Auxiliartruppen

Auxiliare auf einer Pontonbrücke. Durch die ovalen Schilde sind die Soldaten gut von den Legionären zu unterscheiden (Relief an der Trajanssäule)
Auxiliarkavallerist aus flavischer Zeit (Köln)
Römischer Hilfstruppenkavallerist in der Ausrüstung des 1. und 2. Jahrhunderts, Figurine im Museum Het Valkhof in Nijmegen (Gelderland)
Ausrüstung eines Auxiliarsoldaten im 3. Jahrhundert (Saalburg)

Die Auxiliartruppen (lateinisch auxiliumHilfe“) waren Einheiten der römischen Armee, die aus verbündeten Völkern oder freien Bewohnern (ohne Bürgerrecht= peregrini) der Grenzprovinzen rekrutiert wurden. Bei ehrenhafter Entlassung erhielten die Soldaten nach dem Ende ihrer Dienstzeit zumeist das römische Bürgerrecht.

Überblick

Hilfstruppen, die bei Bedarf angeworben oder von den Verbündeten eingefordert wurden, gab es bereits zur Zeit der römischen Republik. Eine halbwegs einheitliche Gliederung und vor allem Eingliederung der Auxiliartruppen erfolgte aber erst durch die Reformen des Kaisers Augustus, der um Christi Geburt ein stehendes Heer schuf.

Die Auxiliartruppen stellten laut Tacitus etwa die Hälfte der regulären römischen Streitkräfte, also wohl mindestens 150.000 Soldaten. Exakte Angaben fehlen. Die Offiziere waren in der Regel Römer; als Mannschaften dienten vorrangig Männer, die frei geboren waren, aber nicht das römische Bürgerrecht besaßen, wobei es vorkommen konnte, dass einzelne Einheiten als besondere Auszeichnung geschlossen das Bürgerrecht erhielten. Die reguläre Dienstzeit lag bei 25 Jahren (in der Flotte bei 26 Jahren). Die Soldaten erhielten zwar einen geringeren Sold als die Legionäre (die bereits römische Bürger waren), aber dafür nach dem ehrenvollen Abschied das Bürgerrecht (dokumentiert in den Militärdiplomen) für sich und ihre Nachkommen. Dies war ein Hauptanreiz für einen Eintritt in die Truppe. Teilweise erfolgte auch eine Befreiung von Abgaben und öffentlichen Diensten für die Veteranen.

Die Auxiliartruppen ergänzten die schwere Infanterie der eigentlichen Legionstruppen. Insbesondere die Reiterei war in den Legionen zahlenmäßig viel zu schwach, um bei Gefechten eingesetzt zu werden. Ebenso wurde die Masse der Spezialtruppen, wie Bogenschützen oder Schleuderer, von den Auxiliareinheiten gestellt. Daneben wurden die Auxiliareinheiten auch als Kontertruppen eingesetzt, die die unterschiedlichen Feinde mit ihren eigenen Taktiken bekämpfen sollten. So gibt es Berichte über Kameltruppen im Kampf gegen arabische Reiter. Insgesamt setzte aber vor allem bei den Fußsoldaten bald eine Vereinheitlichung ein, so dass die Mehrzahl der Hilfstruppen-Infanterie seit dem späten 1. Jahrhundert in Hinblick auf ihre Ausrüstung kaum noch von den Legionären zu unterscheiden war. Die Offiziere waren, wie erwähnt, fast ausnahmslos römische Bürger, meist abkommandierte Legionsoffiziere, die bei Versetzung in eine Auxiliareinheit jeweils eine Rangstufe aufstiegen.

Neben den zumindest anfänglichen waffentechnischen Unterschieden zu regulären Legionstruppen war auch der Einsatz außerhalb größerer Kriege unterschiedlich zur Legion: Auxiliareinheiten wurden in wesentlich kleineren Verbänden bzw. Einheiten in der Fläche zur Befriedung und Überwachung der Provinzen eingesetzt und in der Regel in den entlang der Grenzen angeordneten Kastellen stationiert. Somit lag die alltägliche Überwachung der Grenzen in Friedenszeiten wesentlich in den Händen von Hilfstruppen. Die Legionen dagegen waren in wesentlich stärkerer Konzentration (ein oder zwei Legionen in einem Legionslager) für entscheidende Aufgaben zuständig und hatten ihre Lager meist im Hinterland.

