Innenstadt (Schweinfurt)
Innenstadt Koordinaten: 50° 2′ 37″ N, 10° 13′ 34″ O | |
---|---|
Höhe: | 220 m ü. NN |
Fläche: | 1,67 km²[1] |
Einwohner: | 10.814 (31. Dez. 2015)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 6.475 Einwohner/km² |
Postleitzahlen: | 97421, 97422 |
Vorwahl: | 09721 |
Stadtteil Innenstadt (Bezirke 11–13) | |
Gründerzeithaus in der Luitpoldstraße |
Die Innenstadt ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Schweinfurt. Er wird in den Statistiken der Stadt Schweinfurt als Bezirk 12 Innenstadt-West und Bezirk 13 Innenstadt-Nord geführt.[3] Ob zum Stadtteil Innenstadt auch der östlich gelegene Bezirk 11 Altstadt gerechnet wird, geht aus den Statistiken nicht hervor. Dieser Artikel befasst sich nur mit den beiden mit Innenstadt bezeichneten Bezirken 12 und 13.
Lage und Begrifflichkeit
Die Innenstadt wird im Süden vom Main, im Westen durch die Friedrich-, die Georg-Schäfer-, die Moritz-Fischer- und die Nikolaus-Hofmann-Straße und im Norden durch die Friedhofstraße begrenzt.[4]
Die östliche Abgrenzung des Stadtteils Innenstadt ist unklar (siehe: Artikel-Einleitung). Bei Ausklammerung der Altstadt verläuft im Osten die Grenze entlang der teilweise noch erhaltenen Stadtmauer. In neuerer Zeit wird die Innenstadt meist in diesem engeren Sinn gesehen, insbesondere im Immobilienmarkt, als Abgrenzung zur völlig anders strukturierten Altstadt.
Im Süden der Innenstadt liegt der DB-Haltepunkt Schweinfurt Mitte.
Nordwestl. Stadtteil | Gartenstadt | Nördlicher Stadtteil |
Bergl Musikerviertel | Altstadt | |
Oberndorf | Hafen-West | Hafen-Ost |
Sozialstruktur
Status 31. Dez. 2015[5] | Innenstadt-West (Bezirk 12) | Gesamtgebiet Schweinfurt |
---|---|---|
Deutsche | 54,9 % | 70,7 % |
Doppelstaatler | 15,7 % | 16,1 % |
Ausländer | 29,4 % | 13,2 % |
Status 31. Dez. 2015[6] | Innenstadt-Nord (Bezirk 13) | Gesamtgebiet Schweinfurt |
---|---|---|
Deutsche | 63,9 % | 70,7 % |
Doppelstaatler | 13,1 % | 16,1 % |
Ausländer | 23,0 % | 13,2 % |
Die Innenstadt war bis in die Nachkriegsjahrzehnte vorwiegend ein Arbeiterviertel. Seit den 1960er Jahren zogen Gastarbeiter zu, insbesondere aus der Türkei,[7] später aus vielen anderen Ländern, weshalb die Innenstadt einen hohen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund besitzt (siehe: nachfolgende Statistiken). In der Friedrich-Rückert-Grundschule, in der Innenstadt-West, haben 90 % der Kinder Migrationshintergrund.[8] In neuerer Zeit kam es in einigen Bereichen zur Gentrifizierung (siehe auch: Nachverdichtung und Gentrifizierung).
Innenstadt-West
(Bezirk 12)
Chaussee nach Werneck
Südlich der späteren Ludwigsvorstadt entstand entlang des Mainufers, an der Chaussee nach Werneck (heutige Gunnar-Wester-Straße), die erste Bebauung Schweinfurts außerhalb der Stadtmauer. Noch vor dem Bau der Eisenbahn im Jahre 1854 vom Stadtbahnhof nach Würzburg wurden hier zunächst etwa zehn Bürgerhäuser errichtet.[9] Der vorgründerzeitliche Häuserblock an der Ecke zum Schillerplatz ist weitgehend erhalten, mit den aus dieser Zeit typischen, kleinen Häusern in zweitklassiger Vorstadtlage, mit Lokalen in den Erdgeschossen (siehe Bild unter Katasterplan).
