Holzmarktbrunnen (Hannover)

Der Brunnen am Holzmarkt vor dem Leibnizhaus
Ein Kreis aus Pflastersteinen markiert den älteren, unerforschten Brunnen im Untergrund
Details auf einem der kupfergetriebenen Wasserbecken

Der Holzmarktbrunnen (auch: Oscar-Winter-Brunnen) vor dem heutigen Leibnizhaus am Holzmarkt in Hannover ist ein denkmalgeschütztes Werk verschiedener Künstler.[1]

Geschichte

Der unerforschte Vorläuferbrunnen

Wenige Meter vor dem Holzmarktbrunnen wurde durch Zufall ein älterer Brunnen am Holzmarkt entdeckt: Im Zusammenhang mit der Neuerrichtung der Fassade des Leibnizhauses wurde auch der Holzmarkt-Platz neu gestaltet und gepflastert. Dabei blieb im Oktober 1983 ein Lastwagen überraschend im Untergrund stecken. Es zeigte sich, dass der LKW über einem unterirdischen Brunnenschacht eingesackt war, „der sorgfältig aus behauenem Sandstein gefügt war.“ Da jedoch die Pflasterarbeiten zügig weitergehen mussten, „blieb den interessierten Fachleuten nichts weiter übrig, als Fotos aufzunehmen“. Eine nähere Untersuchung unterblieb aus Zeitgründen – der Schacht wurde „vorläufig“ wieder zugedeckt. Heute markiert eine kreisförmige Anordnung der Pflastersteine die Fundstelle des zugedeckten und noch unerforschten Brunnenschachtes.[2]

Oscar-Winter-Brunnen

Die in Hannover ansässige Firma Oscar Winter, Eisenwarengroßhandlung plante zu ihrem hundertjährigen Geschäftsjubiläum die Stiftung eines – verkaufsfördernden – Brunnens. Nachdem zuvor die Gebäude der Gold- und Silbertressenfabrik Hausmann an der Burgstraße 42/Ecke Pferdestraße erworben waren (heute der Standort des Historischen Museums Hannover), sollte der Brunnen unmittelbar vor dem Geschäftssitz für die (schmiede-)eisernen Waren der Firma werben.[3]

Die Geschäftsinhaber Oscar Winter sowie Wilhelm Meier[2] zahlten daher für die folgenden Künstler:

  • den Bildhauer Karl Gundelach, der das Modell mit den Zügen von Oscar Winter als Schmied schuf, der prüfend den Merkurstab als Symbol des Handels fixiert;
  • den Architekten Otto Lüer, nach dessen Plänen der Brunnenbau errichtet wurde;
  • G. Wilhelm und W. Lind, die die kupfergetriebenen Brunnenschalen lieferten;
  • Conrad Geschwind, der weitere figürliche Teile beitrug, sowie
  • H. W. Wittenberg, der die Schmiedearbeiten vornahm.[4]
Der Brunnen von 1896 ebenerdig;
Lithografie der Druckerei Fiedeler & Bayer
Um 1900: Frauen verkaufen landwirtschaftliche Produkte am Holzmarkt;
kolorierte Ansichtskarte, anonymer Fotograf,

1896 wurde der Zierbrunnen der Öffentlichkeit übergeben, jedoch ereignete sich 1899 ein so schwerwiegender Fuhrwerks-Unfall[5], dass 1899/1900 und 1914 Ergänzungen notwendig wurden: Mit Einverständnis des Architekten und finanzieller Unterstützung der einstigen Stifter realisierte man einen Unterbau aus Granit, der auch zwei Hundetränken aufnahm und der über zwei Treppen seitlich zur Fahrbahn erstiegen werden konnte. Später kamen die reich verzierten schmiedeeisernen Gitter hinzu, um die Wasserbecken aus Kupfer zu schützen.[2]

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Figur des Schmiedes 1941 eingeschmolzen.[2]

Oscar Winter als ursprüngliche Skulptur mit Bart;
Reproduktion eines Fotos um 1896
Oscar Winter als junger Mann mit prüfendem Blick auf den Merkurstab. Skulptur von Friedrich Adolf Sötebier.