Über die Auxiliareinheiten erfolgte auch eine massive Romanisierung der Provinzen, da sich diese bald, bis auf wenige Ausnahmen, nicht weiter aus den Ursprungsgebieten der ersten Mitglieder rekrutierten, sondern vor Ort, wodurch die ursprüngliche Bindung an eine Ethnie rasch verloren ging. Eine Auxiliareinheit konnte also weiterhin Parthica oder Helvetica heißen, ohne dass dieser Name noch viel mehr als eine Erinnerung an ihre Anfänge war. Dabei blieben als kleinster gemeinsamer Nenner nur das Latein und die römische Lebensweise, zumal die Veteranen der Hilfstruppen nun das römische Bürgerrecht besaßen. Ihre Nachkommen traten daher nicht selten als Legionäre in die Armee ein.

Gliederung der Auxiliareinheiten

1961 bei Schärding in Oberösterreich geborgener römischer Ziegel mit Ala-Stempel
  • Ala – Kavallerie
  • Cohors – Infanterie
  • Cohors equitata – gemischter Verband mit ca. ¾ Infanterie und ¼ Kavallerie

Im Gegensatz zur Legion, in der die Kohorten in der Regel durch Centurionen kommandiert wurden, standen den Auxiliareinheiten meistens Präfekten, mitunter auch Tribunen, vor. In den Alen, die keine Centurien kannten, entsprach der Decurio als Kommandeur einer Turma dem Rang eines Centurio. Die einzelnen Einheiten unterschieden sich nicht nur nach Bewaffnung und Herkunft, sondern auch nach Größe, Prestige und Besoldung.

In der hohen Kaiserzeit wurden die Offizierstellen in den Auxiliareinheiten zunehmend eine Domäne des Ritterstandes. Bereits ab Claudius (41 bis 54 n. Chr.) gab es dort eine standardisierte ritterliche Laufbahn über drei Stufen (tres militiae), wie sie in den Legionen schon seit Augustus zu finden war. Hier stand als erstes das Kommando (cohors quingenaria) über eine Kohorte Infanterie mit 500 Soldaten. Diese Soldaten hatten nicht das römische Bürgerrecht inne. Nach dieser ersten Führungserfahrung konnte entweder der Dienst in der Legion als tribunus angusticlavius, oder der Befehl über eine 500 Soldaten umfassende Kohorte römischer Bürger (die stets von einem Tribunen geführt wurden), oder der Befehl über eine 1.000 Mann starke Kohorte (cohors miliaria) folgen. Anschließend erhielt der Offizier eine Alenpräfektur, also das Kommando über eine Kavallerieeinheit von etwa 500 Mann (ala quingenaria). In einigen Fällen konnte noch das Kommando über eine Kavallerieeinheit von knapp 1000 Reitern (ala miliaria) folgen. Dieser Posten wurde mit Offizieren im Senatorsrang besetzt.

In der Zeit der Römischen Republik lagerten die Auxiliareinheiten vorwiegend in Zelten oder Flechtwerk-Unterkünften, später kamen Fachwerkbauten auf, im 2./3. Jahrhundert gemauerte Kasernen, mit 6 oder 8 Mann belegt (gelegentlich auch mehr). Typisch für berittene Einheiten waren Kasernen-Stuben mit Durchgang zu unmittelbar anschließenden Pferdeställen.[1]

Beispiel der Kaserne einer Reitereinheit (Ala), 2./3. Jahrhundert, Stube typischerweise mit Durchgang zu unmittelbar anschließenden Pferdeställen.

Ungefähre Gesamtzahl der regulären Auxiliareinheiten um 100 n. Chr.

