Integrationsgesetz (Deutschland)

Basisdaten
Titel:Integrationsgesetz
Art:Bundesgesetz
Geltungsbereich:Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie:Asylrecht, Aufenthaltsrecht
Erlassen am:31. Juli 2016
(BGBl. 2016 I S. 1939)
Inkrafttreten am:überw. 6. August 2016
teilw. 1. Januar 2017
(Art. 8 G vom 31. Juli 2016)
Letzte Änderung durch:Art. 2 G vom 4. Juli 2019
(BGBl. I S. 914, 915)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
12. Juli 2019
(Art. 3 G vom 4. Juli 2019)
GESTA:B046
Weblink:Gesetzestext
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Integrationsgesetz ist ein deutsches Artikelgesetz. Es wurde am 31. Juli 2016 erlassen und ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Flüchtlingskrise in Deutschland ab 2015. Das Gesetz trat in seinen wesentlichen Teilen am 6. August 2016 in Kraft.[1] Leitgedanke dieses Gesetzes ist der Grundsatz Fördern und Fordern.[2]

Gesetzgeberische Entwicklung

Das Bundeskabinett beschloss am 25. Mai 2016 auf einer Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg den Entwurf zu einem Integrationsgesetz.[3][4][5][6] Der Gesetzentwurf der Bundesregierung[7][8][9] wurde am 3. Juni 2016 in erster Lesung[10] und am 7. Juli 2016 in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag beraten und mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.[11] Die Oppositionsparteien hatten eigene Anträge zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt vorgelegt, die jedoch allesamt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt wurden.[12][13][14][15][16][17][18][19] Am 6. August 2016 trat das Gesetz in seinen wesentlichen Teilen in Kraft.[20]

Zugleich mit dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes wurde eine Rechtsverordnung – die Verordnung zum Integrationsgesetz – erlassen, welche Details zu den Integrationskursen und dem Verzicht auf die Vorrangprüfung zur Arbeitsaufnahme zum Inhalt hat.[21][22]

Regelungen

Das Gesetz ändert folgende Gesetze:

  1. Zweites Buch Sozialgesetzbuch,
  2. Drittes Buch Sozialgesetzbuch,
  3. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch,
  4. Asylbewerberleistungsgesetz,
  5. Aufenthaltsgesetz,
  6. Asylgesetz und
  7. AZR-Gesetz.

Die Änderungen setzen folgende wesentliche Ziele um:

  • Für anerkannte Flüchtlinge kann eine Wohnsitzauflage erlassen werden, wie sie einstmals bei Spätaussiedlern zur Anwendung kam.[23]
  • Eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis wird für anerkannte Flüchtlinge nur erteilt, wenn Integrationsleistungen erbracht wurden.[23]
  • Bei Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive verzichtet die Bundesagentur für Arbeit drei Jahre lang in bestimmten Regionen auf die Vorrangprüfung.[23] Dadurch wird auch die Tätigkeit in Leiharbeit ermöglicht.[24]

Weitere Änderungen:

  • Es gelten geänderte Regeln für das Erlöschen einer Verpflichtungserklärung.
  • Die Orientierungskurse wurden von zuvor 60 auf 100 Unterrichtsstunden aufgestockt und inhaltlich stärker auf die Wertevermittlung ausgerichtet.[25]
  • Eine Duldung gilt für die Gesamtdauer einer Ausbildung, sowie bei anschließender ausbildungsadäquater Beschäftigung für zwei weitere Jahre („3+2-Regel“). Der Zugang zu Förderleistungen der Berufsausbildung wurde für bestimmte Zielgruppen verbessert. Unternehmen und Betriebe sind verpflichtet, Ausbildungsabbrüche bei den Ausländerbehörden zu melden; bei einem Ausbildungsabbruch wird die Duldung für die Suche eines neuen Ausbildungsplatzes um sechs Monate verlängert. Auch für die Arbeitsplatzsuche wird eine Duldung von sechs Monaten ausgesprochen.[24]

Landesgesetze

Die Bundesländer haben das Recht, eigene Integrationsgesetze zu erlassen (vgl. Art. 70 ff GG[26]). Im Zweifel gilt jedoch immer das Bundesgesetz (vgl. Art. 31 GG[27]).

