Hugo Rudolf von Stumm

Hugo Rudolf Stumm, ab 1888 Hugo Rudolf Freiherr von Stumm-Ramholz, (* 1845 in Neunkirchen (Saar); † 31. Juli 1910 in Coswig (Sachsen)) war ein deutscher Industrieller, Gutsbesitzer, Landtagsabgeordneter und preußischer Kavallerieoffizier. Als Bauherr ließ er Schloss Ramholz bei Schlüchtern von 1893 bis 1896 errichten.

Leben

Herkunft

Stumm entstammte der Industriellenfamilie Stumm, die am 22. März 1806 das Neunkircher Eisenwerk und Anteile an weiteren Eisenhütten im Saarrevier gekauft hatte. Während der älteste Bruder Karl die Leitung des Montanunternehmens Gebrüder Stumm übernahm, profitierten die jüngeren Brüder Ferdinand und Hugo als stille Teilhaber an den Erträgen des Familienunternehmens. 1888 wurden die Brüder geadelt. Hugo zählte 1908 mit einem geschätzten Vermögen von 14 bis 15 Millionen Mark und jährlichen Einkünften von 1 Million Mark zu den 100 reichsten Bürgern im Königreich Preußen und besaß das Rittergut Ramholz (Kreis Schlüchtern) mit 979 ha.[1]

Weg

Hugo, der jüngste der Brüder Stumm, diente seit 1874 als preußischer Kavallerieoffizier im Husaren-Regiment „Kaiser Nikolaus II. von Russland“ (1. Westfälisches) Nr. 8 und dann im Husaren-Regiment „König Humbert von Italien“ (1. Kurhessisches) Nr. 13. Im Rang eines Rittmeisters schied er 1883 aus dem aktiven Militärdienst aus.[2]

Von 1894 bis 1897 war Hugo von Stumm gewählter Abgeordneter im Kommunallandtag Kassel (Regierungsbezirk Kassel) und im Provinziallandtag der Provinz Hessen-Nassau.

Eine Gemütserkrankung, die sich in Ausbrüchen bereits 1864, 1871 und 1888 äußerte, führte zur Entmündigung durch das Amtsgericht Schlüchtern am 5. November 1888. Die vorübergehende Unterbringung erfolgte damals in der Heilanstalt Friedrichsberg bei Hamburg. Die Vormundschaft hatte Hugo von Stumms Bruder Ferdinand inne, seinerzeit deutscher Botschafter in Madrid. Vertreter des Hauptvormunds war der älteste Bruder Karl. Nachdem die Erkrankung 1896 erneut ausbrach, verlautete ein psychiatrisches Gutachten, dass „Herr von Stumm in Folge seines Zustandes geneigt sei, große Summen zu verschleudern und [da] zu erwarten stehe, daß er bei dem geringsten Widerspruch zu gewaltthätigen, gemeingefährlichem Verhalten schreiten werde, so werde seine Verbringung in eine Irrenanstalt demnächst erforderlich sein.“ In der Folge wurde Hugo ab Mai 1896 bis an sein Lebensende in die geschlossene Anstalt Lindenhof in Coswig bei Dresden eingewiesen.[3]

Hugo von Stumm starb am 31. Juli 1910 in Coswig an den Folgen eines Reitunfalls.

Ehefrau Ludovica Freifrau von Stumm geb. von Rauch

1882 heiratete Hugo Freiherr von Stumm Ludovica von Rauch, Tochter des k.u.k. Oberst Adalbert von Rauch und dessen Ehefrau Ludovika geborene von Blittersdorff.

Hugos Ehefrau Ludovica Freifrau von Stumm stand mit namhaften Künstlern – unter ihnen der Dresdner Impressionist Robert Sterl – in Verbindung, lud sie nach Ramholz ein und erwarb ihre Werke für das Schloss.[4] Ein Porträt von Ludovica von Stumm fertigte Philipp Alexius de László, international führender Porträtmaler der Zeit.[5] Eine Porträtbüste der Freifrau von Stumm, geschaffen von dem Bildhauer Ferdinand Seeboeck, hat im gestifteten Schlüchterner Krankenhaus ihre Aufstellung gefunden. Seit 1901 versah der Maler Felix Muche-Ramholz, ausgebildet im Verwaltungs- und Rechnungswesen, die Rentmeisterstelle in der Freiherr von Stummschen Gutsverwaltung.

