Hubert Kelter
Hubert H. Kelter (* 12. Mai 1909 in Hamburg; † 16. September 1999) war ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Er wirkte als Syndikus der Handelskammer Hamburg, als Leiter der Commerzbibliothek in Hamburg, als Redakteur und Autor.
Familie
Er war ein Sohn des Hamburger Unternehmers Gerhard Martin Kelter (* 26. März 1872 in Hamburg; † 8. Juni 1942 ebenda), der insgesamt fünf Kinder hatte, und dessen erster Ehefrau Julia Henriette (* 29. Juli 1884 in Hamburg), geborene Hünlinghof.[1][2][3] Die Ehe seiner Eltern wurde bereits knapp ein Jahr nach seiner Geburt geschieden. Hubert Kelter hatte zwei jüngere Stiefschwestern, Gabriele (* 31. März 1913 in Hamburg) und Margaretha Beate (* 7. Januar 1915 in Hamburg),[4][5] deren Mutter die zweite Ehefrau des Vaters Gerhard Martin Kelter war, Gertrud Johanna Elise (* 4. Mai 1891 in Hamburg; † 6. Mai 1979 in Großhansdorf), geborene Gabory.[6][7][8] Bei dieser wuchsen auch Hubert H. Kelter und seine Brüder Erich und Wolfgang überwiegend auf.
Sein Vater war zusammen mit Hubert Hünlinghof (* 28. November 1848; † 1906) und nach Hünlingshofs Tod ab 1914 mit Julius Asch (geboren am 30. August 1875 in Rawitsch bei Posen; verstorben aufgefunden am 12. Januar 1939 in Hamburg, Suizid in der Elbe bei Blankenese) Mitinhaber des 1838 gegründeten Handelsunternehmens Chs Lavy & Co. (Markenname LACO) in Hamburgs Hochallee 9. Um 1914 beschäftigte es rund 500 Mitarbeiter in der Fertigung von Oberbekleidung.[9][10][11]
Schule
Hubert Kelter besuchte zunächst die Oberrealschule in Eppendorf (heute: Gymnasium Eppendorf) und wechselte am 29. April 1927 in die Unterprima (UI, Jahrgangsstufe 12) des von Martin Luserke geleiteten reformpädagogischen Landerziehungsheims Schule am Meer, um dort seine Reifeprüfung vorzubereiten und im März 1929 abzulegen.[12] Seine mündliche Prüfung im harten Eiswinter 1928/29 wurde zu einem abenteuerlichen Unterfangen.[13][14][15][16] Er bestand u. a. gemeinsam mit Ove Skafte Rasmussen und Werner Rings.[12]
Studium
Anfangs liebäugelte er damit, den von seinem Vater im Jahr 1914 erworbenen Hegehof Beimoor bei Hansdorf (gehört heute zu Ahrensburg) gewerblich zu betreiben. Dann jedoch entschied er sich dafür, Volkswirtschaft zu studieren,[17] zunächst am Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Während dieser Zeit zählte er zu den Vertrauensleuten der Schule am Meer, die interessierte Eltern potenzieller Schüler informierten und berieten, bis das Internat im Frühjahr 1934 vor dem Hintergrund des NS-staatlichen Antisemitismus’ und der „Gleichschaltung“ geschlossen wurde.
Er studierte später weiter an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn bei Arthur Spiethoff und an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg bei Walter Eucken und schloss als diplomierter Volkswirt (Dipl. rer. pol.) ab.
Berufliches Wirken
Er wurde zum Geschäftsführer der Wirtschaftskammer Hessen in Frankfurt am Main bestellt. Als sein Vater 1942 verstarb, war er im Frankfurter Kettenhofweg 85 gemeldet.[3] Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und Wien tätig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte er vom Frühjahr 1946 bis 1974 als Syndikus der Handelskammer Hamburg und Autor.[18][19] Er baute die Abteilung Volkswirtschaft der Handelskammer auf, für die er bis zum Erreichen der Altersgrenze im Jahr 1974 verantwortlich blieb. Zudem begründete er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Handelskammer und war bis 1965 redaktionell für die Herausgabe von deren Periodikum und die Berichterstattung zuständig. 1953 wurde der Juniorenkreis der Handelskammer begründet, der auf Anregung Kelters zurückging und für den er sich engagierte. Um 1965 übernahm er die Leitung der weltweit größten Wirtschaftsbibliothek, der Commerzbibliothek.
Kelter befasste sich mit Fragen der Wirtschaftspolitik, -ordnung, -statistik und -beobachtung, sein Interesse galt den volkswirtschaftlichen Aspekten der europäischen Integration.[20][21]
1949 begründete er die Martin-Luserke-Gesellschaft, deren Präsident er war.[22][23] Kelter hielt lebenslangen Kontakt zu seinen Lehrern Rudolf Aeschlimann und Martin Luserke sowie zu seinem Mitschüler Jens Rohwer, die er auf Juist kennengelernt hatte.[24] Er setzte sich dafür ein, das schriftstellerische Werk des verarmten Luserke teils wieder neu aufzulegen, wobei er durch Herbert Giffei und andere unterstützt wurde.
