Iniuria

Die Iniuria (deutsch Injurie, „Rechtsverletzung“) bezeichnet im römischen Rechtswesen das Unrecht, das jemand einem anderen durch ein Delikt (Tathandlung) zufügt. Im Gegensatz zur rechtmäßigen Handlung (ius), wird durch die rechtswidrige Tat (iniuria) ein Rechtsgut verletzt, was die Rechtswidrigkeit der Tat indiziert. Der Generaltatbestand findet sich im „Schadenersatzrecht“ des Zwölftafelgesetzes. Dort wurden die Rechtsfolgen aufgeführt, die besonders die vorsätzliche Verletzung körperlicher Unversehrtheit sanktionierten. Bereits in spätrepublikanischer Zeit war die Schuld (culpa) Bestandteil des Deliktsrechts.

Ab der spätrepublikanischen Zeit wurden Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe formuliert. Lag ein Rechtfertigungsgrund (etwa Notwehr) vor, war die Tat nicht widerrechtlich; lag keine Schuld vor (etwa Befehlsnotstand), so war der Täter entlastet, obwohl die Tat widerrechtlich war.[1]

Vorklassisches Recht

Die Tatbestände, die das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit schützen, umfassen zum einen den schweren, dauerhaft bleibenden Körperschaden. Die subsumierte Tat wird, wenn kein anderer Vergleich zustande kommt, mit der Talion geahndet. Zum anderen sind einfache, nicht dauerhaft bleibende Körperschäden, mit einem festen Bußgeldsatz taxiert.

Klassisches und spätklassisches Recht

Neben den Körperverletzungsdelikten werden unter der iniuria nun auch solche Delikte subsumiert, die einen rechtswidrigen, persönlichkeitsverletzenden Angriff auf die Ehre oder die Integrität einer Person darstellen. Hierzu werden die Beleidigung, die Verleumdung und die üble Nachrede gezählt („Verbalinjurie“), aber auch unsittliches Nachstellen.

Die Weiterentwicklung des römischen Rechts schloss die archaische Talion als Rechtsfolge dann aus. Der zur Sühne der Tat bestimmte Bußgeldsatz ist nun am Einzelfall orientiert und wird vom Gerichtsmagistraten nach seinem Ermessen festgesetzt.

Das Privatklagedelikt wird vom Geschädigten durch die actio iniuriarum betrieben.

Literatur

  • Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 168 f.
  • Max Kaser: Das Römische Privatrecht. 2. Auflage. C.H. Beck, München/ Würzburg 1971, ISBN 3-406-01406-2, § 41, S. 155–156, § 145, S. 623–625.
  • Max Kaser: Römische Rechtsgeschichte. 2. neubearbeitete Auflage. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-18102-7, § 13, S. 59–63, § 15, S. 66–73.

Einzelnachweise

  1. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 168 f.