Hoerstgen
Hoerstgen ist der westlichste Stadtteil von Kamp-Lintfort mit 1128 Einwohnern (Stand 1. März 2024).[1] Es ist ein typisches Straßendorf mit einer evangelischen Kirche in der Ortsmitte. Diese ist sehr bekannt für ihre gut erhaltene Thomas Weidtman-Orgel aus dem Jahre 1731; sie wurde nach Umbau 1854 durch Bernhard Tibus im Jahre 1971 durch Ahrend & Brunzema restauriert und wieder rückgeführt.[2][3]
Die Hoerstgener Kirchenbücher sind ab 1632 überliefert. Entstanden ist die evangelische Gemeinde mitten in katholischem Gebiet, als sich 1557 die Reichsfreiherrlichkeit Hoerstgen der Reformation anschloss. Dies führte zu jahrhundertelangem Streit mit dem zu Kurköln gehörenden Kloster Kamp. Finanziert hat sich die Kleinstherrschaft Frohnenbruch-Hoerstgen teilweise durch die Ansiedlung von Schutzjuden ab dem 18. Jahrhundert. Deren Anteil machte zu Beginn des 19. Jahrhunderts rund 25 % der Dorfbevölkerung aus. Der einzige Zeuge der prozentual größten jüdischen Gemeinde am Niederrhein ist heute der jüdische Friedhof am Ortsausgang Richtung Sevelen. Die Synagoge an der Dorfstraße wurde bereits 1931 abgerissen.
Seit Himmelfahrt 1861 gibt es die Freie evangelische Gemeinde Hoerstgen. Die Kinder- und Jugendarbeit zählt seit langer Zeit zu den Schwerpunktaufgaben. Besonders zu erwähnen ist das Hoerstival, das größte christliche Musikfestival am Niederrhein. Die FeG Hoerstgen ist Mitglied im Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der ehemalige Herrschaftssitz Haus Frohnenbruch an der Grenze zu Sevelen. Die Silhouette von Hoerstgen prägt auch ein Schacht des Bergwerkes West.
Söhne und Töchter von Hoerstgen
- Johannes Ewich (1525–1588), Reformator in Hoerstgen, erster graduierter Arzt in Duisburg und später Stadtphysikus in Bremen
- Jacob Wiener (1815–1899), jüdischer Graveur
- Ako Haarbeck (1932–2017), Pfarrer und ehemaliger Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche
Literatur
- Julius Meyer: Ein Gedicht über die Reformation in Hörstgen. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 9 (1873), S. 234 ff. (archive.org), abgerufen am 3. Oktober 2011
- Ernst von Oidtman: Die Herren von Milendonk aus dem Geschlecht der von Mirlaer. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsverein, 11 (1889), S. 8 ff.
- Robert Cleff: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde in Hörstgen. Festschrift zur Einweihung der umgebauten Kirche am 4. November 1897. Hörstgen 1897.
- Adolf Müller: Urkundliches aus der Geschichte der Gemeinde Hörstgen im 17. und 18. Jahrhundert. In: Theologische Arbeiten aus dem Rheinischen Wissenschaftlichen Predigerverein, Neue Folge 7 (1904), S. 104 ff.
- Mathias Dicks: Die Abtei Camp am Niederrhein. Kempen 1913, S. 17 ff.
- Julius Fomm: Hoerstgen, ein rheinisches Gretna Green im 18. Jahrhundert. In: Monatshefte für rheinische Kirchengeschichte 32 (1938), S. 206 ff.
- Paul Mast: Der "Krieg" zwischen Hörstgen und Kamp. In: Heimatkalender Kreis Moers 1938, S. 90 ff = Monatshefte für rheinische Kirchengeschichte 33 (1939), S. 241 ff.
- Wilhelm Munzert: Das Dorf Hoerstgen und seine Kirche. In: Heimatkalender Kreis Moers 1955, S. 94 ff.
- Wilhelm Ricken: Hoerstgen, ein niederrheinisches Dorf. In: Heimatkalender Kreis Moers 1969, S. 20 ff.
- E. Günther Piecha: Mylendonk, Kamp und Hoerstgen. Prozesse, Plünderungen, Invasionen. In: Heimatkalender Kreis Wesel 1981, S. 24 ff.
- Rolf Günther Pistor: Fluchthäuser auf Haus Frohnenbruch. Aus der Baugeschichte eines niederrheinischen Herrensitzes. In: Heimatkalender Kreis Wesel 1983, S. 54 ff.
- Wolfgang Dassel: Das historische Torgebäude zum Mittelhaus von Haus Frohnenbruch. In: Geldrischer Heimatkalender 1984, S. 100 ff.
- E. Günther Piecha: Die "Reichsfreie Herrlichkeit Hoerstgen und Frohnenbruch". Das Geschlecht der von Mylendonk. In: Der Niederrhein 52 (1985) 1, S. 18 ff.
- Jürgen Buschmann: Die Weidtman-Orgel der evangelischen Kirche in Hoerstgen. In: Heimatkalender Kreis Wesel 1990, S. 159 ff.
- Friedhelm Lenz: Hanc campanam reparandam. Die Glocken der Hoerstgener Kirche; Herrn Hermann Bornheim zum 80. Geburtstag. o. O., o. J. (2000)
- Bernhard Keuck, Albert Spitzner-Jahn: "Es wohnen auch zimlich Juden darin, welche vieles eintragen". Zur Geschichte der Hoerstgener Juden vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. In: Gerd Halmanns, Bernhard Keuck (Hrsg.): Juden in der Geschichte des Gelderlandes. Geldern 2002, S. 133 ff.
- Ulrike Anhamm, Friedhelm Lenz, Wolfgang Lietzow: Christus Lux Nostra. 450 Jahre Evangelische Kirche Hoerstgen. Goch 2007.
- Albert Spitzner-Jahn: Bestandsaufnahme. Die Schäden während der Besetzung des Hauses Frohnenbruch durch die Abtei Kamp in den Jahren 1692/97. In: Jahrbuch Kreis Wesel 2009, S. 54 ff.
- Paul-Gerhard Buyken: Ein Streifzug durch die Geschichte der FeG Hoerstgen, 150 Jahre FeG Hoerstgen, Mai 2011 [1]
Einzelnachweise
- ↑ Zahlenspiegel Kamp-Lintfort. (PDF; 757 KB) Abgerufen am 23. Juni 2024.
- ↑ Kamp-Lintfort/Hoerstgen, Evangelische Kirche – Organ index, die freie Orgeldatenbank. Abgerufen am 23. Juni 2024.
- ↑ Moers:Weidtmann-Orgel ist Hoerstgens Kleinod, RP online, 6. Januar 2017
Koordinaten: 51° 31′ N, 6° 28′ O
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(c) Jürgen Krause, CC BY-SA 3.0
Gemarkungen und ehemalige Gemeinden (bis 31.03.1934) der Stadt Kamp-Lintfort, Kreis Wesel in Deutschland gemäß Liste der Gemarkungen in Nordrhein-Westfalen. Die Stadt Kamp-Lintfort besteht aus den Gemarkungen Hoerstgen (053307), Kamp (053295), Kamperbruch (053338), Lintfort (053339), Rossenray (053340) und Saalhoff (053340).