Hulwan
Koordinaten: 34° 27′ 54″ N, 45° 51′ 18″ O
Hulwan (persisch حلوان) war eine antike Stadt im Zagros-Gebirge im Westen Irans am Eingang des Paitak-Passes, und Vorgängerin der heutigen Stadt Sarpol-e Zahab.
Geschichte
Arabische Chronisten wie al-Tabari betrachteten die Stadt als eine sasanidische Gründung aus der Zeit König Kavadh I. (reg. 488–496, 498–531), doch tatsächlich existierte Hulwan schon in assyrischer Zeit. Unter dem Namen Chalamu markierte sie die Grenze zwischen Babylonien und Medien.[1] Für die Seleukiden war es als Chala (griechisch Χάλα) bekannt und war die Hauptstadt des Bezirks Chalonitis (Χαλωνῖτις).[1][2][3] Laut Diodorus Siculus sollen griechische Kriegsgefangene aus Boiotien, die Xerxes I. hier ansiedelte, den Ort Κέλωναι (Celonae/Kelonai) errichtet haben.[3]
Im späteren Sasanidenreich hieß das Gebiet um Hulwan Khusraw Schad Peroz („die Freude von Chosrau dem Sieger“) und die Stadt selbst wahrscheinlich Peroz Kavad („siegreicher Kavadh“). Zu Zeit Chosrau II. (reg. 590–628) gehörte die Stadt zur westlichen Provinz, obwohl sie in Medien lag, welches die nördliche Provinz bildete. Die sassanidischen Herrscher benutzten die Gegend im Zagros-Gebirge als Sommerresidenz abseits der Hauptstadt Ktesiphon in der mesopotamischen Ebene.[4]
Nach der Schlacht von al-Qādisīya im Jahr 636 flüchtete der letzte sasanidische Herrscher Yazdegerd III. (reg. 632–651) hierhin.[1][5] Nach einer weiteren schweren Niederlage in der Schlacht von Dschalaula im Jahr 637 verließ Yazdegerd Hulwan und zog in die östlichen Provinzen seines Reiches,[6][7] und die Stadt fiel 640 an die arabischen Sieger unter Dscharir ibn Abdallah al-Badschali.[8]
In den frühen 640er Jahren war die Stadt von strategischer Bedeutung als Grenzposten zwischen dem mesopotamischen Tiefland und dem immer noch von den Sasaniden kontrollierten iranischen Hochland und beherbergte eine arabische Garrison, darunter auch persische Überläufer (die Chamra), die dort zu Zeit der ersten vier arabischen Kalifen angesiedelt wurden.[9]
In der frühen islamischen Zeit bis zum 10. Jahrhundert wird Hulwan als „eine blühende Stadt in einem fruchtbaren Bezirk, die viele Früchte hervorbringt“ (L. Lockhart) beschrieben.[1] Sie lag an der Großen Chorasan-Straße und war die erste Stadt der Provinz Dschibāl, auf die man traf, wenn man von Bagdad nach Osten reiste.[10] Unter Kalif Muʿāwiya I. (reg. 661–680) wurde es zur Hauptstadt des westlichen Dschibāl ernannt.[11]
Laut dem Reisenden Ibn Hauqal aus dem 10. Jahrhundert war die Stadt halb so groß wie Dinawar und ihre Häuser waren sowohl aus Stein als auch aus Ziegeln gebaut. Obwohl das Klima heiß war, wuchsen reichlich Datteln, Granatäpfel und Feigen. Laut dem anonymen Werk Hudūd al-ʿĀlam aus dem 10. Jahrhundert wurden die Feigen der Stadt getrocknet und weithin exportiert, während der Geograph al-Muqaddasī hinzufügt, dass die Stadt von einer Mauer mit acht Toren umgeben war und neben einer Moschee auch eine jüdische Synagoge umfasste.[12]
Neben dem Islam und dem Judentum diente die Stadt zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert auch als Diözese der Kirche des Ostens.
Um die Wende des 11. Jahrhunderts wurde die Stadt von der halbunabhängigen Annaziden-Dynastie regiert, bis sie von den Kakuyiden vertrieben wurde.[1][13] Hulwan wurde 1046 von den Seldschuken-Türken unter Ibrahim Inal eingenommen und niedergebrannt, während dann ein Erdbeben im Jahr 1049 die Zerstörung der Stadt vollendete. Obwohl es wenige Meter weiter weg wieder aufgebaut wurde, erlangte es nie wieder seinen früheren Wohlstand und ist heute die Stadt Sarpol-e Zahab.[1]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f L. Lockhart, S. 571–572
- ↑ Clément Huart, S. 10
- ↑ a b Dictionary of Greek and Roman Geography
- ↑ Michael G. Morony, S. 141
- ↑ Abd al-Husain Zarrinkub, S. 12–13
- ↑ Abd al-Husain Zarrinkub, S. 13
- ↑ Michael G. Morony, S. 192–193
- ↑ Abd al-Husain Zarrinkub, S. 19
- ↑ Michael G. Morony, S. 141
- ↑ Guy Le Strange. S. 62–63, 191, 227–228
- ↑ Michael G. Morony, S. 142
- ↑ Guy Le Strange. S. 191
- ↑ Heribert Busse, S. 297–298
Quellen
- Heribert Busse: The Cambridge History of Iran, Volume 4: From the Arab Invasion to the Saljuqs. Hrsg.: R.N. Frye. Cambridge University Press, Cambridge 1975, ISBN 978-0-521-20093-6, Iran under the Būyids, S. 250–304 (google.com).
- Clément Huart: Ancient Persia and Iranian Civilization. Routledge, 1927, ISBN 978-1-136-19980-6.
- Guy Le Strange: Lands of the Eastern Caliphate. Cambridge 1905.
- L. Lockhart: Ḥulwān. In: The Encyclopaedia of Islam, New Edition, Volume III: H–Iram. BRILL, Leiden, and New York 1986, ISBN 90-04-08118-6, S. 571–572 (brillonline.com).
- Michael G. Morony: Iraq After the Muslim Conquest. Gorgias Press LLC, 2005, ISBN 1-59333-315-3 (google.com).
- Abd al-Husain Zarrinkub: The Cambridge History of Iran, Volume 4: From the Arab Invasion to the Saljuqs. Hrsg.: R. N. Frye, William Bayne Fisher, Ilya Gershevitch, Ehsan Yar-Shater. Cambridge University Press, Cambridge 1975, ISBN 0-521-20093-8, The Arab conquest of Iran and its aftermath, S. 1–56 (google.com).
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Uwe Dedering, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Location map of Iran.
Equirectangular projection. Stretched by 118.0%. Geographic limits of the map:
* N: 40.0° N * S: 24.5° N * W: 43.5° E * E: 64.0° EMade with Natural Earth. Free vector and raster map data @ naturalearthdata.com.