Irmtraud Morgner

(c) Bundesarchiv, Bild 183-M1116-0010 / Katscherowski (verehel. Stark), / CC-BY-SA 3.0
Irmtraud Morgner (rechts) beim VII. Schriftstellerkongress der DDR, 1973

Irmtraud Morgner (* 22. August 1933 als Irmtraud Elfriede Schreck in Chemnitz; † 6. Mai 1990 in Ost-Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

(c) Bundesarchiv, Bild 183-M1115-0027 / Katscherowski (verehel. Stark), / CC-BY-SA 3.0
Berlin, VII. Schriftstellerkongress, Irmtraud Morgner (links) im Gespräch mit Christa Wolf

Irmtraud Morgner war die Tochter eines Triebfahrzeugführers. Nachdem sie 1952 ihr Abitur am heutigen Agricola-Gymnasium in Chemnitz gemacht hatte, studierte sie von 1952 bis 1956 Germanistik und Literaturwissenschaft an der Universität Leipzig. Von 1956 bis 1958 war sie Mitarbeiterin in der Redaktion der Zeitschrift neue deutsche literatur. Seit 1958 lebte sie als freie Schriftstellerin in Berlin.

Nach einigen erzählerischen Werken im Stil des sozialistischen Realismus gelang Irmtraud Morgner 1968 mit ihrem Roman Hochzeit in Konstantinopel der Durchbruch beim Lesepublikum der DDR. Die hier erstmals erzeugte virtuose Mischung aus Phantastik und realistischer Alltagsbeschreibung aus feministischer Perspektive wurde zu ihrem Markenzeichen, und mit dem ungewöhnlich breit angelegten Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz sowie der Fortsetzung Amanda erzielte sie ab 1974 sowohl bei den Leserinnen und Lesern der DDR als auch denen der Bundesrepublik Deutschland große Erfolge. In den 1980er Jahren hatte sie Gelegenheit zu mehreren Reisen ins westliche Ausland, u. a. in die USA und die Schweiz, wo sie 1987/88 Gastvorlesungen an der Universität Zürich hielt. Den geplanten dritten Band ihrer „Salman-Trilogie“ konnte sie wegen der 1987 ausgebrochenen Krebserkrankung nicht mehr vollenden; die Fragmente erschienen postum als Das heroische Testament.

Irmtraud Morgner war Vorstandsmitglied des Schriftstellerverbandes der DDR.

Von 1972 bis 1977 war sie in zweiter Ehe mit dem Schriftsteller Paul Wiens verheiratet, der als IM über sie Berichte lieferte.

Grab von Irmtraud Morgner in der Künstlerabteilung des Zentralfriedhofs Friedrichsfelde in Berlin

Irmtraud Morgner wurde in der Künstlerabteilung des Berliner Zentralfriedhofs Friedrichsfelde beigesetzt.

Auszeichnungen

Werke

  • Das Signal steht auf Fahrt. Berlin 1959.
  • Ein Haus am Rand der Stadt. Berlin 1962.
  • Hochzeit in Konstantinopel. Berlin [u. a.] 1968.
  • Gauklerlegende. Berlin 1970.
  • Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Berlin [u. a.] 1972, Neuauflage Verbrecher Verlag, Berlin 2006.
  • Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura. Berlin [u. a.] 1974.
  • Geschlechtertausch. Darmstadt [u. a.] 1980 (zusammen mit Sarah Kirsch und Christa Wolf).
  • Amanda. Ein Hexenroman. Berlin [u. a.] 1983.[1]
  • Die Hexe im Landhaus. Gespräch in Solothurn. Mit einem Beitrag von Erica Pedretti. Rauhreif Verlag, Zürich 1984, ISBN 3-907764-03-X.
  • Der Schöne und das Tier. Eine Liebesgeschichte. Leipzig 1991.
  • Rumba auf einen Herbst. Hamburg [u. a.] 1992.
  • Das heroische Testament. München 1998.
  • Erzählungen. Verbrecher Verlag, Berlin 2006.