Hubert Kelter verstarb im Alter von 90 Jahren und wurde auf dem Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf beigesetzt.
Veröffentlichungen (Auszug)
- Martin Luserke zum siebzigsten Geburtstag (3. Mai 1950) – Glückwünsche und Betrachtungen aus dem Freundeskreis. Selbstverlag, Hamburg 1950 OCLC 1070510609
- mit Hans Bielfeldt, Harald Sieg (Red.): Hamburg als Industrieplatz. Hrsg. von der Handelskammer Hamburg und der Behörde für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg. Hammerich & Lesser Verlag, Hamburg 1952 OCLC 902414267
- mit Edgar Engelhard, Erich von Lehe: Freie und Hansestadt Hamburg (= Monographien Deutscher Wirtschaftsgebiete, Band XV)
- mit Herbert Giffei, Martin Kießig, Peter Lambrecht, Dieter Luserke, Jörg W. Ziegenspeck: Martin Luserke – Reformpädagoge, Dichter, Theatermann. Hrsg. v. Jörg W. Ziegenspeck. Verlag Klaus Neubauer, Lüneburg 1990. ISBN 3-9290-5807-3
- Beimoor – Die frühen Jahre. In: Ursula Ehlers-Rücker (Hrsg.): Großhansdorf erzählt. Schwanenverlag, Berkenthin 2004. ISBN 978-3-9807105-4-1, S. 37–43
Weblink
Einzelnachweise
- ↑ Heiratsurkunde Gerhard Martin Kelter und Julia Henriette Hünlinghof, Standesamt 3 Hamburg, Nr. 8/1903, 6. Januar 1903
- ↑ Vermerk der Scheidung am 14. April 1910; Zitiert nach: Vermerk auf der Heiratsurkunde Gerhard Martin Kelter und Julia Henriette Hünlinghof, Standesamt 3 Hamburg, Nr. 8/1903, 6. Januar 1903
- ↑ a b Sterbeurkunde Gerhard Martin Kelter, Standesamt Hamburg, Nr. 437/1942, 9. Juni 1942
- ↑ Schülerbuch der Schule am Meer, Juist, Blatt 128. In: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Handschriftenabteilung, Nachlass Luserke, Martin, Signatur Cb 37
- ↑ Schülerbuch der Schule am Meer, Juist, Blatt 206. In: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Handschriftenabteilung, Nachlass Luserke, Martin, Signatur Cb 37
- ↑ Geburtsurkunde Gertrud Johanna Elise Gabory, Standesamt 1 Hamburg, Nr. 1262/1891, 6. Mai 1891
- ↑ Heiratsurkunde Gerhard Martin Kelter und Gertrud Johanna Elise Gabory, Standesamt Hamburg, Nr. 35/1912, 20. Februar 1912
- ↑ Sterbeurkunde Gertrud Johanna Elise Kelter, geborene Gabory, Standesamt Großhansdorf, Kreis Stormarn, Nr. 73/1979; Zitiert nach: Vermerk auf Geburtsurkunde Gertrud Johanna Elise Gabory, Standesamt 1 Hamburg, Nr. 1262/1891, 6. Mai 1891
- ↑ Sterbeurkunde Julius Asch, Standesamt Hamburg, Nr. 13/1939, 14. Januar 1939
- ↑ Viermal Leben – Jüdisches Schicksal in Blankenese. In: Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese, auf: viermalleben.de
- ↑ Julius Asch * 1875, auf: stolpersteine-hamburg.de
- ↑ a b Schülerbuch der Schule am Meer, Juist, Blatt 62. In: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Handschriftenabteilung, Nachlass Luserke, Martin, Signatur Cb 37
- ↑ H. V. Knolle (d. i. S.a.M.-Schüler Heinz-Günther Knolle, 1912–1999): Vom Festland abgeschnitten! In: Löhner Tagblatt (Löhne/Westfalen), Beilage 38, Donnerstag, 14. Februar 1929, ohne Seitennummerierung.
