Hetzerath (Erkelenz)

Hetzerath
Stadt Erkelenz
Koordinaten: 51° 3′ 29″ N, 6° 16′ 21″ O
Höhe: 90 m
Einwohner:1538 (31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl:41812
Vorwahl:02433
Hetzerath (Nordrhein-Westfalen)

Lage von Hetzerath in Nordrhein-Westfalen

Ortskern mit Pfarrkirche

Hetzerath ist ein Dorf im Stadtgebiet von Erkelenz (Kreis Heinsberg) in Nordrhein-Westfalen.

Geografie

Das Dorf liegt in der Erkelenzer Börde, westlich befindet sich das Baaler Riedelland, der Übergang zur Rurniederung. Vereinzelt liegen um den Ort kleine Waldparzellen.

Lage

Nördlich der Ortschaft liegt das ehemalige Kreuzherrenkloster Haus Hohenbusch, die Autobahn 46 und Matzerath, im Nordosten Erkelenz, im Osten Granterath.

Die folgenden Orte gehören zur Stadt Hückelhoven. Im Süden befinden sich der isoliert liegende Marienhof und Baal, im Südwesten Doverhahn und Doveren, im Westen Hückelhoven und der Einzelhof Kühlerhof.

Siedlungsform

Hetzerath war um 1820 ein Straßendorf.

Die so genannte Siedlung wurde in der Zeit von 1938 bis 1940 zum Zwecke der Ansiedlung von Bergbauarbeiterfamilien erbaut.

Geschichte

1454 wurde der Ort als Hetzelroide, 1554 als Hetzenraidt erwähnt. Das Dorf wurde vermutlich in der hochmittelalterlichen Rodungsphase von einem Hetzo, Hezzo oder Hetzel gegründet.

Im 18. Jahrhundert gehörte das Dorf zum Amt Wassenberg im Herzogtum Jülich. Seit dem 19. Jahrhundert bildete Hetzerath eine Gemeinde, die zur Bürgermeisterei Doveren im Kreis Erkelenz gehörte.[2] Im Jahre 1935 wurde Hetzerath nach Granterath eingemeindet.[3] Als Teil von Granterath wurde die Ortschaft am 1. Januar 1972 in die Stadt Erkelenz eingegliedert.[4]

Kirchengeschichte

Bis 1913 besuchten die katholischen Einwohner die Kirche in Doveren. 1913 wurde in Hetzerath eine Kapelle zum Abhalten von Gottesdiensten eingeweiht. 1923 erhielt der Ort einen eigenen Seelsorger, 1927 ein Pfarrhaus. 1931 wurde Hetzerath eigenständige Rektoratsgemeinde.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges, im Februar 1945, wurde die Kirche schwer beschädigt. 1952/53 wurde der Kirchenbau erweitert. Die Südwand wurde in vier spitzen Bogen geöffnet und in Breite des alten Langschiffs ein neues Langschiff gebaut, so dass die alte Kirche jetzt eine Art Narthex der neuen bildet. 1957 entwarf der Glasmaler Hubert Spierling aus Krefeld ein Putzmosaik an der Chorwand, es zeigt Motive aus der Offenbarung des Johannes. 1970 wurde der Ort von der Pfarre Doveren abgetrennt und die eigene Pfarrgemeinde St. Joseph eingerichtet. Der ortsanssäige Kunstmaler Wolfgang Fröde gestaltete 1994/95 sechs neue Kirchenfenster.

Am 1. Januar 2010 wurde die Kirchengemeinde mit zehn anderen Kirchengemeinden zur Pfarrgemeinde St. Maria und Elisabeth Erkelenz zusammengeschlossen.

Spiess-Hof

Spiess-Hof in Hetzerath
Hetzerather Gedenkstele für 36 deportierte Juden

Ursprünglich wurde die Hofstelle Hetzerather Hof genannt. Sie befand sich im Besitz des benachbarten Klosters Hohenbusch.

Von 1802 bis 1812, als Hetzerath zu Frankreich gehörte und der Klosterbesitz säkularisiert wurde, war der französische Marschall Louis-Alexandre Berthier Eigentümer. Er hatte den Bauernhof von Napoleon als Ehrengeschenk erhalten.

