Hermann Buchal

Hermann Franz Joseph Buchal (* 17. Januar 1884 in Patschkau, Provinz Schlesien; † 30. August 1961 in Jena) war ein deutscher Komponist, Pianist, Organist, Chorleiter und Musikpädagoge.

Leben

Hermann Buchal war das achte von neun Kindern des Patschkauer Buchhändlers und Druckereibesitzers Gustav Buchal (1841–1916) und dessen Ehefrau Martha Bittner (1855–1915). In seiner Geburtsstadt besuchte er die Volksschule und das humanistische Gymnasium, das er 1906 abschloss. Mit acht Jahren wurde er Sängerknabe an der Pfarrkirche St. Johannes Evangelist. Ab seinem fünfzehnten Lebensjahr spielte er die Orgel in den Schülergottesdiensten des Gymnasiums.

Ab 1906 studierte Buchal am Königlichen Akademischen Institut für Kirchenmusik in Berlin bei Arthur Egidi (Musiktheorie), Franz von Hennig (Klavier), Theo­dor Krause (Gesang), Hermann Schröder (Violine) und Carl Thiel (katholische Kirchenmusik). Seit 1907 nahm er an der Königlichen Akademie der Künste Kompositionsunterricht bei Friedrich Gernsheim. Parallel zu seinem Studium wirkte er in Berlin ab 1907 an der Kirche Ss. Corpus Christi und 1910 an St. Paulus als Chorleiter und Organist.

1910 schloss Buchal sein Studium ab und wurde ans Konservatorium in Beuthen O/S berufen, wo er in den folgenden Jahren Klavier, Orgel, Musiktheorie und Komposition unterrichtete. 1915 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und erst in Frankreich, dann auf dem Balkan stationiert. Ab Sommer 1916 war er ein Jahr lang freigestellt, um am Beuthener Gymnasium Musik zu unterrichten. Nach Kriegsende 1918 wirkte er in Beuthen als Privatmusiklehrer. Im Juli 1921 erhielt er eine Anstellung als Dozent für Klavier und Komposition am Schlesischen Konservatorium in Breslau, dessen Direktion er 1924 übernahm. Daneben unterrichtete er von 1931 bis 1936 Harmonielehre und Kontrapunkt am Institut für Musikerziehung der Schlesischen Friedrich-Wil­helms-Universität. Von 1932 bis 1938 war er Chorleiter an der Kirche St. Petrus Canisius.

Kurz nach seinem Amtsantritt als Direktor des Schlesischen Konservatoriums rief Buchal gemeinsam mit Gerhard Strecke, den er als Leiter des Privatmusiklehrer-Seminars nach Breslau berufen hatte, sowie den außerhalb Schlesiens wirkenden Komponisten Arnold Mendelssohn, Richard Wetz und Alfred Schattmann die „Gilde schlesischer Tonsetzer“ ins Leben, die bis Mitte der 1930er Jahre bestand und sich für Aufführungen der Werke schlesischer Komponisten einsetzte.

1936 wurde das Schlesische Konservatorium durch die Nationalsozialisten verstaatlicht und zur Schlesischen Landesmusikschule umgestaltet. Buchal erschien den Machthabern wegen seiner Treue zur Katholischen Kirche als Direktor untragbar. Er wurde durch Heinrich Boell ersetzt, erhielt allerdings den Titel eines stellvertretenden Direktors und blieb weiterhin Dozent für Klavier, Musiktheorie und Komposition.

1944 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Patschkau verliehen.

Grabstätte von Helene und Hermann Buchal, Nordfriedhof Jena

Im Januar 1945 wurde Buchal nach Bolkenhain evakuiert, von wo er vor den Kriegshandlungen über Zittau nach Pisek geflohen war. Ab Juni 1945 hielt er sich wieder in Patschkau auf. Im Juni 1946 gelangte er als DDR-Umsiedler“ nach Görkwitz.

