Inge Auerbacher

Inge Auerbacher spricht 2013 am Holocaust-Gedenktag in Washington

Inge Auerbacher (* 31. Dezember 1934 in Kippenheim, Ortenau) ist eine US-amerikanische Chemikerin (B.Sc. am Queens College, New York im Juni 1958)[1] deutscher Herkunft. Ihre Erfahrungen als Überlebende des Holocaust verarbeitete sie in mehreren Büchern, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden.

Leben

Inge Auerbacher, Tochter von Berthold Auerbacher und Regina Auerbacher, geb. Lauchheimer, wuchs als einziges Kind in einer strenggläubigen jüdischen Familie auf und verbrachte ihre Kindheit in Jebenhausen und Göppingen. Ihr Vater war für seine Verdienste im Ersten Weltkrieg mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnet worden. Nach eigenen Angaben war sie das letzte jüdische Kind, das in Kippenheim geboren wurde.[2] Als Siebenjährige wurde sie am 22. August 1942 mit ihren Eltern vom Stuttgarter Nordbahnhof in das Ghetto Theresienstadt deportiert.[3] 20 Mitglieder ihrer Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet, darunter die Großmutter von Inge Auerbacher.[2] Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee am 8. Mai 1945 kam die Familie zunächst in ein DP-Flüchtlingslager in Stuttgart und kehrte dann für kurze Zeit nach Göppingen zurück. Inge Auerbacher litt gesundheitlich schwer unter den Folgen des von Hunger und Krankheiten geprägten Lageraufenthalts. Sie war vier Jahre lang bettlägrig und musste unter anderem gegen Tuberkulose behandelt werden. Soweit es Inge Auerbacher bekannt ist, war sie das einzige Kind aus Stuttgart, das in diese Stadt zurückkehrte.[2]

Im Mai 1946 wanderte die Familie an Bord eines Truppentransportschiffs in die Vereinigten Staaten aus und ließ sich in New York nieder. 1953 wurde Auerbacher die US-amerikanische Staatsbürgerschaft zuerkannt. Sie arbeitete dort als Chemikerin in der Medizinforschung, aber auch an Kliniken.[2]

Sie kam erstmalig nach ihrer Emigration im Jahr 1966 zurück nach Kippenheim.[4] 1986 veröffentlichte Auerbacher ihre Kindheitserinnerungen in den Vereinigten Staaten, 1990 erschienen sie in deutscher Übersetzung. Als Zeitzeugin ist sie häufiger Gast in Kippenheim.

Am Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2022 sprach sie im Deutschen Bundestag und appellierte an die Menschen in Deutschland, sich dem Antisemitismus entgegenzustellen.[5]

Auszeichnungen

Werke

  • Ich bin ein Stern. Weinheim, 1990, 1992. ISBN 3-407-78136-9 (Übersetzt von Mirjam Pressler) – Original I Am a Star: Child of the Holocaust. Puffin Books, 1993, ISBN 0-14-036401-3
  • Jenseits des gelben Sterns. Konstanz, 2005. ISBN 3-89649-969-6 (Herausgeber Erhard R. Wiehn. Übersetzt von Irmi Cummings) – Original Beyond the Yellow Star to America. Royal Fireworks Pub, 2003. ISBN 0-88092-252-4.
  • Finding Dr. Schatz: The Discovery of Streptomycin and a Life It Saved. Lightning Source. UK Ltd, 2006. ISBN 0-595-37997-4
  • Anton Hegele (Hrsg.), Inge Auerbacher: 800 Jahre Jebenhausen: vom ritterschaftlichen Dorf zum Stadtbezirk. Göppingen, 2006. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen, Band 46.

Literatur

  • Gardy-Käthe Ruder: Holocaust im Gedächtnis einer Puppe. Unterwegs auf Lebensspuren von und mit Inge Auerbacher. Deutscher Wissenschafts-Verlag (DWV), Baden-Baden, 2005. ISBN 3-935176-46-5.
  • Uwe Schellinger: Die Bedeutung der Zeitzeugen – Erinnerungen an die Synagoge. In: Uwe Schellinger (Hrsg.): Gedächtnis aus Stein. Die Synagoge in Kippenheim 1852–2002. Verlag Regionalkultur, Heidelberg-Ubstadt-Weiher-Basel 2002, ISBN 3-89735-195-1, S. 144 ff.

Einzelnachweise

  1. Inge Auerbacher: Beyond the Yellow Star to America. Royal Fireworks Pub, 2003. ISBN 0-88092-252-4.
  2. a b c d Deutscher Bundestag - Inge Auerbacher: Die Krankheit des Judenhasses muss geheilt werden. Abgerufen am 1. Mai 2024.
  3. Stuttgart - Theresienstadt. Deportation in den Tod. Dokumentation der Deportation 22. August 1942; aus Anlass der Gedenkveranstaltung 21. August 2022 (mit vollständigem Abdruck der Deportationsliste) herausgegeben von Zeichen der Erinnerung e.V., Redaktion und Gestaltung: Andreas Keller; Stuttgart 2023 [mit Grußwort von Inge Auerbacher]
  4. Uwe Schellinger: Die Bedeutung der Zeitzeugen – Erinnerungen an die Synagoge. In: Uwe Schellinger (Hrsg.): Gedächtnis aus Stein. Die Synagoge in Kippenheim 1852–2002. Verlag Regionalkultur, Heidelberg-Ubstadt-Weiher-Basel 2002, ISBN 3-89735-195-1, S. 148.
  5. "Antisemitismus ist mitten unter uns". In: tagesschau.de. 27. Januar 2022, abgerufen am 27. Januar 2022.
  6. René Schlott: »Für Hass bin ich nicht am Leben geblieben«. In: Der Spiegel (online). 26. Januar 2022, abgerufen am 27. Januar 2022.
  7. Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg - Liste der Ordensträgerinnen und Ordensträger 1975–2023 (PDF; 307 KB). Staatsministerium Baden-Württemberg, 19. April 2024
  8. Ehrenbürger. Abgerufen am 21. Januar 2022.
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Theresienstadt Concentration Camp German Jewish Holocaust Survivor Inge Auerbacher speaks about her childhood, during the 2013 Federal Inter-Agency Holocaust Remembrance Day, in the Lincoln Theater.jpg
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Theresienstadt Concentration Camp German Jewish Holocaust Survivor Inge Auerbacher speaks about her childhood, during the 2013 Federal Inter-Agency Holocaust Remembrance Day, in the Lincoln Theater, on Wednesday, April 17, 2013, Washington, D.C. Auerbacher recalled the forced turnover of the family business and home, her escape to another German town and eventual imprisonment in the Theresienstadt Concentration Camp, in August 1942. In 2009, she co-authored the book Children of Terror. Since the 1979 President’s Commission on the Holocaust, an annual proclamation signed by the President of the United States recognizes the importance of remembering the atrocities of the Holocaust that should never be forgotten or be ignored. She also showed her cloth badge that identified her as being Jewish, and talked about her child doll ‘Marlene’ that she was able to keep with her for several decades. The actual doll is on display in the U.S. Holocaust Memorial Museum, the one shown is a replica of the doll, and Olympic doll that was sold during the 1936 Olympic games in Germany. USDA Photo by Lance Cheung.