  • Alae miliariae ca. 9
  • Alae quingenariae ca. 80
  • Cohortes miliariae ca. 18
  • Cohortes quingenariae ca. 132
  • Cohortes equitatae miliariae ca. 22
  • Cohortes equitatae quingenariae ca. 77

Beispiel: Die regulären Auxiliartruppen Niedergermaniens in der frühen Kaiserzeit (nach Jahn)

Die Anzahl der Alen und Cohorten in Niedergermanien (Germania inferior)

vor 9 n. Chr.:

  • Anzahl der Alen: mindestens 3
  • Anzahl der Cohorten: mindestens 6, wahrscheinlich aber eine größere Truppenanzahl

14 n. Chr.:

  • Anzahl der Alen: mehrere, mindestens 8
  • Anzahl der Cohorten: mindestens etwa 16, wohl aber mehr

15 n. Chr.:

  • Anzahl der Alen: mehrere, mindestens 8
  • Anzahl der Cohorten: mindestens etwa 20

16 n. Chr.:

  • Anzahl der Alen: mehrere, mindestens 8
  • Anzahl der Cohorten: zahlreiche

Germanicus führte im Feldzug gegen die Marser (14 n. Chr.) neben 12.000 Legionssoldaten 26 sociae cohortes und 8 equitum alae. Erstere unterteilten sich in ca. 16 reguläre Cohorten (expeditae cohortes, auxiliariae cohortes) und etwa 10 Cohorten irreguläre Volksaufgebote (ceteri sociorum, leves cohortes). Die Kavallerie bestand fast ausschließlich und die Hilfstruppeninfanterie zum großen Teil aus gallischen und germanischen Truppen. In den Quellen werden als Auxiliarverbände des Germanicus erwähnt: cohortes Raetorum et cohortes Vindelicorum, Batavi, Volksaufgebote der Chauken, cohortes Gallicae, sowie tumultiariae catervae Germanorum cis Rhenum colentium, die aus Niedergermanien und der nördlichen Belgica rekrutiert wurden.

Wenn man mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit auch mit der Existenz einiger erst später, in der claudisch-neronischen Zeit, belegter Truppen bereits während der Regierungszeit des Tiberius rechnet, hätte es in der Zeit des Tiberius zum Beispiel am Niederrhein mindestens 7–8 alae (ala Batavorum, ala Canninefatium, ala Gallorum Picentiana, ala Pomponiani, ala praetoria, ala Treverorum, ala I Tungrorum Frontoniana, ala Parthorum) und mindestens etwa 20 cohortes (cohors V Asturum, 9 cohortes Batavorum, cohors VIII Breucorum, cohors Canninefatium, cohortes Gallorum, cohors Germanorum, cohors III Lusitanorum, cohors Silaucensium, mindestens 2 cohortes Tungrorum, cohors Ubiorum equitata) gegeben.

Weitere Entwicklung

Als Kaiser Caracalla 212 allen freien Reichsbewohnern das römische Bürgerrecht verlieh, traten fortan vor allem Barbaren von jenseits der Reichsgrenzen in die Hilfstruppen ein. Die Militärreformen, mit denen man dann auf die „Reichskrise“ zu reagieren suchte, veränderten den Aufbau der kaiserlichen Armee. Seit etwa 300 wurde die Überwachung der Grenzen nicht mehr den Auxilien, sondern den limitanei/riparenses übertragen, die diese Aufgabe während der ganzen Spätantike ausfüllten.

Reichsfremde Soldaten dienten seit dem 4. Jahrhundert entweder Seite an Seite mit Römern in der regulären Armee, wo sie nun mitunter Karriere machten und bis in hohe Offiziersstellen aufrücken konnten (siehe auch Heermeister), oder aber als durch einen gesonderten Bündnisvertrag (foedus) an Rom gebundene Söldner (foederati) unter eigenen Anführern. Die Auxilia hingegen verschwinden um diese Zeit weitgehend aus den Quellen. Wenn fortan vereinzelt noch von auxilia die Rede ist, wird dieser Begriff nicht mehr in der speziellen Bedeutung der Prinzipatsepoche verwendet.