Literatur

  • Birgit Margret Ursula Konze: Die Ästhetik des weiblichen Widerstands. Nijmegen University Press, Nijmegen 1998, ISBN 90-5710-053-3.
  • Doris Janssen: Blue-Note-Akrobatik. Marburg 1998.
  • Alison Lewis: Subverting patriarchy. Feminism and fantasy in the works of Irmtraud Morgner. Berg, Oxford 1995, ISBN 0-85496-322-7.
  • Hildegard Rossoll: Weltbild und Bildsprache im Werk Irmtraud Morgners. DDR-Studien Bd. 12, Lang, New York 1999, ISBN 0-8204-3991-6.
  • Anneliese Stawström: Studien zur Menschwerdungsthematik in Irmtraud Morgners „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura - Roman in 13 Büchern und 7 Intermezzos“. Almqvist & Wiksell, Stockholm 1987, ISBN 91-22-00885-3.
  • Britta Bothe: Vom „Halbmenschen“ zum „Ganzmenschen“: zu Liebe, Arbeit und Androgynie in Irmtraud Morgners Salman-Romanen. Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Bd. 452, Heinz, Stuttgart, 2010, ISBN 978-3-88099-457-7.
  • Kristine von Soden (Hrsg.): Irmtraud Morgners hexische Weltfahrt. Elefanten Press, Berlin 1991, ISBN 3-88520-370-7.
  • Martina Elisabeth Eidecker: Sinnsuche und Trauerarbeit. Germanistische Texte und Studien Bd. 58, Olms, Hildesheim 1998, ISBN 3-487-10599-3.
  • Angela Gencarelli: Literarische Realitätsprüfung des Phantastischen. Teilchenphysik und Poetik in Irmtraud Morgners Prosa. Freiburg i. Br. 2017, ISBN 978-3-7930-9871-3.
  • Ute Wölfel: Rede-Welten. Schriftenreihe Literaturwissenschaft Bd. 77, WVT, Trier 2007, ISBN 978-3-88476-934-8.
  • Hildegard M. Pietsch: Anspielung, Zitat und Montage in Irmtraud Morgners „Amanda – ein Hexenroman“. Saint Louis 1991.
  • Ferdinand Habsburg: Die Wiederentdeckung des Wunderbaren. Zerling, Berlin 1993, ISBN 3-88468-048-X.
  • Zsuzsa Soproni: Erzählen in Ost und West: Intertextualität bei Irmtraud Morgner und Günter Grass. Frank & Timm, Berlin 2011, ISBN 978-3-86596-294-2.
  • Gabriela Scherer: Zwischen „Bitterfeld“ und „Orplid“. Narratio Bd. 6, Lang, Bern 1992, ISBN 3-261-02988-9.
  • Geoffrey Plow: Irmtraud Morgner: Adventures in Knowledge 1959–1974. Lang, Oxford 2006, ISBN 3-03910-549-3.
  • Helmut Fuhrmann zu „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura. Roman in 3 Büchern und 7 Intermezzos“. In: Vorausgeworfene Schatten. Literatur in der DDR - DDR in der Literatur. Interpretationen. Königshausen & Neumann, Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2588-1, S. 116–129 (zahlreiche Lit.; in Google Bücher lesbar).
  • Stephanie Hanel: Literarischer Widerstand zwischen Phantastischem und Alltäglichem. Frauen in der Literaturgeschichte Bd. 2, Centaurus, Pfaffenweiler 1995, ISBN 3-89085-267-X.
  • Barbara Stauß: Schauriges Lachen: komische Schreibweisen bei Christa Reinig, Irmtraud Morgner und Elfriede Jelinek. Helmer, Sulzbach/Taunus 2009, ISBN 978-3-89741-283-5.
  • Siegrun Bubser-Wildner: Der Traum nach vorwärts. Iowa City, Iowa 1996.
    • dies. (als Siegrun Wildner): Experimentum Mundi. Utopie als ästhetisches Prinzip: Zur Funktion utopischer Entwürfe in I. Morgners Romanwerk. Röhrig, St. Ingbert 2000, ISBN 3-86110-249-8.
  • Synnöve Clason: Der Faustroman „Trobadora Beatriz“. Acta Universitatis Stockholmiensis. Stockholmer germanistische Forschungen Bd. 47, Almquist & Wiksell International, Stockholm 1994, ISBN 91-22-01612-0.
  • Kurzbiografie zu: Morgner, Irmtraud. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Marlis Gerhardt (Hrsg.): Irmtraud Morgner. Sammlung Luchterhand Bd. 825, Luchterhand, Frankfurt 1990, ISBN 3-630-61825-1.
  • Alice Schwarzer: Irmtraud Morgner (1933–1990), Schriftstellerin, in: Alice Schwarzer porträtiert Vorbilder und Idole. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, ISBN 978-3-462-03341-0, S. 124–130. (Erstveröffentlichung in EMMA 6/1998)
  • Geoffrey Westgate: Strategies under surveillance. Amsterdam 2002.
  • Marie Luise Gansberg: Morgner, Irmtraud. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 121–123 (Digitalisat).
  • Monika Meyer: Von schelmischem Spiel zu närrischem Ernst. Die Dialogisierung geschlechtsspezifischer Denkformen und Redeweisen in den Romanen „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz“ und „Amanda“ von I. M. In: Weimarer Beiträge, H. 2, Passagen, Wien 1992, ISSN 0043-2199, S. 245–258.
  • Anneliese Stawström: „Das Ende war der Anfang meiner größten Illusion“. Stockholm 1991.

