Holland

Der Löwe ist das Wappentier der Grafschaft Holland sowie der heutigen Niederlande. Hier sieht man ihn als Leo Hollandicus von 1648, mit einer Landkarte der Grafschaft. Umgeben ist der Löwe von Stadtansichten.

Holland ist ein Ausdruck für ein Gebiet in den heutigen Niederlanden. Außerdem verwenden viele Menschen (außerhalb der Niederlande) Holland (als Synekdoche oder Pars pro toto) fälschlicherweise für die gesamten Niederlande. In den Niederlanden selbst nennt man das eigene Land Nederland.

Der Name bezieht sich ursprünglich auf die historische Grafschaft Holland. Sie war eine der weitgehend eigenständigen Einheiten in der Republik und später, ab 1795/1815, eine Untereinheit im niederländischen Staat. Heute kann man unter Holland die beiden Provinzen Noord-Holland und Zuid-Holland oder aber ein größeres Gebiet verstehen, da früher auch Teile von Zeeland und Utrecht zur Grafschaft gehörten. Da es heute keine politische Untereinheit „Holland“ gibt, steht der Ausdruck nun eher für eine historische Landschaft.

Das gemeinte Gebiet liegt im Westen der Niederlande und entspricht teilweise dem Ballungsraum, der Randstad genannt wird. In den Niederlanden gibt es einen bedeutsamen Gegensatz von Zentrum und Peripherie, wobei der Westen die Rolle des (politischen, wirtschaftlichen und kulturellen) Zentrums einnimmt. Darum gibt es vor allem in der Peripherie (den übrigen Landesteilen) Unmut darüber, wenn das gesamte Land als Holland bezeichnet wird.

„Holland“ mit der Großstadt Amsterdam ist für das internationale Erscheinungsbild der Niederlande insgesamt sehr prägend: Altstädte mit Grachten, Tulpenfelder, Sandstrände. Wegen des Overtourism, des überbordenden Tourismus, wird dieses traditionelle, kitschige „Hollandbild“ auch kritisch gesehen. Die Niederlande versuchen daher zu einem Bild beizutragen, das auch die übrigen Landesteile stärker berücksichtigt.

Geschichte

Der bedrohte Schwan von Jan Asselijn, um 1650. Die Aufschriften wurden nachträglich hinzugefügt. So gedeutet wurde der Schwan als der Politiker Johan de Witt, der das Ei Holland gegen den englischen Hund verteidigt. Das Bild erinnert symbolisch an die Größe Hollands und seiner Seemacht.

Der Name Holland wurde erstmals 866 als Holtland („Holzland“ oder „Waldland“) für die Gegend um Haarlem erwähnt.[1] Die Grafschaft Holland, die seit 1248 ihren Sitz in Den Haag hatte, wuchs um Gebiete von Friesland und Zeeland an. Einige Gebiete entstanden durch Landgewinnung. Am Ende des Mittelalters wurden die Habsburger Landesherr der politischen Einheiten, die in den heutigen Benelux-Staaten liegen. Diese politischen Einheiten, die Provinzen, blieben aber grundsätzlich eigene, voneinander getrennte Herrschaften, nur hatten sie eben denselben Landesherrn aus dem Hause Habsburg.

Die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen, 1568–1795

Im Mittelalter war vor allem Flandern diejenige Provinz, die stellvertretend für alle dieser Provinzen genannt wurde. Dies änderte sich nach 1568, als die nördlichen Provinzen sich von den Habsburgern unabhängig machten. Nun wurde Holland im Verein der nördlichen Provinzen (der „Republik“) die tonangebende Provinz, deren Name gerade im Ausland für die gesamten nördlichen Niederlande stand. Dieser Sprachgebrauch war schon damals nicht ganz korrekt und auch problematisch, insofern die einzelnen Provinzen im Innern stark eigenständig blieben und auch ein eigenes Territorialbewusstsein behielten.

Ab 1795 wurden die nördlichen Provinzen von französischen Revolutionstruppen besetzt. Aus der alten Republik, einem Staatenbund, wurde eine Einheitsrepublik: die Batavische Republik. Darin waren Provinzen wie Holland nur noch administrative Untereinheiten, als Departements nach französischem Vorbild. Der Besatzer Napoleon machte 1806 seinen Bruder zum König des neuen Königreichs Holland; dieser Landesname entstammte französischem Sprachgebrauch. Bald darauf annektierte Frankreich das Königreich Holland.

1814/1815 wurde das Königreich der Niederlande gegründet, der heutige unabhängige Staat. Die Untereinheiten erhielten wieder den alten Ausdruck Provinz. Holland wurde 1840, nach dem Verlust der belgischen Provinzen 1830, zweigeteilt. Bis dahin hatten etwa 29 Prozent der Niederländer in der ungeteilten Provinz Holland gelebt. Seitdem gibt es die Provinz Zuid-Holland (Südholland) mit dem Hauptort Den Haag und die Provinz Noord-Holland mit dem Hauptort Haarlem.

