Hetzerhalle

Die unter Denkmalschutz stehenden Hetzerhallen in Weimar/Thüringen.

Hetzerhallen sind im Innenraum stützenfreie Hallen mit einem Dachtragwerk aus Brettschichtholz bzw. Leimbindern, die nach dem Erfinder ihres Dach- oder Hallentragwerks benannt wurden, dem Großherzoglich-Weimarer Hofzimmermeister und Unternehmer Karl Friedrich Otto Hetzer (1846–1911).

Die erste Hetzerhalle mit 43 m freier Spannweite wurde vom Architekten Peter Behrens aus Berlin im Auftrag der deutschen Reichsbahnen für die Brüsseler Weltausstellung 1910 entworfen.[1] Sie erhielt zwei Auszeichnungen wegen ihrer soliden und innovativen Ausführung.[2]

Beschreibung

Die Hetzer-Bauweise ist das Hauptmerkmal des Dachtragwerks einer sogenannten Hetzer-Halle.

Die Hetzer-Bauweise ist eine Holzleimbauweise mit sogenannten Hetzer-Bindern oder Verbundbalken.

Ein Hetzer-Binder ist ein Dachbinder mit I-förmigem Querschnitt. Er besteht aus verschiedenen miteinander verleimten Hölzern (Buche für Druckzone, Fichte für Zugzone) und kann je nach Spannweite mit hölzernen oder eisernen Zugbändern versehen sein. Ein damit errichtetes Dach- oder Hallentragwerk eignet sich für die stützenfreie Überwölbung weiter Räume. Das Dach ist im Querschnitt polygonal und lässt sich mit einfachen Pappschindeln decken. Die Wände können dabei einfach verputzte Ziegelwände sein. Die Hallen werden dank ihrer relativ flachen und stützenfreien Dachkonstruktion zum Beispiel als Montage- oder Lagerhallen gebaut.

Auf der Weltausstellung 1910 in Brüssel erhielt Otto Hetzers freitragende Ausstellungshalle der deutschen Eisenbahnen (Hetzerbinder mit eisernen Zugbändern) mit 43 Meter Spannweite zwei Auszeichnungen wegen ihrer soliden und innovativen Ausführung.[2]

Hetzerhallen in Weimar

Die „Kleine Hetzerhalle“ in Weimar-Nord trägt seit 21. Oktober 2004 die Gedenktafel für Otto Hetzer (Foto vom April 2015)

Die als Prototyp geltenden und unter Denkmalschutz stehenden Hetzerhallen im thüringischen Weimar wurden 1907 nördlich der Eisenbahntrasse als Werkshallen der Otto Hetzer Holzbau- und Holzpflege AG errichtet. Erhalten ist die „Kleine Hetzerhalle“, die zuletzt (Stand: Oktober 2019) als Lagerhalle und Getränkemarkt genutzt wurde. Die zuletzt leerstehende und sanierungsbedürftige "Große Hetzerhalle" stürzte am 17. Februar 2021 aufgrund hoher Schneelast ein, die "Kleine Hetzerhalle" wurde beschädigt.[3]

Literatur

  • Christian Müller: Entwicklung des Holzleimbaues unter besonderer Berücksichtigung der Erfindungen von Otto Hetzer – ein Beitrag zur Geschichte der Bautechnik (= Dissertation). Bauhaus-Universität Weimar, Weimar 1998, DNB 956454933, urn:nbn:de:gbv:wim2-20040219-408.
  • Wolfgang Rug: Innovationen im Holzbau – die Hetzerbauweise (Teil 1). In: Bautechnik. Band 71, Heft 4, 1994, S. 213–219 (Download [PDF; 6,2 MB; abgerufen am 20. Februar 2021]). Abrufbar unter Literatur. In: otto-hetzer.de.
  • Wolfgang Rug: Innovationen im Holzbau – die Hetzerbauweise (Teil 2). In: Bautechnik. Band 72, Heft 4, 1995, S. 231–241 (Download [PDF; 10,2 MB; abgerufen am 20. Februar 2021]). Abrufbar unter Literatur. In: otto-hetzer.de.
  • Wolfgang Rug: 100 Jahre Hetzer-Patent. In: Bautechnik. Band 83, Heft 8, 2006, S. 533–540, hier S. 536 (im PDF S. 4) (Download [PDF; 735 kB; abgerufen am 20. Februar 2021]). Abrufbar unter Literatur. In: otto-hetzer.de.
  • Holzbauweisen. In: Otto Lueger (Hrsg.): Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften. 2. Auflage. Band 1. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart/Leipzig 1904, DNB 560685254, S. 300–303 (Auszug bei zeno.org [abgerufen am 20. Februar 2021]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Charles von Büren: Holzleimbau – eine Erfolgsgeschichte: 100 Jahre Hetzer Patent. (PDF) Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Holzforschung (SAH), Juni 2005, archiviert vom Original am 21. September 2018; (Medienmitteilung, Dübendorf).
  2. a b Wolfgang Rug: 100 Jahre Hetzer-Patent. In: Bautechnik. Band 83, Heft 8, 2006, S. 533–540, hier S. 536 (im PDF S. 4) (Download [PDF; 735 kB; abgerufen am 20. Februar 2021]).
  3. Schneemassen bringen Hetzer-Halle in Weimar zum Einsturz. In: MDR Thüringen. 18. Februar 2021, abgerufen am 21. Februar 2021.

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Halle mit Otto Hetzer Tafel in Weimar, Thüringen (8).JPG
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Eine kleine und eine sich direkt daran anschließende große Halle auf dem Gelände des Güterbahnhofs hinter der Marcel-Paul-Straße 57 in Weimar/Thüringen. An der Vorderseite ist eine Gedenktafel für Karl Friedrich Otto Hetzer (1846-1911), angebracht. Die Hetzerhallen in der Nähe der Hetzer-Villa um 1914/17 errichtet, gehören zum Fabrikgelände mit Bahnanschluß des ab 1901 unter dem Namen „Otto Hetzer Holzpflege- und Holzbearbeitung AG” firmierenden Unternehmens. Die Hallen gelten als Prototypen der sogenannten Hetzerhallen und stehen unter Denkmalschutz.
Hetzerhalle Weimar, Thüringen (2).JPG
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Otto Hetzer Tafel, an der Nordseite der sogenannten kleinen Hetzerhalle auf dem ehemaligen Gelände der Otto Hetzer Holzpflege- und Holzbearbeitung Aktiengesellschaft am Güterbahnhof, hinter der Marcel-Paul-Straße 57 in Weimar/Thüringen angebracht.