Intelligence Studies

Intelligence Studies ist ein interdisziplinäres Studienfach, welches die Nachrichtendienste zum Gegenstand hat. Es hat sich aus dem Teilbereich Internationale Beziehungen der Politikwissenschaften entwickelt. Der englische Begriff „Intelligence“, zu dem es keine genaue deutsche Entsprechung gibt, umfasst alle Arten, sicherheitsrelevante Informationen zu sammeln, zu analysieren und zu präsentieren, um politische und militärische Entscheidungsträger zu unterstützen.[1]

Teilgebiete der Intelligence Studies sind unter anderem Informationssammlung und -beschaffung (Intelligence Collection), Auswertung (Intelligence Analysis), Gegenspionage und Spionageabwehr (Counterintelligence), Nachrichtendienst-Geschichte (Intelligence History), Steuerung von Nachrichtendiensten (Intelligence Governance) sowie Aufsicht und Kontrolle der Nachrichtendienste.

Intelligence Studies in Deutschland

Center for Intelligence and Security Studies (CISS)

Das Center for Intelligence and Security Studies (CISS) ist eine interdisziplinäre hochschulartenübergreifende Forschungsplattform. Als zentrale wissenschaftliche Einrichtung verfolgt CISS das Ziel, interdisziplinäre und inter­fakultäre Lehre und Forschung im Bereich Intelligence and Security Studies unter Beachtung gesetzlicher und betriebswirtschaftlicher Rahmenbedingungen ganzheitlich, integrativ und interdisziplinär zu fördern. CISS möchte zur Beratung von Politikern in Fragen der Sicherheitspolitik und zur weltweiten Vernetzung von Akteuren beitragen sowie eine gemeinsame Plattform bieten.[2]

Forschungsgebiete sind unter anderem Krisenfrüherkennung, Spieltheorie sowie Datenschutz und -sicherheit.

Direktoren des CISS sind Uwe M. Borghoff (Director CISS UniBw M) und Jan-Hendrik Dietrich (Director CISS HS Bund). Sie leiten CISS wissenschaftlich und vertreten es nach innen und außen.[2] Für Krisenfrüherkennung und -bewältigung ist Carlo Masala (UniBw M) zuständig.

Master in Intelligence and Security Studies (MISS)

Der Master in Intelligence and Security Studies (MISS) ist ein universitärer Master­studiengang für das Nachrichtendienstwesen. Er ist als konsekutiver Präsenzstudiengang mit grundsätzlich zwei Jahren Dauer und dem Erwerb von 120 ECTS-Punkten konzipiert. MISS ist als gemeinsame nachrichtendienstliche und sicherheitsbezogene Hochschulausbildung am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (HS Bund) und an der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) eingerichtet. Je nach Studienvertiefung werden die akademischen Grade „Master of Arts“ (M.A.) oder ein „Master of Science“ (M.Sc.) im Fachgebiet „Intelligence and Security Studies“ von beiden Hochschulen gemeinsam vergeben. Studienorte sind Berlin (Zentrum für Nachrichtendienstliche Aus- und Fortbildung, ZNAF),[1] München und Brühl. Neben der Arbeit bei den deutschen Nachrichtendiensten und im Militärischen Nachrichtenwesen der Bundeswehr bietet der Abschluss gute Berufsperspektiven im nationalen und internationalen Sicherheitsumfeld. Der Studiengang wurde erstmals 2019 angeboten. Den Studenten stehen zwanzig Professoren zur Verfügung. Pro Jahr gibt es 70 Studienplätze.[1] Die beiden Direktoren des CISS sind auch die Studiengangsleiter des MISS.

Zugangsvoraussetzungen

Der Studiengang ist nicht allgemein zugänglich. Er richtet sich an Beschäftigte der Nachrichtendienste des Bundes (Bundesnachrichtendienst (BND), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Militärischer Abschirmdienst (MAD)), der Landesbehörden für Verfassungsschutz, der Bundeswehr in einer Verwendung des Militärischen Nachrichtenwesens (MilNW), der Mitarbeiter in Bundesministerien mit Sicherheitsbezug (Bundeskanzleramt, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Auswärtiges Amt (AA), Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)) sowie der Beschäftigten beim Ständigen Bevollmächtigten des PKGr.

Bewerber müssen bereits über einen ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss, über ausreichende englische Sprachkenntnisse (B 2 des CEFR) und über die Befähigung zur wissenschaftlichen Arbeit verfügen.

BND-Stipendium

Der BND bietet ein Stipendium in Höhe von 1.400 Euro monatlich für den Studiengang mit anschließender mindestens fünfjähriger Übernahme als Beschäftigter im vergleichbar höheren Dienst und späterer Möglichkeit der Verbeamtung an.[3]

Aufbau und Inhalte

Der Studiengang startet mit einem sechsmonatigen Propädeutikum mit drei Modulen: „Einführung in Intelligence and Security Studies“, „Menschenrechte und Sicherheit in normativer Perspektive“ und „Digitalisierung“. Im Propädeutikum soll an die Thematik herangeführt und eine gemeinsame Wissensbasis hergestellt werden. Es richtet sich insbesondere an die Studierenden der Bundeswehr.

