Ideophon

Ideophone bilden in vielen Sprachen eine Klasse von Wörtern, die phonologische und morphologische Besonderheiten aufweisen (zum Beispiel Reduplikation und Konsonantenfolgen, die sonst in der Sprache unüblich sind) und auf lautmalerische Art auf ihre Bedeutung verweisen, zum Beispiel Ewe lilili, „angenehmer Geruch“.

Eine oft angeführte Definition findet sich bei Doke (1935, S. 119): „Eine lebhafte Darstellung einer Idee in Lautgestalt. Ein Wort, oft ein Onomatopoetikon, das ein Verb, ein Adjektiv oder ein Adverb in Bezug auf Art und Weise, Farbe, Geräusch, Geruch, Handlung, Zustand oder Intensität beschreibt.“

Ideophone sind vor allem aus Afrika bekannt, aber auch Sprachen aus anderen Kontinenten (Australien, Ost- und Südostasien, Südamerika, finno-ugrische Sprachen) weisen sie auf.[1] In der deutschen Umgangssprache gibt es ebenfalls Wörter, die Ideophonen ähneln, wie z. B. Zickzack, holterdipolter, ratzfatz, pille-palle oder plemplem. Die besondere phonologische Eigenschaft dieser Wörter ist die Reduplikation.[2]

Beispiel Kenga

Im Wörterbuch von Palayer (2004) sind für die Sprache Kenga im Tschad 150 Ideophone verzeichnet. Alle Einträge haben die Gemeinsamkeit, auf einen Konsonanten zu enden, während Nomen und Verben alle auf einen Vokal enden. Viele können redupliziert werden.

KengaVerwendungKengaVerwendung
ɓɛrtɛtgroß (von Augen)culuk culukGeräusch von Wassertropfen
daŋknall (in Bezug auf rot)kap kapvollständig (ein Gefäß zerschlagen)
gurluleinen großen Bauch zeigend (von Kröten)kar karstrahlend (in Bezug auf weiß)
kalaksenkrecht (von Bäumen)takal takalverschmutzt
lɔdɔgiñweich, sanftyel yelrein (vom Wasser)

Die Ideophone im Kenga werden meist wie Adverbien gebraucht, das heißt zusammen mit einem Verb, vergleiche das folgende Beispiel mit der Bedeutung „Die Kalebasse ist vollständig in Stücke gegangen“.

kaaɗatɔɔkkap kap
KalebassezerbrachIDEOPHON

Ideophone und Onomatopoetika

Die Abgrenzung zu den Onomatopoetika ist unklar; ihre Bedeutungsbereiche überschneiden sich. Folgende Merkmale lassen sich gegenüberstellen:

IdeophoneOnomatopoetika
Von Ideophonen spricht man vor allem in außereuropäischen Sprachen, besonders in Afrika.Onomatopoetika sind in jeder Sprache vorhanden, auch in den bekannten europäischen Nationalsprachen.
Ideophone bilden oft eine durch gemeinsame phonologische Merkmale definierte Wortklasse in der Sprache. Reduplikation spielt dabei eine prominente Rolle.Onomatopoetika weisen auch phonologische Besonderheiten auf, aber keine gemeinsamen Merkmale.
Ideophone gibt es auch für semantische Bereiche, die nicht hörbar sind (zum Beispiel Farben).Onomatopoetika sind auf hörbare Laute und Geräusche beschränkt.
Die Anzahl der Ideophone in einer Sprache kann bis zu mehreren Tausend betragen.[3]Die Anzahl der Onomatopoetika ist schätzungsweise auf einige Hundert beschränkt.

Beiden gemeinsam ist eine phonologisch auffällige Lautgestalt, (siehe etwa die Reduplikation in Kuckuck oder Wauwau) und die Möglichkeit, in verschiedenen Wortarten aufzutauchen – vor allem in Adverbien, aber auch in Substantiven und Verben.

Siehe auch

Literatur

  • William J. Samarin. Field procedures in ideophone research. In: JAL 9.1, 1970, S. 27–30.
  • F K. Erhard Voeltz, Christa Kilian-Hatz (Hrsg.): Ideophones. John Benjamins, Amsterdam/Philadelphia 2001 (Rezension)
  • Clement M. Doke: Bantu linguistic terminology. Longmans, Green, London/New York 1935
  • Pierre Palayer: Dictionnaire kenga (Tchad). SELAF, Paris 2004
  • Jana Kellersmann: Hindi-Ideophone. Paul Schmitt, Berlin 2017

Weblinks

  • Christian Lehmann: Ideophon. Universität Erfurt 2009. (Definition und Klassifikation)

Einzelnachweise

  1. Siehe die Artikel im Sammelband von Voeltz, Kilian-Hatz, 2001
  2. Richard Wiese: Über die Interaktion von Morphologie und Phonologie: Reduplikation im Deutschen. In: Zeitschrift für Phonetik, Sprachwissenschaft und Kommunikationsforschung. Band 43, Nr. 5, 1990, S. 603–624.
  3. Samarin (1970) gibt an, dass er über 2500 Ideophone für das Gbaya (Zentralafrikanische Republik) gesammelt hat.