Der Hof war von 1845 bis 1959 im Besitz der Familie Spiess. Diese stammte von dem ehemaligen französischen Offizier und späteren Verwalter der französischen Domänen Johann Josef Spiess ab, der sich um 1800 in Erkelenz niedergelassen hatte und in der Stadt das bekannte Haus Spiess erbaute.

In dem Wohnhaus vom Spiess-Hof wurden am 1. April 1941 die Juden des Landkreises Erkelenz eingewiesen. Sie mussten in diesem Ghetto und Judenhaus bis zum 31. März 1942 verbleiben. Dann folgte deren Deportation zunächst in das Ghetto Izbica bei Lublin. Von dort wurden sie schließlich in die Vernichtungslager Belzec oder Sobibor deportiert und ermordet. Einige ältere Personen wurden in das „Judenhaus“ Villa Buth bei Jülich und einige Männer in das Arbeitslager Rhenaniastraße in Stolberg überführt.

Zur Erinnerung wurde 1990 gegenüber der Kirche, wo sich das Gefallenen-Ehrenmal befindet, eine Stele errichtet. Im Rahmen der Erkelenzer „Route gegen das Vergessen“ erinnert seit 2010 auch eine Station mit Bronzetafel unmittelbar am Spiess-Hof an dieses Zwangsghetto.

Das Dorf im Jahre 1945

Amerikanische Soldaten des 334. Regiments der 84. Infanterie-Division der 9. US-Armee nahmen am 25. Februar 1945 das Dorf im Zuge der Operation Grenade nach der Überquerung der Rur ein. Die wenigen noch verbliebenen Einwohner von Hetzerath wurden nun in die umliegenden Orte, vor allem nach Granterath evakuiert. In das leere Dorf wurden befreite sowjetische Zwangsarbeiter eingewiesen. Die meisten von ihnen waren seit Herbst 1944 zu Schanzarbeiten am Westwall in den Kreis Erkelenz verschleppt worden. Bis zu 7000 Personen, Männer, Frauen und Kinder lebten in dem kleinen Dorf. Die Versorgungslage war für die zwei Bevölkerungsgruppen, einheimische Deutsche und Displaced Persons, katastrophal. Eine amerikanische Wache war im nahen Haus Hohenbusch stationiert, trotzdem geschahen Plünderungen und bewaffnete Raubüberfälle in den umliegenden Ortschaften, einige deutsche Zivilisten wurden hierbei erschossen. Anfang Mai 1945 ist das Lager aufgelöst worden.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Zu den regelmäßigen Veranstaltungen gehören u. a. das Jahreskonzert des Musikvereins St. Josef Hetzerath 1965 e.V. am zweiten Adventssamstag und das Schützenfest der St. Josef Schützenbruderschaft am ersten Septemberwochenende (alle zwei Jahre).

Das Vereinsleben findet beispielsweise im Spiel- und Turnverein Hertha Hetzerath (TuS Hertha Hetzerath 1920 e.V.) und TTC 1979 Hetzerath e. V, sowie im Musikverein St. Josef Hetzerath 1965 e.V. und der Chorgemeinschaft Tenholt-Granterath-Hetzerath statt. Ferner sind die St. Josef Schützenbruderschaft zu Hetzerath e.V. und der Brieftaubenverein 03807 Hetzerath ansässig.

Zu den nennenswerten Sehenswürdigkeiten zählen das Haus Hohenbusch, die Gedenkstele (siehe Haus Spieß), sowie die Kirche St. Joseph mit ihrem Putzmosaik und Kirchenfenstern.

Die Dorfgemeinschaft hat im Kirchturm auf zwei Etagen ein kleines Archiv eingerichtet.