Durch Vermittlung seines Jugendfreundes Hans Lukaschek, damals thüringischer Landwirtschaftsminister, erhielt Buchal im Oktober 1946 die Berufung als Dozent für Klavier und Musiktheorie an die Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1950 wurde er dort zum Professor ernannt. 1952 erfolgte auf eigenen Wunsch seine Emeritierung.

Hermann Buchal war zweimal verheiratet: Seine erste Ehe schloss er 1911 in Beuthen mit Helene Vogt (1887–1956), die er bereits aus seiner Schulzeit kannte. Nach ihrem Tod heiratete er 1958 in Jena Flora Buchal, die verwitwete Tochter eines Verwandten. Beide Ehen blieben kinderlos. Hermann Buchal ruht gemeinsam mit seiner ersten Frau in einem Ehrengrab auf dem Jenaer Nordfriedhof.[1]

Schaffen

Hermann Buchals Werkverzeichnis reicht bis zur Opuszahl 103 und erstreckt sich über ein großes Gattungsspektrum. Er schrieb Orchesterwerke, Kammermusik, Klavierwerke, Chormusik, Lieder und drei Opern. Infolge des Zweiten Weltkriegs ging etwa ein Viertel seiner Kompositionen verloren oder wurde vernichtet. Beispielsweise existieren von seinen neun Sinfonien (einschließlich zweier nicht nummerierter Jugendwerke) nur noch vier. Gedruckt wurden zu seinen Lebzeiten vorwiegend Lieder und geistliche Vokalwerke, während der Großteil seiner Instrumentalmusik unveröffentlicht blieb. Der Nachlass des Komponisten wird im Thüringischen Landesmusikarchiv an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar verwahrt.

Buchal blieb in seinem Schaffen zeitlebens dem Dur-Moll-System und traditionellen Gattungen verpflichtet, weshalb er von zeitgenössischen Kommentatoren als „Romantiker“ eingestuft wurde. Er selbst charakterisierte sich dagegen als einem klassischen Kunstideal verpflichtet: „Haben Sie schon einmal einen Romantiker kennen gelernt, dem Polyphonie ein stetes inneres Bedürfnis ist? Der immer wieder und mit unverminderter Liebe zur Fuge zurückkehrt? Der über dem Inhalt als dem Wesentlichen die klare, ja strenge Form nicht zu vergessen sucht? Wenn Sie mit mir einig sind, dass der romantischen als der ausgesprochen gefühlsbetonten Haltung die klassische als jene gegenübersteht, in der Gefühl und ratio sich die Waage halten, dann bekenne ich mich ohne Einschränkung zur letzteren.“ (in: Schlesische Zeitung, Breslau, vom 15. Januar 1944.)

Literatur

  • Gotthard Speer: Art. Buchal, Hermann, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, New York, Kassel, Stuttgart 2016ff., zuerst veröffentlicht 2000, online veröffentlicht 2016.
  • Wolf-Günter Leidel: Hermann(-Franz-Joseph) Buchal (= CONTENTVS GLORIOSVS VCV(W)-P-5-2-18), Vox coelestis e. V. Weimar.
  • Joseph Thamm: Hermann Buchal. Leben und Schaffen, in: Zeitgenössische schlesische Komponisten. Eine Dokumentation, hrsg. im Auftrage des Arbeitskreises für Schlesisches Lied und Schlesische Musik von Gerhard Pankalla und Gotthard Speer, Dülmen: A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung o. J. [zwischen 1961 und 1968], S. 7–42, Werkverzeichnis und Literaturverzeichnis auf S. 145–158.
  • Waldemar Zylla: Art. Buchal, Hermann, in: Historische ostdeutsche Biographien, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ehrengräbersatzung der Stadt Jena. In: kommunal service jena. Stadt Jena, abgerufen am 1. März 2023.

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Grab von Hermann Buchal auf dem Nordfriedhof in Jena