- ↑ Hubert Kelter et al.: Martin Luserke. 3. Mai 1880 bis 1. Juni 1968. Würdigung am Vorabend seines Geburtstages. o. V., Hamburg 1969
- ↑ Hans Kolde: 1929: Mit dem Flugzeug ins Abitur (Memento des Originals vom 31. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , auf: edjw.de
- ↑ Hans Kolde: Mit dem Flugzeug ins Abitur. In: Strandlooper, Juist 2002, auf: strandlooper.com
- ↑ Hubert Kelter: Beimoor – Die frühen Jahre (PDF-Datei; 5,9 MB). In: Ursula Ehlers-Rücker (Hrsg.): Großhansdorf erzählt. Schwanenverlag, Berkenthin 2004. ISBN 978-3-9807105-4-1. Zitiert nach: Heimatverein Grosshansdorf-Schmalenbeck e. V. (Hrsg.): Der Waldreiter, 59, 11, November 2007, S. 37–43
- ↑ Gesucht wird die beste Verdeutschung. In: Die Zeit, 22. Februar 1951, auf: zeit.de
- ↑ Kelter, Hubert. In: Commerzbibliothek Hamburg, auf: gbv.de
- ↑ Hubert H. Kelter 60 Jahre. In: Mitteilungen der Handelskammer Hamburg, Heft 6/1969, Juni 1969
- ↑ Hubert Kelter ausgeschieden. In: Hamburger Wirtschaft – Mitteilungen der Handelskammer Hamburg, Heft 6/1974, S. 27
- ↑ Peter Lambrecht: Luserke-Gedenken. In: Mitteilungsheft Nr. 83 (1993) der Vereinigung ehemaliger Schüler und der Lehrer der Meldorfer Gelehrtenschule / Traditionsgemeinschaft Greifenberger Gymnasiasten, Meldorf, Winter 1993, S. 9
- ↑ Nachlass Martin Luserke (inkl. Akten der Martin-Luserke-Gesellschaft). In: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek Kiel, Signatur: Cb 37. Auf: kalliope-verbund.info
- ↑ Walter Frey-Mauerhofer: Rudolf Aeschlimann. In: Burgdorfer Jahrbuch 1963. S. 198 (PDF-Datei; 46,6 MB), auf: unibe.ch
Personendaten | |
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NAME | Kelter, Hubert |
ALTERNATIVNAMEN | Kelter, Hubert H. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Wirtschaftswissenschaftler, Syndikus der Handelskammer, Leiter der Commerzbibliothek und Autor |
GEBURTSDATUM | 12. Mai 1909 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 16. September 1999 |
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Dipl. rer. pol. Hubert H. Kelter (* 12. Mai 1909 in Hamburg; † 16. September 1999), deutscher Wirtschaftswissenschaftler, Syndikus der Handelskammer Hamburg, Leiter der Commerzbibliothek Hamburg, Redakteur und Autor
Autor/Urheber: Bernhard Diener, Lizenz: CC BY 4.0
Grabstein auf dem Friedhof Hamburg-Ohsldorf: Dipl. rer. pol. Hubert H. Kelter (* 12. Mai 1909 in Hamburg; † 16. September 1999), deutscher Wirtschaftswissenschaftler, wirkte als Syndikus der Handelskammer Hamburg, als Leiter der Commerzbibliothek in Hamburg, als Redakteur und Autor, Gründer und Präsident der Martin-Luserke-Gesellschaft, Hamburg.
Die Aufnahme zeigt vier von sechs Abiturienten des Abschlussjahrgangs 1929 des reformpädagogischen Landerziehungsheims Schule am Meer auf der ostfriesischen Nordseeinsel Juist in Preußen vor einer eigens gecharterten Junkers F 13 anlässlich ihrer Reifeprüfung, die aufgrund der Witterungsbedingungen im harten Eiswinter sehr ungewöhnlich und abenteuerlich verlief. 1. von links ist Jolanda Freiin von Tettau (* 9. Dezember 1912 in Charlottenburg bei Berlin, Königreich Preußen; † 19. August 2005 in Stuttgart), 2. von links ist Hubert Kelter (* 12. Mai 1909 in Hamburg, † 1999), ganz rechts Werner Rings (* 19. Mai 1910 in Offenbach am Main, Großherzogtum Hessen; † 16. April 1998 in Ascona, Kanton Tessin, Schweiz) mit seiner Violine, auf der er während seiner Reifeprüfung ein selbst komponiertes Stück vorzutragen hatte. Zwei der Abiturienten fehlen auf dem Foto, darunter Ove Skafte Rasmussen (* 28. Mai 1909 in Zschopau, Königreich Sachsen; † 23. Dezember 1995 in Maintal, Hessen). Die zwei weiteren Abiturientinnen waren Eva de Marcos (* 18. Oktober 1910 in München, Königreich Bayern) und Susanne Zimmer (* 16. August 1909 in Mönchen-Gladbach, Rheinprovinz, Königreich Preußen). Die Oberprimaner wurden von zweien ihrer Lehrer begleitet: Martin Luserke und Rudolf Aeschlimann. Die Geschichte um dieses vorweggenommene Fliegende Klassenzimmer findet sich hier: 1929: Mit dem Flugzeug ins Abitur