Howard Vernon

Howard Vernon (eigentlich Mario Walter Lippert; * 15. Juli 1908 in Baden-Baden, Großherzogtum Baden; † 25. Juli 1996 in Issy-les-Moulineaux, Frankreich)[1][2] war ein schweizerisch-französischer Schauspieler mit langjähriger, internationaler Tätigkeit in Rollen sadistischer Edelschurken und kalter NS-Uniformträger sowie späterer Karriere beim europäischen Trashfilm.

Die frühen Jahre im Hotelgewerbe

Der Sohn des deutschen Hoteliers Julius Joseph Lippert und der Deutschen Doris Hermine Frieda geb. Häffner ging in Bern und Nizza zur Schule (bzw. Handelsschule), wo der perfekt deutsch- und englischsprachige Künstler auch die französische Sprache erlernte. Anschließend wechselte er in die Hotelbranche. Von 1932 bis 1934 arbeitete Howard Vernon an der Rezeption diverser Luxushotels in der Schweiz (Luzern, St. Moritz), in Frankreich und Ägypten.

Erste Kontakte zur Schauspielerei

Anschließend ging er nach Berlin und ließ sich dort zum klassischen Schauspieler ausbilden. Wieder in Zürich, setzte er seine Lehrzeit unter dem in die Schweiz geflohenen Schauspieler Erwin Kalser fort und absolvierte erste (noch winzige) Theaterauftritte. Einen frühen kleinen Erfolg feierte der 1938 für einige Zeit nach London übergesiedelte Vernon mit einer eigens einstudierten Bühnennummer, bis er kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Paris geholt und als Entertainer an das Casino de Paris verpflichtet wurde. Anschließend an das Revuetheater Alcazar engagiert, hatte er vor allem mit der Revue Beauté des femmes bis zum Spätherbst 1940 Erfolg. Während des Besatzungszeit blieb der als neutraler Staatsbürger ungefährdete Vernon in Paris, gab u. a. Englisch-Unterricht und trat an diversen Cabarets der Hauptstadt auf.

Beginn der Filmlaufbahn

Vernons Abenteuer- und Vagabundierlust trieb ihn noch während des Krieges erneut nach Großbritannien, wo er sich 1944 bei der Londoner BBC als Sprecher verdingte. Gleich nach der Befreiung von Paris stand er schon wieder auf dortigen Bühnen und erzielte mit seiner Rolle des Deutschen in dem dramatischen Stück Un ami viendra ce soir einen Achtungserfolg. Diese Rolle wiederholte Vernon wenige Monate später auch im Film, bei dem er ab 1945 Unmengen kleinerer und mittelgroßer Rollen, gelegentlich auch Hauptrollen spielen sollte. Vor allem sein mit besten Manieren ausgestatteter, die französische Kultur liebender deutscher Wehrmachtsleutnant Werner von Ebrennac in Jean-Pierre Melvilles Umsetzung des Vercors-Romans Le silence de la mer machte ihn in Frankreich schlagartig bekannt: Es sollte seine eindringlichste Leistung werden.

In den darauffolgenden Jahren wirkte Vernon vor allem in französischen, aber auch in einigen spanischen Produktionen mit. Als sich Mitte der 50er Jahre auch das bundesdeutsche Kino für ihn zu interessieren begann, nahm ihn die Münchner Filmagentur Palz unter Vertrag. Vernon war durch seine Rollentypisierung fortan auf jede Art formvollendeter Schurken mit Glacéhandschuhen abonniert. Er spielte immer wieder eiskalte Verbrecher, denen der Hochmut ins Gesicht geschrieben schien. Regelmäßig sah man den Schweizer auch NS-Offiziere oder einfache Wehrmachtssoldaten spielen.

Karriere als Trashfilm-Star

Ab 1965 nahm seine Karriere eine entscheidende Wendung. Vernon, der bereits vier Jahre zuvor in Jesús Franco Maneras erstem Gruselfilm-Erfolg Gritos en la noche an zentraler Stelle mitgewirkt hatte, konzentrierte sich in den kommenden anderthalb Jahrzehnten primär auf die Mitwirkung in billigen und bisweilen drittklassigen Horrorfilmen, die im Laufe der Jahre bei einer treuen Fangemeinde Kultfilmstatus erreichten, sowie auf voyeuristische, sadomasochistische Sexfilme – inszeniert vom Trashfilm-Spezialisten Franco Manera. Der Spanier betraute Vernon fast durchgehend mit Hauptrollen und ließ ihn sadistische Dunkelmänner und düstere Schlossbesitzer sowie sinistre, skrupellose und durchweg amoralische Verbrechergenies, dämonische Mediziner, Folterknechte, gruselige Grafen und Pseudowissenschaftler spielen. Unter seinem Geburtsnamen Mario Lippert fungierte er bei diesen günstigen, mit sehr kleinen Technik-Crews hergestellten Filmen, häufig zusätzlich als Set-Fotograf.

Neben seiner Mitwirkung in Kultfilmen wie Die Nacht der offenen Särge, Mädchen für intime Stunden und Frauen für Zellenblock 9 war Vernon immer wieder auch in intellektuellen Filmen zu sehen, wie etwa in Jean-Marie Straubs Der Tod des Empedokles und in Jean-Pierre Jeunets skurril-surrealem Filmmärchen Delicatessen.

Filmografie (Auswahl)

Literatur

  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, Bd. 164 ff., S. 472.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Gautier: Howard Vernon. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 29. Juni 2011, abgerufen am 9. Dezember 2019.
  2. Eintrag zu Howard Vernon in Fichier des personnes décédées.