Infrastruktur

  • Städtischer Kindergarten
  • Gemeinschaftsgrundschule
  • Pfarrheim
  • Mehrzweckhalle
  • Sportplatz „Am Pappelstadion“
  • Schützenhalle
  • Freiwillige Feuerwehr Erkelenz, Löschgruppe Hetzerath

Im Zuge des Glasfaserausbaus im Kreis Heinsberg wurde der Ort an ein Glasfasernetz angeschlossen.[5]

Verkehr

Die AVV-Buslinie 401 der WestVerkehr verbindet Hetzerath mit Erkelenz, Hückelhoven und Heinsberg. Abends und am Wochenende kann außerdem der MultiBus angefordert werden.[6]

LinieVerlauf
401Erkelenz Bf – Erkelenz ZOB – Scheidt – Granterath – Hetzerath – Doveren – Hückelhoven – Schaufenberg – Ratheim – (Dremmen Bf –) Oberbruch – Grebben – Heinsberg Kreishaus – Heinsberg Busbf

Literatur

  • Mathias Siemes: Wer war Marschall Luis Alexander Berthier, Besitzer des Hetzerather Hofes (Spiess-Hof) von 1802 bis 1812? In: Höfe, Kirchen, Zeitgeschehen. Geschichte aus dem Erkelenzer Land (= Heimatverein der Erkelenzer Lande [Hrsg.]: Schriften des Heimatvereins der Erkelenzer Lande e.V. Nr. 6). Erkelenz 1985, DNB 850699142.

Weblinks

Commons: Hetzerath – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Fortschreibung Bevölkerungsstand am 31.12.2020. (PDF; 230 kB) In: erkelenz.de. Stadt Erkelenz, 31. Dezember 2020, abgerufen am 20. Februar 2021.
  2. Gemeindelexikon für die Provinz Rheinland (PDF; 1,3 MB), Berlin: Verlag des Königlichen statistischen Bureaus, 1888, Seite 198
  3. Michael Rademacher: Erkelenz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 307.
  5. Glasfaser für Erkelenz – in Hetzerath geht es los! (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive)
  6. MultiBus. In: west-verkehr.de. WestVerkehr GmbH, abgerufen am 10. Februar 2021.

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Positionskarte Nordrhein-Westfalen, Germany. Geographische Begrenzung der Karte:
Hetzerath Spiesshof.jpg
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Erkelenz-Hetzerath, Spiesshof, Germany
05052020 Wappen Hetzerath.png
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Erläuterung des Wappens und ein kurzer Blick in die Hetzerather Geschichte: „Sprechendes“ Wappen in vier Felder geteilt (Vierung) mit eingesetzter Spitze

Oben hinten in gold/gelb drei fünfblättrige blaue Flachsblüten.

Der goldene/gelbe Grund weist auf den fruchtbaren niederrheinischen Löß im Ort hin. Die Flachsblüten erinnern an den Flachsanbau und den ehemaligen drei Teichen im Ort. Diese Teiche wurden als Löschteiche zur Brandbekämpfung und zum Wässern von Flachs und Weiden benutzt, denn Weber und Korbmacher waren bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts im Ort tätig. Der selbst angebaute Flachs wurde auf dem Webstuhl zu Leinen verarbeitet. Der Straßenname Leinröste, eine Neuansiedlung nahe dem ehemaligen „Pesche-Kull“, zeugt noch heute von diesem ehemaligen Traditionshandwerk als eine wichtige Einnahmequelle der damaligen Einwohner.

Oben vorne in blau ein silbener/weißer Schlegel, der von einem gleichfarbigen Eisen gekreuzt wird.

Das Bergbausymbol weist auf die Verbundenheit des Ortes mit der Zeche Sophia Jacoba als letzte betriebene Zeche im ehemaligen Aachener Steinkohlerevier hin. Im Jahr 1913 erfolgte die Beteiligung der Gemeinde Hetzerath am Aktienkapital der Bohrungen der Firma Honigmann für die Gewerkschaft Sophia Jacoba. Es entstanden mit der Ära des Kohleabbaus zahlreiche Arbeiterkolonien in der Umgebung von Ratheim und Hückelhoven. So auch die ehemalige Bergarbeitersiedlung im Ort (Pötzelstraße, Schroofstraße, An der Elsmaar, Heideweg, Houverather Straße). Im Juni 1939 konnten die ersten Bergleute ihr Siedlungshaus im Ort beziehen. Am 27. März 1997 wurde die letzte Kohle gefördert und am 30. Juni 1997 die Zeche Sophia Jacoba stillgelegt.

