Isild Le Besco

(c) Georges Biard, CC BY-SA 3.0
Isild Le Besco (2012)

Isild Le Besco (* 22. November 1982 in Paris) ist eine französische Filmschauspielerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin.

Familie

Ihre Mutter, die französische Schauspielerin, Architektin und Autorin Catherine Belkhodja, stammt von kabylischsprachigen Berbern aus Algerien ab. Wie auch ihr Vater, Linguist und klassischer Gitarrist, bekennt sich Isild Le Besco dazu, dem bretonischen Volk anzugehören. Sie wuchs zweisprachig französisch-bretonisch auf. Ihre Großmutter väterlicherseits ist Vietnamesin. Schauspielerisch tätig sind auch ihre Schwester Maïwenn, ihr Halbbruder Kolia Litscher, ihre Halbschwester Léonor Graser und ihre Nichte Shana Besson (* 1993, Tochter von Maïwenn Le Besco und Luc Besson). Ihr Bruder Jowan Le Besco ist Schauspieler, Kameramann und Regisseur.

Leben

Ihren ersten Filmauftritt hatte Isild Le Besco im Alter von acht Jahren zusammen mit ihrer Schwester Maïwenn im Film Lacenaire (1990). Von 1997 bis 2006 spielte sie in etwa 30 Kino- und Fernsehfilmen mit.

Den großen Durchbruch als Schauspielerin schaffte sie mit dem Kurzfilm La Puce (gedreht 1998, uraufgeführt 1999, Regie: Emmanuelle Bercot). Darin spielt sie (im wirklichen Leben 15 Jahre alt) ein 14-jähriges Mädchen, das von einem Mann um die 40 (dargestellt von Olivier Marchal) umworben wird und nach anfänglicher Ablehnung schließlich ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit ihm erlebt. In dem Film spielen auch ihre Mutter Catherine Belkhodja (als ihre Film-Mutter), ihr Bruder Jowan Le Besco und ihre Halbgeschwister Kolia Litscher und Léonor Graser mit. La Puce gewann 1999 auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes den 2. Preis in der Kategorie Cinéfondation. Im März 2005 wurde der Film im deutsch-französischen Fernsehkanal Arte gezeigt, in deutscher Fassung unter dem Titel Kleines Herz, und so erstmals dem deutschen Publikum bekannt gemacht.

Außer im genannten Film La Puce war Isild Le Besco unter der Regie von Emmanuelle Bercot noch in Les Vacances (1997), Le Choix d'Élodie (1999), Quelqu'un vous aime (2003) und Backstage (2005, neben Emmanuelle Seigner) zu sehen.

Unter Regisseur Benoît Jacquot spielte sie in den Filmen Sade (2000), Adolphe (2002, neben Isabelle Adjani), À tout de suite (2004), Princesse Marie (2004), L’Intouchable (2006) und Au fond des bois (2010). Isild Le Besco wurde für ihre Rolle als Emilie de Lancris 2001 für den César als beste Nachwuchsdarstellerin nominiert. Der Fernsehfilm Princesse Marie, eine französisch-österreichische Koproduktion, erschien unter dem deutschen Titel Marie und Freud. Catherine Deneuve spielt Prinzessin Marie Bonaparte, Heinz Bennent Sigmund Freud. Isild Le Besco ist als Eugénie Bonaparte zu sehen, Jowan Le Besco als Pierre Bonaparte. In weiteren Hauptrollen wirken Anne Bennent und Sebastian Koch mit.

Ihre zweite Nominierung für den César als beste Nachwuchsdarstellerin erhielt Le Besco 2002 für ihre Darstellung in dem Film Roberto Succo (2001, Regie: Cédric Kahn).

Mehrere Filme mit Isild Le Besco wurden auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes sowie den Filmfestspielen von Venedig gezeigt; für L’intouchable (2006) erhielt sie den Marcello-Mastroianni-Preis. Der Film Camping sauvage (2005) mit ihr in der weiblichen Hauptrolle war im Februar 2006 auf der Berlinale zu sehen.