Anschließend folgt das einmonatige Modul „Theoretische Zugänge und Methoden der Intelligence and Security Studies“. Darauf folgend findet das Kernstudium I und II statt mit einer Dauer von jeweils vier Monaten. Hier sind zehn Module in fünf thematischen Säulen zu absolvieren: „Nachrichtendienste im politischen Entscheidungsprozess“ (Intelligence Governance und Intelligence Accountability), „Intelligence Methods“ (Intelligence Collection und Intelligence Analysis), „Frieden und Sicherheit in globalen Veränderungsprozessen“ (Globale Bedrohungen und Herausforderungen sowie Umgang mit Unsicherheit), „Kommunikation und Führung in Nachrichtendiensten“ sowie „Nachrichtendienste im Informationszeitalter“ (Intelligence and Cyber Security).

In der anschließenden viermonatigen Phase der Studienkonzentration können sich die Studierenden für eine von vier Vertiefungsrichtungen entscheiden, die aus jeweils zwei Modulen bestehen: Cyber Defence (Cyber Defence I und II), Nachrichtendienste und öffentliche Sicherheit (Verfassungsschutz in der wehrhaften Demokratie und Politischer Extremismus), Terrorismusbekämpfung (Advanced Intelligence Collection and Analysis sowie Terrorismusforschung) sowie Regionale Sicherheit (Regionale Sicherheit I und II).

Die letzten fünf Monate des Studiums sind für die Anfertigung der Masterarbeit vorgesehen.

Beirat

Für den Studiengang MISS ist ein Beirat eingerichtet. Vorsitz führt der Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Johannes Geismann. Stellvertreter ist der Unterabteilungsleiter Strategie und Einsatz I (Militärisches Nachrichtenwesen) im BMVg, Brigadegeneral Achim Werres. Weitere Mitglieder sind Thomas Haldenwang (Präsident des BfV), Bruno Kahl (Präsident des BND), Merith Niehuss (Präsidentin der UniBw M), Benjamin Limbach (Präsident der HS Bund), Klaus Gärditz (Universität Bonn), Philippe Hayez (Ècole des affaires internationales) sowie David Omand (King’s College London).

Internationale Studiengänge

Im Ausland existieren spezielle nachrichtendienstliche Studiengänge, zum Beispiel:[4]

  • Bachelor
  • Master
    • MA in Security and Intelligence Studies an der University of Buckingham (UK)[5]
    • MA in Intelligence and Security Studies am Military College of South Carolina (USA)[6]
    • Erasmus Mundus International Master in Security, Intelligence & Strategic Studies an der Universität Glasgow (UK)[7]
    • MA in International Affairs with Intelligence Specialization, Carleton University (Kanada)
    • MA in Intelligence and International Security, King’s College London (UK)
    • MA in Intelligence and Strategic Studies, Aberystwyth University (UK)
    • MA in Intelligence and Security Studies, Brunel University (UK)
    • MSc in Applied Intelligence, Mercyhurst University (USA)
    • MA in Strategic Intelligence, Institute of World Politics (USA)
    • MA in Security Studies with Intelligence Concentration, Georgetown University (USA)
  • Postgraduales Studium
    • MSc in Strategic Intelligence, National Intelligence University (USA)
    • MSc in Strategic Technology Intelligence, National Intelligence University (USA)
    • Intelligence and Security Studies an der University of Salford in Manchester (UK)[8]

Wissenschaftliche Zeitschriften

Mit der Disziplin der Intelligence Studies beschäftigen sich wissenschaftliche Fachzeitschriften, zum Beispiel:

  • Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies[9]
  • Journal of Intelligence History[10]
  • International Journal of Intelligence and CounterIntelligence[11]
  • Intelligence and National Security[12]
  • Journal of European and American Intelligence Studies[13]

Literatur

  • Carl J. Jensen, David H. McElreath, Melissa Graves: Introduction to intelligence studies. Routledge, New York und London 2018, ISBN 978-1-4987-3834-7.
  • Alessandro Scheffler Corvaja, Brigita Jeraj, and Uwe M. Borghoff: The Rise of Intelligence Studies: A Model for Germany? In: Connections: The Quarterly Journal. Band 15, Nr. 1, 2016, S. 79–106, doi:10.11610/Connections.15.1.06.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Marc Felix Sarrao: Die neue Schule der Spione. In: https://www.nzz.ch/. Neue Zürcher Zeitung, 18. November 2017, abgerufen am 23. Januar 2019.
  2. a b Satzung CISS. (PDF) In: https://www.unibw.de/. Universität der Bundeswehr München, abgerufen am 23. Januar 2019.
  3. Flyer Stipendium Masterstudiengang „Intelligence and Security Studies“. BND, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  4. Alessandro Scheffler Corvaja, Brigita Jeraj,Uwe M. Borghoff: The Rise of Intelligence Studies: A Model for Germany? In: Connections: The Quarterly Journal. Band 15, Nr. 1, 2016, S. 88–106, doi:10.11610/Connections.15.1.06.
  5. School of Humanities and Social Science – MA Security and Intelligence Studies. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  6. Master of Arts in Intelligence and Security Studies am Military College of South Carolina. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  7. Security, Intelligence & Strategic Studies (Erasmus Mundus International Master). Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  8. Intelligence and Security Studies. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  9. Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies. Abgerufen am 23. Januar 2019.
  10. Journal of Intelligence History. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  11. International Journal of Intelligence and CounterIntelligence. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  12. Intelligence and National Security. Abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
  13. Journal of European and American Intelligence Studies. Abgerufen am 13. Januar 2020 (englisch).