Internationaler Führerschein
Ein Internationaler Führerschein ist ein Dokument, das von den Straßenverkehrsbehörden oder Automobilclubs[1] eines Landes aufgrund zwischenstaatlicher Verträge ausgestellt wird. Er soll vor allem der Polizei eines anderen Landes die Feststellung ermöglichen, ob ein ausländischer Kraftfahrer die Fahrerlaubnis hat, die für sein aktuelles Fahrzeug erforderlich ist.
Zwischenstaatliche Abkommen
Das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968 regelt in Kapitel IV (Führer von Kraftfahrzeugen) im Artikel 41 (Führerscheine)[2] die Ausstellung Internationaler Führerscheine. Die meisten Unterzeichnerstaaten der EU sind beigetreten, und somit gelten die jeweiligen nationalen Führerscheine ohnehin EU-weit. 95 Länder, die dem Wiener Übereinkommen beigetreten sind[3]: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Bahamas, Bahrain, Belarus, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, Costa Rica, Dänemark, Deutschland, DR Kongo, Ecuador, Elfenbeinküste, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Ghana, Griechenland, Guyana, Honduras, Indonesien, Irak, Iran, Israel, Italien, Kap Verde, Kasachstan, Katar, Kenia, Kirgisistan, Kroatien, Kuba, Kuwait, Lettland, Liberia, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mexiko, Moldau, Monaco, Mongolei, Montenegro, Myanmar, Niederlande, Niger, Nigeria, Nordmazedonien, Norwegen, Oman, Österreich, Pakistan, Palästina, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, San Marino, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Serbien, Seychellen, Simbabwe, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Südkorea, Tadschikistan, Thailand, Tschechien, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Uzbekistan, Vatikanstadt, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Vietnam, Zentralafrikanische Republik
Parallel gibt es ein zweites Abkommen, das Genfer Abkommen über den Kraftfahrzeugverkehr von 1949. Diesem gehören überwiegend die amerikanischen Nationen sowie afrikanische und asiatische Staaten an. Somit existieren zwei Gruppen von Staaten, die jeweils einen unterschiedlichen „Internationalen Führerschein“ ausgeben bzw. akzeptieren, nicht jedoch den „Internationalen Führerschein“ der anderen Gruppe. Für einen Inhaber einer Fahrerlaubnis aus der Bundesrepublik Deutschland besteht folgende Problematik: Die USA sind lediglich dem Abkommen von 1949 beigetreten, an welchem die wenige Monate zuvor gegründete Bundesrepublik Deutschland nicht teilnahm. Der Internationale Führerschein nach dem Wiener Übereinkommen wird in Verbindung mit einem gültigen EU-Führerschein von örtlichen US-Behörden jedoch im Allgemeinen kulanzweise akzeptiert. In Österreich ist die Ausstellung Internationaler Führerscheine an die Automobilclubs delegiert.[4] Im Rahmen der Gleichstellung aller EU-Bürger ist es bei Vorlage eines deutschen EU-Führerscheins bei ARBÖ, ÖAMTC oder VCÖ möglich, einen internationalen Führerschein nach dem Genfer Übereinkommen zu erhalten, welcher in den USA anerkannt wird. Im Gegensatz zu anderen Abkommen beinhaltet das Genfer Abkommen keine Vereinbarung, die Ausstellung des internationalen Führerscheins nur auf Staatsbürger oder Personen mit Wohnsitz im ausstellenden Staat zu beschränken.[5]