Kurz später wurde an der Chaussee-Südseite die noch erhaltene Oberrealschule (1855, heute Friedrich-Rückert-Grundschule) fertiggestellt. An der Nordseite wurde 1862 das Bezirksamt eröffnet; heute steht dort ein versetztes Jugendstil-Werkstor (Bild siehe: Stadtumbau West 2009).
Schillerplatz
Südlich des heutigen Schillerplatzes wurde 1850 das Versammlungshaus der Freien Christlichen Gemeinde eröffnet, das 1858/59 zum Stadttheater umgebaut wurde;[10] Von 1845 bis 1902 befand sich an der heutigen Rüfferstraße das Spital der Hospitalstiftung Schweinfurt mit einem Garten (siehe Katasterplan). Auf diesem Areal wurde 1905 der heutige Justizpalast errichtet. Unmittelbar nach seiner Fertigstellung wurden zusammen mit seinen Außenanlagen die Rüfferstraße als Allee und der dreieckige Schillerplatz angelegt. Er erhielt seinen Namen am hundertsten Todestag Friedrich Schillers am 9. Mai 1905,[11] in Anlehnung an das Theater, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde; heute befindet sich dort das Landratsamt.
Das Theater stand am Anfang des Geldersheimer Wegs, der das heute nicht mehr bestehende Spitaltor auf direktem Weg mit dem Vorort Geldersheim verband. Der Anfang der Wegtrasse ist noch sichtbar, als Diagonale des dreieckigen Schillerplatzes, der nach Abbruch des Spitals angelegt und wegen des Theaters so benannt wurde. Der Geldersheiner Weg besteht heute noch, unter gleichem Namen, 1,5 km westlich des Schillerplatzes als Rad- und Fußweg bis zur Stadtgrenze. Die Flur nordwestlich des Theaters hieß Am Geldersheimer Weg.
Nordwestseite des Schillerplatzes 2014
mit ehemaligen Rentamt
(Neubarock, 1904).
Heute Justizbehörden
Ludwigsvorstadt (Westliches Gründerzeitviertel)
1891 beschloss der Magistrat, westlich der Altstadt die Ludwigsvorstadt anzulegen (heutige Innenstadt-West) aber erst 1897 gab es erste Bauherrn. Am Eingang der Vorstadt entstand, als eines der ersten Häuser, an der Ecke Luitpold-/Rüfferstraße ein repräsentatives Wohnhaus des Malers Karl Fischer, das im letzten Krieg zerstört wurde.[12]
Das Quartier ist ein typisches Gründerzeitviertel und klassisches Westend. Es hat mangels amtlicher Stadtgliederung viele Namen. Der ursprüngliche Name Ludwigsvorstadt geriet nahezu in Vergessenheit.[13] Er bezieht sich, wie auch die in ihrem Bereich liegende Ludwigstraße, auf die Anlage der Vorstadt zur Zeit, als Schweinfurt zum Königreich Bayern gehörte. Die Ludwigsvorstadt in München liegt an entsprechender Stelle, westlich der Altstadt, auf der Seite zum Hauptbahnhof. Das Quartier wird seit langem Gründerzeitviertel genannt und in neuerer Zeit auch Westliches Gründerzeitviertel, um Verwechslungen mit einem weiteren Gründerzeitviertel zu vermeiden (siehe Innenstadt-Nord). In städtischen Statistiken wird das Viertel Innenstadt–West genannt und im Zuge des Stadtumbaus West wurde es auch Weststadt genannt (siehe: Stadtumbau West 2009).