In den Wiederaufbaujahren fand sich bei der Tochter von Karl Gundelach jedoch ein kleines Modell, nach dem der Bildhauer Friedrich Adolf Sötebier im Auftrag der Stadt Hannover 1954 eine neue Figur des Schmiedes schuf. Während die ursprüngliche Figur von Oscar Winter einen Bart getragen hatte, ist die neue Figur – dem erhaltenen Modell getreu – bartlos ausgeführt. Daher wirkt der heutige Schmied wesentlich jünger als der ursprüngliche.[2]

Im Dezember 1954 reimte daraufhin Friedrich Lüddecke in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:[2]

„Willkommen, junger Schmiedgeselle,
der du den Holzmarkt wieder schmückst
und nun von deines „Vaters“ Stelle
beschaulich in die Gegend blickst!

Der Alte war an Kinn und Backe
mit einem strammen Bart geziert,
du aber bist, dem Zeitgeschmacke
entsprechend, ziemlich glatt rasiert.

Und sollt' dir die Rasur nicht passen,
so sei zum Troste dir erzählt:
Wir alle mußten Haare lassen
in dieser Zeit, da du gefehlt...“

Der Wunschring in Hannover

Der fugenlos geschmiedete „Wunschring“

In das schmiedeeiserne Gitter von 1914 um die Brunnenschalen ist ein nahtlos ausgeführter „Wunschring“ eingelassen: „Eine in jüngeren Tagen aufgeschriebene „Sage“ schreibt dem Ring Wunschkraft zu, wenn man ihn dreht.“ Der Ring verweist auf ein vergleichbares Exemplar am Schönen Brunnen in Nürnberg.[6]

Archivalien

An Archivalien finden sich beispielsweise

  • im Stadtarchiv Hannover die Originale der bei Restaurierungsarbeiten in den 1980er Jahren in der goldenen Kugel des Baldachins aufgefundenen Nachrichten des Herstellers: Ein Stammtischfoto mit den Unterschriften aller am Bau Beteiligten, ein kurzer geschichtlicher Hinweis und den Namen der Mitarbeiter der „Kunst- und Bauschlosserei Wilhelm Wittenberg, Hannover, Göhrdestraße No. 6“[7]

Literatur

  • Günter Siebert, Wolfram Kummer: Der „Oskar-Winter-Brunnen“ am Holzmarkt in Hannover. In: Hans-Herbert Möller (Hrsg.): Restaurierung von Kulturdenkmalen. Beispiele aus der niedersächsischen Denkmalpflege (= Berichte zur Denkmalpflege, Beiheft 2), Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, Hameln: Niemeyer, 1989, ISBN 3-87585-152-8, S. 397–404.
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Holzmarkt 4–6. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon / Handbuch und Stadtführer, Neuausgabe, 4., aktualisierte und erweiterte Aufl., hrsg. von Dirk Böttcher und Klaus Mlynek, zu Klampen Verlag, Springe 2007, S. 153f.
  • Rainer Ertel, Ernst-Friedrich Roesener: Hannoversches Brunnenbuch, Fackelträger-Verlag GmbH, Hannover 1988, ISBN 3-7716-1497-X, S. 12, 87.
  • Der Holzmarktbrunnen in Hannover. In: Deutsche Bauzeitung, 31, Nummer 16 (1897), S. 100f.
  • Rainer Ertel: Holzmarktbrunnen. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 307.
  • K. Scheibe: Verschwundene und jetzige Kunstbrunnen zu Hannover. In: Hannoverland 10 (1916), S. 98.
  • Dies.: 3. Altstadt. In: Brunnen in Hannover / Wasserspiele und Brunnen in ihren Stadtteilen, mit einem Beitrag von Ludwig Zerull. Cartoon Concept Agentur und Verlag GmbH, Hannover 1998, ISBN 3-932401-03-4, S. 22.