Filmdokumentation

  • Unterwegs – Begegnung mit Irmtraud Morgner. Buch und Regie: Gabriele Schärer, Schweiz 1995.[2]
  • Geradezu heraus. Irmtraud Morgner in Chemnitz. Buch und Regie: Beate Kunath, Ursel Schmitz, D 2008. Zeitzeugen: Detlef Thierig u. a.[3]

Weblinks

Commons: Irmtraud Morgner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Irmtraud Morgner: Biographie. In: Vassar College. 30. Oktober 2003;.
  • Joey Horsley: Irmtraud Morgner. In: FemBio.
  • Weiterführende Links zu Irmtraud Morgner. In: tour-literatur.de. Archiviert vom Original am 2. September 2016;.
  • Uschi Siemens: Produktivkraft Sexualität. In: club-dialektik.de. 27. April 2009; (Darstellung der Geschlechterverhältnisse in der DDR anhand des Romans Amanda).
  • Literatur von und über Irmtraud Morgner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise

  1. Antje Ricken: Ecofeminism in a Divided Germany: Irmtraud Morgner's Amanda. In: Colin Riordan (Hrsg.): Green thought in German culture. Historical and contemporary perspectives. University of Wales Press, Cardiff 1997, ISBN 978-0-7083-1421-0, S. 139–156.
  2. Unterwegs – Begegnung mit Irmtraud Morgner. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 3. Mai 2020.
  3. …geradezu heraus. Irmtraud Morgner in Chemnitz. In: b-k-productions.de. Beate Kunath, abgerufen am 3. Mai 2020.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Tombstone Irmtraud Morgner.jpg
Autor/Urheber: unknown, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bundesarchiv Bild 183-M1116-0010, Berlin, Schriftstellerkongress, Kelm, Koprowski, Fühmann, Morgner.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-M1116-0010 / Katscherowski (verehel. Stark), / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB Katschorowski 16.11.73 Berlin: VII. Schriftstellerkongreß. Der Schriftstellerverband der DDR beendet am 16.11.73 seine dreitägigen Beratungen in der Berliner Kongreßhalle am Alexanderplatz. In den Pausen kommt es immer wieder zu Gesprächen der Delegierten und Gäste - auf unserem Foto zwischen Irmtraud Morgner, Franz Fühmann, Jan Koprowski, Vorsitzender der Auslandskommission der Leitung des Polnischen Schriftstellerverbandes, und dem Übersetzer Kurt Kelm (v.r.n.l.).
Bundesarchiv Bild 183-M1115-0027, Berlin, VII. Schriftstellerkongress, Morgner, Wolf.jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-M1115-0027 / Katscherowski (verehel. Stark), / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB Katscherowski 15.11.1973 Berlin: VII. Schriftstellerkongreß
In einer Beratungspause des zweiten Kongreßtages: Christa Wolf (r.), die dem Präsidium des Schriftstellerkongresses angehört, im Gespräch mit Irmtraut Morgner.