Holzfällen

Holzfällen. Eine Erregung ist ein 1984 erschienener Roman von Thomas Bernhard. Der Ich-Erzähler kommentiert, auf einem Ohrensessel sitzend, eine Wiener Abendgesellschaft, zu der er eingeladen wurde. Das Buch erzeugte nach seiner Veröffentlichung erhebliches publizistisches und juristisches Echo und gehört zu Marcel Reich-Ranickis Kanon der deutschen Literatur.

Inhalt

Das Ehepaar Auersberger veranstaltet ein „künstlerisches Abendessen“ und lädt dazu Freunde und Bekannte, darunter einen Burgschauspieler, ein. Die Gesellschaft unterhält sich gut, allein der Ich-Erzähler langweilt sich. Der Burgschauspieler lässt auf sich warten, und die Gesellschaft wird zunehmend betrunkener. Der Erzähler reflektiert auf dem Ohrensessel in einem Monolog seine ihm immer nichtiger erscheinenden Beweggründe, überhaupt der Einladung des Ehepaars Auersberger gefolgt zu sein, und merkt, dass er für die Personen dieser Gesellschaft, von denen er die meisten über Jahre hinweg nicht mehr gesehen hat, nichts als Abscheu empfindet. Die Langeweile wandelt sich mit zunehmender Stunde zu immer exzessiverer innerer Erregung, die schließlich zum abrupten Aufbruch führt.

Seinem Werk stellt Bernhard ein Zitat Voltaires voran:

„Da ich nun einmal nicht imstande war, die Menschen vernünftiger zu machen, war ich lieber fern von ihnen glücklich.“

Form, Titel, Stil

Wie in vielen anderen Werken Bernhards, lebt auch Holzfällen von den typisch monologischen Äußerungen seines Protagonisten. Der Inhalt ist bereits auf der ersten Seite umrissen – auf ca. 320 Seiten werden die Gedanken des Ich-Erzählers geschildert, und mit jeder Wiederholung steigert sich dessen Abneigung gegenüber der Abendgesellschaft. Der weitere Text hat keine Kapiteleinteilung und Absätze.

Der Titel Holzfällen entstammt einer Aussage des dann eingetroffenen und zu später Stunde betrunkenen Burgschauspielers. Er betont, welchen Wert die unberührte Natur für ihn habe und wie gerne er selbst Teil dieser wäre. Er beendet seine Rede mit den Worten „Wald, Hochwald, Holzfällen“,[1] die den Ich-Erzähler für kurze Zeit fast Sympathie für den Schauspieler spüren lassen.

Veröffentlichung

Die Veröffentlichung von Holzfällen löste einen Skandal aus, der die Verkaufszahlen des Buchs in die Höhe trieb, nicht zuletzt deshalb, weil sich ein Bekannter und früherer Freund Bernhards, der österreichische Komponist Gerhard Lampersberg, in der Figur des Herrn Auersberger zu erkennen glaubte und Ehrenbeleidigungsklage einreichte. Das Urteil des darauf folgenden Prozesses verfügte die Beschlagnahmung der gedruckten Exemplare aus den österreichischen Buchhandlungen. Lampersberg zog kurze Zeit später die Klage zurück. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung soll eine außergerichtliche Einigung erzielt worden sein.

Holzfällen ist neben Heldenplatz eines der skandalträchtigsten Werke des österreichischen Autors.

Interpretation

Holzfällen wurde vielfach als Schlüsselroman gelesen, seine Figuren mit realen Personen aus Thomas Bernhards Leben in Verbindung gebracht.[2]

Kay Link (2000) nennt Holzfällen ein Paradebeispiel für Bernhards „... Vorstellung vom Leben: Leben als Theater.“[3]

Ausgaben

Claus Peymann liest aus Holzfällen im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen am Rhein, 2017
  • Thomas Bernhard: Holzfällen. Eine Erregung. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1984, ISBN 3-518-39688-9.
  • Thomas Bernhard: Holzfällen, Werke, Band 7. Hrsg. von Martin Huber und Wendelin Schmidt-Dengler. Frankfurt a. M. 2007, ISBN 978-3-518-41507-8
Hörbuch
  • Thomas Bernhard: Holzfällen. Eine Erregung, 7 Audio-CDs, gelesen von Thomas Holtzmann, DHV – Der Hörverlag, München 2003, ISBN 978-3-89584-949-7

Bearbeitungen

2004 entstand für den ORF eine Hörspielbearbeitung von Ulrich Gerhardt. Im Jahr 2014 präsentierte das Teatr Polski we Wrocławiu, das Polnische Theater in Breslau, eine Bühnenfassung des Prosatextes.[4]

Literatur

  • Wieland Schmied: A wie Auersberger, in: ders.: Auersbergers wahre Geschichte und andere Texte über Thomas Bernhard; Ein Alphabet, Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2014, ISBN 978-3-99028-258-8, S. 12–24.
  • Hans Höller: Thomas Bernhard. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993, ISBN 3-499-50504-5.
  • Kay Link: Die Welt als Theater – Künstlichkeit und Künstlertum bei Thomas Bernhard. Akademischer Verlag Stuttgart, Stuttgart 2000, ISBN 3-88099-387-4.
  • Daniel Kehlmann: Der melancholische Lobbyist. Thomas Bernhard: Holzfällen. In: Lob: Über Literatur. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2010, ISBN 978-3-498-03548-8.
  • Jens Dittmar (Hrsg.): Thomas Bernhard Werkgeschichte. 2. Aufl., aktualisierte Neuausgabe. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1990, ISBN 3-518-38502-X.
  • Marcus Hahn: Undank. Thomas Bernhards ‚Holzfällen‘ (1984). In: Dank sagen. Politik, Semantik und Poetik der Verbindlichkeit. Hrsg. von Natalie Binczek, Remigius Bunia, Till Dembeck, Alexander Zons. Wilhelm Fink, München 2013, ISBN 978-3-7705-5669-4, S. 95–99.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thomas Bernhard: Holzfällen. Eine Erregung (= suhrkamp taschenbuch. Band 1523). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-38023-0, S. 302.
  2. Wilhelm Ruprecht Frieling: Rezension "Holzfällen" in literaturzeitschrift.de
  3. Kay Link: Die Welt als Theater – Künstlichkeit und Künstlertum bei Thomas Bernhard. Akademischer Verlag Stuttgart, Stuttgart 2000, ISBN 3-88099-387-4, S. 45
  4. Polskie Radio: Kogo Krystian Lupa uśmierca w "Wycince"?, 29. Oktober 2014, abgerufen am 3. September 2016. (poln.)

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Theatermacher Claus Peymann liest aus dem Suhrkamp-Roman "Holzfällen. Eine Erregung" von Schriftsteller Thomas Bernhard im Kulturzentrum DasHaus in Ludwigshafen am Rhein