Im 21. Jahrhundert wurde die Innenstadt-West durch mehrere Großprojekte aufgewertet (siehe: Umbau der Innenstadt-West).
Die Hauptstraße des Quartiers, die Luitpoldstraße, wurde nach dem bayerischen Prinzregenten Luitpold (1886–1912) benannt.[12] Der Aufbau des Viertels fiel in seine Regierungszeit. Die Luitpoldstraße wurde als Prachtstraße in Richtung des Hauptbahnhofs angelegt. Luitpoldstraße ist ein für bayerische Städte typischer Name für Straßen, die zu Bahnhöfen führen oder in deren Umfeld liegen.
Luitpoldstraße (Ecke Friedenstraße).
Prachtstraße zum Hauptbahnhof
vor 1908
Quer über die Luitpoldstraße verläuft entlang der Landwehrstraße die Grenze zwischen der Gemarkung Schweinfurt und Oberndorf, das bis 1919 selbständig war. Der Oberndorfer Bereich der Luitpoldstraße wurde erst kurz nach der Eingemeindung, in den 1920er Jahren, auf der nördlichen Straßenseite bebaut.
Die Vorstadt hat den Charakter eines großstädtischen Viertels des Historismus. Mit schachbrettförmigem Grundriss und Blockrandbebauung, mit und ohne Vorgartenzone, den charakteristischen Eckkneipen und bis zu sechsgeschossiger Bebauung (kaum mehr vorhanden) nach Berliner Muster. An der Luitpoldstraße und im südlichen Abschnitt der Friedenstraße wurden große Wohnungen für das wohlhabende Bürgertum errichtet. Ansonsten entstanden vorwiegend Wohnungen einfachen Standards für Beschäftigte der Industrie.[13]
Der Eingang des Viertels wird vom neubarocken Justizpalast von 1905 beherrscht. Daneben wurden auch um die Kreuzung Ludwigstraße/Friedenstraße mehrere öffentliche Gebäude errichtet: Die Friedenschule; 1908 die Ludwigschule (heute in die Friedenschule integriert) vom einflussreichen Architekten Paul Bonatz; in den 1920er Jahren die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche und das Evangelische Gemeindehaus (Letzteres im Krieg zerstört und danach wieder aufgebaut); schließlich 1931 das katholische Krankenhaus St. Josef der Kongregation der Schwestern des Erlösers, das im Krieg teilweise zerstört und danach, in Teilen höher, wiederaufgebaut wurde.
Im Zweiten Weltkrieg blieb trotz 22 Bombenangriffen das Schweinfurter Stadtgebiet außerhalb der Industrie wegen der starken Luftverteidigung der Stadt zu 60 % erhalten (siehe: Schweinfurt, Nationalsozialismus). Das Westliche Gründerzeitviertel wurde jedoch infolge der Nähe zur Industrie überdurchschnittlich stark zerstört und blieb nur etwa zur Hälfte erhalten.
Nach dem Wiederaufbau in den 1950er Jahren und einer Zeit des baulichen Stillstands in den 1960er und 1970er Jahren wurden im Quartier und den Randbereichen ab den 1980er Jahren viele Großprojekte ausgeführt (vergleiche Umbau der Innenstadt-West).
Das Viertel ist, abgesehen von der seit langem nicht mehr bestehenden türkischen Kolonie von Fichtel & Sachs in Oberndorf, das älteste und traditionsreichste türkische Viertel der Stadt, mit einer Moschee, türkischen Geschäften, Lokalen und Vereinen. Die türkischen Bürger leben dort schon in der dritten Generation, bei niedriger Arbeitslosigkeit und gutem Einkommen, da die Stadt nicht deindustrialisiert wurde. In neuerer Zeit wurde das Quartier, auch infolge von Flüchtlingen aus dem Raum um den Mittleren Osten, Wohnort von Neubürgern aus vielen anderen Ländern und zu einem großstädtischen Schmelztiegel im ansonsten provinziell strukturierten Unterfranken (vergleiche Abschnitt Sozialstruktur).
