Ilimilku

Ilimilkus Handschrift, Detail einer Tontafel aus dem Ba‘al-Zyklus (Louvre, Inv. Nr. AO16641+16642)[1]

Ilimilku (bl. 1215 v. Chr.) war ein Schreiber und Exorzist, der im spätbronzezeitlichen Handelszentrum Ugarit (Ras Schamra) im Nordwesten des heutigen Staats Syrien lebte und literarische Werke in westsemitisch-ugaritischer Sprache verfasste. Er ist durch fünf eigenhändige Kolophone bekannt.

Name

Der Name Ilimilku (𐎀𐎍𐎎𐎍𐎋 ʾlmlk) wird durch die keilalphabetische Schrift nicht genau wiedergegeben, so dass verschiedene Vokalisierungen und damit auch Interpretationen möglich sind:[2]

  1. ʾIlîmilku: Mein Gott ist Milku;
  2. ʾIlimilku: Der Gott (des Kindes) ist Milku;
  3. ʾIlumalku: (Die Gottheit) ʾIlu ist König.

Biografie

Ausgangspunkt für die zeitliche Ansetzung der Tätigkeit Ilimilkus ist, dass er sich im Kolophon des Ba‘al-Zyklus als Exorzist im Dienst des Königs Niqmaddu von Ugarit bezeichnete.[3] Bei der Erstpublikation identifizierte Charles Virolleaud diesen Herrscher mit Niqmaddu II.,[4] der etwa ein Vierteljahrhundert im späten 14. Jahrhundert über Ugarit regierte.[5] Diese Datierung wurde aber unplausibel, als 1992 im Haus des Urtenu eine Tontafel mit einem Kolophon Ilimilkus entdeckt wurde.[6] Urtenu war Zeitgenosse mehrerer bekannter Persönlichkeiten und kann daher sicher ins späte 13. Jahrhundert datiert werden. Zwar kann man argumentieren, dass eine von Ilimilku beschriebene Tontafel rund ein Jahrhundert aufbewahrt worden sein könnte,[7] aber es ist plausibler, in Ilimilku einen Zeitgenossen Urtenus zu sehen. Dann wäre er ein Exorzist im Dienst Niqmaddu III. gewesen, und seine literarischen Werke wären in die Spätzeit von Ugarit zu datieren.[8] Ein weiteres Argument für die Spätdatierung ist, dass die keilalphabetische Schrift erst im 13. Jahrhundert in Ugarit üblich wurde. Ilimilku beherrschte sie souverän. Hätte er im späten 14. Jahrhundert gelebt, als die Schrift noch neu war, so wäre eher eine experimentelle Verwendung zu erwarten.[9]

Ilimilku war ein geübter Schreiber; er verwendete großformatige Tontafeln mit mehreren Kolumnen, die er mit seiner kleinen Handschrift eng füllte. Dies spricht dafür, dass er bewusst Werke verfasste, die in ihrem Layout mesopotamische Literatur imitieren. Dazu passt auch seine Verwendung von Kolophonen.[10]

Ilimilku stand in direkter Beziehung zu den zwei führenden Personen der ugaritischen Gesellschaft: als Schüler des Hohepriesters Attanu und als Exorzist (ṯʾy[11]) im Dienst des Königs Niqmaddu; letzteres kann auch Bezeichnung für ein Hofamt sein („Sekretär“[12]), da Kult und Staat in Ugarit eng verbunden waren.[13]

Marjo C. A. Korpel vertritt die These, dass Ilimilku zunächst das Kirta-Epos verfasste (KTU 1.14-16), dann den Ba‘al-Zyklus (KTU 1.1-6) und schließlich das Aqhatu-Epos (KTU 1.17-19). Sie argumentiert werkimmanent damit, dass es Parallelen zwischen Kirta-Epos und Ba‘al-Zyklus sowie zwischen Ba‘al-Zyklus und Aqhatu-Epos gibt, aber kaum zwischen Kirta-Epos und Aqhatu-Epos, die folglich als Frühwerk und Spätwerk des Autors anzusehen wären.[14]

Literatur

  • Robert Hawley, Dennis Pardee, Carole Roche-Hawley: The Scribal Culture of Ugarit. In: Journal of Ancient Near Eastern History 2 (2015), S. 229–267.
  • Adrian Curtis: Ilimilku of Ugarit: copyist or creator? In: Philip R. Davis, Thomas Römer (Hrsg.): Writing the Bible: Scribes, Scribalism, and Script. Acumen Publishing, Durham 2013. S. 10–22. ISBN 978-1-84465-731-5.
  • Carole Roche-Hawley, Robert Hawley: An Essay on Scribal Families, Tradition, and Innovation in Thirteenth-Century Ugarit. In: Billy Jean Collins, Piotr Michalowski (Hrsg.): Beyond Hatti: A Tribute to Gary Beckman. Lockwood Press, Atlanta 2013, S. 241–264. (Online)
  • Otto Eißfeldt: Sanchunjaton von Berut und Ilumilku von Ugarit. Max Niemeyer, Halle 1952.
  • Nicolas Wyatt: The Evidence of the Colophons in the Assessment of Ilimilku’s Scribal and Authorial Role. In: Ugarit-Forschungen 46 (2015), S. 399–446. (Online)

