Hubert von Grashey

Hubert von Grashey, um 1900

Hubert Grashey, später Hubert (Ritter) von Grashey (* 31. Oktober 1839 in Grönenbach; † 24. August 1914 in München), war ein deutscher Psychiater.[1]

Leben

Hubert Grashey kam in Grönenbach (heute Bad Grönenbach) im Allgäu zur Welt. Sein Vater war bayerischer Landrichter. Nach dem Medizinstudium in Würzburg (1859–1865) schloss er sowohl die Fakultätsprüfung als auch das Staatsexamen mit „sehr gut“ ab, verbrachte ein halbes Jahr als Assistenzarzt in der Würzburger Kinderklinik und arbeitete anschließend bis 1867 am Würzburger Juliusspital als Irrenarzt. Zu seinen weiteren Ausbildern am Juliusspital gehörte unter anderem Franz von Rinecker. In Würzburg wurde er 1866 mit einer Arbeit über die Choleraepidemie, die das Spital in diesem Jahr getroffen hatte, promoviert. Es folgte eine sechsjährige Assistenzarztzeit in Werneck, die ersten zwei Jahre unter der Leitung Bernhard von Guddens (1824–1886), mit dessen ältester Tochter Anna Maria Cornelia Franziska (1857–1915) er verheiratet war.

Im Jahr 1873 wurde Grashey zum Direktor der niederbayerischen Kreis-Irrenanstalt Deggendorf ernannt, 1884 als Nachfolger von Franz von Rinecker zum ordentlichen Professor der Psychiatrie und Leiter der Irrenklinik des Juliusspitals in Würzburg, wo er bis 1886[2] wirkte, bevor Konrad Rieger 1887 seine Nachfolger dort antrat. Von 1885 bis 1887 gehörte Grashey auch dem Administrationsrat des Juliusspitals an.[3] Im Jahr 1887 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.[4]

Zusammen mit seinem Schwiegervater Bernhard von Gudden war Grashey einer der umstrittenen Mitverfasser des am 8. Juni 1886 erstatteten Gutachtens über den Geisteszustand König Ludwigs II. von Bayern mit dem Befund einer nicht mehr vorhandenen Regierungsfähigkeit und eines Berichts für den Bayerischen Landtag über die Ereignisse in Berg.[5] Nach dem gewaltsamen Tod seines Schwiegervaters (gemeinsam mit König Ludwig II.) nahe Schloss Berg am Starnberger See übernahm er dessen Münchner Lehrstuhl für Psychiatrie und die Leitung der oberbayerischen Kreis-Irrenanstalt. Ebenfalls in Nachfolge seines Schwiegervaters wurde Grashey am 1. Januar 1887 Leiter des ärztlichen Dienstes beim geisteskranken König Otto im Schloss Fürstenried.

Ein Jahr nach der Absetzung von König Ludwig II. von Bayern war Grashey Mitte 1887 maßgeblich daran beteiligt, die ehemalige Verlobte des Königs, die Herzogin Sophie Charlotte von Alençon, gegen ihren Willen in ein Sanatorium einzuweisen. Die Herzogin hatte sich scheiden lassen wollen, um einen Arzt aus dem Bürgertum zu heiraten. Ihre Familie griff daraufhin zu dem Mittel, die Herzogin für geisteskrank erklären zu lassen. Um die entsprechende Diagnose zu erhalten, hatte man verschiedene Psychiater hinzugezogen, darunter auch Grashey.[6]

Grasheys Wirken als Irrenarzt und Psychiatrieprofessor endete im November 1896, als er als Obermedizinalrat in das Innenministerium wechselte und damit an die Spitze der bayerischen Medizinalverwaltung trat. 1901 wurde er Mitglied des Reichsgesundheitsrats. 1909 trat Hubert Grashey in den Ruhestand.

Sein Sohn war der Arzt und Radiologe Rudolf Grashey (1876–1950).

Schriften (Auswahl)

  • Die Cholera-Epidemie im Juliusspitale zu Würzburg. In: Würzburger Medicinische Zeitung. 7, 1866, S. 135–167.
    • Die Cholera-Epidemie im Juliusspitale zu Würzburg: August – October 1866. Stahel, Würzburg 1867. Zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1867.
  • Die Wellenbewegung elastischer Röhren und der Arterienpuls des Menschen sphygmographisch untersucht. Leipzig 1881.
  • Über die Blutbewegung im Schädel. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. Band 41, 1885, S. 707–710.
  • Denkschrift über die Universitätskliniken im Juliusspital in Würzburg. In: Verhandlungen des Landtages. Beilage 649, 1901/1902.

Literatur

  • Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 198, 261–262, 292, 346–349, 648, 768 und 770.
  • Otto Snell: Nachruf auf Hubert von Grashey. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und ihre Grenzgebiete. Band 73, 1917, S. 489–490.
  • O. Schrappe Psychiatrie in Würzburg und Psychiatrische Universitätsklinik Würzburg in den letzten 5 Jahrzehnten. In: Gerhardt Nissen, Gundolf Keil (Hrsg.): Psychiatrie auf dem Wege zur Wissenschaft. Psychiatrie-historisches Symposium anläßlich des 90. Jahrestages der Eröffnung der „Psychiatrischen Klinik der Königlichen Universität Würzburg“. Stuttgart 1985, S. 65 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Matthias M. Weber: Grashey, Hubert Ritter von. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 508.
  2. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 198 und 292.
  3. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg, Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 648.
  4. Mitgliedseintrag von Hubert von Grashey bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 4. Juli 2022.
  5. Matthias M. Weber: Grashey, Hubert Ritter von. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 508.
  6. Christian Sepp: Sophie Charlotte. Sisis leidenschaftliche Schwester, München 2017 (3. Auflage), S. 163/164 und 169.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Hubert von Grashey.JPG
Hubert von Grashey,1839-1914