Homonym (Taxonomie)

In der biologischen Nomenklatur ist ein Homonym ein Name für ein Taxon, der in der Schreibweise identisch mit einem anderen Namen ist, welcher allerdings für ein anderes Taxon vergeben wurde.

ICZN

Die Regel im International Code of Zoological Nomenclature (ICZN) besagt, dass der erste der veröffentlichten Namen als „älteres Homonym“ (englisch senior homonym) zu gelten hat und zu verwenden ist (dies macht ihn zum „gültigen Namen“); alle anderen (ebenso geschriebenen) Namen sind jüngere Homonyme (englisch junior homonyms), sie sind präokkupiert und müssen durch neue Namen ersetzt werden. Es ist jedoch unter Umständen möglich, das jüngere Homonym als nomen protectum zu schützen und das ältere Homonym als nicht verfügbar zu einem nomen oblitum zu erklären. Die Voraussetzung dafür ist, dass das ältere Homonym veraltet ist und nicht „vorwiegend benutzt“ wird.

Ein Beispiel:

ICN

Ähnlich spezifiziert der International Code of Nomenclature for algae, fungi, and plants (ICN), dass das erste von zwei oder mehr veröffentlichten Homonymen zu verwenden ist: Ein späteres Homonym (englisch later homonym) ist „illegitim“ und darf nicht verwendet werden, es sei denn, es handelt sich um einen konservierten (oder im Falle von Pilzen einen sanktionierten) Namen.[1]

Ein Beispiel: Das spätere Homonym Myroxylon L.f. (1782) (Familie der Hülsenfrüchtler) wird gegenüber dem früheren Homonym Myroxylon J.R.Forst. & G.Forst. (1775) (jetzt als Xylosma bezeichnet, aus der Familie der Weidengewächse) konserviert.

Nach den Regeln des botanischen Codes werden Namen, die ähnlich genug sind, um verwechselt werden zu können, gleichfalls als homonym angesehen (Artikel 53.3, Parahomonyme). So ist zum Beispiel der Name Astrostemma Benth. (1880) ein illegitimes Homonym von Asterostemma Decne. (1838). Im zoologischen Code gibt es eine Reihe von Schreibvarianten, die als identisch angesehen werden (Artikel 58).

Hemihomonyme

Beide Codes behandeln nur Taxa, die in ihrem speziellen Focus sind (im ICZN Tiere; im ICN primär Pflanzen). Deshalb sind beide Namen gültig, wenn sie für ein Tier- und ein Pflanzentaxon vergeben wurden, auch wenn ihre Schreibweise identisch ist. Diese Namen werden Hemihomonyme genannt.[2] So ist z. B. der Name Erica sowohl der einer Springspinnen-Gattung (Erica Peckham & Peckham, 1892) als auch der von Heidekräutern (Erica L.).

Hemihomonyme gibt es auch auf Artebene, bei denen Organismen verschiedener Reiche denselben zweiteiligen Namen teilen. Orestias elegans[3] bezeichnet z. B. sowohl eine Fischart (Tierreich) als auch eine Orchideenart (Pflanzenreich).

TierPflanze/Pilz
Agathis montana Shestakov (eine Wespenart)Agathis montana de Laub. (die Mount Panié Kauri, ein Nadelbaum)
Asterina gibbosa Pennant (ein Seestern)Asterina gibbosa Gaillard (ein Pilz)
Baileya australis Grote (ein Nachtfalter aus der Familie der Eulenfalter)Baileya australis Rydb. syn. B. multiradiata (eine Verwandte der Studentenblumen)
Centropogon australis White (ein Fisch aus der Familie der Stirnflosser)Centropogon australis Gleason (eine Pflanze aus der Familie der Glockenblumengewächse)
Orestias elegans Garman (ein Vertreter der Cyprinodontidae)Orestias elegans Ridl. (eine Orchidee)
Tritonia pallida Stimpson (eine Schnecke aus der Gruppe der Nacktkiemer)Tritonia pallida Ker Gawl. (eine Pflanze aus der Familie der Schwertliliengewächse)

Einzelnachweise

  1. International Code of Nomenclature for algae, fungi, and plants, Articles 53, 15, and 13. Abgerufen am 14. Juni 2013.
  2. Alexey Shipunov: The problem of hemihomonyms and the on-line hemihomonyms database (HHDB). In: Bionomina. 4. Jahrgang, 2011, S. 65–72 (biotaxa.org).
  3. Orestias elegans - Wikispecies. In: species.wikimedia.org. Abgerufen am 5. April 2017.