Internationale Filmfestspiele Berlin 1971

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin 1971 fanden vom 25. Juni bis zum 6. Juli 1971 statt.

Nach dem Skandal der Berlinale 1970, als die gesamte Jury um Jury-Präsident George Stevens aus Protest und Uneinigkeit gegenüber den Film o. k. von Michael Verhoeven zurückgetreten war, stand die Berlinale 1971 im Zeichen von Reformen. Der Skandal war gleichzeitig Geburtsstunde für das Internationale Forum des jungen Films. Forums-Gründer Ulrich Gregor übernahm die Festivalleitung und war gleichberechtigt mit Alfred Bauer. Gregor gab fortan dem progressiven jungen Film ein Podium, das neben dem Wettbewerb jungen Filmemachern zu internationaler Aufmerksamkeit verhalf.

Wolf Donner sah in seiner Nachlese in der Zeit vom 9. Juli 1971 in der sauberen Trennung von Kunst und Kommerz (Forum und Wettbewerb) zwar einen faulen Kompromiss, befand jedoch, dass die 21. Berlinale ohne Forum ein kompletter Reinfall gewesen wäre. Die Filme der Sozialkritik, des Aufruhrs, der Polemik, der Aggressionen und Agitationen seien vergessen: Die ganze Welt produziere love-stories en gros und en detail, banale Dreiecksgeschichten und Trivialitäten aus dem Poesiealbum, aufgeblasen zu gefühligen, ungeheuer bombastischen und geschmäcklerischen Melodramen. Die weiche Welle sei ausgebrochen, ein Kino der Liebe und der Schönheit, der neuen Innerlichkeit und des bedingungslosen Ästhetizismus. Nach dem Debakel im letzten Jahr, als das Festival abgebrochen wurde und sein Leiter, Dr. Bauer, zurücktrat, glaubte man, hier werde sich wirklich etwas ändern. Aber der A-Status des Wettbewerbs (offizielle Länder-Nominierungen und noch nicht öffentlich oder auf anderen Festivals gezeigte Filme), die internationale Jury, die Preise und auch Dr. Bauer seien geblieben. Und die glatten, gefälligen, unerheblichen „Welturaufführungen“, unter denen nur die Filme von Delvaux, Bresson und vielleicht noch von Pasolini (Decameron) eine Auseinandersetzung wert sind, auch. Das offizielle Programm in diesem Jahr sei so fragwürdig und absurd, wie eine mit Steuergeldern subventionierte Messe von Groschenromanen, Boulevard-Theateraufführungen oder Schlafzimmer und Sofabildern es gewesen wäre.[1]

Wettbewerb

Folgende Filme wurden auf der Berlinale 1971 im Wettbewerb gezeigt:

FilmtitelRegisseurProduktionslandDarsteller (Auswahl)
Ai futatabiKon IchikawaJapanRenaud Verley
Ang.: LoneFranz ErnstDänemark
BloomfieldRichard Harris, Uri ZoharGroßbritannien, IsraelRichard Harris, Romy Schneider
DecameronPier Paolo PasoliniItalien, Frankreich, Deutschland
Denkt bloß nicht, daß wir heulenStanley KramerUSA
DulcimaFrank NesbittGroßbritannienCarol White, John Mills, Stuart Wilson
Die ersten TageHerbert HolbaÖsterreich
Der Garten der Finzi ContiniVittorio De SicaItalien, DeutschlandLino Capolicchio, Dominique Sanda, Fabio Testi, Helmut Berger
Glücklicher ScheißerVilgot SjömanSchweden
Jaider, der einsame JägerVolker VogelerDeutschlandGottfried John
Die KatzePierre Granier-DeferreFrankreich, ItalienJean Gabin, Simone Signoret
Love Is WarRagnar Lasse-HenriksenNorwegen
Mein kleiner Franzose war sehr leckerNelson Pereira dos SantosBrasilien
Ninì TirabusciòMarcello FondatoItalienMonica Vitti
Rdece klasjeZivojin PavlovicJugoslawien
Rendezvous in BrayAndré DelvauxFrankreich, Belgien, DeutschlandAnna Karina, Mathieu Carrière, Bulle Ogier
Verzweifelte MenschenFrank D. GilroyUSAShirley MacLaine, Kenneth Mars
Vier Nächte eines TräumersRobert BressonFrankreich
Wer im Glashaus liebt …Michael VerhoevenDeutschlandSenta Berger, Hartmut Becker, Marianne Blomquist
WhityRainer Werner FassbinderDeutschlandRon Randell, Hanna Schygulla, Harry Baer, Ulli Lommel

Internationale Jury

Jurypräsident war in diesem Jahr der Däne Bjørn Rasmussen. Weitere Jurymitglieder: Walter Albuquerque Mello (Brasilien), Paul Claudon (Frankreich), Ida Ehre (Deutschland), Kenneth Harper (Großbritannien), Mani Kaul (Indien), Charlotte Kerr (Deutschland), Rex Reed (USA) und Giancarlo Zagni (Italien).

Preisträger

Quellen und Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolf Donner: Das Taschentuchkino hat Hochsaison. In: Die Zeit, Nr. 28/1971.