Industrie an der Schrammstraße
Die Entwicklung Schweinfurter Firmen zur metallverarbeitenden Großindustrie begann in den 1890er Jahren an der Schrammstraße und zeitgleich nördlich des Bahnhofs Oberndorf-Schweinfurt (heutiger Hauptbahnhof) auf der Gemarkung des damals noch selbständigen Oberndorfs (FAG Kugelfischer).
Verkürzung der Sattler- und Cramerstraße
Das schachbrettartige Straßennetz der Ludwigsvorstadt reichte ursprünglich bis in die Nähe des Mainufers und schloss dort an die heutige Gunnar-Wester-Straße an.
Infolge von Werksum- und Werksausbauten (siehe nachfolgende Abschnitte) wurde zwischen der Schramm- und der heutigen Gunnar-Wester-Straße zunächst die Sattlerstraße und nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Cramerstraße in die Werksbereiche integriert. Auf dem Stadtplan unten rechts ist die Sattlerstraße in diesem Bereich bereits als Werkstraße und die Cramerstraße noch als öffentliche Straße eingezeichnet (siehe bei Bildvergrößerung obere, rechte Planecke, oberhalb der Schrift Main, bzw. der Bahnlinie).
Hauptwerk von Fries & Höpflinger vor 1911.
Blick nach Osten, am Horizont rechts die Altstadt. Vorne links stehen noch Wohnhäuser entlang der südlichen Cramerstraße, parallel dazu stehen in Bildmitte Fabrikblocks entlang der südlichen Sattlerstraße; dahinter Fichtel & Sachs Werk 1. Das gesamte Areal wurde 1929 zum VKF Werk 1 vereintAusschnitt aus dem Stadtplan vor 1945.
Rechts oben das Westliche Gründerzeitviertel.
In der unteren Bildmitte der Hauptbahnhof
Wälzlagerindustrie
Ab 1905 wurde das Werk 1 von Fichtel & Sachs (Wälzlager-Fertigung) und ab 1906 das unmittelbar westlich davon gelegene Hauptwerk von Fries & Höpflinger (ebenfalls Wälzlager-Fertigung) gebaut.[12] Die Sattlerstraße trennte damals beide Werke voneinander. Spätestens 1913 wurde sie in das ausgebaute Werk 1 von Fichtel & Sachs integriert. Im Zuge der Neuordnung der deutschen Wälzlagerindustrie 1929 wurden beide Werke zu den Vereinigten Kugellagerfabriken (VKF) zusammengefasst, seit 1953 SKF (siehe: Schweinfurter Industriegeschichte, Neuordnung der Wälzlagerindustrie).
Fichtel & Sachs, ausgebautes Werk 1 Stand 1913;
idealisierte, übergroße Darstellung (wie damals üblich)
an der Schrammstraße. Ab 1929 VKF Werk 1, Ostteil.
Rechts dahinter Hauptwerk von Fries & Höpflinger.
Im Hintergrund verläuft der Main
Schuhfabrik Heimann
Die Schuhfabrik Heimann lag auf der Westseite der Cramerstraße, im Bereich südlich der Schrammstraße (später Werkstraße SKF Werk 1). Die Schuhfabrik ging 1932 im Zuge der Weltwirtschaftskrise in Liquidation. Das Grundstück der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Schuhfabrik wurde in das erweiterte Werk 1 einbezogen. Dort wurden entlang der Schrammstraße hohe Klinkerbauten errichtet.
Heute befindet sich anstelle der Schuhfabrik der Westteil der Stadtgalerie Schweinfurt (Bereich westlich des Brunnens).[14] Der Inhaber der Schuhfabrik Emil Heimann war Kultus-Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Schweinfurt.[15]
In der NS-Zeit zog der Reichsarbeitsdienst mit der Abteilung Fliegerhauptmann Berthold in die Schuhfabrik. Das bis heute (2022) unbebaute Areal nördlich der Schrammstraße (hinter dem Zaun im unteren rechten Bild) wurde in den Bereich des Reichsarbeitsdienstes einbezogen und die Schrammstraße dort abgesperrt.