Folgende vier Bundesländer haben eigene Integrationsgesetze erlassen[28]:

  • Bayern (BayIntG)[29]
  • Baden-Württemberg (PartIntG)[30]
  • Berlin (PartIntG)[31]
  • Nordrhein-Westfalen (Teilhabe- und Integrationsgesetz)[32]

Siehe auch

Literatur

  • Thym: Integration kraft Gesetzes? Grenzen und Inhalte des „Integrationsgesetzes“ des Bundes, ZAR 2016, 241
  • v. Harbou: Das Integrationsgesetz, NVwZ 2016, 1193

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium des Innern 5. August 2016: Integrationsgesetz tritt morgen in Kraft
  2. Integrationsgesetz setzt auf Fördern und Fordern. Die Bundesregierung, 8. Juli 2016, abgerufen am 7. Januar 2018.
  3. Bundesministerium des Innern 25. Mai 2016: Bundeskabinett beschließt Entwurf eines Integrationsgesetzes
  4. Bundesregierung 25. Mai 2016: Integration ist Angebot und Verpflichtung zugleich
  5. Bundesregierung 25. Mai 2016: Meseberger Erklärung zur Integration
  6. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 25. Mai 2016: Das neue Integrationsgesetz fördert und fordert
  7. Deutscher Bundestag DrS 18/8615, 31. Mai 2016: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Entwurf eines Integrationsgesetzes
  8. Deutscher Bundestag DrS 18/8829, 20. Juni 2016: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Entwurf eines Integrationsgesetzes
  9. Deutscher Bundestag DrS 18/8883 (zu Drucksache 18/8829) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Entwurf eines Integrationsgesetzes ‒ Drucksache 18/8829 ‒ Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates
  10. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 18/174: Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eins Integrationsgesetzes – DrS 18/8615, S. 17185 A - 17199
  11. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 18/183: Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eins Integrationsgesetzes – DrS 18/8615, S. 18087 C - 18097
  12. Deutscher Bundestag 8. Juni 2016: Bundestag beschließt ein Integrationsgesetz
  13. Deutscher Bundestag DrS 18/664: Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) ... und der Fraktion DIE LINKE: Flüchtlinge auf dem Weg in Arbeit unterstützen, Integration befördern und Lohndumping bekämpfen
  14. Deutscher Bundestag DrS 18/7653: Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer...und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Arbeitsmarktpolitik für Flüchtlinge – Praxisnahe Förderung von Anfang an
  15. Deutscher Bundestag DrS 18/7651: Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg... und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Integration ist gelebte Demokratie und stärkt den sozialen Zusammenhalt
  16. Deutscher Bundestag DrS 18/6198: Antrag der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer... und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zugang zu Bildung und Ausbildung für junge Flüchtlinge sicherstellen
  17. Deutscher Bundestag DrS 18/6345: Antrag der Abgeordneten Kai Gehring... und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielfalt stärkt Wissenschaft – Studienchancen für Flüchtlinge schaffen
  18. Deutscher Bundestag DrS 18/6192: Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke... und der Fraktion DIE LINKE: Gleicher Zugang zur Bildung auch für Geflüchtete
  19. Deutscher Bundestag DrS 18/7049: Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu... und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Bildungsgerechtigkeit für die Einwanderungsgesellschaft – Damit Herkunft nicht über Zukunft bestimmt
  20. Bundesregierung 8. August 2016: Gesetz in Kraft getreten. Integrationsgesetz setzt auf Fördern und Fordern
  21. Vierte Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung vom 6. August 2016
  22. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 5. August 2016: Erleichterter Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge
  23. a b c Integrationsgesetz setzt auf Fördern und Fordern. Bundesregierung, 8. August 2016, abgerufen am 5. November 2017.
  24. a b Das neue Integrationsgesetz. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 7. Juli 2016, archiviert vom Original am 15. September 2016; abgerufen am 10. September 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmas.de
  25. Das neue Integrationsgesetz. In: Material für die Presse. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, abgerufen am 10. September 2016. S. 4.
  26. GG - Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
  27. Art 31 GG - Einzelnorm. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
  28. Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR-Forschungsbereich): Papiertiger oder Meilensteine? Die Integrationsgesetze der Bundesländer im Vergleich. Berlin 2017, S. 32 (uni-erlangen.de [PDF]).
  29. BayIntG: Bayerisches Integrationsgesetz (BayIntG) Vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 335) BayRS 26-6-I (Art. 1–18) - Bürgerservice. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
  30. Neues Gesetz folgt dem Grundsatz „Fordern und Fördern“. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
  31. VIS BE PartIntG | Landesnorm Berlin | Gesamtausgabe | Partizipations- und Integrationsgesetz des Landes Berlin (PartIntG) vom 15. Dezember 2010 | gültig ab: 29.12.2010. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
  32. Gesetze und Verordnungen | Landesrecht NRW. Abgerufen am 3. Dezember 2019.