Siehe auch

Literatur

  • Barbara Oldenstein-Pferdehirt: Die römischen Hilfstruppen nördlich des Mains. Forschungen zum Obergermanischen Heer I. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums. Bd. 30, 1983, ISSN 0076-2741, S. 303–348.
  • John E. H. Spaul: Cohors². The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army. (= British Archaeological Reports International Series Bd. 841). British Archaeological Reports, Oxford 2000, ISBN 978-1-84171-046-4.
  • Marcus Reuter: Die Kommandeure der Alen und Kohorten am obergermanischen Limes. In: Gabriele Seitz (Hrsg.): Im Dienste Roms. Festschrift für Hans Ulrich Nuber. Greiner, Remshalden 2006, ISBN 3-935383-49-5, S. 285–297.
  • Die Armee der Caesaren. Archäologie und Geschichte. Mit Beiträgen von Ronald Bockius, Dietrich Boschung und Thomas Schmidts. Pustet, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7917-2413-3.
  • Michael P. Speidel: Roman Army Studies.
    • Band 1. Gieben u. a., Amsterdam 1984, ISBN 90-70265-75-3;
    • Band 2. (= Mavors. Roman Army Researches. Bd. 8). Steiner, Stuttgart 1992, ISBN 3-515-06126-6.
  • Konrad Kraft: Zur Rekrutierung der Alen und Kohorten an Rhein und Donau (= Dissertationes Bernenses. Serie 1: Fasc. 3), Francke, Bern 1951, ZDB-ID 844838-3, DNB 364294582 (Der 1. Teil der Untersuchung, Seiten 1–68 (von 200 Inhaltsverzeichnis) erschienen als Dissertation der Philosophischen Fakultät Bern, DNB 369363809 – Universität Bern 1951, 75 Seiten).
  • Paul A. Holder: The Auxilia from Augustus to Trajan. (= British Archaeological Reports. International Series. Bd. 70). British Archaeological Reports, Oxford 1980, ISBN 0-86054-075-8.
  • Ian Haynes: Blood of the Provinces. The Roman Auxilia and the Making of Provincial Society from Augustus to the Severans. Oxford 2013, ISBN 978-0-19-965534-2.

Einzelnachweise

  1. Zeitlupe / Duisburger Ausgrabungen / Asciburgium, Museumsverlag Duisburg, Ausgabe 2013, Seite 88 ff.:„das Römische Militär“

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Römische Reitereinheit (Ala) Kaserne (Stube mit Durchgang zu den Pferdeställen)
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Stadtmuseum Heimathaus Schärding: Bruchstück eines römischen Dachziegels (tegula) mit Ziegelstempel mit der Inschrift "ALAE" (Buchstabenhöhe 1,8 cm), geborgen 1961 bei der Ausgrabung einer römischen Militärziegelei in St. Marienkirchen bei Schärding. Siehe dazu Lothar Eckart: "Zwei römische Ziegelöfen am oberösterreichischen Inn", in: Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines 107 (1962), S. 107-115, hier S. 111, dieser Ziegelstempel dort aufgelistet als Nr. 13.
Köln Reitergrabmal.jpg
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Reitergrabmal aus flavischer Zeit. Die Grabinschrift ist verloren. Wahrscheinlich gehörte das qualitätvolle Denkmal vom Typus „Reitersieger“ einem Auxiliarkavalleristen. Der sich aufbäumende Hengst trägt einen Hörnchensattel mit kurzer Decke sowie Riemenzeug, das mit Phalerae geschmückt ist. Der Reiter mit der Lanze trägt als Zweitwaffe eine Spatha auf der rechten Seite. Das seitlich geschlitzte Kettenhemd mit Schulteraufdopplung sowie die Kniehosen sind deutlich wiedergegeben. Der Reiterhelm ist vom Typus Koblenz-Bubenheim oder Weiler mit Lockenkalotte und besitzt einen Schirm als Stirnschutz, der für spätere Modelle typisch ist, so daß das Standbild in die 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. gehört.