Bereits im Alter von 16 Jahren schrieb Isild Le Besco ihr erstes Drehbuch. Etwa vier Jahre später wurde daraus der Film Demi-tarif (2003), bei dem sie auch Regie führte und für den Schnitt verantwortlich war. Beim Filmfestival Crossing Europe in Linz 2005 gewann Demi-tarif den Jurypreis. Im September 2007 kam ihre zweite Regie-Arbeit Charly in die französischen Kinos. Auch hier agiert sie als Drehbuchautorin und Regisseurin. Wie schon in Demi-tarif setzte sie auch in dieser Produktion ihren Halbbruder Kolia Litscher als einen der Hauptdarsteller und ihren Bruder Jowan Le Besco als Kameramann ein. Ihr dritter Film Bas-Fonds lief im Wettbewerb des Filmfestivals von Locarno 2010.

Im französischen Präsidentschaftswahlkampf 2002 unterstützte sie den Kandidaten der Sozialistischen Partei, Lionel Jospin.

Rezeption

Das Arsenal Institut für Film- und Videokunst bezeichnete Isild Le Besco 2014 als „eine der radikalsten Filmemacherinnen des französischen Kinos der Gegenwart“.[1]

Zu Beginn ihrer Karriere spielte Isild Le Besco häufig junge Individualistinnen oder Außenseiterinnen, die auf der Suche nach ihrem persönlichen Weg aus dem Alltag ausbrechen und dabei in problematische Liebesbeziehungen geraten. Im Laufe ihrer Karriere entwickeln sich die Frauenrollen, die sie spielte, weiter: „Mädchen, die aus öden bourgeoisen Elternhäusern ausbrechen, die um der ersten Liebe willen auf die schiefe Bahn geraten und an der Seite egomanischer Desperados mit sich selbst konfrontiert werden, schienen die Schauspielerin eine zeitlang zu faszinieren. Dann aber übernahm sie mehr und mehr Rollen, die weiter gingen und sich unmittelbarer auf die Seite der unangepassten, anstößigen, anarchischen Mädchen schlugen.“[2]

Ihr Werk als Regisseurin ist von einer radikalen „Kompromisslosigkeit“,[3] die auch die Figuren kennzeichnet, die sie als Schauspielerin häufig verkörpert hat. „Le Bescos eigene Filme, von denen bislang keiner in den deutschen Kinos zu sehen war, handeln von Kindheit und Jugend jenseits der gesellschaftlichen Ordnung. Was die eigentliche Radikalität der Filme ausmacht, ist der Umstand, dass sie dies »andere« Leben der Kinder und Jugendlichen nicht als Ausbruch und als Reaktion beschreiben, sondern als ein autonomes System in den filmischen Raum stellen.“[4] Insbesondere ihr Film Bas-Fonds verstört und beeindruckt gleichzeitig durch eine ungewöhnliche Geschichte über eine ménage à trois zwischen drei Frauen, die in einer verwahrlosten Wohnung ein Leben jenseits der gesellschaftlichen Norm führen.

Filmografie

Regisseurin

  • 2003: Zum halben Preis (Demi-tarif) (auch Drehbuch und Schauspiel)
  • 2005: Le marais (Dokumentarfilm)
  • 2007: Charly (auch Drehbuch und Schauspiel)
  • 2007: Enfances – Episodenfilm; in der Episode Le regard d’un enfant (auch Schauspiel)
  • 2010: Bas-Fonds
  • 2011: Bette Davis (TV-Kurzfilm)
  • 2014: Ponts de Sarajevo (Kurzfilm/ Omnibus-Films)
  • 2017: La belle occasion (auch Drehbuch und Schauspiel)