Landschaft

(c) krysi@, CC BY 3.0
Tulpen im Keukenhof

Die historische Landschaft Holland und die beiden heutigen Provinzen werden dadurch geprägt, dass hier die grote rivieren (großen Flüsse) in die Nordsee münden (Rhein-Maas-Delta). Die holländische Nordseeküste besteht fast überall aus Sandstrand mit Dünen und ist auch und gerade bei ausländischen Touristen sehr beliebt, darunter vielen Deutschen aus Nordrhein-Westfalen. Bekannte Badeorte sind Katwijk, Noordwijk, Zandvoort und Scheveningen (ein Stadtteil von Den Haag).

Nordsee-Strand in Zandvoort, Nordholland

Östlich der Dünenlandschaft befindet sich ein Netz von Wasserwegen, natürlichen und künstlichen, in einer Polderlandschaft mit fruchtbarem, landwirtschaftlich genutztem Gebiet. Polder sind entwässerte Gebiete, die zuvor zum Meer oder zu Seen gehörten. Daher liegt ein großer Teil von Nord- und Südholland unter dem Meeresspiegel. Auch die Landwirtschaft trägt zum internationalen Bild von „Holland“ bei, etwa mit den Tulpenfeldern der Gartenanlage Keukenhof.

In Holland befinden sich aber auch große und mittelgroße Städte und Industrien mitsamt dem Hafen Rotterdam, einem der wichtigsten Häfen Europas. Insbesondere Amsterdam in Noord-Holland zieht eine enorme Anzahl Touristen an (jährlich über 25 Millionen allein an Tagestouristen) und beeinflusst das internationale Image des gesamten Landes. Nahe Amsterdam liegt ferner der Flughafen Schiphol, einer der wichtigsten Flughäfen Europas.

Zentrum und Peripherie

Die Provinzen Noord-Holland und Zuid-Holland (in Orange) im Staatsgebiet der Niederlande

In den Niederlanden gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Landesteilen Westen, Norden, Osten und Süden. Die meisten und wichtigsten Institutionen des Landes liegen im Westen: Amsterdam ist die Hauptstadt mit dem internationalen Flughafen und zahlreichen Firmen und kulturellen Angeboten, Den Haag ist der Regierungssitz, Rotterdam hat den Hafen, Utrecht ist Eisenbahnknotenpunkt usw. Historisch stammen aus Holland viele bekannte Künstler wie Rembrandt und Vermeer, und die holländischen Dialekte wurden zur Grundlage der modernen niederländischen Standardsprache.

Der „Westen“ kann mit den Provinzen Nordholland, Südholland, Utrecht und teilweise Zeeland gleichgesetzt werden.[2] Vor allem geht es um das bevölkerungsreiche Gebiet mit den Städten Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht, die auch die größten Städte des Landes sind. Hinzu kommt teilweise der Westen der Provinz Flevoland mit der Großstadt Almere, die stark nach Amsterdam orientiert ist. Dieses Gebiet nennt man die Randstad, die auf der Landkarte wie ein Kreis um ein relativ bevölkerungsarmes Gebiet (het Groene Hart, das Grüne Herz) liegt. In der Randstad leben mehr als 40 Prozent der Einwohner der Niederlande.

Dieser Ballungsraum namens Randstad ist in den Niederlanden das „Zentrum“, während die übrigen Landesteile als „Peripherie“ gelten (auch als de provincie oder de regio bezeichnet). Die Spannungen zwischen Zentrum und Peripherie haben eine große Bedeutung im Zusammenleben der Niederländer, da die Menschen in der Peripherie sich oftmals gegenüber denen im „Westen“ benachteiligt fühlen. Die Randstad oder der „Westen“ ist so gesehen vergleichbar mit einer Hauptstadtregion wie Paris in Frankreich oder London in Großbritannien.

Zu unterscheiden sind also:

  • der Westen, eine Zusammenfassung (zum Beispiel in der Statistik) der Provinzen Nordholland, Südholland, Zeeland und Utrecht;
  • die beiden voneinander unabhängigen Provinzen Nordholland und Südholland;
  • die Randstad, ein Ballungsraum in Nordholland (bis einschließlich Haarlem), in Südholland (bis einschließlich Rotterdam) und der Provinz Utrecht (bis einschließlich Utrecht) sowie Flevoland (bis einschließlich Almere).

Selbstverständnis und Selbstbezeichnung

In der niederländischen Sprache heißt das Land in der Langform Koninkrijk der Nederlanden und kurz Nederland (Einzahl). Im Niederländischen gibt es einige Sonderfälle, in denen man sich als Holland bezeichnet, etwa mit Blick auf die Fußballnationalmannschaft.[3] Holland oder das Eigenschaftswort Hollands kann sich ferner auf etwas beziehen, das man als urtümlich und traditionell empfindet; dann kann es auch zur Abgrenzung gegenüber Einwanderergruppen verwendet werden.