Weblinks

Commons: Holzmarktbrunnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerd Weiß, Marianne Zehnpfennig: Holzmarkt. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland / Baudenkmale in Niedersachsen / Stadt Hannover, Teil 1, Bd. 10.1, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1983, ISBN 3-528-06203-7, S. 61, sowie Mitte, in der Anlage Verzeichnis der Baudenkmale gem. § 4 (NDSchG) (ausgenommen Baudenkmale der archäologischen Denkmalpflege) / Stand: 1. Juli 1985 / Stadt Hannover, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt - Institut für Denkmalpflege, S. 4
  2. a b c d e f Rainer Ertel, Ernst-Friedrich Roesener, 1988
  3. Waldemar R. Röhrbein: Winter - Oscar W., Eisenwarengroßhandlung. In: Stadtlexikon Hannover, S. 681
  4. Rainer Ertel: Holzmarktbrunnen. In: Stadtlexikon Hannover, S. 307
  5. lt. Dokument, das man 1984/85 fand zusammen mit anderen Papieren in der „goldenen“ Kugel an der Bekrönung des Baldachins bei einer Generalüberholung des Brunnens
  6. Ertel, Roesener, 1998
  7. Günter Siebert, Wolfram Kummer: Der „Oskar-Winter-Brunnen“ ... (siehe Literatur), S. 401

Koordinaten: 52° 22′ 17,3″ N, 9° 43′ 56,9″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Holzmarktbrunnen Oskar-Winter-Brunnen Hannover Fisch und Frauenkopf.jpg
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Details an einer der Schalen am Holzmarktbrunnen mit Fisch und Frauenkopf.
1896 Karl Gundelach Foto Skulptur Oscar Winter als Schmied, Hannover.tif
Bildtafeln Nummer 5 (Ausschnitt) mit dem Abdruck einer vor 1896 entstandenen Fotografie eines unbekannten Fotografen; aus dem Besitz des hannoverschen Justizrates Hans Brauns wiedergegeben in dem von F. H. Hesse 1929 herausgegebenen Buch

„Führer durch Hannover Stadt und Land. Heimatkundliche Wahrzeichen. Ein Begleiter auf Wanderungen durch Stadt Hannover und Umgegend. Nach Standort, Herkunft, Bedeutung usw. zusammengestellt und beschrieben“