Gesamtansicht.
Die Fabrik wurde (wie damals üblich) größer als real dargestellt (vgl. rechtes Foto).
Die Bauten wurden später in das VKF Werk 1 integriert, im 2. Weltkrieg zerstört und danach von VKF (bzw. SKF) durch große Klinkerbauten ersetzt. Die Cramerstraße wurde im abgebildeten (südlichen) Bereich ebenfalls in das VKF (später SKF) Werk 1 integriert.
Im Hintergrund das Industriegebiet in OberndorfAnsicht Schrammstraße.
Die Cramerstraße verläuft längs des Zauns. Die Fabrikanlage wurde kurz nach der Insolvenz von 1932 vom Reichsarbeitsdienst genutzt, mit Absperrung des westlichen Abschnitts der Schrammstraße, mit Torwache mit Spaten (siehe Bildvergrößerung)
Gelatinefabrik
Die Gelatinefabrik lag auf dem großen Areal nördlich der Ludwigstraße. Sie erlitt im Zweiten Weltkrieg starke Schäden, ihre Ruine wurde in den 1960er Jahren gesprengt. Die 1872 gegründete F. Drescher & Co. oHG vereinigte sich im Mai 1889 mit dem Unternehmen Ch. W. Heinrichs in Höchst am Main zur Deutschen Gelatine-Fabriken AG. Im Schweinfurter Werk wurde 1913 ein großer Neubau errichtet. Ursprünglich wurde Gelatine nur zu Speisezwecken hergestellt, erst später begann die Herstellung von Emulsions-Gelatine für photochemische Zwecke; die Fabrik galt als die weltweit größte ihrer Art.[16] Sie hatte einen Bahnanschluss, der am Bergl von der Bahnstrecke Schweinfurt–Meiningen abzweigte (vergleiche Abschnitt Verkürzung der Sattler- und Cramerstraße, Stadtplan). Das Gleis wurde nach dem Krieg abgebaut.
Auf dem Areal der Gelatinefabrik wurde in den 1970er Jahren das Sternhaus als große Luxus-Apartmentanlage mit Hallenbad errichtet. Darin befindet sich heute die Seniorenresidenz Augustinum.
Siehe auch: Schweinfurter Industriegeschichte
Umbau der Innenstadt-West
Stadtumbau West 2009
Im Zuge der Errichtung einer 300 Meter langen Shopping-Mall, der ECE-Stadtgalerie, mit 100 Geschäften und 22.500 m² Verkaufsfläche,[17] die 2009 eröffnet wurde, wurden große Teile des Gründerzeitviertels durch den sogenannten Stadtumbau West umgestaltet. Auch das Justizgebäude und die ehemalige Staatsbank wurden grundlegend renoviert. Am östlichen Rand des Viertels, in den Wallanlagen, wurde im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad von 1933 ebenfalls 2009 die Kunsthalle mit 1890 m² Ausstellungsfläche eröffnet.[18] Alle genannten Projekte entstanden unter der Ägide der damaligen Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser und wurden zum Teil auch von ihr initiiert.
Kunsthalle Schweinfurt (1932/2009)
am umgestalteten VorplatzSattlerstraße mit
Stadtgalerie Schweinfurt (2009)
Neubauten für Behörden
Das Landratsamt Schweinfurt zog vom Musikerviertel in den 1980er Jahren in einen größeren Neubau am Schillerplatz. Das Finanzamt Schweinfurt war einst in einem neubarocken Palais am Schillerplatz untergebracht und zog in der Nachkriegszeit in einen wesentlich größeren Neubau in der benachbarten Friedenstraße. Dieser wurde abgebrochen und das Amt zog in die Schrammstraße in einen noch größeren Neubau. In der Gunnar-Wester-Straße wurde 1998 infolge einer Teilverlagerung aus München das Gebäude des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung fertiggestellt.[19] Durch die neuen Bauten verwandelte sich das Areal des ursprünglichen Fichtel & Sachs Werks 1 (später östliche Teil SKF Werk 1) in ein Behördenzentrum.