Im Pariser Abkommen über Kraftfahrzeugverkehr von 1926 wird geregelt, dass der Internationale Führerschein in allen Ländern, die den Vertrag unterzeichnet haben, gültig ist. Die unterzeichneten Bevollmächtigten der Regierungen der unten aufgeführten Staaten, die vom 20. bis 24. April 1926 in Paris zu einer Konferenz versammelt waren, um zu prüfen, welche Änderungen des Internationalen Abkommens über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 11. Oktober 1909 vorzunehmen sind, haben diese Bestimmungen vereinbart. Der Vertrag ist ab dem 13. Dezember 1930 gültig. Der Führerschein hat eine Gültigkeit von 12 Monaten und muss danach im Ausstellungsland neu ausgestellt werden. Es ist in einigen zwischenstaatlichen Konstellationen noch in Kraft.[6]
Regelung im Wiener Übereinkommen
Alle Zitate aus Unterpunkten von Kapitel IV (Artikel 1 Buchstabe p, Art. 41)[7]
Dabei darf nach (5.)[7] „ein Internationaler Führerschein nur dem Inhaber eines nationalen Führerscheins ausgestellt werden, für dessen Erwerb die in diesem Übereinkommen bestimmten Mindestanforderungen erfüllt wurden. Ein Internationaler Führerschein darf nur von der Vertragspartei ausgestellt werden, auf deren Gebiet der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz hat und die auch den nationalen Führerschein ausgestellt oder einen von einer anderen Vertragspartei ausgestellten Führerschein anerkannt hat; er hat auf diesem Gebiet keine Gültigkeit.“
Unter Punkt 2.4a[7] „[erkennen] die Vertragsparteien an [...]:
- i) jeden nationalen Führerschein, der dem Anhang 6;
- ii) jeden internationalen Führerschein, der dem Anhang 7 entspricht, wenn er zusammen mit entsprechendem nationalen Führerschein vorgelegt wird
als gültig, um auf ihrem Gebiet ein Fahrzeug zu führen, das zu den Klassen gehört, für die die Führerscheine gelten, vorausgesetzt, dass die Führerscheine noch gültig sind und von einer anderen Vertragspartei oder einem ihrer Teilgebiete oder von einem Verband ausgestellt worden sind, der dazu von dieser anderen Vertragspartei oder einem ihrer Teilgebiete ermächtigt wurde“
Format und Inhalte des Führerscheins sind im Anhang 7 des Übereinkommens vorgegeben.[8]
Klassen
Die Fahrerlaubnisklassen nach der Wiener Straßenverkehrskonvention entsprechen denen des EU-Führerscheins:
Klasse | Beschreibung |
---|---|
A | Krafträder |
B | Kraftfahrzeuge – ausgenommen jede der Klasse A – mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t (7700 Pfund) und nicht mehr als 8 Sitzplätzen außer dem Führersitz. |
C | Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t (7700 Pfund) |
D | Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als 8 Sitzplätzen außer dem Führersitz. |
E | Miteinander verbundene Fahrzeuge, deren Zugfahrzeug in die Klasse B, C oder D fällt, zu dessen Führung der Fahrzeugführer berechtigt ist, die aber selbst nicht in diese Klasse(n) fallen. |
Das Pariser Abkommen kennt folgende drei Klassen:
Klasse | Beschreibung |
---|---|
A | Kraftfahrzeuge, deren Gesamtgewicht 3500 kg nicht übersteigt. |
B | Kraftfahrzeuge, deren Gesamtgewicht 3500 kg übersteigt. |
C | Krafträder, mit und ohne Beiwagen. |
Nationales
- Zur Situation in Deutschland siehe Führerschein und Fahrerlaubnis (Deutschland)#Internationaler Führerschein[6][9]
- Zur Situation in Österreich siehe Führerschein und Lenkerberechtigung (Österreich)#Internationaler Führerschein
Länderempfehlungen Gültigkeit Internationaler Führerschein
Außerhalb der EU ist das Mitführen eines internationalen Führerscheins grundsätzlich empfehlenswert. Der internationale Führerschein besitzt nur in Verbindung mit der jeweiligen nationalen Fahrerlaubnis Gültigkeit.