Anmerkungen

  1. Louvre, Collections: tablette; fragment.
  2. Robert Hawley, Dennis Pardee, Carole Roche-Hawley: The Scribal Culture of Ugarit, 2015, S. 247, Anm. 43.
  3. KTU 1.6, vgl. Herbert Niehr: Der Ba‘al-Zyklus (KTU 1.1-6 + 1.8). In: Bernd Janowski, Daniel Schwemer (Hrsg.): Weisheitstexte, Mythen und Epen (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Band 8). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, S. 236.
  4. Die Könige von Ugarit werden in der Literatur teilweise anders gezählt, so dass der im 14. Jahrhundert langjährig regierende König als Niqmaddu III., der rund ein Jahrhundert später regierende König gleichen Namens als Niqmaddu IV. bezeichnet wird.
  5. Charles Virolleaud: Un poème phénicien de Ras-Shamra. La lutte du Môt, fils des dieux, et d'Aleïa, fils de Baal. In: Syria 12 (1931), S. 193–224. (Online)
  6. Dennis Pardee, Pierre Bordreuil: Découvertes épigraphiques anciennes et récentes en cunéiforme alphabétique. De la bibliothèque de Ḫourasanou aux archives d’Ourtenou. In: Actes du colloque international tenu à Lyon en novembre 2001 «Ougarit au IIe millénaire av. J.-C. État des recherches». MOM Éditions, 47 (2008), S. 183-194, hier S. 190 f. (Online)
  7. So Manfried Dietrich: Salmanassar I. von Assyrien, Ibirānu (VI.) von Ugarit und Tudḫalija IV. von Ḫatti. In: Ugarit-Forschungen 35 (2003), S. 103–139.
  8. Herbert Niehr: Der Ba‘al-Zyklus (KTU 1.1-6 + 1.8). In: Bernd Janowski, Daniel Schwemer (Hrsg.): Weisheitstexte, Mythen und Epen (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Band 8). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, S. 179f.
  9. Robert Hawley, Dennis Pardee, Carole Roche-Hawley: The Scribal Culture of Ugarit, 2015, S. 249.
  10. Carole Roche-Hawley, Robert Hawley: An Essay on Scribal Families, Tradition, and Innovation in Thirteenth-Century Ugarit, Atlanta 2013, S. 257.
  11. Vgl. Herbert Niehr: Der Ba‘al-Zyklus (KTU 1.1-6 + 1.8). In: Bernd Janowski, Daniel Schwemer (Hrsg.): Weisheitstexte, Mythen und Epen (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Band 8). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, S. 179: „Auch hinter diesem Titel hat man einen Verwaltungsbeamten sehen wollen. Allerdings ist auffällig, daß der Titel ṯʾy nur in Kult- und Beschwörungstexten auftritt. Insofern muß man diesen Titel als »Beschwörer« wiedergeben.“
  12. Der Baal-Zyklus KTU 1.1-1.6. In: Manfried Dietrich, Oswald Loretz (Hrsg.): Mythen und Epen IV (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Band 3), Gütersloh 1997, S. 1173 (Online)
  13. Adrian Curtis: Ilimilku of Ugarit: copyist or creator?, Durham 2013, S. 15.
  14. Hier referiert nach: Herbert Niehr: Der Ba‘al-Zyklus (KTU 1.1-6 + 1.8). In: Bernd Janowski, Daniel Schwemer (Hrsg.): Weisheitstexte, Mythen und Epen (= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Band 8). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015, S. 181f.

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Mythological poem Baal death AO16641 AO16642 mp3h8928.jpg
Autor/Urheber: Rama, Lizenz: CC BY-SA 2.0 fr
Künstler
Künstler/-in unbekanntUnknown artist
Beschreibung

Ugaritic language, Cuneiform script Baal Epic. Ball and death. [1]

14th century BC, Display 12
Datum Aufgenommen am 20. Oktober 2007, 14:06 (gemäß Exif-Daten)
institution QS:P195,Q19675
Momentaner Standort

Sully Rez-de-chaussée Levant : Syrie côtière, Ougarit et Byblos

Salle B
Inventarnummer
AO 16641, AO 16642
Anerkennung Found by C. Schaeffer in 1930-31
Herkunft/Fotograf Rama