessen nie: Ivar Buterfas-Frankenthal sprach zu etwa 400 Schülern in der Lutherkirche. In: landeskirche-hannovers.de. Abgerufen am 3. Januar 2020.
  18. Ivar Buterfas erhält Bundesverdienstkreuz. In: Hamburger Abendblatt. 9. Oktober 2020, abgerufen am 5. November 2020.
  19. Bundespräsidialamt: Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom 3. November 2020. In: Bundesanzeiger. Amtlicher Teil, 1. Dezember 2020.
  20. Goldener Rathausmann für Ivar Buterfas. In: wien.gv.at. 3. Dezember 2002, abgerufen am 3. Januar 2020.
  21. Fotostrecke – Bild 21 – NS-Zeitzeuge Ivar Buterfas-Frankenthal: Kämpfer gegen rechts. In: Der Spiegel. Abgerufen am 3. Januar 2020.
  22. Ehrung für engagierten Zeitzeugen. In: berlin.de. 3. Dezember 2013, abgerufen am 3. Januar 2020.
  23. Ivar Buterfas meldet sich zurück. In: Hamburger Morgenpost. 26. März 2010, abgerufen am 3. Januar 2020.
  24. Vgl. Dagmar u. Ivar Buterfas-Frankenthal: Von ganz, ganz unten. Buchholz, 2022. ISBN 978-3-00-072774-0