Land | nur nationaler Führerschein ausreichend | zusätzlich Internationaler Führerschein | Anmerkung |
---|---|---|---|
Europa | |||
EU-Staaten | ja | - | |
EWR-Staaten (Europäischer Wirtschaftsraum) Island, Liechtenstein, Norwegen | ja | - | |
Bosnien-Herzegowina | ja | - | |
Schweiz | ja | - | |
Türkei | ja | - | |
Russland | - | empfohlen | |
Ukraine | - | empfohlen | |
Weißrussland | - | empfohlen | |
Moldawien | - | empfohlen | |
Nordamerika | |||
USA | wird geduldet, aber keine Rechtsgrundlage | ja, empfohlen | - |
Kanada | wird geduldet, aber keine Rechtsgrundlage | ja, empfohlen | - |
Mexiko | - | ja | - |
Mittel-/Südamerika | |||
Argentinien | - | ja | - |
Bolivien | - | ja | Der int. Führerschein muss vor Ort von der zuständigen Behörde abgestempelt werden. |
Brasilien | - | ja | Bei längerem Aufenthalt muss ein zeitlich begrenzter Führerschein in Brasilien ausgestellt werden. |
Chile | - | ja | - |
Costa Rica | - | ja | - |
Ecuador | - | ja[10] | - |
Guayana | - | ja[11] | Fahren eines Kfz nur mit lokalem Führerschein gestattet, der gegen Vorlage des deutschen oder Internationalen Führerscheins erworben werden kann. |
Kolumbien | - | ja | - |
Kuba | - | ja | - |
Paraguay | - | ja[12] | Internationaler Führerschein nur für 90 Tage anerkannt. Für Aufenthalte über 90 Tage ist grundsätzlich eine paraguayische Fahrerlaubnis erforderlich. |
Peru | - | ja | - |
Suriname | - | ja[13] | - |
Uruguay | im Scheckkartenformat für touristische Aufenthalte[14] | - | Der deutsche Führerschein im Scheckkartenformat wird für touristische Aufenthalte als ausreichend anerkannt. |
Venezuela | - | wird empfohlen[15] | - |
Australien/Ozeanien | |||
Australien | ja, wird geduldet | zusätzlich empfohlen | - |
Neuseeland | - | ja | Mit dem nationalen Führerschein plus Übersetzung oder internationalem Führerschein darf bis zu 12 Monate gefahren werden. |
Asien | |||
Bahrain | - | ja | - |
China | - | ja | In der Regel muss noch zusätzlich eine Fahrprüfung abgelegt werden. |
Indien | - | ja | - |
Indonesien | - | ja | |
Irak | - | ja | - |
Iran | - | ja | - |
Israel | ja[16] | - | Nach 12 Monaten mit ständigem Wohnsitz muss der Führerschein umgeschrieben werden. |
Japan | - | - | In Japan wird eine Übersetzung des nationalen Führerscheins gefordert, die bis zu einem Jahr nach Einreise gültig ist. Die Übersetzung kann von der Japan Automobile Federation (JAF) erstellt werden, die in großen Städten „International Service Counter“ betreibt. Die Gebühren betragen 3000 Yen (ca. 24,- Euro) und sind in der Landeswährung zu entrichten. Einige spezialisierte Reisebüros in Deutschland bieten die Übersetzung vor einer Reise als Service an. |
Katar | - | ja | Der Int. Führerschein gilt nur 7 Tage lang. Danach muss man sich eine „Temporary Visitor’s Driving Licence“ ausstellen lassen. |
Malaysia | - | ja | - |
Oman | - | ja | - |
Saudi-Arabien | - | ja[17] | Seit Juni 2018 dürfen auch Frauen Auto fahren. |
Südkorea | - | ja[18] | Internationale Führerscheine beider Abkommen sind gültig; seit 01.01.2002 gilt ebenso der internationale Führerschein nach dem Abkommen von 1968, aber eingeschränkt auf 1 Jahr ab Ausstellungsdatum. |