Auf dem Grundstück des einstigen Finanzamtes in der Friedenstraße entstand ein neues Justizzentrum, das 2023 eröffnet werden soll. Der Justizpalast in der Rüfferstraße wurde generalsaniert. Ein neuer Haupteingang ins Justizquartier führt über den Schillerplatz.
Nachverdichtung und Gentrifizierung
Im Zuge der Nachverdichtung des Quartiers wurden größere Projekte gehobener Qualität realisiert: das Seniorenpflegeheim Domicil (2018), die Eigentumswohnanlagen Luitpold-Terrassen (2019) und die Riedel-Höfe (2019). Durch den vorangegangenen Stadtumbau West und die neuen Projekte kam es in einigen Bereichen des westlichen Gründerzeitviertels zur Gentrifizierung.
Innenstadt-Nord
Neutorvorstadt
(Bezirk 13)
Die Neutorvorstadt ist ein Teil der Nördlichen Innenstadt und die erste planmäßige Stadterweiterung außerhalb der Altstadt. Dort wurde die Schweinfurter Stadtmauer erstmals außerhalb der fünf Stadttore durch eine neue Straße durchbrochen, daher der Name Neutor, das nie als Tor bestand, sondern bis heute nur ein Mauerdurchbruch ist. Auf dem Katasterplan von 1868 sind der Straßendurchbruch und die Baulinien für den südlichen Teil der Neutorvorstadt bis zur heutigen Niederwerrner Straße bereits eingezeichnet. Das Vorstadt-Projekt wurde dort mit „Zehent“ bezeichnet, was auf einen Zehnthof des Stifts Haug in Würzburg zurückgeht, der sich einst unweit von dort in der Altstadt befand (siehe: Altstadt, Keßlergasse/Lange Zehntstraße). Die dort noch bestehende Stadtmauer mit den Ringanlagen (Châteaudun-Park) trennt die Neutorvorstadt von der Altstadt.
Die Neutorvorstadt wurde als Straßenkreuz exakt nach den vier Himmelsrichtungen angelegt. Die Neutorstraße als Nord-Süd-Achse bildet die Hauptstraße des Quartiers. Die große westliche Ausfallstraße der Stadt, die Niederwerrner Straße, durchschneidet das Viertel von Ost nach West. Auf ihr verläuft in diesem Bereich der Stadtring mit den (einstigen) Bundesstraßen 26, 286 und 303, die auf Grund neuer Bundesautobahnen um Schweinfurt abschnittsweise zurückgestuft wurden.
Südliche Neutorvorstadt
Der südliche Teil der Neutorvorstadt wurde ab etwa 1870 zwischen den Wallanlagen bzw. Schanzen und der Niederwerrner Straße zunächst als Villenviertel auf einem schachbrettähnlichen Straßengrundriss angelegt. Das Villenviertel wurde im Laufe der Zeit ständig nachverdichtet und besitzt heute eine fast durchgängige, bis zu viergeschossige Blockrandbebauung.
In diesem Quartier befindet sich das älteste Gymnasium der Stadt, das Celtis-Gymnasium, das auf Weisung des schwedischen Königs Gustav II. Adolf 1632 in Schweinfurt als Gymnasium Gustavianum gegründet wurde.[20] Das Celtis-Gymnasium gilt als Eliteschule, da unter allen Gymnasien der Stadt dort das Schweinfurter Bürgertum am stärksten vertreten ist. Schüler in diesem Gymnasium waren unter anderen der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Faulhaber und der Verfasser des Bauhaus-Manifestes, der Architekt Theodor Fischer. Bis zur Einführung des Euros befand sich in der Neutorstraße eine Niederlassung der Landeszentralbank. Seitdem ist in dem Bankgebäude ein Hotel untergebracht. Gegenüber steht eines der erfolgreichsten Bespieltheater Deutschlands, das 1966 dort neu eröffnete Theater der Stadt Schweinfurt.