Niederländer wissen, dass ihr Land in fremden Sprachen oft Holland heißt,[4] und viele passen sich dem in der Fremdsprache an. Andere lehnen den inkorrekten Ausdruck ab, weil sie sich selbst nicht als Holländer identifizieren. Das gilt vor allem für Einwohner der Provinzen Friesland und Limburg.[5] Historisch wurden diese Provinzen auf die eine oder andere Weise von Holländern fremdbestimmt. Sie kennzeichnen die fremden Einflüsse mit Hollands (Sprache) und Hollanders (Bewohner) und grenzen sich davon ab. Solche Tendenzen gibt es auch in anderen Provinzen. Ansonsten verweist man mit Blick auf das Zentrum-Peripherie-Problem aber normalerweise auf den Westen oder die Randstad und nicht so sehr auf Holland.

Im Jahr 2020 hat die niederländische Regierung in Absprache mit der Tourismus-Branche entschieden, dass man Holland nicht mehr als Synonym für die Niederlande verwenden will. Bis dahin hatte zum Beispiel das staatliche niederländische Amt für Tourismus noch selbst stets Holland verwendet.[6] Dies rührt daher, dass ein gewisses Hollandbild für Overtourism im Westen gesorgt hat. Ziel der Änderung war es daher auch, den Blick auf die übrigen Landesteile zu lenken.[7] Das ist auch das Ansinnen der europäisch-deutsch-niederländisch geförderten Initiative Das andere Holland, die den Tourismus im Osten der Niederlande fördert.[8]

Siehe auch

Commons: Holland – Sammlung von Bildern und Audiodateien
Wiktionary: Holland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Antheun Janse: Geschiedenis van Holland. Een zichzelf verdeeld rijk. Hrsg.: Thimo de Nijs, Eelco Beukers. 2003, S. 73 (niederländisch).
  2. Landsdelen. Centraal Bureau voor de Statistiek, abgerufen am 1. Oktober 2025.
  3. Gijs Eijsink: Fans, auf: tekstenetcetera.nl vom 24. Juni 2014, abgerufen am 17. November 2023 (niederländisch).
  4. Victoria Séveno: Most Googled: Holland vs the Netherlands - What's the difference? In: I Am Expat. 31. Dezember 2022, abgerufen am 1. Oktober 2025 (englisch).
  5. 'Enige dat Limburgers bindt is dat ze geen Hollanders zijn'. In: L1nieuws. Abgerufen am 7. April 2021.
  6. Philipp Jacobs: Die Niederlande wollen den Namen Holland loswerden. General-Anzeiger, 25. Januar 2020
  7. Sophie-Claire Hoeller: Here's why you can't refer to the Netherlands as Holland anymore. In: Business Insider. 8. Januar 2020, abgerufen am 1. Oktober 2025 (englisch).
  8. Das andere Holland. Abgerufen am 1. Oktober 2025.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Republiek der Zeven Verenigde Nederlanden de.svg
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Karte der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen kurz vor der Französischen Revolution.
Luftbild vom Nordsee-Strand in Zandvoort in den Niederlanden (47980173952).jpg
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Luftbild vom Nordsee-Strand in Zandvoort in den Niederlanden
Holland position.svg

Edit to User:Mtcv's Image:Noord-Holland position.svg to show North and South Holland together.
Leo Hollandicus - Visscher.jpg
Leo Hollandicus, 1648. The most famous of all cartographic curiosities is the ‘Leo Belgicus’, in which the Seventeen Provinces of the low Countries were depicted in the form of a lion. This type was first introduced by Michael Eitzinger (Aitzinger or van Aitzing) in 1583. The idea may have suggested to him by the presence of a lion in the arms of most of the Seventeen Provinces. Whatever his inspiration, the genre proved very popular, and a number of later publishers produced their own versions, some even introducing their own sub-type.

One such group was the ‘Leo Hollandicus’, where the Seven United Provinces were depicted as a lion. Claes Jansz. Visscher was the first to publish such a map, as shown here.

Since Aitzinger had published his prototype, the political situation had altered considerably. The Provinces has risen in revolt against the Spanish, who succeeded in subduing the southern provinces, but not the seven northern provinces. The Revolt was suspended during the Twelve Years Peace (1609-1621), before resuming, and continuing to 1648, when the Dutch Republic established its independence.

Visscher seems to have first published the map before 1625, the year in which the dedicatee Prince Maurice died. A second example was published dated 1633, while the third state was published in 1648, when the Spanish confirmed Dutch independence.

The map captures the spirit of the young country: its civic pride, with the fine vignette views of the principal cities, the entreprenurial spirit, with the depictions of the iceboat and land yacht, while the lion, standing on its hindlegs, with the large sword bearing the motto ‘PATRIAE DEFENSIO’. The ‘Leo Hollandicus’, therefore, reflects the new independence, patriotism, spirit of defiance and optimism of the Dutch Republic, and this engraving apparently proved a popular encapsulation of the popular feeling of the day.

Further reading: Heijden, H.A.M. van der Leo Belgicus An illustrated and annotated carto-bibliography (Alphen aan de Rijn: 1990), section F describing the ‘Leo Hollandicus’, this map no .23.3.
De bedreigde zwaan Rijksmuseum SK-A-4.jpeg
Autor/Urheber: Jan Asselijn, Lizenz: CC0
A swan protects her nest against a dog. The scene was later turned into a political allegory by refering to the swan as Grand Pensionary Johan de Witt, protecting Holland against the Enemy.