Das Bild zeigt die von dem Bildhauer Karl Gundelach geschaffene Skulptur eines Schmiedes, der zugleich den Stiftungsgeber für den Holzmarktbrunnen bzw. den nach ihm benannten Oscar-Winter-Brunnen in Hannover zeigt, hier als gestandenen Mann mit Bart ...
Holzmarktbrunnen Oskar-Winter-Brunnen Hannover Kpl.-Ansicht vor Leibnizhaus o. Menschen.jpg
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Der Oscar-Winter-Brunnen wird nach seinem Standort auch Holzmarktbrunnen genannt.
Anonymer Fotograf PC 0032 Hannover. Holzmarktbrunnen koloriert Bildseite.jpg
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Die kolorierte Ansichtskarte mit der "No. 32" eines anonymen Fotografen zeigt Markfrauen mit ihren Verkaufsständen vor dem Holzmarktbrunnen in Hannover. Im Hintergrund rechts werben die "Gebrüder Bengen" an einer Hauswand um Aufmerksamkeit.
Holzmarktbrunnen Hannover Adolf Sötebier Schmied mit Merkurstab Oskar Winter Otto Lüer Karl Gundelach.jpg
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Die Figur des Schmiedes wurde ursprünglich von Karl Gundelach. geschaffen. Die Figur trug die Züge von einem der beiden Stifter des Brunnens, Oscar Winter, anfangs mit dem für die damalige aussagekräftigen Bart. Nachdem im Zweiten Weltkrieg die Figur - wie auch zahlreiche andere - zum Einschmelzen für die Kriegsproduktion abgeliefert werden mußte, schuf der Bildhauer Friedrich Adolf Sötebier diese jüngere Figur ohne Bart nach einem Modell aus dem Besitz der Tochter von Karl Gundelach. Der Merkurstab, den der Schmied in der Hand hält, steht für den Handel: Die Firma "Oscar Winter, Eisenwarengroßhandlung hatte um 1900 mehrere Verkaufsstandorte in Hannover, darunter eines am Standort des heutigen Historischen Museums.
Fiedeler & Bayer PC Holzmarktbrunnen Hannover, Bildseite, Lithografie Marktfrauen Oskar Winter Eisenwarenhandlung, Historisches Museum, Oskar-Winter-Brunnen 1898.jpg
Autor/Urheber: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Als der Lichtdruck noch nicht so verbreitet war, wurden insbesondere noch kurz vor der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert viele Ansichtskarten noch als mehrfarbige Lithografie herausgegeben; hier zum Beispiel diejenige eines nicht angegebenen Künstlers aus dem "Verlag von Fiedeler & Bayer, Hannover": Von links gesehen ist der Standort des heutigen Leibnizhauses zu sehen mit dem Schriftzug "Behrend" an der Fassade und dem "Schloss-Restaurant August Pfennig" im Erdgeschoss. Rechts daneben der 1881 errichtete Neorenaissance-Bau Noltehaus (nach dem späteren Besitzer und Fotografen August Nolte), in dessen Parterre noch die "Hof-Bäckerei A. Phillips" als Haus erster Adresse dem zahlungskräfigen Publikum sicher erlesene Köstlichkeiten darbot. Das Gebäude ganz rechts im Bild trägt den Hinweis auf die ehemalige Eisenwarengroßhandlung Oscar Winter, an deren Stelle sich heute der Haupteingang des Historischen Museums Hannover findet. Dafür findet sich eine typische Szene mit Marktfrauen, die als sogenannte Gartenkosaken ihr vor den Toren der Stadt selbst angebautes Obst und Gemüse zumeist aus einfach auf das Pflaster hingestellten Körben verkauften. Im Vordergrund in der Bildmitte das Hauptmotiv, der Holzmarktbrunnen, nach dem Stifter(n) auch Oscar-Winter-Brunnen genannt, hier noch in seiner ursprünglich ebenerdigen Form von 1896, bevor er - aufgrund mehrfacher Beschädigungen durch Pferdefuhrwerke - höhergelegt und mit dem Eisengitter der damaligen Schmiedekunst eingefasst wurde. Die Figur in der Mitte des Brunnens schuf der Bildhauer Karl Gundelach, der Kaufmann Oscar Winter ist hier noch als gestandener Mann mit dem für die damalige Zeit beinahe vorgeschriebenen Bart zu erkennen. Typisch auch die beiden Frauen, die bei schönstem Wetter einen aufgespannten Sonnenschirm zwecks Erhaltung des vornehmens Teints mit sich herumtragen, während die Einkäuferinnen auf dem Markt ohne diesen vorlieb nehmen mußten ...
Holzmarkbrunnen Hannover 1914 Ziergitter Schmiedearbeiten H. W. Wittenberg Wunschring wie Schöner Brunnen Nürnberg.jpg
Autor/Urheber: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY 3.0
Der in das schmiedeeiserne Gitter eingelassene "Wunschring" am Holzmarktbrunnen in Hannover. Eine "Sage" aus jüngster Zeit schreibt dem Ring Wunschkraft zu, wenn man ihn (dreimal wortlos nach links) dreht. Für die nahtlose Ausführung des Rings aus Messing wird auf den Schönen Brunnen in Nürnberg verwiesen. Das reich verzierte Gitterwerk um den ursprünglichen Brunnen von 1896 wurde erst 1914 hinzugefügt. Die Schmiedearbeiten stammen von H. W. Wittenberg.
Holzmarktbrunnen Hannover Kreis aus Pflastersteinen zur Markierung des unerforschten älteren Brunnens.jpg
Autor/Urheber: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY 3.0
Der aus Pflastersteinen gelegte Kreis markiert den bei den Bauarbeiten des Leibnizhauses zufällig entdeckten Brunnen im Erdboden. Der namenlose Brunnen ist bis heute nicht erforscht. Im Hintergrund ist der "Holzmarktbrunnen zu sehen.