Heterocyste

LM-Aufnahmen von Cyanobacterien mit Heterocysten (hc)
a—f: Nostoc commune, g—h: Nostoc calcicola
i—m: Tolypothrix distorta, n—r: Scytonema hyalinum
Balkenlänge 10 µm

Heterocysten (griechisch ἕτερος héteros „andersartig“, κύστις kýstis „Blase“) sind spezialisierte Zellen in manchen Zellketten (=Filament) bil­denden Cyanobakterien (s. Abbildung dort), in denen die enzymatische Fixierung des Luftstickstoffs durch das Enzym Nitrogenase stattfindet (biologische Stickstofffixierung).[1]

Diese Zellen werden gebildet, sobald gebundener Stickstoff (Nitrat, Ammonium) in der Umgebung fehlt. Etwa jede zehnte vegetative Zelle eines Filaments wird in einem zehn bis 15-stündigen Entwicklungs­pro­gramm irreversibel differenziert. Unter dem Mikroskop fallen diese oft auch etwas größeren Zellen auf durch ihre verdickte Zellwand, die hell­grüne bis fast gelblich-transparente Erscheinung und die bei älteren He­terocysten auffälligen, aus dem Reserve-Polymer Cyanophycin (Arginin-Aspartat-Copolymer) bestehenden Polkörper an den Verbindungsstellen zu den vegetativen Zellen.

Am Ende des Zelldifferenzierungsprogramms der Heterocysten steht die Expression eines zelltypspezifischen Stickstofffixierungssystems (ent­wicklungsgesteuertes Nif1-System). In vegetativen Zellen mancher Cyano­bakterien kann zudem (schon nach circa zwei Stunden) ein eigenes Stickstofffixierungssystem angeschaltet werden, jedoch ist bei diesem die Abwesenheit von gebundenem Stickstoff UND von Sauerstoff in der Umgebung erforderlich (umweltgesteuertes Nif2-System).

Cylindrospermum-Filament mit Heterocysten
Illustration von Anabaena sp. mit Heterocysten (h)
Illustration von Anabaena sp. mit Heterocysten (h)
Illustration von Anabaena inaequalis
Illustration von Anabaena inaequalis

Da alle Nitro­genasen äußerst sauerstoffempfindlich sind, ist der sauerstoffentwickelnde Teil der Photosynthese (Photosystem II) in Hetero­cysten nicht aktiv. Photosystem I arbeitet jedoch und kann daher – neben der Atmung – im Licht dazu beitragen, den sehr hohen Energiebedarf (ATP) der Nitro­genase zu gewährleisten. Vor von außen eindringendem Sauerstoff schützt die Heterocysten eine extra aufgelagerte Zellwandschicht aus Glycolipid- und Poly­saccharid­schichten, deren Schichtdicke sich dem Sauerstoffgehalt der Umgebung anpasst (Sauerstoff wird auch bei der Synthese dieser Schicht benötigt). In den umgebenden vegetativen Zellen des Filaments wird durch sauerstoffentwickelnde Photosynthese Zucker erzeugt (wahrscheinlich vor allem Saccharose). Diese werden in die Heterocysten transportiert und dort so weit oxidiert, dass einerseits genügend Elektronen zur Reduktion des Luftstickstoffs zu Ammonium zur Verfügung stehen und andererseits die entstehenden teiloxidierten Kohlenstoffgerüste zum Einbau des Ammoniums zur Verfügung stehen (Endprodukt: Glutamin). Der im Glutamin gebun­dene Luftstickstoff wird in die benachbarten Zellen transportiert und versorgt so den gesamten Zellfaden mit gebundenem Stickstoff. Der in den Heterocysten ablaufende Stoffwechsel ergänzt die in den vegetativen Zellen ablaufende photosynthetische CO2-Fixierung somit um eine photosynthetische N2-Fixierung. Auf diese Weise wird in Hetero­cysten bildenden Cyanobakterien aus den „unerschöpflichen“ Grundstoffen H2O, CO2 und N2 unter maximaler Ausnutzung von Lichtenergie Biomasse erzeugt. Es handelt sich hier um die effektivste bekannte Art der Primärproduktion.