Durchbrochene Stadtmauer (Neutor) am Beginn der Neutorstraße im Jahre 1910, am einstigen Armenviertel
Villa
(Spätklassizismus, um 1870) Niederwerrner StraßeCeltis-Gymnasium
(Neorenaissance, 1881)
ebd.
Nördliche Neutorvorstadt
Etwas später entstand im nördlichen Bereich, zwischen Niederwerrner Straße und Hauptfriedhof, ein typisches Gründerzeitviertel mit Blockrandbebauung, meist mit Vorgartenzone. Es wird in neuerer Zeit auch Nördliches Gründerzeitviertel genannt, zur Unterscheidung des Westlichen Gründerzeitvietels (siehe: Innenstadt-West). Es überstand den Krieg nahezu unversehrt und wird seit den 1970er Jahren auch vom türkischen Leben geprägt. 2020 gab es Voruntersuchungen für ein Sanierungsgebiet im Bereich zwischen Niederwerrner und Schopperstraße.[21]
Nordwesten
(Bezirk 13)
Spitalseeplatz
Am Spitalseeplatz befand sich ein kleiner See im Bereich um die heutige Seestraße und nördlich davon ein nicht mehr vorhandener Zufluss aus dem Tal zwischen der Gartenstadt und der Alten Warte. Der See soll etwa an selber Stelle laut Planungen der Stadt (Stand 2018) wieder angelegt werden. Der Spitalseebunker ist ein in den 1980er Jahren reaktivierter Hochbunker, der im Gegensatz zu den meisten anderen Hochbunkern der Stadt bis heute keiner anderen Nutzung zugeführt wurde, mit Ausnahme des Dachs, wo ein Penthaus errichtet wurde.
Entlang des Spitalseeplatzes war seit den 1960er Jahren eine breite Straße, die sogenannte Spitalseespange vorgesehen, als Westtangente zur Altstadt, in Verbindung mit einer 350 m langen vierten (damals dritten) Main-Straßenbrücke über die beiden Mainarme und den Schleusenkanal. Die Westtangente sollte an den Stadtring im Hafen-Ost anknüpfen. Das Projekt wurde vom Stadtrat in den 1990er Jahren aufgegeben (siehe: Mainbrücken in Schweinfurt, Aufgegebene "Dritte Mainbrücke").
Wilhelmstraße und Grüner Markt
Das Quartier (Anfang 20. Jahrhundert) bildet den südlichen Bereich der nördlichen Innenstadt. Es hat lediglich um den Grünen Markt den Charakter eines eigenständigen Quartiers, östlich davon verläuft als Hauptstraße die Wilhelmstraße.
Das Quartier um den Grünen Markt neben St. Kilian besitzt einen sehr hohen Migrantenanteil. Um einer Ghettoisierung entgegenzuwirken, wurde der nördliche Häuserblock aus den 1920er Jahren abgebrochen. Auf Initiative der damaligen Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser entstand dort der Campus 2 der Hochschule für angewandte Wissenschaften, um studentisches Leben in die Innenstadt zu bringen.
Eisenbahnerblock
Schweinfurt ist keine Eisenbahnerstadt, weshalb sich kein Stadtteil entwickelte, in dem vorwiegend Eisenbahner wohnen, wie beispielsweise in Grombühl im benachbarten Würzburg. Es genügte deshalb ein größerer Eisenbahnerblock aus den 1920er Jahren, der westlich des Quartiers um den Grünen Markt, jenseits des Stadtrings, errichtet wurde. Daneben befindet sich die Kilianskirche, die für die ins protestantische Schweinfurt zugezogenen Arbeiter aus der katholischen Landbevölkerung errichtet wurde. Im großen Hof des Eisenbahnerblocks findet die Kiliani-Kirchweih (Eisenbahnerkirchweih) statt.