Unten vorne in blau ein roter Längsbalken und ein weißer Querbalken.

Der blaue Grund und das Kreuz weisen auf die in den Mauern eingelassenen und bis heute sichtbaren drei Chronogramme des ehemaligen Kreuzherrenklosters Hohenbusch zu Hetzerath hin. Der rote Längsbalken und weiße Querbalken weisen auf das Martyrium Jesu Christi hin, die Farben rot und weiß stehen für Blut und Wasser, welches aus seiner Seite strömte, als sie von einer Lanze durchbohrt wurde. Von alters her gehörte das „Landgut Hohenbusch“ mit dem Hetzerather Hof verwaltungspolitisch zur Bürgermeisterei Doveren im Amt Wassenberg und Herzogtum Jülich und kirchenrechtlich zur Pfarre Doveren im Dekanat Wassenberg. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1147 zurück. Damals gelangte der Hof durch Stiftung an das Aachener Marienstift. Im Jahre 1302 nahmen die ersten Kreuzbrüder in Hohenbusch ihre Arbeit auf. Als die Franzosen ab 1801 das linksrheinische Gebiet besetzt hatten, gehörte auch das Kloster Hohenbusch zum französischen Territorium. Damit folgten Aufhebungen aller Orden und Klöster per Gesetz (Säkularisierung). Am 13. August 1802 wurde das Aufhebungsprotokoll des Kreuzherrenklosters Hohenbusch unterzeichnet.

Unten hinten in gold/gelb ein schreitender, schwarzer, rot bezungter und rot bewehrter Löwe.

Hetzerath gehörte über Jahrhunderte zum Herzogtum Jülich. Das Herzogtum Jülich deckte fast die gleiche Fläche wie das heutige Nordrhein-Westfalen ab. Trotz kriegerischer Ereignisse, besonders im 17. Jahrhundert, blieb das Herzogtum Jülich bestehen. Erst durch das Einrücken der französischen Revolutionstruppen am 3. und 4. Oktober 1794 und die Abtrennung des gesamten niederrheinischen Raumes am 9. Februar 1801 in französisches Staatsgebiet, brachte die Auflösung des Herzogtums Jülich. Das Roer-Departement mit Hauptstadt Aachen wurde gebildet. Das Arrondissement (Crefeld), Kanton (Erkelenz) und die Mairie (Doveren) waren die Gliederungen. Doveren wurde, wie seit altersher, wieder mit den Ortschaften Baal, Granterath und Hetzerath, Bürgermeisterei (Mairie).

Eingesetzte Spitze in silber/weiß die Mispelblüte mit fünf auslaufenden roten Blütenblättern versehen, fünf grünen spitzen Kelchblättern sowie grünbetupftem fünfstrahligem goldenem/gelben Blütenkelch (Geldernsche Rose).

Hetzerath wurde aufgrund des Neugliederungsgesetzes Aachen im Dezember 1971 (Aachen-Gesetz) gemeinsam mit den Orten Granterath, Commerden, Genehen, Scheidt und Tenholt als Stadtbezirk neu zusammengelegt und erstmals der Stadt Erkelenz zugeordnet. Löwe und Mispelblüte im heutigen Wappen der Stadt Erkelenz deuten auf die Zugehörigkeit zum alten Herzogtum Geldern hin. Die Geldernsche Rose stellt, obwohl als Variation der heraldischen Rose bezeichnet, eine Mispelblüte dar. Sie entstammt einer Variante der Drachentötersage um das Jahr 878, in der die Herren Wichard und Lupold von Pont gegen einen feuerspeienden, unter einem Mispelbaum hausenden Drachen kämpften und ihn töteten. Das Röcheln des sterbenden Drachen, als „Gelre!“ überliefert, führte zur Namensgebung der bald an der Stelle gegründeten Stadt Geldern und der Aufnahme der Mispelblüte als heraldische Rose, zu dem schon im Mittelalter der Geldrische Löwe hinzukam.
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Erkelenz-Hetzerath,Gedenkstein zur Erinnerung an die Deportation der Erkelenzer Juden
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Erkelenz-Hetzerath, villagecenter and church, Germany