Evolution der Heterozyste

Es ist anzunehmen, dass die Entwicklung der gleichzeitigen Photofixierung von Kohlendioxid und Distickstoff zur Primärproduktion in einem Organismus schon sehr früh in der Erdgeschichte „in der Luft lag“: als Reaktion auf den Rückgang anderer ergiebiger organischer und anorganischer Energie-, Kohlenstoff- und Stickstoffquellen, verursacht durch die Stoffwechseltätigkeit konkurrierender Bakterien. Anzeichen von Heterocysten gibt es jedenfalls schon aus Fossilien in Sedimenten, die ein Alter von etwa 2,2 Milliarden Jahre aufweisen. In dieser Zeit war die Atmosphäre praktisch noch frei von Sauerstoff. Dieser Befund unterstützt die Schluss­folgerung, dass die Entwicklung der Heterocysten zuerst auf den Schutz der Nitrogenase vor Sauerstoff zurückgeht, der in den eigenen vegetativen Zellen durch zeitgleiche Photosynthese produziert wird, und der zu hohen lokalen Überkonzentrationen von Sauerstoff in der Mikroumgebung der Zellfilamente führen kann.

Einzelnachweise

  1. C. Peter Wolk, Anneliese Ernst, Jeff Elhai: Heterocyst Metabolism and Development. In: The Molecular Biology of Cyanobacteria. Advances in Photosynthesis and Respiration. Band 1, 2004, S. 769–823. ISBN 978-0-7923-3222-0.

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Simplefilaments022 Anabaena.jpg
Autor/Urheber: Pentecost, Allan [Artist] (2016) at Freshwater Biological Association [publisher], Lizenz: CC BY-SA 3.0
Diagnostic Drawing: Simple filaments: Anabaena, Nostocales, Cyanobacteria
Microphotographs of heterocystous cyanobacteria.png
Autor/Urheber: Beatriz Roncero-Ramos, M. Ángeles Muñoz-Martín, Sonia Chamizo, Lara Fernández-Valbuena, Diego Mendoza, Elvira Perona, Yolanda Cantón and Pilar Mateo​, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Microphotographs of heterocystous cyanobacteria
(A–C) Nostoc commune CANT2. (D–F) N. commune CANT4. (G and H) N. calcicola AM50. (I) Tolypothrix distorta CANT1.(J) T. distorta CANT6. (K) T. distorta CANT7. (L) T. distorta CAU3. (M) T. distorta CAU12. (N) Scytonema hyalinum CAU4. (O and P) S. hyalinum CAU6. (Q and R) S. hyalinum AM54. Site codes are AM (Las Amoladeras), CAU (El Cautivo) and CANT (Gádor quarry). Scale Bar = 10 µm , hc, heterocyst, ak, akinete, hm, hormogonium, nd, necridia.
Simplefilaments022 Cylindrospermum.jpg
Autor/Urheber: Pentecost, Allan [Artist] (2016) at Freshwater Biological Association [publisher], Lizenz: CC BY-SA 3.0
Diagnostic Drawing: Simple filaments: Cylindrospermum, Nostocales, Cyanobacteria
Anabæna inæqualis.jpg

Identifier: algvolimyxophy00west Title: Algæ. Vol. I. Myxophyceæ, Peridinieæ, Bacillarieæ, Chlorophyceæ, together with a brief summary of the occurrence and distribution of freshwat4er Algæ Year: 1916 (1910s) Authors: West, G. S. (George Stephen), 1876-1919 Subjects: Algae Publisher: Cambridge [Eng.] The University press Contributing Library: MBLWHOI Library Digitizing Sponsor: MBLWHOI Library


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Text Appearing Before Image: '

Text Appearing After Image: Fig. 31. A and B, Nostoc Linckia Bornet;A, nat. size; B, small portion of thallus,x 340. C, N. co-rule tint Lyngbye, nat. size. Fig. 32. A-D, Anabæna inæqualis (Kütz.) Born. & Flah. E-G, Cylindrospermum stagnale (Kütz.) Born. & Flah. H, Nodularia sphærocarpa Born & Flah. (All × 480.) h, heterocyst; sp, resting-spore. 44 Myxophycese Reproduction takes place by hormogones and by resting-spores. The latter arevariable in shape, and may be solitary or seriate. In Cylindrospermum the spore arisesfrom the cell next the terminal heterocyst (fig. 32 E—G). About half the species ofNostoc and Cylindrospermum occur in subaerial habitats, but all the other members ofthe family are aquatic. Species of Nodularia are mostly brackish-water forms. Fam. Scytonemaceae. The Algae of this family are distinguished by their peculiartype of branching. As a rule there is only one trichome within a strong tubular sheathof regular thickness. The false branches arise either singly or in pai


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