Thailand | - | ja[19][20] | Ab dem 01.05.2021 ist nur noch der internationale Führerschein nach dem Abkommen von 1968 gültig. Der internationale Führerschein nach dem Straßenverkehrsabkommen von 1926 ist in Thailand ab dem 01.05.2021 nicht mehr gültig! Wichtig ist weiterhin, dass der deutsche Autoführerschein nur zum Fahren eines 50ccm Mopeds berechtigt, die meisten Mopeds in Thailand jedoch 125ccm und mehr aufweisen. Für einen üblichen 125-ccm-Roller ist also die A1-Fahrklasse zwingend erforderlich. Für über 125 ccm ist sogar die Fahrklasse A erforderlich. Bei einem Unfall hat man keinerlei Versicherungsschutz, wenn man nicht die erforderliche Fahrerlaubnisklasse nachweisen kann. Der Verleiher kontrolliert das Vorliegen der erforderlichen Fahrberechtigung nur selten. |
Vereinigte Arabische Emirate | - | ja | Mindestalter ist 21. Man benötigt eine „Temporary Visitor’s Driving Licence“. Mietwagen-Unternehmen sind behilflich. |
Afrika | |||
Ägypten | - | ja | - |
Algerien | - | ja | - |
Kenia | - | ja | bis zu 3 Monate (bei Polizei anmelden) |
Marokko | - | ja | - |
Mauritius | - | ja | - |
Südafrika | - | ja | - |
Tunesien | - | ja | - |
Quelle: [21]
Siehe auch
Weblinks
- ADAC: Internationaler Führerschein
- Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, deutschsprachig
- Genfer Abkommen von 1949 (englisch) (Memento vom 24. November 2007 im Internet Archive)
- Konsolidierte Fassung des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr
- Text des Genfer Übereinkommens über den Straßenverkehr
Belege
- ↑ Internationaler Führerschein | ÖAMTC. In: www.oeamtc.at. Abgerufen am 6. April 2016.
- ↑ Artikel 41 (Schweizer Fassung).
- ↑ United Nations, Treaty Collection: 19 . Convention on Road Traffic, Vienna, 8 November 1968. Abgerufen am 15. Mai 2022 (englisch).
- ↑ [1]
- ↑ [2]
- ↑ a b Nach Artikel 48 des Übereinkommens vom 8. November 1968 über den Straßenverkehr (BGBl. 1977 II S. 809) gilt das Pariser Abkommen für die Bundesrepublik Deutschland nur noch im Verhältnis zu denjenigen Staaten, die diesem Übereinkommen noch nicht als Vertragspartei angehören, wie z. B. Thailand.
- ↑ a b c Kapitel IV „Führer von Kraftfahrzeugen“, (Artikel 1 Buchstabe p), Art. 41 „Führerscheine“ (Schweizer Fassung).
- ↑ Anhang 7 Internationaler Führerschein. (Schweizer Fassung).
- ↑ Für Deutschland wird die Ausfertigung Internationaler Führerscheine in den § 25a und § 25b Fahrerlaubnisverordnung (FeV) geregelt.
- ↑ Ecuador: Reise- und Sicherheitshinweise, Auswärtiges Amt, Stand - 29.07.2019
- ↑ Guyana: Reise- und Sicherheitshinweise, Auswärtiges Amt, Stand - 29.07.2019
- ↑ Paraguay: Reise- und Sicherheitshinweise, Auswärtiges Amt, Stand - 29.07.2019
- ↑ Suriname: Reise- und Sicherheitshinweise, Auswärtiges Amt, Stand - 29.07.2019
- ↑ Uruguay: Reise- und Sicherheitshinweise Uruguay, Auswärtiges Amt, Stand - 29.07.2019
- ↑ Reiseinformation des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres: Venezuela (Bolivarische Republik Venezuela), Stand 29.07.2019
- ↑ Deutsche Botschaft in Tel Aviv
- ↑ Paul-Anton Krüger Kairo: Saudi-Arabien: Freie Fahrt für ein bisschen freiere Bürgerinnen. In: sueddeutsche.de. 27. September 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 5. Juli 2018]).
- ↑ Korean Road Traffic Authority: Foreign Driver's License & International Driving Permit. Abgerufen am 15. Mai 2022 (englisch).
- ↑ Auswärtiges Amt: Führerschein. Abgerufen am 31. August 2021.
- ↑ Roller fahren in Südostasien und Roller Miete: Leitfaden. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
- ↑ Übersicht über die Länder, in denen der internationale Führerschein benötigt wird (Memento vom 7. Dezember 2014 im Internet Archive)
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