Interieur (Pferd)

Als Interieur bezeichnet man in der Pferdezucht beziehungsweise im Pferdesport typischerweise zugeschriebene psychische Eigenschaften und Verhaltensweisen von Rassepferden. Im Gegensatz dazu werden die physischen Eigenschaften als Exterieur bezeichnet. Interieur und Exterieur dienen somit der Charakterisierung und Einschätzung eines Hauspferdes und sind als Kriterien Bestandteil von Eignungsprüfungen in der Pferdezucht.

Interieur-Eigenschaften

Unter dem Begriff Interieur werden verschiedenste Verhaltens- und Charaktereigenschaften subsumiert. Zu den wichtigsten zählen dabei positive Eigenschaften wie Ausgeglichenheit, Ruhe, Gutmütigkeit, Nervenstärke, Temperament, Aufmerksamkeit, allgemeine Intelligenz, Auffassungsvermögen und Begabung, Sozialverhalten oder negative Eigenschaften wie beispielsweise Angst, Nervosität, Überreaktion oder so genannte Charakterfehler wie Beißen, Scheuen, Schlagen, Sprungverweigerung oder Nichtziehen (Kutschpferde).[1]

Bei Leistungsprüfungen werden auch darüber hinausgehende Eigenschaften wie Gesundheit, Konstitution, Regenerationsvermögen oder Futterverwertung zu den Interieureigenschaften gezählt. Welche dieser Eigenschaften gewünscht sind oder bei bestimmten Pferderassen häufiger auftreten, hängt von dem definierten Zuchtziel der jeweiligen Rasse ab.

Prüfung

Die Leistungsprüfungen der Bundesländer und der einzelnen Zuchtverbände sehen auch eine Prüfung des Interieurs vor. Die Ausprägung dieser Eigenschaften wird mit einer Wertnotenskala gemäß § 57 Punkt 1.2 der LPO (Leistungsprüfungsordnung) mit Noten von 10 (ausgezeichnet) bis 1 (sehr schlecht) beziehungsweise 0 (nicht ausgeführt) bewertet. Die Interieurprüfung besteht aus einer Einzelprüfung des Charakters (durch einen Veterinärmediziner), des Temperamentes und der Leistungsbereitschaft (durch Fremdreiter). Alle drei Prüfungen gehen mit je 5 % in die Gesamtprüfung ein.[2]

Interieur bei Zugpferden

Als Zugpferde im Fahrsport eignen sich insbesondere Pferde, die ein ausgeglichenes Wesen aufweisen, fleißig und aufmerksam sind. Unerwünscht sind nervöse, schreckhafte oder abgestumpfte Pferde.[3]

Interieur bei Therapiepferden

Therapiepferde werden bei der Reittherapie im Bereich der Hippotherapie (Krankengymnastik), beim heilpädagogischen Reiten und Reiten als Sport für geistig und körperlich Behinderte eingesetzt. Deshalb sind die Anforderungen an das Interieur bei Pferden für diesen Einsatzzweck besonders hoch. Geeignet sind Pferde, die über ein gutmütiges und ausgeglichenes Wesen verfügen und den Anweisungen des Therapeuten ausnahmslos Folge leisten. Leistungsbereitschaft, Gesundheit, ein positives Lernverhalten und ein gutes Sozialverhalten sind ebenfalls unabdingbar. Ein harmonischer und vertrauenswürdiger Gesamteindruck ist ebenfalls erwünscht. Therapiepferde dürfen während der Arbeit nicht schreckhaft sein und müssen vor allem in der Lage sein, unkoordiniertes und nicht vorhersehbares Verhalten der Reiter problemlos sowie ruhig und gelassen zu tolerieren.[4]

Einzelnachweise

  1. Einschätzung des Interieurs bei Leistungsprüfungen (PDF; 11 kB) - Kompetenzzentrum Pferdezucht und -haltung Land Baden-Württemberg
  2. siehe beispielsweise: Durchführungsverordnung ZSAA-Hengstleitungsprüfung (Memento desOriginals vom 13. August 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.zsaa.de (Zuchtverband für Sportpferde Arabischer Abstammung e. V.)
  3. kutschen.com - Beurteilungskriterien Interieur/Exterieur bei Kutschpferden
  4. Projekt ganzheitliches Reiten@1@2Vorlage:Toter Link/www.projekt-ganzheitliches-reiten.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. - Anforderungen und Voraussetzungen an ein Therapiepferd

Literatur

  • Susanne Bauer: Verhalten des Pferdes (Interieur) – PDF-Dokument zu einer Präsentation im Rahmen eines VDF-Übungsleiterlehrgangs
  • H. Sommer, S. Barz, A. Lindner (Universität Bonn): Anwendung von Interieur-Tests bei Pferden. Tierärztliche Umschau, 10, 1996, S. 641–643
  • Ulrike Thiel: Die Psyche des Pferdes. Kosmos Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-440-10929-8