Schauspielerin

(c) Georges Biard, CC BY-SA 3.0
Isild Le Besco (2012)
  • 1990: Lacenaire – Regie: Francis Girod
  • 1999: La puce – Regie: Emmanuelle Bercot
  • 2000: Les filles ne savent pas nager – Regie: Anne-Sophie Birot
  • 2000: Adieu Babylone – Regie: Raphaël Frydman
  • 2000: Sade – Regie: Benoît Jacquot
  • 2001: Roberto Succo – Regie: Cédric Kahn
  • 2002: Un moment de bonheur – Regie: Antoine Santana
  • 2002: La repentie – Regie: Laetitia Masson
  • 2002: Adolphe – Regie: Benoît Jacquot
  • 2003: Zum halben Preis (Demi-tarif) (auch Regie)
  • 2003: Le coût de la vie – Regie: Philippe Le Guay
  • 2004: Hier und jetzt (À tout de suite; deutsch auch: Die Träumerin) – Regie: Benoît Jacquot
  • 2004: Marie und Freud (Princesse Marie) – Regie: Benoît Jacquot
  • 2005: Backstage – Regie: Emmanuelle Bercot
  • 2005: Süße Milch (La ravisseuse) – Regie: Antoine Santana
  • 2006: Camping sauvage – Regie: Christophe Ali und Nicolas Bonilauri
  • 2006: L’intouchable – Regie: Benoît Jacquot
  • 2006: U – Regie: Serge Elissalde und Grégoire Solotareff
  • 2007: Die Unsanfte (Pas douce) – Regie: Jeanne Waltz
  • 2007: Enfances – Episodenfilm; in der Episode Le regard d’un enfant (auch Regie und Drehbuch)
  • 2007: Charly (auch Regie)
  • 2009: Emma & Marie (Je te mangerais) – Regie: Sophie Laloy
  • 2009: Ein gutes Herz (The Good Heart) – Regie: Dagur Kári
  • 2010: Tief in den Wäldern (Au fond des bois) – Regie: Benoît Jacquot
  • 2014: Eine neue Freundin (Une nouvelle amie) – Regie: François Ozon
  • 2014: Le dos rouge – Regie: Antoine Barraud
  • 2015: Mein ein, mein alles (Mon Roi) – Regie: Maïwenn
  • 2017: La belle occasion (auch Regie und Drehbuch)

Kurzfilme

  • 1989: Cinématon #995 – Regie: Gérard Courant
  • 1991: Place des Vosges – Regie: Catherine Belkhodja
  • 1997: Anniversaires – Regie: Rosette
  • 1997: Kub valium – Regie: Marine Ledu
  • 1997: Les vacances – Regie: Emmanuelle Bercot
  • 1997: Coquillettes – Regie – Joséphine Flasseur
  • 1998: Les smis de Ninon – Regie: Rosette
  • 2000: Des Anges – Regie: Julien Leloup
  • 2003: Quelqu’un vous aime – Regie: Emmanuelle Bercot
  • 2003: Dans la forêt noire – Regie: Joséphine Flasseur
  • 2016: Cinématon #2944 – Regie: Gérard Courant

Auszeichnungen (Auswahl)

  • 2000: Bordeaux International Festival of Women in Cinema – Best Actress Award
  • 2001/2002: Nominierung: César Awards – Most Promising Actress
  • 2004: Prix spécial der Jury des European Film Film Festivals in Angers für Demi-tarif
  • 2004: Prix Procirep des European Film Film Festivals in Angers für Demi-tarif
  • 2004: Special price der Jury des Filmfestival Séoul für Demi-tarif
  • 2005: Crossing Europe Award – Best Fiction Film für Demi Tarif
  • 2006: Marcello Mastroianni-Preis für die beste schauspielerische Leistung der Filmfestspiele von Venedig
  • 2008: Crossing Europe Award – Best Fiction Film für Charly
  • 2010: Nominierung: Hauptpreis Goldener Leopard des Locarno International Film Festivals für Bas-fonds

Weblinks

Commons: Isild Le Besco – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Arsenal: Wild Child – Filme von und mit Isild Le Besco. In: www.arsenal-berlin.de. Abgerufen am 23. März 2016.
  2. Lenssen, Claudia: Werkschau zu Isild Le Besco im Kino Arsenal: Mythos in Großaufnahme. In: www.tagesspiegel.de. Abgerufen am 23. März 2016.
  3. Buss, Esther: Die Zärtlichkeit von Dosenravioli. In: jungle-world.com. Abgerufen am 23. März 2016.
  4. Buss, Esther: Die Zärtlichkeit von Dosenravioli. In: jungle-world.com. Abgerufen am 23. März 2016.

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Isild Le Besco au festival du cinéma américain de Deauville
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Isild Le Besco au festival de Deauville