Literatur
- Erich Schneider: Schweinfurt und seine Denkmäler – Architektur-Kunst-Technik. Verlagshaus Weppert, Schweinfurt 2015, ISBN 978-3-9803695-9-6.
Weblinks
Videos
- chronoshistory: Flug über das zerstörte Berlin (0:00 bis 2:00) und die zerstörte Schweinfurter Innenstadt-West und das Industriegebiet (2:00 bis 6:00; in Farbe)
- Luftaufnahmen360: Innenstadt-West und Industriegebiet aus der Luft (2:10)
- Hip Hop Jam: Straßenszenen aus der Innenstadt-West (2:48)
- SW-N TV: Demonstration der Kurdischen Gemeinde Schweinfurt in der Innenstadt (8:50)
Einzelnachweise
- ↑ Gemessen mittels BayernAtlas
- ↑ Melderegisterbasierte Einwohnerzahl Stadtteil Innenstadt, zu dem auch die Altstadt gezählt wird
- ↑ Übersichtskarte der Stadtteile. Abgerufen am 19. Dezember 2017.
- ↑ Übersichtskarte der Stadtverwaltung
- ↑ Melderegisterbasierte Bevölkerung
- ↑ Melderegisterbasierte Bevölkerung
- ↑ Jugendhilfeplan der Stadt Schweinfurt, Bezirke 22 und 31
- ↑ Brennpunkt Schule: Ex-Schulleiter Redolfi ist von der Politik enttäuscht, 6 August 2021. mainpost.de, abgerufen am 6. August 2021.
- ↑ BayernAtlas: Historischer Katasterplan Bereich Schweinfurter Mainufer. Abgerufen am 9. Januar 2020.
- ↑ Paul Ultsch: Damals in Schweinfurt, Bd. 2, S. 55
- ↑ Peter Hofmann: Schweinfurtführer/Schillerplatz
- ↑ a b c Paul Ultsch: Damals in Schweinfurt. Band 2: Entwicklung zur Industriestadt. Buch- und Idee-Verlags-GmbH, Schweinfurt 1983, ISBN 3-9800480-2-0, S. 94 ff.
- ↑ a b mainpost.de: Stadtteil im Porträt: Das Gründerzeitviertel, 23. August 2017. Abgerufen am 26. März 2022.
- ↑ Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer.de/Alte Stadtansichten und Infos/Cramerstraße. Abgerufen am 6. März 2022.
- ↑ alemannia-judaica.de/schweinfurt. Abgerufen am 10. März 2022.
- ↑ Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer.de/Industriegeschichte/Firmen in Schweinfurt/Gelatinefabrik. Abgerufen am 8. März 2022.
- ↑ Vgl. Zeitmaschine Architektur. S. 18. Ausgabe zur Vierten Architekturwoche Schweinfurt, 1. bis 6. Juni 2008.
- ↑ Schweinfurt. Stadt-Kultur-Themen. S. 11. Sonderausgabe des Schweinfurter Tagblatts als Beilage für das Handelsblatt und DIE ZEIT
- ↑ Zeitmaschine Architektur. S. 42. Ausgabe zur Vierten Architekturwoche Schweinfurt, 1. bis 6. Juni 2008.
- ↑ Heinrich Christian Beck: Chronik der Stadt Schweinfurt. Schweinfurt 1836–1841, Band 1, Abteil. 2, Spalte 28.
- ↑ mainpost.de: Stadtsanierung: Wohnen statt Gewerbe in der Neutorvorstadt, 9. September 2020. Abgerufen am 26. März 2022.
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