Kinder

Aus der Ehe von Hugo und Ludovica von Stumm gingen drei Kinder hervor:

Das Ehepaar Hugo und Ludovika von Stumm, Sohn Hugo und Tochter Margarete von Kühlmann mit deren Ehemann Richard sind im Ramholzer Erbbegräbnis bestattet.[8]

Ehrungen

  • Zum Gedenken an Hugo von Stumm stiftete seine Frau Ludovica aus dem Stummschen Vermögen das 1913 eröffnete Schlüchterner Kreiskrankenhaus, die heutigen Main-Kinzig-Kliniken[9] und begründete 1910 die Hugo von Stumm-Stiftung zur Unterstützung von Künstlern und Dichtern.[10] In Würdigung der Stifterin trägt das Krankenhausgebäude den Namen "Villa Ludovica". Zu seiner Errichtungszeit galt es medizinisch und hygienisch als eines der modernsten Krankenhäuser. Nach seinem Vorbild entstand 1916 das Krankenhaus Kehl in der Ortenau.[11]
  • An das Wirken von Hugo von Stumms Ehefrau wird in der Stadt Schlüchtern mit der Ludovica-von-Stumm-Straße erinnert.[12][13]

Schloss Ramholz

Schloss Ramholz

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten die Brüder Stumm zu den wohlhabendsten und einflussreichsten Unternehmern Deutschlands. In gegenseitiger Konkurrenz ließen die drei Brüder Stumm drei repräsentative Schlösser im Stil des Historismus erbauen: Schloss Halberg, Schloss Rauischholzhausen und Schloss Ramholz. Hugo Freiherr von Stumm erwarb 1883 den Besitz Ramholz und ließ in den Jahren 1893 bis 1896 von den Münchner Architekten Emanuel und Gabriel von Seidl dem bestehenden Schloss einen Neubau hinzufügen, ebenso einen Wirtschaftshof unter Einbeziehung von Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert sowie Wohnhäuser für die Angestellten und ein Maschinenhaus zur Stromversorgung des Anwesens.

Das in Privatbesitz der Nachkommen Kühlmann-Stumm befindliche Schloss wurde 2012 der Öffentlichkeit durch Führungen zugänglich.[14] 2012 wurde es für 7 Millionen Euro zum Kauf angeboten.[15]

Literatur

  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 377.
  • Dieter Pelda: Die Abgeordneten des Preußischen Kommunallandtags in Kassel 1867–1933 (= Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen. Bd. 22 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 8). Elwert, Marburg 1999, ISBN 3-7708-1129-1, S. 211.
  • Chris Nees: Schloss Rauischholzhausen. BoD, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8370-9917-1. (eingeschränkte Vorschau auf Google Bücher)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kurt Pritzkoleit: Wem gehört Deutschland? Kurt Desch Verlag, 1957, S. 112.
  2. Hessische Biografie : Erweiterte Suche : LAGIS Hessen. Abgerufen am 2. März 2022.
  3. Baron Hugo von Stumm starb vor 102 Jahren in der Heilanstalt Lindenhof - Schlossführungen am 7. Oktober 2012. In: Fuldaer Nachrichten vom 3. Oktober 2012 (online, aufgerufen am 24. August 2013)
  4. Detailgetreue Gemälde arbeitender Bauern und Töpfer. In: Bergwinkel Wochen-Bote. 21. Oktober 2020, abgerufen am 26. Februar 2022 (deutsch).
  5. Archive | Introduction to the Archive | The de Laszlo Archive Trust. Abgerufen am 26. Februar 2022.
  6. Portrait of Margarethe Kühlmann-Stumm - Bilder, Gemälde und Ölgemälde-Replikation. Abgerufen am 28. Februar 2022.
  7. Porträt Marguerite von Kühlmann, 1915, Bronze. Abgerufen am 28. Februar 2022.
  8. Burgruine Steckelberg - Eine Sehenswürdigkeit im Degenfelder Land. 15. Mai 2021, abgerufen am 2. März 2022.
  9. 100 Jahre Krankenhaus Schlüchtern - Ausstellung und Festakt. 2. November 2013, abgerufen am 2. März 2022 (deutsch).
  10. Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten im Königreich Bayern, 47. Jg. (1911), S. 140
  11. Cornelius Gorka: 100 Jahre Krankenhaus Kehl. Ortenau Klinikum, 2016, abgerufen am 3. März 2022.
  12. Auf den Spuren Schlüchterner Persönlichkeiten. 23. Mai 2017, abgerufen am 3. März 2022 (deutsch).
  13. Ernst Müller-Marschhausen: Richard Reinhard – Ein ‚stiller Held’ im Dritten Reich. Gemeinde Sinntal, 2010, abgerufen am 3. März 2022.
  14. „Wir wurden komplett überrannt“ - Schloßführungen auf Ramholz - Infos. Online, aufgerufen am 24. August 2013
  15. Zwangsverwalter für Schloss Ramholz - Wer zahlt 7 Mio. Euro zum Kauf? Online, aufgerufen am 24. August 2013

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Schloss Ramholz in Schlüchtern